IG-Farben in Auflösung Insolvent!

hatschi! 10.11.2003 14:18
Die IG-Farben (i.A.) meldet, wie heute Bekannt wurde Morgen Insolvenz an. Grund sei die Frankfurter Firma WCM die, die in einem Optionsvertrag fest zugesicherten Zahlungenen nun nicht leiste. Mögliche rechtliche Schritte gegen WCM solle der Insolvenzverwalter prüfen, erklärte Liquidator Pollehn. Die Vereinbarungen zwischen WCM, einst selbst eine Tochter des Konzerns, und der I.G. Farben beruhen auf komplizierten Finanztransaktionen und Vertragswerken.
Die Gläubiger würden in dem Insolvenzverfahren vermutlich keine Verluste erleiden, weil die Vermögenswerte die rund 28,2 Millionen Euro Außenstände abdeckten, sagte der zweite Liquidator, Otto Bernhardt. Für die Aktionäre, aber auch für Entschädigungen für ehemalige Zwangsarbeiter bleibe vermutlich kein Geld übrig. "Da wird nicht viel bleiben", meinte Bernhardt, der auch CDU-Bundestagsabgeordneter ist.

Tochterfirma stellte Zyklon B her
Die 1999 auf Initiative von Pollehn und Bernhardt gegründete und von ihnen geleitete Stiftung für Entschädigungen bleibe von der Insolvenz unberührt. Ihr Vermögen sei mit 250.000 Euro aber nicht sehr groß. Der Dachverband der Kritische Aktionäre forderte, es müsse verhindert werden, "dass sich die Gläubigerbanken die letzten Millionen einverleiben, denn das Restvermögen gehört moralisch den überlebenden Zwangsarbeitern des einstiegen Nazikonzern".

Mit der Zahlungsunfähigkeit geht die wenig ruhmreiche Geschichte des ehemals größten Chemiekonzerns der Welt zu Ende, dessen Tochterfirma Degesch das in den Vernichtungslagern verwendete berüchtigte Giftgas Zyklon B herstellte und das zahlreiche Arbeitslager unter anderem beim KZ Auschwitz betrieb.

Gehen Zwangsarbeiter leer aus?
Wegen seiner schweren Verstrickungen mit dem NS-Regime war er bereits 1946 von den Alliierten zerschlagen und 1952 in ihrem Auftrag als Abwicklungsgesellschaft weiter geführt worden. Spätestens Ende kommenden Jahres hatte er nach dem Willen seiner Liquidatoren Pollehn und Bernhardt vollständig aufgelöst sein sollen. Bis dahin sollte WCM Immobilien der IG Farben im Wert von rund 34 Millionen Euro gekauft haben. Nach Abzug der laufenden Kredite hätten die verbleibenden fünf bis zehn Millionen Euro an die Aktionäre, zu einem Teil aber auch an die Stiftung für die Entschädigung von Zwangsarbeitern fließen sollen.

Liquidator Pollehn betonte ausdrücklich, er halte diese Stiftung ungeachtet der davon unabhängigen Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft für notwendig: "Es gibt eine Fülle von Härtefällen bei der Zwangsarbeiterentschädigung." Das weitere Vorgehen sei aber nun nicht mehr Sache der Liquidatoren. Heftige Vorwürfe richteten Pollehn und Bernhard nicht nur an WCM, deren Verantwortliche noch vor zwei Wochen die ausstehenden Abschlagszahlungen zugesichert hätten.

Sie kritisierten "zahlreiche Machenschaften im Umgang mit dem Restvermögen weit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs". Statt wie gesetzlich vorgeschrieben, die Gesellschaft aufzulösen, seien in den 1990 Jahren Immobilien und Schuldverschreibungen gekauft worden. Zudem seien viel zu hohe Ausschüttungen an die Aktionäre vorgenommen worden. Von den umgerechnet 80 Millionen Euro Restvermögen seien Anfang der 90er Jahre 67 Millionen Euro ausgeschüttet worden.

Auflösung seit 50 Jahren
Die I.G. Farben produzierte während des Zweiten Weltkriegs das Giftgas Zyklon B, das zur Ermordung von Menschen in den Konzentrationslagern eingesetzt wurde. Nach der Zerschlagung in ihre Einzelteile durch die Alliierten gingen aus der I.G. Farben unter anderem die Chemie-Unternehmen BASF, Bayer und Hoechst (heute Aventis) hervor.

Die Rechtsnachfolgerin I.G. Farbenindustrie AG soll seit mehr als 50 Jahren aufgelöst werden. Die Vermögenswerte sind bis auf Immobilien verkauft, allerdings zögerten Gerichtsverfahren und ungeklärte Ansprüche auf Vermögen in den neuen Bundesländern sowie in der Schweiz die Abwicklung immer wieder hinaus. Die Aktie wird lebhaft gehandelt und ist beliebt bei Finanzjongleuren.
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Ergänzungen

Presseerklärung der Kritischen-Aktionäre

Hatschi! 10.11.2003 - 14:38
Dazu die Kritischen-Aktionäre am 9. November:

Bei I.G. Farben-Konkurs muss Restvermögen
für Zwangsarbeiter gesichert werden

"Beim Konkurs der I.G. Farben muss verhindert werden, dass sich die Gläubiger-
banken die letzten Millionen einverleiben, denn das Restvermögen gehört moralisch
den überlebenden Zwangsarbeitern des einstigen Nazikonzerns", fordert der
Geschäftsführer des Dachverbands Kritischer Aktionäre, Henry Mathews, vor der mit
Spannung erwarteten Pressekonferenz, in der die Liquidatoren voraussichtlich die
Zahlungsunfähigkeit der Skandalfirma bekannt geben werden.

Die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre verlangen
von den Liquidatoren erschöpfende Antworten auf
folgende Fragen, die die Öffentlichkeit bewegen:

"Werden sich die Liquidatoren dafür einsetzen, dass die Gläubigerbanken zu Gunsten der Zwangsarbeiter auf ihre Ansprüche von 27,5 Mio. Euro verzichten? Welches sind die Gläubigerbanken?"

"Warum wurde die I.G.-Farben-eigene Entschädigungs-Stiftung nicht mit den drei Millionen D-Mark ausgestattet, die die Hauptversammlung 1999 beschlossen hat?"

"Weshalb wurden jüngst erheblich größere Summen in die Renovierung firmeneigenen Immobilien gesteckt, während für die Stiftung angeblich keine Mittel bereit standen?"

"Welche Arbeit soll die Stiftung mit ihrem jetzigen Kapital von nur 500.000 D-Mark (knapp 256.000 Euro) Arbeit leisten? Erhalten die Liquidatoren in ihren Funktionen als Vorstände der Stiftung Gehälter oder andere Zuwendungen?"

"Wer ist der potentielle Käufer der Immobilen, dessen Rückzieher jetzt den Konkurs verursacht? Handelt es sich um den früheren I.G.-Farben-Hauptaktionär WCM, der am Mittwoch finanzielle Probleme bekannt gab?"

"Warum sind die jüngst aufwendig renovierten Immobilien am Markt unverkäuflich? Hatte der abgesprungene Käufer andere Interessen, als sie sonstige Käufer haben können?"

"Wenn die offizielle Erklärung des drohenden Konkurses von den Liquidatoren am vergangenen Mittwoch erst nach 16:00 Uhr verschickt wurde, warum gab es dann bereits tagsüber massive Verkäufe von I.G.-Farben-Aktien an der Börse? Wie kann der Verdacht von Insiderhandel ausgeräumt werden?"

"Warum geht die I.G. Farben exakt zum 65. Jahrestag der Reichspogromnacht 09./10. November 1938 in Konkurs?"

 http://www.kritische-aktionaere.de/Konzernkritik/I_G__Farben/i_g__farben.html

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lala 10.11.2003 - 17:02
trotz kurzer mobilisierungszeit hatten etwa 50 leute den weg zur pressekonferernz gefunden und protestierten dort mit transparenten, sprechhcören und redebeiträgen gegen diesen deutschen skandal.
ein versuch, in die räume der pressekonferenz zu gelangen (saalbau dornbusch)wurde von den bullen vereitelt. keine größeren zwischenfälle.
im anschluss wurde noch durch zufall erika steinbach beim kaffeetrinken angepisst, die entsprechen genervt reagierte ("antideutsches pack" ...)