Dresden. Platzbesetzung und Demo gegen Nazis

hihihi 08.11.2003 20:09 Themen: Antifa
Heute, am 8. November sollte eine explizit antisemitische Kundgebung von Neo-Nazis stattfinden. Über hundert Linke haben das verhindert.
Wochenlang war sie angekündigt - die Kundgebung der Neo-Nazis. Eine besonders krasse nazi-page hatte gar einen Aufmarsch daraus gemacht. Dann hatten die Veranstalter - das "Nationale Bündnis" in einem Gespräch mit den Dresdner Neuesten Nachrichten (DNN) noch einmal gesagt, das sie einen Infostand und Reden am 8. November durchführen werden. Für das "Nationale Bündnis" hätte die ganze Sache eine Art Kampagne sein sollen, gegen den Libeskind-Entwurf für das Heeresmuseum. In albekannter antisemitischer Manier hatten sie dagegen in einem Flugblatt gehetzt, was sie an die Bürger bringen wollen.
Schliesslich war bekanntgeworden, das am Kulturpalast ein Infostand des "Nationalen Bündnis" für den 8. November angemeldet ist.

10 Uhr am Kulturpalast bot sich ein gänzlich anderes Bild. Die ersten Linken trafen ein und wurden schnell zu einer Menge von über 100 lustigen DemonstrantInnen. Für die Neo-Nazis wurde ein Transparent bereitgehalten mit der Aufschrift "Kapitulation", was die historische Bedeutung mit einschliesst.

Es war somit gelungen, eine grossflächige Platzbesetzung zu machen, die zu einem gelungenen Happening wurde. Das mdr-Radio machte Interview und alle warteten, was nun geschähe.
11 Uhr traf ein Streifenwagen der Polizei ein und orderte schnell noch ein paar Sixpacks, während sich die Polizei hauptsächlich auf das kommende Fussballspiel einrichtete.
Gegen halb 12 waren alle grösseren öffentlichen Plätze der Stadt ausgecheckt: Keine Neo-Nazis, nirgends. Die AntifaschistInnen am Kulturpalast entschieden, der Platz sei lange genug gehalten und es ist Zeit für mehr Action. Ohne Neo-Nazis - Umso besser.
Auch die Streifenhörnchen-Bullen meinten, hier fände kein Neo-Nazi-Stand mehr statt.

So ging's auf in die belebte city. Transparente wurden herausgekramt und schon zog eine Demonstration mit 80 Leuten durch die Einkaufsmeilen am Altmarkt und der Prager Strasse. Trötend und pfeifend und intelligente Parolen rufend ging die Antifa-Demo ab.
"Nationales Bündnis hat kein Zweck - Eure Infostände räumen wir weg!" war neu, ansonsten war die ganze Sprüche-Palette der letzten Demos dabei. Von Klassikern wie "Nieder mit der Nazipest" bis hin zu "Morgenthau der war schlau", die Ausrichtung war klar: Alles gegen Neo-Nazis. Staunende Passanten.
Am Hauptbahnhof, dem Ende der Einkaufsmeilen wurde der öffentliche Verkehr geentert: Auf einer Spur auf der St. Petersburger Strasse wurde demonstriert bis zur Carolabrücke und von dort in die Neustadt. Hier haben die PassantInnen nicht so dumm geguckt, sondern sich gefreut oder gefragt, was los ist. Na das "Nationale Bündnis" stoppen!
Über eine Stunde war die Demo unterwegs gewesen, die Neustadt lockte nun mit dem Freizeitprogramm.
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Ergänzungen

(Der echte) Morgenthau

Krzysztof 09.11.2003 - 15:28
Was ist dran am Morgenthau-Plan?

Henry Morgenthau jr. (1891-1967), Sohn eines gleichnamigen US-Diplomaten, 1934-1945 US- Finanzminister, bekannt durch den ihm zugeschriebenen Morgenthau-Plan.

Der Morgenthau-Plan ist seit Goebbels Bestandteil des deutschen Antiamerikanismus und Antisemitismus und hat sich auch in unpolitischen Köpfen festgesetzt. Bundesdeutsche Schulbücher sprachen von ihm, und in heutigen rechtsextremen Veröffentlichungen taucht er regelmäßig auf. Als typisch können die Artikel Morgenthau und Morgenthau-Plan in Ludwig Peters: Volkslexikon Drittes Reich (Tübingen : Grabert-Verlag 1994) gelten. Dort heißt es, dass "der Deutschenhasser" Morgenthau mit seinem Morgenthau-Plan "die völlige Zerschlagung Deutschlands forderte (...) Die sogenannten "Hauptkriegsverbrecher" sollten ohne jegliche Verhandlung erschossen werden (...) Sogar ein Ausgehverbot für Deutsche sollte es in ihrem Land geben." US-Präsident Roosevelt habe sein Einverständnis wegen bevorstehender Wahlen dann zurückgezogen.

Neuen Auftrieb bekam die Morgenthau Legende während des zunehmenden Rechtsextremismus Ende der neunziger Jahre. Conrad C. Stein nennt in dem 2001im Grabert-Verlag erschienenen Buch Die geheime Weltmacht Morgenthau einen "der Väter des Holocaust an Millionen verhungerter Deutscher" (S. 43). US-Präsident Roosevelt sei eine Marionette des "berüchtigten" Morgenthau gewesen (S.66). Stein schreibt, Morgenthau habe "in den ersten fünf Nachkriegsjahren durch gezielte Verhungerung und Vertreibung den Tod vom mehr als neun Millionen (9 000 0000) Deutschen" verursachten (S. 105, die falschen Nullen sind dem Original entnommen). Der Autor beruft sich dabei auf die dubiosen Bücher von James Bacque und er zeichnet das Bild eines jüdischen Finsterlings, der mit seinen Ideen die Menschheit vergiftet, im Hintergrund die Fäden zieht und schlimmer wütet als Hitler.

Tatsächlich ist der Morgenthau-Plan eine nationalsozialistische Propagandalüge, die sich hartnäckig hält. Den Morgenthau-Plan hat es nie gegeben. Morgenthau war der erste hochrangige US-Politiker, der sich unter dem Eindruck der Judenvernichtung Gedanken über Deutschland nach dessen absehbarer Niederlage machte und sie mit seinen Kabinettskollegen diskutierte. Zu diesen Überlegungen gehörte, dass Teile der deutschen Schwerindustrie aufgelöst und das Ruhrgebiet unter internationale Kontrolle gestellt werden sollte, um Deutschland an einem weiteren Krieg zu hindern. Bei der britisch- amerikanischen Konferenz in Quebec am 15. September 1944 wurde eine bereits abgemilderte Version des Morgenthau-Plans vorgelegt, welche durch den britischen Premierminister Winston Churchill und den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt paraphiert wurde. Deutliche Proteste äußerten Cordell Hull, der amerikanische Außenminister und sein britischer Kollege Anthony Eden. Durch eine gezielte Indiskretion wurde der Plan am 21. September 1944 in der Öffentlichkeit bekannt. Die Reaktion war so negativ und auch antisemitisch gefärbt, dass auch Roosevelt sich distanzierte. Der Morgenthau verschwand bereits Ende 1944 ohne weitere Diskussion in der Versenkung. Die deutsche Kriegspropaganda behauptete aber weiterhin, dass der Jude Morgenthau Deutschland in einen Kartoffelacker verwandeln wollte. Morgenthau machte Vorschläge, was mit den Verantwortlichen für die Judenvernichtung geschehen sollte. Er stellte bewusst weitreichende Forderungen, denn er ging davon aus, dass die Alliierten einen Kompromiss schließen würden. Die US-Regierung beschloss schließlich, nach der Teilung Deutschlands die Westzonen in ein westliches Bündnissystem einzubeziehen, und Morgenthau zog sich resigniert aus der Politik zurück.

AntifaRechercheTeam Dresden (ART) berichtet

friends of art 11.11.2003 - 13:50
Das AntifaRechercheTeam (ART) Dresden berichtet über den erfolglosen Tag für das "Nationale Bündnis", welches in einer Kantine ausserhalb Dresdens noch eine Saalveranstaltung abhielt.

 http://venceremos.antifa.net/art/news/coswig.htm

Das "Nationale Bündnis Dresden" scheut die Öffentlichkeit und das ist gut so!

ART Dresden, 10. November 2003

"Rettet Dresdens Baudenkmäler. Stoppt das `Libeskind-Projekt´" sollte es am 8. November bei einer Kundgebung des NB Dresden ursprünglich am Stadtmuseum in Dresden tönen. Da den unbedingt in den Stadtrat einziehen Wollenden das kommunale Geschehen weit weniger geläufig ist, als sie immer glauben machen wollen, mussten sie von der Stadt darauf hingewiesen werden, dass der gewünschte Platz nur zu Teilen zur Verfügung steht. Die seit Wochen sowohl im als auch vor dem Museum stattfindenden Bauarbeiten, waren den nationalen Helden bisher entgangen. Die Anmeldung wurde daraufhin zurückgezogen. Der Info-Stand, den die Nazis trotzdem stattfinden lassen wollten und an dem auch Heiner Kappel, Vorsitzender der Deutschen Partei (DP), sprechen sollte, fand schließlich nicht statt. Ob sie ihn nun aufgrund angekündigter Gegenaktivitäten bereits im Vorfeld absagten oder wegen der am Samstag anwesenden Antifas kuschten, halten wir für unerheblich. Fakt ist, das Nationale Bündnis hat an diesem Tag vor antifaschistischen Protesten kapituliert und sich nicht in der Öffentlichkeit präsentieren können.

Auch mit ihrer Saalveranstaltung wichen die Nazis in die Umgebung aus. Mitten in einem Coswiger Gewerbegebiet neben einer Walzgießerei fanden sie sich zusammen. In der Kantine und den Räumlichkeiten des "Privaten Bildungsinstitut in Coswig gGmbH" versammelten sich am Nachmittag reichlich 100 Gäste. Bis auf wenige Ausnahmen reisten sie aus der unmittelbaren Umgebung von Dresden an. Aus der Landeshauptstadt waren die üblichen Verdächtigen vertreten. Neben Kappel sprach noch der Vorsitzende der Jungen Nationaldemokraten Stefan Rochow und Jörg Hähnel musste zum wiederholten Male die Gitarre stimmen. Die Frage, ob derlei Darbietungen zur "Erbringung von Bildungsleistungen auf allgemeinem und sozialen Gebiet" des gemeinnützigen (!) Bildungsinstituts gehören, sollte sicher der Gesellschafter und gleichzeitige Geschäftsführer des Ladens, der Weinböhlaer Matthias Reichelt beantworten können.

Alles in allem verlief das Wochenende für das Nationale Bündnis Dresden bei weitem nicht so erfolgreich, wie sie es selbst geplant hatten. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, wird gegen das Treiben dieser "Kantinennationalisten" immer wieder offensiv vorgegangen werden.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 7 Kommentare an

Weida so!!! — Yippie

ska — LAmmy

Morgenthau — Schwind

hmm — Olga

Gratuliere ! — Chaos