Video Agenda 2010 Demo Berlin

emiliano patata 02.11.2003 20:24 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Video von der Agenda 2010 Demo in Berlin
Video von der Agenda 2010 Demo in Berlin. Die zahlen varriieren mal wieder sehr stark. Die Veranstalter sprechen von mehr als 100.000 Menschen, die Polizei mal von 10.000 dannn von 30.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Interessant, dass die Tagesschau und NTV die Zahlen diesmal nicht nach unten korrigierte, sondern ebenfalls von 100.000 TeilnehmerInnen sprach. Ich halte ca. 70.000 Menschen für relistisch. Schön war das breite Spektrum der Demonstrierenden.
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Ergänzungen

Das mit den Zahlen stimmt nicht ganz

Anmerker 02.11.2003 - 22:03
Auch die Polizei spricht mittlerweile von 100.000 Teilnehmern. Die 30.000 sind noch von Anfang der Demo.

Alle Zusammen gegen diese Ungerechtigkeiten

Snopy 03.11.2003 - 03:31
Nach der Phase eines sozialstaatlich regulierten Kapitalismus, der – zumindest in den westeuropäischen Kernländern – die drängendsten sozialen Probleme gelöst zu haben schien, brechen gesellschaftliche Widerspruchsformen auf, die schon als überwunden galten. Die Arbeitslosigkeit verfestigt sich, und die Zahl der Menschen, die für den kapitalistischen Produktionsprozess benötig werden, schwindet. Die Überzähligen werden an den Rand, in eine Zone der Unsicherheit gedrängt. Mit der Ausgrenzungsgefahr haben auch Menschen zu kämpfen, die noch vor einem Jahrzehnt in gesicherten Verhältnissen lebten. Scheinbar unaufhaltsam vermehrt sich auch die Gruppe der arbeitenden Armen, also jener Arbeitskraftverkäufer, die durch ihre Berufstätigkeit kaum ihren Lebensunterhalt verdienen können.
Durch die eskalierende Widerspruchsentwicklung drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass die Epoche eines sozialstaatlich regulierten Kapitalismus endgültig in ihr Endstadium eingetreten ist, zumal der herrschende Block nichts unversucht lässt, die Ergebnisse der Spaltungs- und Ausgrenzungsdynamik durch die Demontage sozialer Sicherungssysteme zu zementieren: Selbst auf den propagandistischen Gebrauch von Formeln eines »sozialen Interessenausgleichs« wird nunmehr verzichtet. Nicht Armut und Arbeitslosigkeit werden bekämpft, sondern die Betroffenen: Das »soziale Netz« wird ausgedünnt und der Druck auf die Krisenopfer erhöht.
Zwar existierten auch in den »Wirtschaftswunderzeiten« der alten Bundesrepublik große soziale Unterschiede und Unsicherheitsmomente. Es gab Armut und Arbeitslosigkeit, jedoch hatten sie gesamtgesellschaftlich einen anderen Stellenwert als heute. Bis in die 80er Jahre dominierte das Gefühl, dass die meisten Schwierigkeiten überwunden werden könnten. Das hat sich entscheidend geändert: Kaum jemand glaubt noch, dass es ihm morgen besser gehen wird als heute.
Bei der Einschätzung der aktuellen Spaltungstendenzen herrscht oft Ratlosigkeit: Sie wollen nur noch schlecht in traditionelle Interpretationsraster hineinpassen. Zwar ist die Intensität und sozial zerstörerische Kraft der Krisenentwicklung unbestritten, unklar sind jedoch die daraus resultierenden Konsequenzen: Wie sind soziostrukturell die Arbeitslosen und vor allen Dingen die Ausgegrenzten, die kaum noch Hoffnung haben, jemals wieder Arbeit zu bekommen, klassenanalytisch einzuordnen? Können sie noch mit ihren beruflichen Positionen, die sie nun verloren haben, erfasst werden? Gehören Menschen, deren Arbeitskraft offenbar nicht mehr gebraucht wird, noch zur Arbeiterklasse?
Die sozialen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte, von denen uns nun gesagt wird, dass davon Abschied genommen werden müsse, hatten mehrschichtige Voraussetzungen. Sie waren zunächst das Ergebnis politischen Drucks und gewerkschaftlicher Kämpfe. Insoweit waren die sozialpolitischen Zugeständnisse der Preis, den das Kapital zu zahlen bereit war, um weitergehenden Forderungen der Arbeiterbewegung das Wasser abgraben zu können. Möglich wurde der »Sozialstaat« jedoch durch Besonderheiten der ökonomischen Entwicklung: Die langen Konjunkturwellen nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten in Verbindung mit einem raschen Anstieg der Arbeitsproduktivität die Basis sozialstaatlicher Konzepte: Es gab real mehr zu verteilen als in früheren Entwicklungsphasen, und es entwickelte sich durch den Anstieg der Konsumgüterproduktion in einem bisher nicht gekannten Umfang auch die Notwendigkeit, die soziale Basis des Konsums zu verbreitern. Sozialstaatliche Zugeständnisse waren also prinzipiell möglich geworden.
Und sie waren auch durchsetzbar, weil in der Phase ökonomischer Prosperität die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften gestärkt war. Hinzu kam, dass im Schatten der Systemkonfrontation zwischen Kapitalismus und Sozialismus das Kapital bereit war, Zugeständnisse zu machen. Diese Voraussetzungen des »Klassenkompromisses« können in wesentlichen Teilen als nicht mehr gegeben angesehen werden.
Es haben sich sowohl die Verwertungsbedingungen für das Kapital verändert, aber auch die gesellschaftliche Machtachse hat sich verschoben. Seit den 80er Jahren schien die Zeit günstig, um die Ausbeutung der Arbeitskraft zu intensivieren: Eine konjunkturelle Schwächephase, die auf die Arbeitenden verunsichernd und disziplinierend wirkte, wurde ausgenutzt, um tiefgreifende betriebliche Veränderungen vorzunehmen. Ziel dieser Umgestaltungsaktivitäten war es nicht nur, die Produktivität zu erhöhen, sondern allmählich auch die Widerstandsfähigkeit der Belegschaften zu schwächen. So führten die ergriffenen Rationalisierungsmaßnahmen zur Ausdünnung der Stammbelegschaften, die (zumindest in den großen Betrieben) die Träger einer wirksamen Interessenvertretung waren. Bei Neuanstellungen wurden die traditionellen Kernbelegschaften durch Angelernte, zunehmend auch durch Zeitarbeiter ersetzt, die innerhalb des betrieblichen Ablaufes sehr oft eine selbständige Gruppe darstellen. Weil sie eigene Interessen und zwar hauptsächlich nach Festeinstellung haben, verhalten sie sich oft besonders beflissen und angepasst.
Zusätzlich werden durch betriebliche Auslagerungen die Positionen der Beschäftigten geschwächt. Verschiedene Betriebsteile und Zuliefersegmente konnten gegeneinander ausgespielt werden. Durch die Neugestaltung des Systems der internationalen Arbeitsteilung im Rahmen einer kapitalistischen »Globalisierung« stand dem Kapital nun fast weltweit eine Reservearmee von Arbeitskraftanbietern zur Verfügung. Dadurch konnte der Druck auch auf die Beschäftigten in den kapitalistischen Zentren weiter verstärkt werden.
Die Unsicherheit des Arbeitsplatzes wurde zur prägenden Erfahrung. Nach einiger Zeit reichte es schon aus, mit der bloßen Möglichkeit der Auslagerung zu drohen, um weitreichende Zugeständnisse zu erreichen. Allmählich gelang es dem Kapital, die Lohnquote zu senken und die Profitrate zu erhöhen. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre muss sogar von explodierenden Gewinnen gesprochen werden, die nun wiederum zur verstärkten »Rationalisierung« eingesetzt werden konnten– bekanntlich mit regelmäßigem Arbeitsplatzabbau und einem weiteren Anstieg der industriellen Reservearmee. Denn mit den steigenden Unternehmensgewinnen wuchs das Kapitalvolumen, das in weitere arbeitsplatzvernichtende Rationalisierungen (alternativ auch zu betrieblichen Zusammenschlüssen und Übernahmen) investiert werden konnte – und im Sinne kapitalistischer Konkurrenzlogik auch investiert werden musste.
Ökonomische Progression wurde zur Ausgrenzungsmaschine: Mit immer größerer Geschwindigkeit wurde durch die gesellschaftliche Reichtumsvermehrung Armut produziert. Es trat das Gegenteil von dem ein, was vom »ökonomischen Sachverstand« mit demagogischem Eifer verbreitet wird: Mit dem Anstieg der Unternehmergewinne werden nicht neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen, sondern Arbeitsplätze in immer größerem Tempo vernichtet.
Aufgrund ihrer Intensität hat die gegenwärtige Krise nur wenig mit dem gewöhnlichen konjunkturellen Auf und Ab einer kapitalistischen Ökonomie zu tun: Wir erleben, dass auch durch wirtschaftliche Aufschwungstendenzen die Beschäftigungsmisere nicht überwunden wird. Die Gruppe, die gänzlich an den Rand gedrängt wird, weil sie für die Mehrwertproduktion nicht mehr benötigt wird, wächst in schnellen Schritten: Armut und Ausgrenzung werden zu festen Größen der gesellschaftlichen Entwicklung. Der Pariser Soziologe Robert Castel spricht von der »Wiederkunft einer massenhaften Verwundbarkeit«, die eigentlich als Relikt vergangener Armutsphasen galt. (»Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit«, 2000)
Das Besondere der gegenwärtigen sozial destruktiven Prozesse besteht jedoch nicht nur in einer schärferen Polarisierung des Verhältnisses von Kapital und Arbeit. Eklatant ist vor allem die Tatsache, dass Spaltungstendenzen mitten durch die Schichten der Arbeitskraftverkäufer selbst verlaufen: Da gibt es diejenigen, die Arbeit haben, und es gibt die Arbeitslosen. Und unter ihnen wächst die Gruppe, die keine realistische Chance besitzt, jemals wieder beschäftigt zu werden.
Aber es gibt auch noch die Spaltung innerhalb der Arbeitwelt, ja innerhalb des einzelnen Betriebes: Um die Kernbelegschaften auf der einen Seite entwickelt sich eine immer breitere Zone mit extrem belastenden, niedrig entlohnten und sozial unsicheren Arbeitsverhältnissen. Den Kernbelegschaften ist eine privilegierte Stellung zugedacht, weil sie – mit Beteiligung reformistischer Gewerkschaften – einen Stabilisierungsfaktor darstellen. Auf der Basis sozialer »Privilegierung« und gruppenzentrierter Organisationsstrukturen der Arbeitsprozesse sollen in den qualifizierten Produktionsbereichen Kreativitätspotentiale ausgeschöpft und loyale Haltungen gefördert werden. Diesen sozial verträglich gestalteten Bereichen der Arbeitswelt sind hierarchisch gegliederte Zuliefersegmente mit niedrigerem Status zugeordnet.
Während auch in Zeiten konjunktureller Schwäche die Konzerne bemüht sind, die Stammbelegschaften zu halten, sind die Beschäftigten in den »ungeschützten« Arbeitsverhältnissen unmittelbar den Marktschwankungen ausgesetzt: Sie sind nicht nur schlecht bezahlt, sondern werden geheuert und gefeuert, wie es gerade der Auftragslage entspricht. Das Leben dieser Gruppe ist sozial unsicher, beständig vom Absturz in die Bedürftigkeit bedroht: »Ein neues Proletariat ist im Entstehen, dem die kollektiv geregelten Normalarbeitsverhältnisse und die sozialstaatlichen Vermögenssurrogate für die Wechselfälle des Daseins zunehmend fremd werden. Es wird über den aktuellen Krisenzyklus hinaus langfristig durch die Erfahrung von Erwerbslosigkeit, von prekären Beschäftigungsverhältnissen, von ›zweiten‹ und ›dritten‹ Arbeitsmärkten und von abrupt eintretenden Armutsphasen geprägt sein.« (Karl Heinz Roth)
Diese Tendenzen zur sozialen Aufgliederung entsprechen dem Bedürfnis des Kapitals nach einer effektiveren Ausbeutung der Arbeitskraft. Der organisatorische Hebel ist die Etablierung von Bereichen der Arbeitswelt mit unterschiedlichen Rechts- und Entlohnungsformen, unterschiedlichen Standards der sozialen Absicherung und Perspektiven der Beschäftigungskontinuität. Wichtiges Element dieser veränderten Ausbeutungsstrategie ist der rapide Bedeutungsverlust des unbefristeten Arbeitsvertrages. Im Gegenzug erhalten unterdurchschnittlich bezahlte und ungeschützte Beschäftigungsverhältnisse eine immer größere Bedeutung. Ihr Anteil beträgt in den meisten Industrieländern 35 Prozent – mit stark steigender Tendenz. Das »Normalarbeitsverhältnis« wird durch befristete Verträge, Leiharbeit, Arbeit auf Abruf und diverse Formen der Scheinselbständigkeit zurückgedrängt. Vor allem ein großer Teil der Neueinstellungen vollzieht sich in diesen »endtraditionalisierten« Formen.
Selbst diese knappe Problemskizze lässt deutlich werden, dass die in der sozialwissenschaftlichen Diskussion mit Betroffenheitspathos kolportierte These, die neuen Ausgrenzungsformen würden eine Konfliktdimension jenseits des antagonistischen Interessengegensatzes von Kapital und Arbeit darstellen, wenig Realitätsgehalt besitzt. Denn die destruktiven sozialen Entwicklungen entsprechen den gegenwärtigen Erfordernissen der Kapitalverwertung. Das Kapital benötigt beide Segmente der gespaltenen Arbeitswelt: sowohl die »Etablierten« als auch die Randständigen.
Während die Kernbelegschaften als stabiles Element in einer bewegten Soziallandschaft fungieren, dienen die Ausgegrenzten als Bedrohungspotential: Ihre Existenz mahnt die noch Arbeitenden daran, dass es ihnen auch schlechter gehen könnte. Es ist auch nicht zwingend, dass die Ausgeschlossenen für immer ausgeschlossen bleiben. Sie bilden eine Arbeitskraftreserve, die entsprechend den Marktschwankungen aktiviert oder wieder deaktiviert werden kann. Auch in ihrer Randständigkeit bleiben die Krisenopfer dem kapitalistischen Reproduktionsprozess unmittelbar zugeordnet: Auch in ihrer Wartestellung sind sie Angehörige jener Klasse, die vom Verkauf ihrer Arbeitskraft abhängig ist.
Für Marx und Engels waren übrigens Spaltungstendenzen kein unbekanntes Phänomen. Schon im »Kommunistischen Manifest« ist davon die Rede, dass die kapitalistische Konkurrenz auch die Arbeiter entzweit. Aber sie sahen in der Kollektivität der betrieblichen Situation ein wirksames Korrektiv, um die gemeinsamen Interessen zu erfahren. Das hat sich durch die geschilderten Prozesse der Spaltung und Absonderung geändert: Durch ungleiche Eingruppierungen, arbeitsrechtliche Differenzierungen, insgesamt einer Atmosphäre der Unsicherheit ist es für die Betroffenen schwieriger geworden, die strukturellen Gemeinsamkeiten ihrer sozialen Lage zu erfassen und ein Bewusstsein kollektiver Interessen zu entwickeln.
Eine Erhebung in der Bundesrepublik würde wohl französische Befragungsergebnisse bestätigen, nach denen zwei Drittel der Befragten der Meinung sind, dass der Unterschied zwischen Beschäftigten und Arbeitslosen wichtiger als die Differenz zwischen Armen und Reichen sei. Solche selbstunterdrückende Verarbeitungsform der sozialen Widerspruchserfahrungen sind Ausdruck einer tiefen Verunsicherung und einer unterentwickelten Kultur des Widerstandes; sie sind auch Indiz dafür, wie »gründlich« das Denken der Herrschenden zum herrschenden Denken geworden ist.
Dass den meisten Angehörigen der gesellschaftlichen Unterklassen ein angemessenes Bewusstsein ihrer sozialen Position fehlt, wird meist gegen den Marxismus ins Feld geführt. Jedoch hat der Marxismus auch niemals das automatische Entstehen von Klassenbewusstsein behauptet. Denn für ihn ist es evident, dass die Herausbildung von Klassenorientierungen ein politischer und voraussetzungsvoller Prozess ist. Dennoch bleibt die objektive Soziallage entscheidend, denn durch die Stellung im Produktionsprozess entwickeln sich mit großer Regelmäßigkeit Klassenmentalitäten, die auch von den sozialen Konflikterfahrungen geprägt sind.
Zwar haben beispielsweise Arbeiter durch ihre subalterne Position nicht automatisch ein klares Bewusstsein über die herrschenden Klassenstrukturen – oft ist das Gegenteil der Fall. Jedoch ist in ihren Gesellschaftsbildern der gesellschaftliche Grundwiderspruch in einer vorbewussten Weise präsent. Trotz der Dominanz herrschaftskonformer Interpretationsmuster existieren bei der überwiegenden Mehrheit der Angehörigen der Arbeiterklasse immer noch Vorstellungen über die eigene Unterprivilegierung und die Dominanz kapitalistischer Interessen. Aber eine Vorstellung vom gesellschaftlichen Antagonismus ist noch kein Klassenbewusstsein. Ob es sich entwickeln kann, hängt von sehr unterschiedlichen Vermittlungen, von ideologischen Einflüssen, Widerstandserfahrungen, kulturellen Traditionen – kurz gesagt vom politischen Kontext ab.
Ohne Zweifel sind die Krisenopfer noch weit vom Aufbegehren und der Bereitschaft zum Widerstand entfernt. Weil sie ihre soziale Randständigkeit und Unterprivilegiertheit als Ausdruck des eigenen Versagens empfinden, verhalten viele sich schamhaft passiv: Gesellschaftliche Ausgrenzung wird durch Selbststigmatisierung komplettiert. Die Opfer übernehmen die Sichtweise derer, die sie herabzusetzen versuchen. Obwohl ihr Lebensschicksal kapitalistisch determiniert ist, spielen die Ausgegrenzten dadurch in den Konflikten zwischen Kapital und Arbeit keine aktive Rolle.
Unter den herrschenden politischen Verhältnissen und ideologischen Reproduktionsbedingungen ist es aber auch nicht überraschend, dass die (mittlerweile zur Massenerscheinung gewordenen) »Randgruppen« sich nicht zur Wehr setzen. Auch darin steckt immer noch etwas von einem verzweifelten Realitätssinn: Von wichtigen gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten ausgeschlossen, wird den »Marginalisierten« ihr beschränkter Aktionsradius ständig vor Augen geführt. Lähmend wirkt auf die Ausgegrenzten, dass für sie kein realistischer Punkt mehr existiert, an dem ihr Widerstand ansetzen könnte. Denn normalerweise bedeutet Widerstand für die Unterklasse, sich zu verweigern. Aber worin könnte die Weigerung der Arbeitslosen bestehen? In der Abweisung der spärlichen Unterstützungsleistungen? Schon an diesem simplen Beispiel ist zu sehen, dass es keine Alternative zur gemeinsamen Interessenartikulation aller Klassensegmente gibt. Fraglich bleibt natürlich, wie diese Interessenartikulation auf Grundlage der Segmentierung gelingen kann. Aber dieses Problem ist nicht neu: In allen Industrienationen hat die Arbeiterbewegung es versäumt, Strukturen zu schaffen, die verhindern, dass die Beschäftigungslosen in ein tiefes Loch der Isolierung fallen.
Aus dieser nicht sehr ermutigenden Beobachtung ergibt sich eine dringliche Aufgabe für die Klassenanalyse: Sie muss trotz der realen Spaltungstendenzen das Verbindende zwischen den Klassensegmenten herausarbeiten und die Möglichkeiten von organisatorischen Modellen erörtern, die eine Bewusstwerdung und Artikulation von Klasseninteressen fördern könnten.“



link zum video funktioniert nicht!

d 03.11.2003 - 14:08
d

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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1. Nov 10 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz

ergänzt 03.11.2003 - 18:31
Anlässlich des zehnten Jahrestages des Inkrafttretens des Asylbewerberleistungsgesetzes kritisiert PRO ASYL Geist und Praxis des Gesetzes als inhuman. Mit der Einführung des Sondergesetzes hat der Gesetzgeber die Unterversorgung einer ganzen Personengruppe zum Programm erhoben. Das am 1. November 1993 in Kraft getretene Asylbewerberleistungsgesetz steht seitdem für soziale Entrechtung und entwürdigende Behandlung. Das Gesetz regelt die Unterhaltsleistungen u.a. für Asylsuchende und Geduldete, die damit zugleich von den Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz ausgeschlossen werden.

Eine Sonderstellung unter den sozialen Leistungsgesetzen nimmt das Machwerk auch deshalb ein, weil die Leistungen, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erbracht werden, seit Inkrafttreten niemals der Preissteigerung angepasst worden sind.

Seit 10 Jahren bestehen in Deutschland zweierlei Existenzminima für Deutsche und Flüchtlinge. Für die Betroffenen bedeutet dies: ...
vollst.unter: http://www.proasyl.de/presse03/okt31.htm