Proteste: Vollversammlung der Uni Marburg

Ich 28.10.2003 18:21 Themen: Bildung
Weitere Proteste gegen Sozialabbau: Vollversammlung der Uni Marburg beschliesst Resolution für ein gebührenfreies Studium. Anschliessend unangemeldete Spontandemo.
Auf der Vollversammlung der Uni-Marburg wurde am Montagabend (27.10.2003) eine "Resolution für ein gebührenfreies Studium" mit absoluter Mehrheit beschlossen. Unter den ca. 1000 Anwesenden im Saal gab es lediglich 3 Gegenstimmen. Der Text der Resolution ist im Internet einsehbar unter  http://www.asta-marburg.de/dokumente/stupa/vv/VV_2003-10-27_Resolution%20_LAK.pdf . Die Resolution soll in dieser Woche auch auf den Vollversammlungen der hessischen Universitäten in Frankfurt, Giessen und Kassel sowie an den FH's in Darmstadt und Giessen-Friedberg beschlossen werden.

Neben dem Beschluss dieser allgemeinen Resolution für ein gebührenfreies Studium wurde von der Vollversammlung der Uni Marburg eine weiterführende "Marburger Resolution für Proteste und Aktionen gegen die Einführung von Studiengebühhren"; verabschiedet. Darin enthalten sind unter anderem die Forderung nach einer sozial gerechten Umverteilung, die Forderung nach günstigem Wohnraum für Studierende oder die Forderung zur Bereitstellung von Mitteln, welche zur Sicherung der Fächervielfalt sowie der Qualität von Forschung und Lehre an den hessischen Universitäten benötigt werden. Der AStA, das Studierendenparlament, die Fachschaftsräte sowie der Senat der Uni-Marburg werden aufgefordert, sich der geplanten Einführung von Studiengebühren entgegenzustellen. Bemerkenswert ist die kurz vor Stimmabgabe zusätzlich in die Resolution eingefügte Forderung, dass sich die Stadt Marburg ebenfalls an den Protesten beteiligen soll. Begründet wird dies mit einem besonderen Interesse der Stadt Marburg an der Verhinderung von zusätzlichen Studiengebühren" jeglicher Art: Im konkreten Falle der geplanten Einführung von sog. "Langzeitstudiengebühren" sowie der sog. "Verwaltungsgebühr" von 50,- E. pro Student / Semester würden dem regionalen Wirtschaftskreislauf etwa 3 Mio. Euro jährlich entzogen werden; dies würde vor allem den städtischen Gewerbetreibenden schwer zu schaffen machen.

Nachdem diese Resolution ebenfalls mit fast einstimmiger Mehrheit verabschiedet wurde, Begann die Diskussion über Formen, Inhalte und Ziele des Protestes. Es wurde schnell deutlich, das die Studierendenproteste nicht losgelöst vom gesamtgesellschaftlichen Kontext betrachtet werden können, obwohl die Moderatorin des AStA zu Beginn der Vollversammlung überflüssigerweise darauf hingewiesen hat, dass dies eine "reine Studierendenversammlung" sei und sich daher in der Diskussion ausschliesslich Studenten zu Wort melden sollten. Zahlreiche Redebeiträge machten darauf aufmerksam, dass in unserer Gesellschaft "genug Geld" da ist, dass es allerdings entweder auf den Konten der Wohlhabenden "arbeitet" oder für zweifelhafte Unternehmungen ausgegeben wird (z.B. 50 Mrd. Steuerhinterziehung jährlich, Finanzierung von Kriegseinsätzen der BW, Unterstützung von Heimatvertriebenenverbänden etc.) während gleichzeitig an anderer Stelle, nämlich bei Bildungs- und Sozialeinrichtungen, die Mittel immer weiter gekürzt werden.

Im Anschluss an die Vollversammlung gab es eine unangemeldete Spontandemonstration zu Geschäftsstelle der Marburger CDU. Der Demonstrationszug skandierte lautstark: "Roland Koch du alte Sau - Niemand braucht Sozialabbau" oder "Bildung für Alle - und zwar umsonst!". Angekommen an der CDU-Zentrale waren sich die ca. 500 Demoteilnehmer über das weitere Vorgehen uneinig: Sollte die Geschäftsstelle angezündet oder besetzt werden oder würde es ausreichen, ein paar Steine in die Scheiben zu werfen....? Nach kurzer Ratlosigkeit wurde letztendlich für eine Minute ein Transparent angebracht (der Inhalt wird zum Schutz der Beteiligten an dieser Stelle nicht wiedergegeben), dann begann der Rückzug in die Innenstadt. Die völlig überraschte und überforderte Polizei versuchte einige Male den Zug umzuleiten, die den Weg versperrenden Streifenwagen wurden allerdings einfach missachtet und überrannt. Insgesamt eine kraftvolle und lautstarke Spontandemonstration.
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Ergänzungen

Yeeha

antifa 28.10.2003 - 19:18

am 9.November findet in frankfurt/m unter dem Motto "die heimat vertreiben - etwas besseres als die nation..." eine antifa demo gegen den BDV (vertriebenen Verbände) und Erika Steinbach statt.
kommt alle - den standort deutschland angreifen!

infos: www.autonome-antifa.com

Tja 2

Zweiti 28.10.2003 - 20:22
Als eine Plastikflasche gegen den MC-Donalds geschleudert wurde haben ein paar Erstis total entsetzt die Demo verlassen. So sind die meisten Studis heutzutage :-(

Flasche gegen McDonalds ist ja auch blöd

bürger Kong 28.10.2003 - 21:41
Flasche gegen McDonalds ist ja auch blöd, man hätte konsequent die CDU zentrale auseinander nehmen müssen.

Das wäre spontan, vermittelbar und motivierend gewesen. Militanz muss richtig eingesetzt werden. Ziel sorgfältig auswählen, genug Leute haben für realistische Umsetzung. Machen. Gut ist. Nicht lange fragen, sondern die Militanz und die Wut zeigen, dann machen mehr mit. Und wenn einer ankommt und rumkackt, nicht zurückschnautzen, sondern einfach sagen das man selber so handeln will und ggf warum. Einfach die eigenen Wege konsequent gehen.

So

Spontan und Lautstark ...

Augenezuge 03.11.2003 - 01:26
Aus privaten Gründen war es mir weder möglich an der Vollversammlung noch an dem spontanen Protest teilzunehmen, doch da ich in direkter Nähe der Marburger CDU wohne bekam ich lautstark alles mit. Trotz starker Erkältung machte ich mich also dochnoch auf den Weg, um mir alles mal genauer anzusehen. Die Demonstranten waren echt zahlreich. Besonders viele Erstsemester nahmen daran teil! Schön ist, dass sich auch junge Studenten an solcher Art Demonstrationen beteiligen, das politische und gesellschaftliche Interesse scheint noch zu existieren. Gut, dass die meisten nicht etwa wegen der Demonstrationsflyer aus den Einführungsveranstaltungen als eine quasi Pflichtveranstaltung daran teilnahmen, sondern den Hintergrund genau kannten. So zog sich eine Band aus Müll von Bierdosen und abgebrannten Joints durch die Innenstadt, welches die Ernsthaftigkeit der Demonstration auch noch nachhaltig unterstrich! Auch hatte man Glück, dass halbe Teufel (also die Junge Union Marburgs) in dem Backsteinhaus der CDU tagten, sodass man gegen 21:00 Uhr nachts nicht nur das feudale Backsteinhaus anschrie! Schade, dass keine ernsthaften Straftatbestände z.B. Körperverletzung, schwere Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Brandstiftung, Sachbeschädigung und so weiter stattfanden. Das blöde Haus hätte es echt verdient, wurde es doch zu Gründerzeiten (Architektonische Epoche der industriellen Revolution Deutschlands >>nie wieder!<<) von Kapitalisten gebaut!!! Auch finde ich es Weltklasse, das demokratische Instrumente wie z.B. Wahlen von den meisten Studenten vermieden werden konnten und lieber ineffizient mit Störung, Zerstörung und Gewalt gekonntert wird. Un das gemeinsamme Trällern von schönen Reimen kennt man ja von Fussball und vom Ballermann! Ich hoffe, dass dies ein Meilenstein in der Bewegung gegen die Studiengebühren war! Ein Hoch auf die ASTA ;-)

Richtigstellung

Flo 05.11.2003 - 01:04
Im Anhang zum Foto ist ein Fehler versteckt, eine Spontandemonstration ist auch unangemeldet nicht illegal. Wäre sie angemeldet wäre es ja auch keine Spontandemonstration, sondern eine reguläre Demonstration. :-)

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

tja 1 wieder — soso

demo in ffm — antinationale antifa

ooo — ooo

Zensur? — Fred

Zensur??? — Begeisterte