25. Oktober 2003: Demonstration in Magdeburg

Ernst Kadletz 26.10.2003 18:11 Themen: Antifa Repression
Am 25. Oktober 2003 demonstrierten in Magdeburg ca. 2.500 Menschen für die Freilassung von Marco, Daniel und Carsten, gegen die ein Verfahren nach §129a geführt wird. Hier ein kurzer Bildbericht:
Bereits auf dem Bahnhof kam es zu Vorkontrollen durch die Polizei, die teilweise rechtswiedrig unter Gewaltanwendung durchgeführt wurden, auch bei Personen, die sich schon entschieden hatten, unter diesen Bedingungen nicht an der Demonstration teilzunehmen und die Landeshauptstadt wieder zu verlassen. Hierbei wurde mindestens eine Person durch Polizeibeamte verletzt. Der Einsatzleiter vor Ort konnte natürlich in diesem Zusammenhang kein Vergehen seiner Beamten feststellen. Auch, dass die rechtswiedrige Gewaltanwendung bis hin zum Schlagstockeinsatz über Lautsprecherwagen der Polizei angekündigt wurde, leugnete er. Nach den Vorkontrollen wurden potentielle Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmer in einen Kessel auf dem Bahnhofsvorplatz geführt. Wer sich nicht in diesen Kessel begeben wollte, müsste mit erneuten Durchsuchungen rechnen. In den Durchsuchungen auf dem Bahnhofsvorplatz wurden dann selbst alkoholfreie Getränke in Plastikflaschen abgenommen. Hier wurden auch Pressevertreterinnen und -vertreter durchsucht und selbst Anwälte sollten ihre Personalien abgeben.

Mit einer Verspätung von etwa zwei Stunden konnte dann die Demonstration starten, die mit 2.500 Menschen auf eine nicht doch ganz unerhebliche Größe angewachsen ist. Die Demonstration selbst ging nahezu vollständig in Ketten, Seitentransparente waren fast bis ans Ende der Demonstration vorhanden. Trotz widriger Umstände wie Bullen-Schikane, das lange Warten und eisiger Kälte war die Stimmung auf der Demonstration eher gut: lautstarke Parolen, die Unmengen an Transparenten und die Moderation vom Lautsprecherwagen sorgten dafür, dass das Anliegen der Demonstration auch für Außenstehende wahrnehmbar war. Das war selbst nicht durch die massive Bullen-Präsenz zu verhindern.

Dass es zu keiner Eskalation gekommen ist, ist ausschließlich dem besonnenen Verhalten der Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmer zu verdanken obwohl es von Seiten der Polizei zu zahlreichen Provokationen gekommen ist, wie schon bei den Vorkontrollen beschrieben. Die Demonstration endete nach völlig friedlichem Verlauf gegen 18:30 Uhr wieder auf dem Bahnhofsvorplatz.

Für die Abreise hatten sich die Bullen schon wieder eine neue Schikane einfallen lassen. So durften eine Zeitlang nur Leute mit gültigem Bahnticket den Bahnhof betreten. Weiterhin wurde davon berichtet, dass die Bullen Schließfächer geöffnet haben, in denen Sie nach Waffen von Demonstrationsteilnehmern gesucht haben.

Insgesamt kam es zu drei Festnahmen ausschließlich Minderjähriger, wie dem Pressedienst der Polizei zu entnehmen ist ( http://www.asp.sachsen-anhalt.de/presseapp/data/pdmd/2003/530_2003.htm). Die Berichterstattung im Lokalfernsehen ( http://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/1010210.html) war doch eher obrigkeitshöhrig und gibt in keiner Weise die Situation in Magdeburg wieder.

Fazit: Dickes Lob an die Mobilisierungsarbeit der Soligruppe und Dank an all jene, die nach Magdeburg gekommen sind. Der Polizeieinsatz war erwartungsgemäß völlig überzogen. Wie sie den mit drei minderjährigen Festgenommenen rechtfertigen wollen, bleibt ein Rätsel. Aber vielleicht müssen sie das ja auch nicht, da es vor Ort an einer kritischen Öffentlichkeit fehlt.

Solidarität ist eine Waffe!
Weg mit §129!
A.C.A.B.

Weiter ständig aktuelle Informationen:  http://www.soligruppe.de
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Ergänzungen

d

rf 26.10.2003 - 19:49
Haben Anwälte einen Anwaltsausweis, wo keine Personalien draufstehen?

@rf

Ernst Kadletz 26.10.2003 - 21:29
"Selbst der Anwalt eines der Angeklagten wurde ursprünglich nicht zur Demonstration durchgelassen, da er seine Personalien verweigerte. (Nach dem Sachsen-Anhaltinischen Polizeigesetz sind derartige Personalienkontrollen nicht zulässig.)" - PE der Soligruppe. Habe selbst ständig solche Szenen beobachtet. Natürlich stehen auf dem Anwaltsausweis die Personalien, die dürfen halt bloß nicht von den Bullen gespeichert werden.

Naja

Phantom a 27.10.2003 - 01:53
Zu erwähnen wäre die starke antiimp szene (palisticker und tücher, eta solifahne) auf der demo, über den superschwachen lauti wurde zur solidarität mit der pflo aufgerufen.
am rande der demo kam es zu antisemitischen entgleisungen ("die juden schlachten die araber ab, wie die faschos die juden abgeschlachtet haben") von 3 querfront oder undefinierbaren faschos, die aber genauso peinlich durch hysterische antifamackerinnen und die herbeigerufene antifa - patrol weggeschubst wurden, sich aber hinterher wiederr in die demo eingeordnet haben.
Die bullen wären wahrscheinlich ziemlich blutig nach hause gelaufen, wenn sie einen krieg angefangen hätten.
insgesamt war die demo für die veranstalterInnen ein erfolg, ob sie den gefangenen was gebracht hat ist fraglich. klar war das toll, mal wieder zu sehen, was für eine starke gewaltbereite szene die schwarzen haben aber wenn man dann bedenkt, wie autoritär manche dieser antifas geregelt sind und was dort für heroismen und ideale reproduziert ewrden fragt man sich doch, ob das die leute sind, mit der man eine neue gesellschaft bauen will. oder ob sie sich nicht eher als elitetruppe der linken sehen. vom militärischen aspekt eine gelungene aktion, vom ideologischen ein desaster.
sorry
freiheit für alle
und zwar umsonst






Hetze in der Magdeburger Volksstimme...

fgjk 27.10.2003 - 11:14
Magdeburg erlebte die größte linke Demo der Nachwendezeit
Wüste Parolen, aber keine Steine: Der große Straßenkampf blieb aus


Bereitschaftspolizisten riegeln Sonnabendabend vor der Abschlusskundgebung den Bahnhofsvorplatz in Magdeburg ab. Fotos (3): Erich Marx


Magdeburg - Schwarze Fahnen mit Totenkopf, rote Banner, die vietnamesische Staatsflagge, Transparente, die zum militanten Kampf gegen die gehasste BRD aufrufen, über 2000 linke Demonstranten aus ganz Deutschland, im Kordon von fast genau so viel Polizisten, aus vier Bundesländern - das war Magdeburg am Sonnabendnachmittag.
"Staat Scheiße!" - "Anarchie gut!"
"Du blöder Saubulle. Guck dich mal an, wie Scheiße du bist", pöbelt der junge Mann kurz nach 14 Uhr am Zugang zum Bahnhofsvorplatz. Die doppelte Kette Bereitschaftspolizei bringt die Seele des Krawalltouristen und seiner Genossen in Wallung. "Taschenkontrolle, Beine auseinander!" - rauh aber nicht besonders herzlich die Reaktion der Grünen aus Niedersachsen.

Nur langsam füllt sich der Bereich zwischen Hauptbahnhof, City Carré, Cinemaxx und Intercity-Hotel. Um 14 Uhr soll die bislang größte linke Demo der Nachwendezeit in Magdeburg beginnen. Doch die Gruppen treffen nur nach und nach ein. Der Grund: Die Polizei kontrolliert bereits an den Ortseingängen. Und dabei haben die Beamten alle Zeit der Welt.

Wutgeheul, als der Einpeitscher aus Bayern im Lautsprecherwagen diese Polizeitaktik verkündet. "Lasst euch nicht provozieren, aber lasst euch auch nichts gefallen", heizt er immer wieder die Stimmung an.

"Linke Politik verteidigen! Freiheit für Marco, Daniel und Carsten und alle politischen Gefangenen!" So lautete das offizielle Motto der über 2000 Demonstranten. Sie sind unter anderem aus Berlin, Braunschweig, Frankfurt am Main, Oldenburg, Nürnberg, Dresden Leverkusen Göttingen, Hamburg und sogar der Schweiz angereist.

Die Linken wollen sich für drei Magdeburger einsetzen, die seit mehreren Monaten in Untersuchungshaft sitzen. Und seit vorigen Dienstag in Halle vor dem Oberlandesgericht stehen. Sie sollen zu einer linksterroristischen Vereinigung gehören und mehrere Brandanschläge verübt haben.

Doch das angemeldete Protestziel ist für viele nur ein Vehikel, um ihren Hass auf den "imperialistischen Staat BRD" herauszuschreien und wenn sich die Gelegenheit ergibt, Randale zu machen. "Ich mache die Schweine platt, wenn es darauf ankommt", plärrt ein Mädchen und gibt die Weinbrandflasche an ihren Nachbarn weiter. "Terror über alles", verkündet die Schrift auf einem Sweat-Shirt.

Vier Stunden lang bewegt sich der Zug durch die Magdeburger Straßen. In Stadtfeld, vor dem Haus "Ulrike", das von Linken besetzt und später von der Polizei geräumt wurde, der erste Stopp. Ein Polizeihubschrauber knattert über der Straße. Linke und rechte Fotoamateure lichten sich gegenseitig fürs "Familienalbum" ab.

Der erste so genannten Redebeitrag, dem an den nächsten "Haltestellen" weitere folgen. Auf einen Nenner gebracht: "Staat Scheiße. Bullen Scheiße. Anarchie gut, Kommunismus gut."

Alle Seitenstraßen sind von Polizei abgeriegelt. Einsatzreserven und so genannte Festnahmekommandos in den Bereitstellräumen. Vier Hundertschaften Polizei aus Brandenburg, Thüringen und Niedersachsen sind zur Unterstützung ihrer Kollegen aus Sachsen-Anhalt angefordert worden.

Auf dem Weg über den Olvenstedter Platz zurück ins Zentrum stehen nicht die erwarteten Beifallklatscher. Lediglich von einigen Balkons und an einigen Fenstern werfen Magdeburger einen Blick auf die Demo. Allerdings nur aus Angst um ihre Autos, die sie auf der Straße abgestellt haben.

Bis auf lautstarke Schimpfkanonaden und dem Lieblingsslogan: "Bullen verpisst euch!", bleibt es im Zug ruhig. Die befürchteten Straßenkämpfe zwischen Grün und Rot bleiben aus. Die Plakate mit Schriftzügen wie "Gesellschaft ohne Knäste" werden eingerollt. Der Lautsprecher, der gerade noch krächzste "Deutschland muss sterben, damit wir leben können", wird ausgeschaltet.

"Das Gewaltpotenzial war erheblich", rechtfertigt gestern Sachsen-Anhalts Innenminister Klaus Jeziorsky (CDU) das große Polizeiaugebot. "Über 300 bis 400 Autonome gehörten zu denen, die keinen handfesten Krawall auslassen." Der Demo-Leitung sei von Anfang an klar gemacht worden, dass die Eingreifschwelle der Beamten "sehr niedrig" sein wird. "Schon wenn Vermummte im Demonstrationszug aufgetaucht wären oder beim ersten Steinwurf hätten wir Ernst gemacht." Magdeburg könne es sich nicht erlauben, "als Tummelplatz für gewalttätige Chaoten" berüchtigt zu werden, so Jeziorsky.

Von Bernd Kaufholz


Außenvermittlung?

KritikerIn 27.10.2003 - 11:57
"lautstarke Parolen, die Unmengen an Transparenten und die Moderation vom Lautsprecherwagen sorgten dafür, dass das Anliegen der Demonstration auch für Außenstehende wahrnehmbar war."

Glaubst du wirklich, daß unser Anliegen mit Parolen wie "Ich bin nichts, ich kann nichts - gebt mir eine Uniform!", "Alles für alle und zwar umsonst!" und "Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist das gleiche Rassistenpack!" an Außenstehende vermittelt wurde? Haben wir nicht für die im Knast sitzenden und gegen §129a demonstriert?

Ich glaube, daß die Demo für Außenstehende kaum Vermittlung hatte. Wenn 2500, meist in schwarz gekleidet, mit ihren 10 Parolen, die auf jeder Demo, egal um was es geht, rumgrölen, dann soll das Vermittlung sein? Ich hätte mir gewünscht, daß nicht nur am Anfang der Demo Flugis verteilt worden wären (dann übrigens auch nur an Demo-TeilnehmerInnen), sondern auch während der Demo, damit wir Außenstehenden begründen, warum der §129a (übrigens auch §129b und alle weiteren Paragraphen) abzuschaffen ist!!!

Sprengt die Knäste, Freiheit für alle Gefangenen!

zu wenig los

anti 27.10.2003 - 12:59
also ich weiß ja auch nicht, aber etwas schwach ist es schon, wenn mangelnde radikalität der linken (oder vielleicht auch feigheit?) zu "besonnenheit" umgedeutet wird. wie schon jemand anderes schrieb: die bullen wären untergegangen, hätten sie's wirklich geschafft, eine straßenschlacht anzufangen. das hätte im übrigen (durch die dann folgende medienaufmerksamkeit) auch den gefangenen was gebracht. aber nein, bei uns ist mensch lieber "besonnen" und lässt sich von den bullen (fast) alles gefallen. das es auch für das ansehen der linken nix bringt, friedlich zu bleiben, sollte der artikel der "magdeburger volksstimme" jedem klar machen. nehmt euch mal ein beispiel an unseren europäischen nachbarn italien (ich weiß, ist nicht direkt ein nachbar), frankreich oder der schweiz und was die genossen von dort in solchen fällen machen. und dass die bayerischen oder sächsischen bullen "härter drauf" als die italienischen prügeltruppen, will doch hoffentlich niemand hier ernsthaft behaupten.

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Spitze

s.... 26.10.2003 - 21:34
Dank zurück
war eine super Sache
BUNDESWEITE SOLIDARITÄT
SOLIDARITÄT INTERNATUONAL

FREIHEIT ALLER POLITISCHEN GEFANGENEN

BASTA

das macht mut

ali 26.10.2003 - 22:41
lotta continua!

nix mit naja @ Phantom

peter pan 27.10.2003 - 03:15
ich weiss ja nicht wer hier elitäres geschwafel loslässt, wenn da aber wohl ganz klar du ...

zu den antisemitischen entgleisungen von diesen wahrscheinlichen nazis:
das es sich um solche handelt wurde erst sehr spät klar, bis dahin haben die sich nur wie 2 völlig besoffene verhalten, so hab ich sie jedenfalls erlebt - und ich weiss auch nicht was du am ordner verhalten peinlich fandest ... deren aufgabe ist es nicht leute rauszuprügeln, die beiden betreffenden personen wurden angesprochen und der demo verwiesen

aber hauptsache Mensch hat was zu mecker, wa?

@kritikerin mit großem "I"

kritiker einzahl 27.10.2003 - 12:34
mit wursthaaren und vokü wäre die außendarstellung auch nicht besser gewesen. und. offen gesagt ging es nicht um eine außendarstellung, sondern um eine solidaritätsaktion mit den gefangenen. es ist doch nicht von der hand zu weisen, das carsten, marco und daniel sicher kraft tanken konnten, als sie hörten, dass leute für sie nach magdeburg gekommen waren, und das in zeiten einer schwachen radikalen linken!

Naja @ Phantom

naja 27.10.2003 - 17:51
Ich halte die "schwarze Szene" im allgemeinen nicht für gewalttätig!

demo ohne nationalfahnen

ali 27.10.2003 - 22:53
eine der mutmachensten demos in den letzten zehn jahren. und es geht also doch ohne nationalfahnen und mit solidarität.
ya basta!