USA - eine altruistische Macht?

Wal Buchenberg 17.10.2003 18:19 Themen: 3. Golfkrieg Weltweit
Es wird das Kindermärchen erzählt, die USA oder irgendeine andere Großmacht hätten aus altruistischen Motiven gegen Nazi-Deutschland gekämpft. Man beruft sich dabei auf Politikerreden und Zeitungsartikel, die vielleicht ins Literaturstudium (Rhetorik) gehören, nicht jedoch in das Studium der Zeitgeschichte.Das im Folgenden dokumentierte interne US-Regierungs-Dokument von 1941 spricht aus, worum es den US-Machthabern ging. Der Herausgeber, Robert E. Sherwood, meinte dazu: "Es ist meiner Meinung nach eines der bemerkenswertesten Dokumente der amerikanischen Geschichte, weil es die Grundlage bildete für die globale Strategie des Krieges ..."
Vorbemerkung:
Es wird das Kindermärchen erzählt, die USA oder irgendeine andere Großmacht hätten aus altruistischen Motiven gegen Nazi-Deutschland gekämpft. Man beruft sich dabei auf Politikerreden und Zeitungsartikel, die vielleicht ins Literaturstudium (Rhetorik) gehören, nicht jedoch in das Studium der Zeitgeschichte.
Das im Folgenden dokumentierte interne Regierungs-Dokument vom 11. September 1941, - knapp drei Monate vor dem überraschenden Angriff Japans auf Pearl Harbor und dem offiziellen US-Kriegseintritt in den Zweiten Weltkrieg -, spricht aus, worum es den US-Machthabern ging.
Der Herausgeber, Robert E. Sherwood, meinte dazu: "Es ist meiner Meinung nach eines der bemerkenswertesten Dokumente der amerikanischen Geschichte, weil es die Grundlage bildete für die globale Strategie des Krieges ..." (Robert E. Sherwood: Roosevelt und Hopkins. New York 1948. Dt. Hamburg 1950: 322. - Robert E. Sherwood gehörte 1941 als Redenschreiber von Präsidenten Roosevelt zum inneren Machtzirkel der US-Regierung.)

11. September 1941.

"Joint Board Estimate of United States Overall Production Requirements

[I. Gründe für die Untersuchung


1. (...)
2. (...)
3. (...)]

II. Allgemeine Politik vom militärischen Gesichtspunkt



4. Als Gegner sind vorauszusetzen: Deutschland und alle von den Deutschen besetzten Länder, deren militärische Streitkräfte mit Deutschland kooperieren: Japan und Mandschukuo; Italien; Vichy-Frankreich; und möglicherweise Spanien und Portugal. Die Länder, die als Freunde oder mögliche Verbündete in Frage kommen, sind: Das Britische Commonwealth, Niederländisch-Indien, China, Rußland, das freie Frankreich, die Völker in den deutsch besetzten Territorien, die gegen Deutschland sind, und die Länder der westlichen Hemisphäre.

5. Die allgemeinen nationalen Ziele der Vereinigten Staaten, soweit sie mit der militärischen Politik zusammenhängen, sind in großen Zügen folgende: Wahrung der territorialen, wirtschaftlichen und ideologischen Integrität der Vereinigten Staaten und der übrigen westlichen Hemisphäre (d.h. Nord- und Südamerika mit allen vorgelagerten Inselgruppen, wb); Verhinderung des Zerfalls des Britischen Empire; Verhinderung weiterer Ausdehnung der japanischen Herrschaft; Herstellung des politischen Gleichgewichts in Europa und Asien zur Sicherung der politischen Stabilität in jenen Bereichen und der zukünftigen Sicherheit der Vereinigten Staaten; und, soweit durchführbar, die Errichtung von Regimen, die für wirtschaftliche Freizügigkeit und die Freiheit der Person eintreten.

6. Da die territorialen Interessen der Vereinigten Staaten überwiegend in der westlichen Hemisphäre liegen, müssen die Vereinigten Staaten vor allem über zweckmäßig verteilte Streitkräfte verfügen, die für alle Fälle und in Kooperation mit den Streitkräften anderer amerikanischer Mächte in der Lage sind, mit Erfolg einen politischen oder militärischen Übergriff europäischer oder asiatischer Mächte auf die westliche Hemisphäre zu verhindern, selbst wenn das Britische Commonwealth zusammengebrochen sein sollte.

7. Wenn man dieses Ziel erreicht, ist damit noch nicht der Erfolg der in § 6 erwähnten politischen Maßnahmen gesichert. Diese Politik unserer Nation kann in vollem Umfang nur durch militärische Siege außerhalb unserer Hemisphäre wirksam werden, entweder durch die Streitkräfte der Vereinigten Staaten, durch diejenigen befreundeter Mächte oder durch beide zusammen.

8. Sollte es Deutschland gelingen, ganz Europa zu unterwerfen, so könnte es den Wunsch hegen, mit den Vereinigten Staaten für mehrere Jahre Frieden zu schließen zu dem Zweck, seine Gewinne zu organisieren, Wirtschaft wieder aufzubauen und sein militärisches Potential zu vergrößern, um am Ende Südamerika zu erobern und die militärische Niederlage der Vereinigten Staaten herbeizuführen. Während einer solchen „Friedens“periode würde Deutschland sehr wahrscheinlich versuchen die wirtschaftliche und politische Stabilität der südamerikanischen Länder zu untergraben und Schattenregime einzurichten, die der Ausdehnung der militärischen Macht Deutschlands auf diesem Kontinent Vorschub leisten. Unter solchen Umständen würde Deutschland bessere Aussichten gewinnen, die Vereinigten Staaten zu schlagen. Man kann dieses Konzept nicht für gewiß annehmen, weil es vorstellbar ist, daß Deutschland sofort auf westlichen Hemisphäre Fuß zu fassen sucht.

9. Sollte Japan etwa China und Rußland besiegen und die Kontrolle über Siam, Malaya und Niederländisch-Indien (Indonesien, wb) erlangen, so wird es wahrscheinlich ebenfalls versuchen, einen Frieden zu errichten, um die „Interessengemeinschaft Ostasien“ (East Asia Co-Prosperity Sphere) zu organisieren. Es ist dann kaum zu vermeiden, daß die Philippinen unter japanische Hegemonie kommen.

10. Es ist anzunehmen, daß das Naziregime wahrscheinlich nicht in nächster Zukunft durch eine Aktion des deutschen Volkes gestürzt wird und dies erst dann geschieht, wenn Deutschland vor der militärischen Niederlage steht. Auch wenn dann ein neues Regime eingesetzt würde, kann man nicht sicher damit rechnen, daß es Friedensbedingungen zustimmen wird, die für die Vereinigten Staaten annehmbar sind.

11. Vorausgesetzt, daß die im vorherigen Paragraphen enthaltenen Gesichtspunkte zutreffen, geht unsere Meinung dahin, daß Deutschland und seine europäischen Satelliten nicht von den europäischen Mächten besiegt werden können, die zur Zeit gegen es kämpfen. Wenn also unsere europäischen Feinde besiegt werden sollen, werden die Vereinigten Staaten nicht umhin können, in den Krieg einzutreten und einen Teil ihrer Streitkräfte zum Angriff im östlichen Atlantik und in Europa oder Afrika zu verwenden.

12. Die Kommission ist ferner der Ansicht, daß, wenn Japan unter den heutigen Voraussetzungen gegen die Briten in Malaya und gegen die Holländer in Niederländisch-Indien vorgehen sollte, die britischen und holländischen Streitkräfte diesem Vorgehen ohne aktive militärische Hilfe der Vereinigten Staaten wahrscheinlich nicht genügend Widerstand leisten können. Welches Ergebnis ein japanischer Angriff auf die ostsibirische Sowjetrepublik haben wird, ist zur Zeit nicht abzusehen.

13. Angesichts der vorhergehenden Überlegungen empfiehlt die Kommission, die gesamte Produktion und die Materialbeschaffung so einzurichten, daß die Vereinigten Staaten für den gleichzeitigen Krieg gegen Deutschland und Japan gerüstet sind, und zwar unter folgenden möglichen Kombinationen:
a) Als kriegführender Verbündeter des Britischen Commonwealth, Niederländisch-Indiens, Rußlands und Chinas.
b) Als kriegführender Verbündeter Kanadas und einiger lateinamerikanischer Länder, falls andere kriegführende Mächte von Deutschland und Japan besiegt sind.

14. Auf Grund der ungleichen industriellen Kapazitäten und Rohstoffquellen müssen sich die befreundeten Mächte zur Sicherung eines großen Teils ihrer Rüstung und anderer Materialien, die sie für den Erfolg benötigen, an die Vereinigten Staaten wenden. Der Rüstungs- und Materialbedarf, den die Vereinigten Staaten produzieren oder kontrollieren werden, sollte zwischen den befreundeten Mächten in der Weise verteilt werden, daß der Erfolg der Strategie, welche die Vereinigten Staaten zur Unterwerfung unserer Feinde nach bestem Wissen berechnet haben, gesichert wird.

III. Mutmaßlicher Charakter der allgemeinen Strategie des Feindes
(A) Deutsche Strategie:



15. Für Deutschland besteht das Ziel der gegenwärtigen Phase des Krieges in der vollständigen militärischen und politischen Herrschaft über Europa und wahrscheinlich auch über Nord- und Westafrika. Wenn dies Deutschland gelingt, so mag es hinterher eine Periode friedlicher Erholung erstreben, während deren es Europa wiederaufbauen und auf neue Abenteuer vorbereiten kann. Indessen darf die Möglichkeit nicht übersehen werden, daß Deutschland sofort versuchen wird, nach Indien, Südafrika oder Südamerika vorzudringen.

16. Im einzelnen scheint Deutschland zur Zeit strategische Pläne im Auge zu haben, deren Art und mutmaßliche Verwirklichung folgendermaßen beschrieben werden kann:

a) Die Eroberung des europäischen Rußland, Vernichtung der russischen Wehrmacht und Sturz des Sowjetregimes. Dies Unternehmen der deutschen Armee und ihrer Luftwaffe wird zweifellos für die nächsten Monate den größten Teil der diesen Kontingenten zur Verfügung stehenden Kräfte absorbieren. Der Enderfolg dieses Unternehmens hängt noch in der Schwebe.

b) Vernichtung der Widerstandskraft Großbritanniens durch beschleunigte Versenkung von Schiffsraum und fortgesetzte Bombardierung der britischen Industrie. Man wird hierzu Kriegsschiffe verwenden, Unterseeboote und die Luftwaffe auf den nordwestlichen Seewegen bis hinab zum mittleren Atlantik, ausgehend von den Operationsbasen in Norwegen, Frankreich, Portugal und Französisch-Westafrika; und man wird auf allen Meeren bewaffnete Handeisschiffe verwend Eine Invasion in England mag vielleicht erst dann versucht werd“ wenn diese Maßnahmen fehlschlagen.

c) Eroberung Ägyptens, Syriens, des Irak und Irans. Dies mag der Bereich sein, in welchem die nächste deutsche Großoffensive zu erwarten ist. Dazu sind große Land- und Luftstreitkräfte erforderlich, sowohl deutsche wie italienische, unterstützt durch italienische Seestreitkräfte im östlichen Mittelmeer und im Schwarzen Meer. Der Erfolg mag davon abhängen, ob oder ob nicht britische und russische Streitkräfte verfügbar sind, um die Verteidigung in großem Maßstab zu konzentrieren; er hängt ferner von der Entwicklung des zur Zeit unbekannten militärischen Potentials Italiens ab.

d) Okkupation Spaniens, Portugals, Marokkos, Französisch-Westafrikas, Senegals und der atlantischen Inseln, mit dem Ziel, die deutsche Offensive gegen die britische Schiffahrt zu verstärken und diese Position Deutschlands Gegnern vorzuenthalten. Für diese Offensive sind beträchtliche Land-, Luft- und Seestreitkräfte erforderlich, wenn auch nicht in dem Umfange wie für die Eroberung der Länder östlich des Mittelmeers.

17. Deutschland kann auf seinem eigenen Heimatgebiet und den anliegen Gebieten seine ganze Macht entfalten. Je weiter seine Streitkräfte sich von der Heimatbasis entfernen, um so mehr verringert sich seine militärische Wucht im Verhältnis zur Ausdehnung, der Unsicherheit der Verbindungslinien und der Transportschwierigkeiten. Deutschland begegnet diesen Schwierigkeiten in Rußland; es würde bei einer Offensive in Regionen östlich des Mittelmeers noch größeren Schwierigkeiten begegnen, während das Problem der Unterhaltung starker Kräfte in Marokko, Französisch-Westafrika, Senegal und den Azoren ganz besonders schwierig sein dürfte. Im östlichen Teil des europäischen Rußland, in Ägypten im Irak, in Iran und Nord- und Westafrika können die Deutschen nur einen Bruchteil der militärischen Kraft einsetzen, die sie in Frankreich, dem Balkan und Polen haben einsetzen können. Schwere deutsche Niederlagen in jenen Gebieten mögen die Stabilität des Naziregimes durchaus erschüttern. Diese ernsthafte Möglichkeit müßte in der Entwicklung der Strategie der verbündeten Mächte in Betracht gezogen werde

III. (B) Die japanische Strategie:
(18. ...
19. ...
20. ...)

IV. Allgemeine Strategie der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten:



21. Die Kommission ist überzeugt, daß das Hauptziel der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten die vollständige militärische Niederwerfung Deutschlands sein sollte. Wenn Deutschland besiegt ist, bricht sein europäisches Herrschaftssystem zusammen, und es ist möglich, daß Japan gezwungen werden könnte, einen großen Teil seiner territorialen Gewinne aufzugeben, es sei denn, daß es seine Position so stark befestigt hat, daß die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten nicht in der Lage wären, den Krieg gegen Japan fortzusetzen.

22. Ein unentschiedener Friede zwischen Deutschland und seinen gegenwärtigen militärischen Gegnern würde wahrscheinlich Deutschland die Gelegenheit geben, den europäischen Kontinent wieder neu zu organisieren und seine Kraft wiederherzustellen. Selbst wenn das Britische Commonwealth und Rußland völlig besiegt würden, hätten die Vereinigten Staaten wesentliche Gründe, um den Krieg gegen Deutschland fortzusetzen, trotz der sehr vermehrten Schwierigkeiten, den Endsieg zu erringen. Daraus folgt, daß es für die strategischen Methoden der Vereinigten Staaten in allernächster Zukunft vor allem darauf ankommt, die gegenwärtigen militärischen Operationen gegen Deutschland ; Material zu unterstützen und sie durch aktive Teilnahme am Kriege zu verstärken, während Japan im Hinblick auf zukünftige Entwicklung in Schach gehalten werden sollte. Zur Zeit sind notwendigerweise nur kleine Kontingente der Armee genügend ausgerüstet und ausgebildet um sogleich an offensiven Operationen teilzunehmen.

23. Von Rußland abgesehen, liegt die Stärke der verbündeten Mächte vorwiegend in den Kategorien der Kriegsmarine und der Luftwaffe. Die Flotten und die Luftwaffen können verhindern, daß man Kriege verliert, und können durch Schwächung des Feindes sehr viel zum Siege beitragen. Für sich allein indessen können Marine und Luftstreitkräfte nur selten, wenn überhaupt jemals, größere Kriege entscheiden. Man sollte die fast unumstößliche Regel anerkennen, daß nur die Landtruppen am Ende den Krieg entscheiden können.

24. Es ist sinnlos zu erwarten, daß die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten in nächster Zukunft eine zusammengefaßte und erfolgreiche Landoffensive gegen das Zentrum der deutschen Macht unternehmen werden. Da es klar ist, daß die verbündeten Mächte Deutschland nicht durch defensive Maßnahmen besiegen können, muß die Strategie andere offensive Methoden an Stelle einer baldigen Landoffensive in Europa anwenden. Diese Methoden mögen in folgendem bestehen:
Fortsetzung der Wirtschaftsblockade, Eröffnung von Landoffensiven in entfernter Gegenden, wo deutsche Truppen nur einen Teil ihrer Gesamtkraft einsetzen können; Luftangriffe und Flottenunternehmungen gegen die militärischen, wirtschaftlichen und industriellen Hilfsquellen Deutschlands und die Unterstützung von Untergrundbewegungen in den besetzten Ländern. Die strategischen Methoden gegen Japan (vorausgesetzt, daß es im Kriege mit uns liegt) sollten bestehen in einer starken Verteidigung Sibiriens und des malayischen Archipels, in einer wirtschaftlichen Offensive vermittelst Blockade, einer Schwächung des japanischen Kriegspotentials durch Luftangriffe und durch chinesische Offensiven gegen die japanischen Besatzungstruppen.

25. Die allgemeinen Kriegsziele, welche unseren Erachtens die Vereinigten Staaten und die verbündeten Mächte sich zu eigen machen sollten, sind nebst den erforderlichen Maßnahmen unten aufgeführt. Die materielle Unterstützung befreundeter Mächte (soweit sie in den folgenden Absätzen erwähnt ist) müßte mit dem Bedarf der Vereinigten Staaten in Einklang gebracht werden.

a) Die Sicherung der westlichen Hemisphäre gegen jede politische oder militärische Ausbreitung europäischer oder asiatischer Mächte ist für die Strategie der Vereinigten Staaten ausschlaggebend. Im Verfolg dieser Sicherung müssen die Vereinigten Staaten unter allen Umständen Marine-, Land- und Luftstreitkräfte in solchen Positionen unterhalten, daß sie sowohl auf dem Atlantischen wie im Stillen Ozean sofort verfügbar sind, und zwar in hinreichender Stärke, um im Fall eines Zusammenbruchs Englands oder Rußlands eine Invasion zu verhindern. In diesem Zusammenhang ergibt sich die wesentliche Frage, ob Nordwestafrika und die atlantischen Inseln in deutschem oder befreundetem Besitz sind. In ähnlicher Weise sind Alaska, Hawaii und Inseln des südlichen Pazifik von wesentlicher Bedeutung für die Sicherheit des östlichen Pazifik. Die Seestreitkräfte der Vereinigten Staaten dürften für defensive Zwecke bis 1944 hinreichen.

b) Die Sicherung des Vereinigten Königreichs ist eine wesentliche Voraussetzung für die Unternehmung militärischer Operationen gegen Deutschland und Japan in der östlichen Hemisphäre (d.h. Europa und Asien, wb). Die Sicherung Englands ist aber auch von hoher Bedeutung für die Verteidigung der westlichen Welthälfte. Die Sicherung des Vereinigten Königreichs hängt von einer wirksamen Verteidigung zur See, zu Lande und in der Luft ab. Wiederum hängt diese Verteidigung von der Sicherheit der Seewege ab. Die Unterstützung des Vereinigten Königreichs kann nur dann fortgesetzt werden, wenn die jetzige Bedrohung der Seewege bedeutend vermindert wird durch Verstärkung der Abwehrkräfte zur See und zur Luft, die ihre Stützpunkte auf den britischen Inseln, Island und den Positionen im mittleren und östlichen Atlantik haben. Solange nicht die Verluste der britischen Handelsschiffahrt bedeutend verringert werden, oder solange nicht Deutschland innerlich zusammenbricht, kann nach der Meinung der Kommission der Widerstand Englands nicht ins Unabsehbare fortgesetzt werden, mögen auch die Vereinigten Staaten ihre Industrien zum äußersten anspannen. Wenn also das Vereinigte Königreich den Krieg durchhalten soll, so ist es erforderlich, die britischen Streitkräfte im Atlantik sofort und wirksam durch Marine- und Luftkontingente der Vereinigten Staaten zu verstärken und die britische Handelstonnage aus eigenem Bestand stark zu vermehren. Diese Kontingente müssen mit Amerikanern bemannt werden, da die britischen Reserven für die Verwendung in Europa schon praktisch erschöpft sind. Zur Aufrechterhaltung des gegenwärtigen britischen Potentials müssen die Vereinigten Staaten darin fortfahren, die britische Blockade zu unterstützen mit Hilfe von Schiffsbauten und Reparaturwerkstätten. Ferner müssen beträchtliche Mengen von Flugzeugen geliefert werden.

c) Die Sicherung der Seeverbindungen der Verbündeten Mächte in der ganzen Welt ist wesentlich für die Fortführung des Krieges. Die Marine- und Luftstreitkräfte in und bei Europa sollten, soweit das durchführbar ist, stark genug sein, um das Entkommen von Patrouillenschiffen auf hoher See zu verhindern und um Unterseeboote und Luftjäger zu vernichten. Außerdem wird eine weit ausgedehnte Verteilung von Marine- und Luftstreitkräften zum unmittelbaren Schutz der Brennpunkte und Routen des Schiffsverkehrs erforderlich sein.

d) Die verstärkte Durchführung der Wirtschaftsblockade dürfte vorläufig die wirksamste Angriffsmethode gegen Deutschland und Japan sein. Marine- und Luftstreitkräfte müssen verfügbar sein, um alle Zugänge zur See nach Deutschland zu sperren. Die Aufrechterhaltung dieser Blockade setzt voraus, daß in Rußland und im Nahen Osten die feindlichen Landfronten bestehen bleiben. Um die Wirksamkeit der militärischen Blockade zu verstärken, sollten zusätzlich diplomatische, wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen angewandt werden.

e) Die Aufrechterhaltung der britischen Kontrolle über das Rote Meer, Irak und Iran ist notwendig, um Gelegenheiten für entscheidende Aktionen zu Lande gegen Deutschland zu finden. Von großer Bedeutung sind schlagkräftige Land- und Luftstreitkräfte aller Kategorien, große Mengen von Handelsschiffen für den Nachschub und entsprechende Marinestreitkräfte für den Schutz der Verbindungen nach dem Persischen Golf und dem Roten Meer. Diese Kräfte können durch das in England greifbare Material vollständig versorgt werden. Die Vereinigten Staaten sollten die Bereitstellung eines Teils der Rüstung und der Rohmaterialien für diese Truppen auf sich nehmen sowie einen Teil der Handelstonnage ihren Transport.

f) Die Aufrechterhaltung einer aktiven Front in Rußland bietet bei weitem die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Landoffensive gegen Deutschland, weil nur Rußland über ausreichende Menschenreserven verfügt und dem Zentrum der deutschen Militärmacht am nächsten benachbart ist. Für Rußland ist das Wichtigste Unterhaltung von Land- und Luftstreitkräften. Es wäre verfrüht, Ausgang des derzeitigen Kampfes in Rußland vorauszusagen. Indessen, selbst wenn die Sowjetarmeen sich hinter den Ural zurückziehen müßten und dort einen geordneten Widerstand fortsetzen könnten, so bliebe immer noch die Hoffnung, Deutschland zu Lande endlich und vollständig zu besiegen. Die wirksame Ausrüstung russischen Armeen, sowohl durch Versorgung von außerhalb durch die Industrie im Wolgabecken oder durch die im Osten des Ural, würde zu den wichtigsten Aufgaben der verbündeten Mächte gehören.

g) Die Verhinderung eines Eindringens der Achse in Nordwestafrika und den atlantischen Inseln ist sehr wichtig, nicht nur als Beitrag zur Verteidigung der westlichen Hemisphäre, sondern auch zur Sicherung der britischen Seewege und der Gewinnung einer möglichen Basis einer zukünftigen Landoffensive. Im französischen Nord- und Westafrika stehen französische Truppen. die vielleicht einmal als Gegner Deutschlands gelten können, vorausgesetzt, daß sie neu ausgerüstet werden und die Vereinigten Staaten befriedigende politische Verhältnisse herstellen. Da das Britische Commonwealth dort nur über wenige Truppen verfügt und zwischen den Engländern und dem Regime Weygand (Nazi-Marionettenregime in Frankreich, wb) unfreundliche Beziehungen bestehen, so folgt daraus, daß ein großer Teil der in dieser Region zu verwendenden Truppen der verbündeten Mächte von den Vereinigten Staaten gestellt werden muß.

h) Die Aufrechterhaltung der Unversehrtheit der Philippinen, Malayas, Niederländisch-Indiens, Australasiens, Burmas und Chinas durch die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten würde weitreichende Wirkungen haben. Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten im Fernen Osten können nicht wesentlich verstärkt werden, wenn sie sich ihrer schweren Aufgaben in anderen Regionen unterziehen sollen, aber die Operationen der Pazifikflotte werden einen bedeutenden Einfluß auf die Ereignisse haben. Die Vereinigten Staaten sollten es auf sich nehmen, einen Teil des Rüstungs- und Flugzeugbedarfs China und Niederländisch-Indien zukommen zu lassen. Ein großer Teil dieses Materials muß in amerikanischen Fahrzeugen transportiert werden.

i) Daß Rußland Ostsibirien behält, ist notwendig, wenn Japan in Schach gehalten werden soll. Die Vereinigten Staaten können Sibirien nur Materialhilfe leisten. Wenn Japan mit Rußland im Kriege liegt, kann Material nach Sibirien nicht auf dem Wasserwege geschickt werden, aber die Lieferung von Flugzeugen kann auf dem Luftwege geschehen.

26. (...) Die Armee glaubt, daß die im Vorhergehenden entworfene Strategie vielleicht nicht ausreicht, um Deutschland niederzuwerfen, und daß es nötig sein mag, mit den deutschen Armeen auf dem europäischen Kontinent ins Gefecht zu kommen. Die Armee glaubt daher, daß die Ausrüstung der hierfür erforderlichen Landtruppen einen wesentlichen Bestandteil der allgemeinen Rüstung bilden sollte...

Aus: Robert E. Sherwood: Roosevelt und Hopkins. New York 1948. Dt. Hamburg 1950: 323-331.

[Anmerkung Robert E. Sherwood: "In diesem Dokument also war die Politik niedergelegt, welche für die restlichen Jahre eines globalen Krieges, in denen die Vereinigten Staaten noch dem Gesetz nach „neutral“ blieben, Geltung haben sollte. Man muß dabei festhalten, daß dieses Gutachten das Ergebnis von Überlegungen war, welche Marshall, Stark und ihre Stäbe während zweier Kriegsjahre angestellt hatten, und das Ergebnis eines mehr als ein Jahr dauernden Austausches von Meinungen und Informationen zwischen den britischen und amerikanischen Stäben und ihrer geheimen, unamtlichen, aber höchst wirksamen Zusammenarbeit." Sherwood: 331.]

(Anmerkung Wal Buchenberg: Nirgends ist in diesem Dokument von "Verteidigung der Demokratie", von "Zivilisation" oder "Menschenrechten" die Rede, die gerne als Gründe für den Kriegseintritt der USA genannt werden. Es ging um territoriale und wirtschaftliche Kontrolle der Welt, um politische und wirtschaftliche Hegemonie.
"Soweit durchführbar" – also nicht unbedingt und nicht vor allem - ging es den US-Machthabern auch um "die Errichtung von Regimen, die für wirtschaftliche Freizügigkeit und die Freiheit der Person eintreten" – das heißt für rechtsstaatlich gesicherte kapitalistische Systeme. Solange ein Staat nicht die amerikanische Hegemonie bedroht und für die USA ein bequemer Geschäftspartner ist, darf er undemokratisch und diktatorisch sein. Nazideutschland wurde zum Feind der USA, nicht weil es eine Diktatur von skrupellosen Massenmördern war, sondern weil des die wirtschaftlichen, territorialen und machtpolitischen Interessen der USA bedrohte.
Dass Nazi-Deutschland in diesem zerstörerischen Kräftemessen unterlag, war ein Glück für die Europäer und die große Mehrzahl der Deutschen.
Grund zur Dankbarkeit gegenüber den militärischen Siegern von damals haben wir nicht mehr als ein Hund, der seinen neuen Herren dankbar ist, dass er jetzt weniger heftig durchgeprügelt wird als von seinem alten Herrn.

Wal Buchenberg, 18.10.2003
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Ergänzungen

Neu? Der Kampf gegen Deuschland war und ist b

Stephan 17.10.2003 - 19:27
Was für neue Erkenntnisse liefert denn dieses Dokument eigentlich.
Kein Mensch mit auch nur einem Groschen Verstand hat jemals behauptet, die USA hätten aus altruistischen Gründen Krieg geführt. Aber sie haben - aus eigennützigen Gründen und nachdem sie von japan angegriffen wurden und Deutschland den USA den Krieg erklärt hatten - einen Krieg geführt, der zur Niederwerfung Deutschlands führte. Die Befreiung der besetzten Länder und vor allem die Befreiung der in den KZ's gequälten Überlebenden waren ein Erfolg der gemeinsamen Kreigsanstrengungen der Alliierten. Das die Befreiung der KZ-INsassen kein originäres Kriegsziel war ändert daran doch überhaupt nichts. Völlig zurecht haben sich deshalb kritische Linke (z.B. Marcuse, Franz Neumann, Klaus Mann) in den Dienst der US-Armee bzw. dessen Auslandsgeheimdienst gestellt.

Neu? Es geht hier nicht um Originalität!

Wal Buchenberg 17.10.2003 - 20:06
Hallo,
Ich erinnere nur an den "Nie-wieder-Auschwitz-Krieg!" gegen das "völkermordende" Jugoslawien.

Ich erinnere an die Saddam=Hitler-Golfkriege.

Ich erinnere an den Befreit-die-afghanischen-Frauen-vom-Schleier-Krieg.
Ebenso beim Sudan, Kongo usw.usf.

Alles schon verdrängt?

Es gibt noch viel zu viele Außenfischer und Bushkrieger, die der Welt erzählen, das sie nur aus humanen Gründen fremde Länder bombardieren und besetzen.

Gruß Wal

Nothing New

alda_rion 17.10.2003 - 21:21
Das angeblich neu veröffentlichte Papier, welches du, Wal, uns hier vorlegst, enthällt an keiner Stelle irgendwelche Fakten oder neue Thesen, die nicht schon längst in dem Groß der Sekundärliteratur zum Zweiten Weltkrieg zu finden ist.
Klar ist auch, dass Kriege nicht primär aufgrund humanitärer Günde geführt werden. Die Frage der Falsifikation liegt aber dennoch in diesem Bereich: Die Frage, die sich jeder stellen muss, ist doch die, ob nicht ein Kriegseintritt irgendeiner Macht aufgrund "Schadenbegrenzender" Gründe zu befürworten ist. Ich möchte nicht wissen, wie ein Nazi-Europa, welches 45 nicht niedergekämpft wurde, heute wüten würde. Es ist wie immmer, die Frage des kleineren Übels.

Mag der obere Absatz auch gegensätzlich zu dem nun folgendem stehen: Persönlich stelle ich mich generell gegen einen wie-auch-immer-gerechtfertigten Krieg, da ich meine, dass man Menschenleben nicht gegeneinander aufwiegen kann. Man muss aber leider anerkennen, dass rein mathematisch gesehen, ein Krieg mit 1000 Toten, der zu dem Sturz eines Regimes, welches jährlich 10.000 Toten verschuldet, offenbar zu befürworten ist. Ich erinnere nur an Karl Popper, der diese Theorie mehr oder minder entwickelte und der deswegen einigen hier ein Dorn im Auge sein wird.

So, genug der Gedankenfetzen.

Des weiteren wollte ich fragen, ob du Wal, der Wal bist, der seit einigen Jahren via Internet Schriften a la "zionistischer Weltverschwörung" veröffentlicht? Nur so der Neugierde wegen mal diese Frage.

alda_rion

Nicht neu

Mathias 17.10.2003 - 22:41

Also dieses Dokument existiert bereits (veroeffentlicht) seit 1974, da es bereits da dem allierten Kontrollrat unter Paragraph 476 (3) vorgelegt wurde. Ich (Militaerwissenschaften-Student der alten DDR) kann leider keine neuen Erkentnisse herauslesen.

Danke trotzdem, war schoen es sich mal wieder ins Gedaechtniss zu rufen.

wal ist gläubig

bragg 18.10.2003 - 01:38
wenn wal, was ich fürchte, geglaubt hat, dass die usa (oder sonst irgendein land) aus altruistischen motiven krieg geführt hat, dann mag ihn dieses dokument überrascht haben. was wal nicht wissen kann, weil er allerlei seltsamen welttheorien anhängt und sich deshalb mit der realität nicht so sehr auseinandersetzen muss: in der weltgeschichte zählt nicht das motiv, sondern das ergebnis. ich bevorzuge es durchaus, in einem durch rein profitgierige motive befreiten, wenigstens theoretisch demokratischen deutschland zu leben, wenn die alternative wäre, in einem nicht-befreiten, theoretisch und praktisch diktatorischen deutschland zu leben.

aber davon abgesehen: herr buchenberg widerlegt hier wiedermal mit großer geste, was niemand jemals (nicht mal die amerikaner) wirklich behauptet hat. letztlich ist die entscheidung für oder gegen einen krieg immer eine technokratische, vor der rechenschieber über erfolgsaussichten sprechen. für das medial verklingelte gewäsch um menschenrechte etc. ist da kein platz - selbst wenn es darum am ende natürlich immer auch geht.

@alda-rion

Wal Buchenberg 18.10.2003 - 07:04
Hallo,
die Namensgleichheit mit diesem Rechtsradikalen ist zufällig und nur teilweise.
Wal ist mein Vorname und bei dem Rechtsradikalen handelt es sich meines Wissens um einen Buchtitel.

Im übrigen stehen alle meine Texte und Gedanken auf meiner Website. Auch was ich hier in Indymedia veröffentliche, wird anschließend auf meiner Website "abgelegt".
Meine Gedankenwelt liegt dort vor aller Augen.

Gruß Wal
 http://www.marx-forum.de

@alda-rion

olsen 18.10.2003 - 12:29
in aller knappheit:

du meinst einen gewissen
norbert marzahn, der mal
ein 'buch' geschrieben hat,
das er 'wal' nannte, das
hat nix mit w. buchenberg
zu tun.
kuck mal den link:

@Hutkrempe

Stephan 18.10.2003 - 17:58
Herbert Marcuse und Franz Neumann waren bis 1942 gemeinsam mit Horkheimer und Adorno im emigrierten Institut für Sozialforschung tätig. Danach haben sie für das US-Außenministerium und den US-Geheimdienst OSS Dossiers über die politische Situation in Deutschland zusammengestellt. Klaus Mann hat als US-Soldat für die Armee-Zeitung geschrieben. Beides sind Tätigkeiten, die im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland absolut richtig waren.
Historische Kenntnisse helfen, unbegründete Verdächtigungen erst gar nicht zu hegen.

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