Bolivien: Zehntausende blockieren La Paz

armin reich 17.09.2003 10:44 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Um gegen die Einführung einer neuen Kommunalsteuer und ein bilaterales Handelsabkommen zwischen Bolivien und den USA über die Lieferung von Erdgas zu protestierten, haben mehrere zehntausend Demonstranten die Zufahrtsstraßen von La Paz blockiert.
Nachdem die Polizeiführung gestern einräumte, daß die Andenmetropole "quasi abgeriegelt" sei, werden mittlerweile starke Armee- und Polizeikräfte mobilisiert, um die Blockaden zu durchbrechen. Entzündet hatte sich dieser Konflikt zwischen Regierung und überwiegend indigener Bevölkerung gleich an mehreren Orten. In El Alto, einer der ärmsten Gemeinden des Verwaltungsbeziks La Paz, soll eine neue Kommunalsteuer eingeführt werden, die Grundstückskäufe belegt. Als zweites wird bereits seit längerer Zeit landesweit gegen ein Handelsabkommen mit den USA mobilisiert: während die Preise für Strom, Gas und Wasser in Bolivien immer mehr steigen, werden für die Grundversorgung der Bevölkerung wichtige Güter billig in die Industriestaaten verramscht. Daneben haben sich mehrere Bauernorganisationen in den Protest eingegliedert, die die Freilassung ihres Vertreters Freddy Huampo fordern, der ohne Vorlage von Beweisen unter der Anklage steht, einen Viehdieb getötet zu haben. Die Proteste werden sich wohl noch ausweiten, denn es läuft in einer anderen Provinz Boliviens gerade eine Mobilisierung gegen den Gas-Deal zum Ende der Woche hin. Sicherlich werden die Aktivisten dort auch von dem frischen Wind aus Cancun vorangetrieben. Es reicht nicht, in Jubel über einen gemachten Schritt auf dieser Konferenz auszubrechen, mensch muß lernen zu gehen.
(ausführlicherer Bericht in der jungen welt:  http://www.jungewelt.de/2003/09-17/001.php )
(in Bolivien kracht es schon seit Jahren gewaltig:  http://www.wildcat-www.de/zirkular/59/z59boliv.htm )
( schon einmal wurde die Hauptstadt von den Bauern der Umgebung abgeriegelt:  http://www.anarchie.de/main-10894.html )

Auf Indy Bolivien gibt es eine stattliche Zahl von aktuellen Meldungen, leider halt in spanisch:  http://bolivia.indymedia.org/es/ - Vielleicht kann auch jemand den Spruch vom Transpi noch in die Ergänzungen übersetzen.)

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Ergänzungen

Bolivienfeature bei Indy:

jino 17.09.2003 - 12:14

El Alto

xxx 17.09.2003 - 23:57
ist eine eigene Stadt und keine Gemeinde im Verwaltungsbezirk La Paz.

¿wen triffst?

chicas 19.09.2003 - 18:54
qasi abgeriegelt ist die stadt nur fuer die einfache bevoelkerung, wer sichs leisten kann, fliegt einfach, das ist fast immer moeglich.
auch heute auf der grossdemonstration ist zwar viel laerm, doch inhaltlich sehr nationalistisch und flach. viele der teilnehmer wissen nicht genau was bei rauskommen soll, oder wie mensch die lage verbessern koennte. "unsere vaeter und grossvaeter haben den anschluss ans meer im chacokrieg verloren, jetzt sind wir dran nicht auch noch das oel zu verlieren" ist eine der hauptparolen. ob mehr ausser ein larmgelegter verkehr bei rauskommt wird sich zeigen...

Wie war das?

Florian 09.10.2003 - 04:01
Also wenn "unsere Väter und Grossväter haben den Anschluss ans Meer im Chacokrieg verloren, jetzt sind wir dran nicht auch noch das Öl zu verlieren" tatsächlich eine der Hauptparolen sein sollte bei diesen Demos, wie dies die "chicas" in ihrer Bemerkung vom 19.09.2003 mitteilen, dann würde das ziemlich viel über das Niveau dieser politischen Auseinandersetzung sagen: Bolivien hat seine Küste im Salpeterkrieg an Chile verloren - wie dies Horst in seiner Bemerkung zu den Bildern der Demos (17.09.2003) richtig darlegt. Im Chacokrieg hat Bolivien gegen Paraguay gekämpft und - wie in allen Kriegen, die Bolivien geführt hat - auch verloren.
Wenn man sich übrigens im Klaren ist, wie der Salpeterkrieg überhaupt zu Stande gekommen ist (wer mehr darüber wissen will:  http://de.wikipedia.org/wiki/Salpeterkrieg), dann wird diese Polemik um die "Erbfeindschaft" Boliviens gegenüber Chile endgültig als absurd erkennbar. Aber objektive Geschichtsbetrachtung ist nicht eine der Stärken der BolivianerInnen, leider, sonst würden sie vielleicht ja auch mal was daraus lernen...