Aktion zu ehem. NS-Marinerichter Filbinger

deserteur 16.09.2003 22:13 Themen: Militarismus
Anlässlich des der umstrittenen Ehrung zum 90. Geburtstag des ehemaligen Ministerpräsidenten und NS-Marinerichters Filbinger gab es eine kleine Aktion in Freiburg. In der Nähe seines Wohnortes steht das Holbeinpferdchen, eine Pferdestatue, die regelmäßig zu jedem erdenklichen Anlaß neu gestrichen wird. Genauso auch geschehen gestern nacht, wie uns zugetragen wurde.
"Ist doch der amtierende Ministerpräsident dieses Landes, Dr. Filbinger, selbst als Hitlers Marinerichter, der sogar noch in britischer Gefangenschaft nach Hitlers Tod einen deutschen Matrosen mit Nazigesetzen verfolgt hat, ein so 'furchtbarer Jurist' gewesen, daß man vermuten muß - denn die Marinerichter waren schlauer als die von Heer und Luftwaffe, sie vernichteten bei Kriegsende die Akten - er ist auf freiem Fuß nur dank des Schweigens derer, die ihn kannten."

Hans Filbinger - mit 90 nichts dazu gelernt: Ein furchtbarer Jurist - ein schrecklicher Ministerpräsident - eine geistig-moralische Katastrophe!

Dieser Text des Schriftstellers Rolf Hochhuth erschien am 17. Februar 1978 in der "Zeit". (Der letzte Teil der Äußerung wurde Hochhuth später gerichtlich untersagt.) Er stand am Anfang einer ganzen Reihe von Enthüllungen, die schließlich ein halbes Jahr später - am 7. August 1978 - zum Rücktritt Filbingers führten.

Mangelnde Manneszucht

Der Fall des 24-jährigen Obergefreiten Kurt Petzold, der von
Marinestabsrichter Dr. Filbinger am 29. Mai 1945 (also nach Kriegsende!) zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt worden war, weil er sich geweigert hatte einen Befehl auszuführen, war schon fünf Jahre früher bekannt geworden. Petzold hatte sich in angetrunkenem Zustand das Hakenkreuzemblem von der Uniformjacke gerissen
und "Ihr Nazihunde, ihr seid schuld an diesem Krieg" ausgerufen. Damit habe er "ein hohes Maß von Gesinnungsverfall" gezeigt und "zersetzend und
aufwiegelnd für die Manneszucht gewirkt..." begründete Marinestabsrichter Filbinger seinen Urteilsspruch. Kurt Petzold erinnerte sich laut Spiegel-Bericht (17/1972) noch daran, daß Filbinger vor der Verhandlung "unseren geliebten Führer" gerühmt habe, der "das Vaterland wieder hochgebracht hat". Gegen diese Aussage setzte Filbinger eine Unterlassungsklage durch.

Sein Opfer: Walter Gröger, am 16. März 1945 hingerichtet Filbinger bezeichnete das Urteil gegen Petzold später als "ausgesprochen mild", denn eigentlich hätte der Delinquent zum Tode oder zumindest zu einer langjährigen Gefängnisstafe verurteilt werden müssen. Der "Stern" berichtete über den Fall eines Oberleutnants, der von Marinestabsrichter Filbinger noch am 1. Juni 1945 - also mehr als drei Wochen nach Kriegsende - wegen Entfernens von der Truppe zu 13 Monate Gefängnis verurteilt worden war. Der Verurteilung folgte die Degradierung zum Matrosen. Filbinger begründete die härtere Bestrafung des Oberleutnants damit, daß der sich nicht von der Truppe entfernt habe, um der Gefangenschaft zu entgehen: "Den Angeklagten haben viel weniger ehrenhafte Motive getrieben. Er sah voraus, daß nun das Unheil für uns alle unabwendbar geworden sei, und versuchte, für seine Person möglichst günstig wegzukommen."

Interview mit Filbinger in der badischen Zeitung von Montag, in dem er scheibar die Geschichte neu schreiben möchte.
 http://www.badische-zeitung.de/index.php?inhalt=item&p[method]=fullread&p[ivw]=/orsartikel/fullread&p[item]=orsartikel&p[nav]=152&p[id]=945819

Bericht über eine Gegenveranstaltung, badische Zeitung vom Dienstag:
 http://www.badische-zeitung.de/index.php?inhalt=item&p[method]=fullread&p[ivw]=/orsartikel/fullread&p[item]=orsartikel&p[nav]=152&p[id]=947164
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deserteur 16.09.2003 - 22:30

nett gesagt

weist 17.09.2003 - 01:23
"Den Angeklagten haben viel weniger ehrenhafte Motive getrieben. Er sah voraus, daß nun das Unheil für uns alle unabwendbar geworden sei, und versuchte, für seine Person möglichst günstig wegzukommen."

Wunderbar. Das trifft ja nun exakt auf Filbinger selbst zu, und seine Hetz- und Schmierkampagne, mit der dieser ekelhafte NS-Mörder seinen Ruf um jeden Preis retten wollte - was ihm in CDU/CSU/FDP-Kreisen ja offenbar auch geglückt ist.

(Kleine historische Anmerkung am Rande: Schröder statt Stoiber hat uns zwar 'ne Menge nicht erspart, aber immerhin eines: daß ''Miß Bildung'' Schavan, die ja nun auch dabei ist, wenn der NS-Kriegsverbrecher hochleben darf, die Inhalte und Zielsetzungen des hiesigen Bildungssystems bestimmt. Wir haben so zwar eine Menge echte Arschlöcher und generell Inkompetenz pur in der politischen Chefetage, aber immerhin kann diese Nazisympathisantin nicht die Jugend verderben.)

Übrigens ist (wer den Hintergrund nicht ganz durchackern will) Filbinger Gründer des 'Studienzentrums Weikersheim', einer der bedeutensten Kaderschmieden der 'rechtsintellektuellen' und neofaschistischen Szene Westeuropas.

Filbinger IMC Artikel Chronologie

ein Überblick 19.09.2003 - 18:53
Zwei Vorträge zu Filbinger
 http://de.indymedia.org//2003/09/62005.shtml

Bilder von Protesten gegen Filbinger
 http://de.indymedia.org/2003/09/61956.shtml

Aktion zu ehem. NS-Marinerichter Filbinger
 http://de.indymedia.org//2003/09/61810.shtml

Proteste gegen Filbinger in Ludwigsburg
 http://de.indymedia.org//2003/09/61813.shtml

Zur Lage der NATION eine Zusammenstellung
der "Neurechte" Autor Ansgar Graw schreibt sehr geschickt über Filbinger in der Welt/Mopo
 http://de.indymedia.org//2003/08/58942.shtml

Unterstützen Grüne Nazi-Richter?
 http://de.indymedia.org//2003/08/58695.shtml

Grüner OB gibt Nazirichter Ehrenempfang
 http://de.indymedia.org//2003/07/58030.shtml