Demo vor Abschiebegefaengnis in Schottland

Werner 06.09.2003 22:34 Themen: Antirassismus
Vor dem beruehmt beruechtigten Abschiebegefaengnis Dungavel in Schottland fand heute eine grosse Demo statt, in welcher die Schliessung dieses Abschiebegefaengnisses gefordert wurde.
Dungavel ist privat betrieben, "beruehmt berichtigt" ist es, weil hier auch Familien mit Kindern eingesperrt werden. Der bekannteste ist der Fall der Fam. Ay, einer Mutter mit 4 Kindern, die mehr als ein Jahr in Dungavel eingesperrt waren. Weiteres mehr im Artikel
Bei der Demo nahmen mehr als 1000 Demonstranten teil, die teilweise aus weit entfernten Teilen Grossbritanniens nach Dungavel gekommen waren.
Und dies ist gar nicht so einfach.
Dungavel liegt im Norden Grossbritanniens in Schottland, ca 30km von Glasgow, mitten in einsamer Landschaft, ein bisschen verdeckt im Wald, die naechste groessere Ortschaft ist einige km entfernt.

Zu Dungavel selbst:
Auf einem Gebiet von ca. einem halben Fussballfeld stehen einige Gebaude. Das Ganze ist von einem ca. 5m hohen Zaun umgeben, der oben mit einer Rolle Stacheldraht gekroent wird.
Des weiteren ist dieser Zaun bis ca. 3m Hoehe mit fugenlosen Stahlplatten versehen, auch das Tor und die Eingangstuer, so dass kein Blick von innen nach aussen oder von aussen nach innen moeglich ist.
Man kann nur die hoeherliegenden Gebauedeteile von aussen sehen, bzw. die Insassen koennen von dort in den umliegenden Wald schauen.

Einzige Zugaenge sind das Lieferantentor - nach einem ca. 5m langen Stacheldrahttunnel erreichbar, sowie die "Stahl-Eingangstuer".
Ca. 100m weg von dieser Festung ist noch ein Flachgebaude, vermutlich fuer die Polizei, die diese Gefaengnisfestung von aussen bewacht, sowie etwas weiter weg einige Reihenhaeuser, vermutlich wohnt dort das Personal. Ansonsten Einsamkeit.

Das Ganze wird offiziell als Detention-Center bezeichnet.
Aber Besucher meinen, dass die Bezeichnung einer Gefaengnisfestung der Wahrheit naeherkommt.

Und in diesem Festungs-Gefaengnis sind keine Schwerverbrecher, sondern Asylsuchende, darunter auch Familien mit Kindern eingesperrt.
Bekanntester Fall (Ay) war die kurdische Mutter mit 4 Kindern (7, 9. 12. 14 Jahre alt, 3 Maedchen und ein Junge), die ueber 1 Jahr hier eingesperrt waren.

Das Gefaengnis wird privat (Fa. Wackerhut oder aehnlich) betrieben, wie allgemein hier in Grossbritannien im Asylwesen vieles privatisiert ist.
(Mein Eindruck ist: Es ist besser, wenn Kirchen und Wohlfartsverbaende solche Arbeiten machen, deshalb "Wehret den Anfaengen", wenn solche Arbeiten privatisiert werden sollen, wie es derzeit in Deutschland im Gange ist).

Bei der Demo, die friedlich verlief, wurde in allen Redebeitraegen darauf hingewiesen, dass ein Einsperren von Familien mit Kindern gegen mehrere internationale Gesetze verstoesst, so u.a. auch gegen die Europaische Konvention fuer Menschenrechte, die auch Grossbritannien ratifiziert hat.
Von den meisten Rednern wurde die komplette Schliessung dieses Festungs-Gefaengnisses gefordert.
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Ergänzungen

reaktionen?

lalala 07.09.2003 - 14:37
gab es reaktionen auf die demo? wurde sie zur kenntnis genommen?
bitte mehr infos. wenn nötig sogar nur ne url. danke

Bilder zur Demo

ab 07.09.2003 - 15:03
Bilder zur Demo kannst du hier finden:
 http://indymedia.org.uk/en/regions/scotland/2003/09/276580.html
 http://indymedia.org.uk/en/regions/scotland/2003/09/276607.html

Den Aufruf zur Demo gibts hier:
 http://indymedia.org.uk/en/regions/scotland/2003/08/275083.html

Es waren mehrere Fernsehteams und ein Haufen Journalisten vor Ort.
Am Vorabend gab es eine grosses Treffen mit über 400 Besuchern in Glasgow, und Minimalkonsens heisst, Sprechern von vielen verschiedenen Organisationen, es wurde von "Positive Action in Housing" veranstaltet.
Die "Demo" (viel zu laufen gab's ja nicht) wurde von Scottish Trade Union Council organisiert.

Die vielen Sprecher kamen aus sehr unterschiedlichen Spektren, und so auch ihre Forderungen.
Minimalkonsens war, das sich alle für eine sofortige Abschaffung der Familieneinheit in dem geschlossenen Abschiebegefängnis ausgesprochen haben, in der die Kinder mit den asylsuchenden Eltern eingesperrt sind.
Minimalkonsens heisst in diesem Falle das eben auch "konservative" Politiker sich vor allem gegen die Familieneinheit ausgesprochen haben und plädierten die asylsuchenden Familien ausserhalb des Knastes unterzubringen.
Forderungen von anderen Organisationen und Sprechern, von einer ehemaligen Insassin mit ihrem einjährigen Kind (auch Knasti) über den Rechtsanwalt zu den Scottish Refugee Council, anti-rassistischen Gruppen und Politsekten war alles vorhanden.

Besonders erfreulich war das Wetter (an der Westküste in September kaum Regen- wurde dann am Ende der Kundgebung etwas unfreundlicher, so dass alles sich schnell auflöste), die Breite der Kundgebungsteilnehmer; z.B. sehr viele Familien mit Kindern, und die Bereitschaft und Motivation der Teilnehmer etwas zu verändern.

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Werner 08.09.2003 - 01:50
Danke an den vorstehenden Kommentarsender fuer die vielen, guten Ergaenzungen und die Linkhinweise zu den Bildern.

Viele Redner forderten das schottische Parlament in Edinburg zum Handeln auf. Aber fuer das Asylwesen ist gesamthaft das Parlament in London zustaendig und London ist weiter entfernt - ich meine, vermutlich macht die Demo dort nicht den gleichen Eindruck.
Des weiteren muss man allgemein hinweisen, dass in den letzten 2 Jahren geradezu dramatische Veraenderungen im Asylwesen in Grossbritannien stattgefunden haben und leider zum Schlechteren fuer die Asylsuchenden und wie es scheint ist der Tiefpunkt noch nicht erreicht.