Brauner Marsch in Wunsiedel

jW 18.8.03, Andreas Siegmund-Schultze 18.08.2003 20:50
2600 Rechte zelebrierten am Samstag Gedenken an Hitlerstellvertreter Heß. 500 Gegendemonstranten
Rund 2600 Alt- und Neonazis zogen am Samstag durch das oberfränkische Wunsiedel, um den in der Stadt beigesetzten Kriegsverbrecher, Antisemiten und Hitlerstellvertreter Rudolf Heß zu ehren. An der Gegenkundgebung der »Bürgerinitiative gegen Rechtsextremismus« unter dem Motto »Wunsiedel ist bunt, nicht braun« beteiligten sich nach Angaben der Veranstalter rund 500 Menschen. Die Polizei, die mit 1000 Beamten im Einsatz war, sprach von 400 Gegendemonstranten. 71 Personen wurden nach Angaben der Polizei festgenommen, 67 von ihnen waren demnach Rechte, die gegen die Demonstrationsauflagen verstoßen hatten. Nach Angaben des Lagedienstes der Polizei in Hof am Sonntag gegenüber jW seien beide Veranstaltungen »friedlich verlaufen«.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte am Donnerstag in letzter Instanz den rechten Aufzug genehmigt, nachdem er zuvor vom Landratsamt Wunsiedel und vom Verwaltungsgericht Bayreuth verboten worden war (siehe jW vom Samstag). So zogen die Massen von Neonazis, angereist aus allen Teilen der BRD und aus dem Ausland, unter dem Motto »Weder Recht noch Menschlichkeit« durch die Kleinstadt. Aufgerufen hatte ein »Bündnis Nationaler Sozialisten«. NPD und sogenannte Freie Kameradschaften mobilisierten bereits Wochen zuvor für den Aufzug. Wie in den beiden Jahren zuvor versammelten sich Hunderte Alt- und Jungnazis am Grab von Heß, um Blumen und Kränze abzuwerfen. Am 17. August 1987 hatte sich Heß im Kriegsverbrechergefängnis in Berlin-Spandau das Leben genommen. In der rechtsextremen und rechtskonservativen Szene sind Verschwörungstheorien weit verbreitet, die den Alliierten unterstellen, Heß getötet zu haben.

Wie in den Vorjahren waren nicht nur in Wunsiedel Neofaschisten aktiv, um ihres »Märtyrers« zu gedenken. In der gesamten Bundesrepublik tauchten in der Nacht zum Samstag Heß-verherrlichende Plakate und Aufkleber auf, von einigen Autobahnbrücken hingen Transparente mit Sprüchen wie »Heß ? Das war Mord«. In den Abendstunden hielten Neonazis in zahlreichen Städten Feiern und Konzerte ab. So versammelten sich im Berliner Stadtteil Pankow-Buchholz rund 150 Neonazis zu einem Konzert in der Kantine »Kohlmann Katharina«, zu dem die Neonaziband »Spreegeschwader« sowie der Sänger der Band »Landser« angekündigt waren. Gegen die »Landser« wird seit dem 24. Juni vor dem Berliner Landgericht wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß und Aufrufen zu Gewalttaten an Ausländern und Juden verhandelt. Nach Angaben der Berliner Polizei blieb es bei der Feier in Pankow jedoch beim Abspielen rechter, »nicht verbotener« Musik. Wegen des »ruhigen Ablaufs« habe die Polizei von einer Auflösung der Versammlung abgesehen, die Teilnehmer aber vor dem Begehen von Straftaten gewarnt. Festnahmen habe es nicht gegeben.
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