grenzcamp nachtrag: besuch bei hitlers hehler

wm, grenzcamp pressegruppe 14.08.2003 18:43 Themen: Antifa Antirassismus
GrenzcamperInnen überbrachten dem hochdekorierten Kölner Unternehmer Otto Wolff von Amerongen Geburtstagsgruesse der anderen Art: mit Blut beschmierte Aktien symbolisierten dessen NS-Vergangenheit
Der Geburtstag eines nationalsozialistischen Hehlers

Die bürgerlichen Ehrungen verschweigen Otto Wolff von Amerongens
nationalsozialistische Vergangenheit.


Einer der bedeutendsten Unternehmer der Nachkriegszeit feierte am 6. August
seinen 85. Geburtstag. Deutschland gratulierte dem Träger des
Bundesverdienstkreuzes, das Establishment ehrte den Konzerngründer und Vorzeigekapitalisten
Otto Wolff von Amerongen.

Die Laudatio wurde dem Namensgeber von Stiftungen und immer noch gern
geladenen und hochangesehenen Referenten für gehobene Wirtschaftsseminare, wie in derartigen
Fällen üblich, von der FAZ gehalten: "In seinem mehr als sechs Jahrzehnte langen
Arbeitsleben ist der gebürtige Kölner mehr Unternehmer-Diplomat als
Unternehmer gewesen. So wurde einer der wenigen deutschen Industriellen, die nicht nur
im Lande selbst, sondern auch auf internationalem Parkett anerkannt und
geachtet werden. Neben vielen In- und Ausländischen Auszeichnungen ist Wolff
Träger des 6. Deutschen Ordens für Zivilpersonen, des Großkreuzes des
Bundesverdienstordens."

Der Orden wurde von Amerongen im Jahr 2001 verliehen, kurz nachdem die
Schweizer Regierungskommission ihren Bericht zum Raubgold und zu den Raubaktien
vorlegte und auch die Rolle von Otto Wolff von Amerongens europaweit bekannt
wurde.

Denn diese Seite im Leben des Otto Wolff von Amerongen, die etwas
verborgener jenseits des 8. Mai 1945 liegt, wurde bei den Ehrungen ausgespart: von
Amerongen arbeitete während des Nationalsozialismus eng mit den Nazis zusammen -
er ermöglichte ihnen den Zugang zur internationalen Finanzwelt. In dem Bericht der
Schweizer Regierungskommission wurde er als "Haupthehler des Naziregimes"
eingestuft.


Eine Gruppe von Menschen jedoch, die dem 6. Antirassistischen Grenzcamp zugehörig waren, das vom 31. Juli bis
10. August auf den Kölner Poller Wiesen residierte, machte vor dem Wohnsitz von Amerongens eine Aktion.
Sie informierte die Öffentlichkeit von dessen Tätigkeiten als herausragendem Aktienverkäufer im Dienste
der Nazis. Bei den von dem Untenehmer verkauften Aktien handelte es sich um die Wertpapiere, die die Nazis
hautpsächlich der jüdischen Bevölkerung v.a. in Holland, Belgien und
Frankreich geraubt hatten.

Die Aktionsform der "Grenzcamper" entsprach dabei derjenigen, die in
Argentinien von Opfern der Militärdiktatur angewendet wird: es geht darum, Täter
konkret mit Wohnsitz und Arbeitsplatz kenntlich zu machen und ihre Rolle
aufzudecken. Symbolisch warfen die Aktivisten mit Blut beschmierte Aktien über den
hohen Sicherheitszaun des herrschaftlichen Anwesens von Amerongens.


Die damiligen Aktien aus jüdischem Besitz wurden, ähnlich wie das Raubgold, an
internationalen Börsen zu harten Devisen gemacht, um mit diesen wiederum die
kriegswichtigen Rohstoffe im Ausland einkaufen zu können.
Für die Beschaffung der Wertpapiere stellten die Nazis besondere
"Devisenschutzkommandos" ab, die vor allem jüdische Menschen beraubten. "An den
Raubaktien klebt Blut, denn der Aktienraub war normalerweise nur der erste Schritt
vor Deportation und Vernichtung", so der Schweizer Finanzhistoriker Jean
Ziegler.

Für die Transaktionen brauchten die Nazis Unternehmer, die beste Kontakte zu
Finanzwelt pflegten und die geraubten Wertpapiere unter ihrem Namen
verkaufen konnten. Solche Hehlerdienste waren notwendig, weil Deutschland im Krieg
nicht selbst als Verkäufer konnte. Für diese Hehlerdienste bot sich Otto Wolff
junior an. Sein Unternehmen war bestens international eingeführt. Der
nationalsozialistische Musterbetrieb Otto Wofff bekam also von Görings
Vier-Jahres-Plan-Behörde eine Reihe von Geheimaufträgen. Wolff kaufte für Göring deutsche
Wertpapiere auf, deren Wert durch den Kriegsbeginn gesunken waren. Nach dem
"Endsieg" erhoffte sich Görings Behörde satte Aktiengewinne.

Mit den verschiedenen Firmen der Otto-Wolff-Gruppe wie beispielsweise der
"Weserhütte", Bad Oyenhausen, die allein 1100 Zwangsarbeiter hatten, der
Stolberger Zink AG in Ramsbeck, Essen und Stolberg mit 800 Zwangsarbeitern oder der
Maschinen & Bohrgeräte Wirth mit 660 Zwangsarbeitern u.a. beteiligte sich
der Konzern gleichzeitig an der Ausbeutung und dem nationalsozialistischen
Programm der "Vernichtung durch Arbeit".

Ab August 1941 trafen in der Konzernzentrale in Köln wöchentlich
Aktienpakete aus Paris, Brüssel und Amsterdam ein. Während die Besitzer der Aktien in
der Mehrheit in die Vernichtungslager im Osten deportiert und dort ermordet
wurden, leitete Wolff die Aktien, meist durch Diplomatenpost, in kriegsneutrale
Länder weiter, und begann, die Aktien zu Gunsten den deutschen Reiches zu
verkaufen. Die Provisionen, die von Amerongen erhielt, beliefen sich auf
mehrere Millionen Reichsmark.


Weder die ursprünglichen Inhaber der Wertpapiere noch die Zwangsarbeiter
wurden von von Amerongen in annähernd angemessener Form entschädigt. Seine
Tätigkeiten im Nationalsozialismus ermöglichten es für ihn, in der
nachkriegsdeutschen sowie globalen Wirtschaft zum Vorzeigeunternehmer aufzusteigen. Er war
jahrzehntelang Präsident der deutschen Industrie-und Handelskammer und u.a.
Berater sämtlicher Bundeskanzler von Konrad Adenauer über Willy Brandt bis
Helmut Kohl.

Die Opfer und die Hintergründe der deutschen Erfolgsgeschichte Otto
Wolff von Amerongens fanden in den bürgerlichen Feuilletons zu Ehren seines
85. Geburtstags keinerlei Erwähnung.


(Fotos bzw. Videos zur Grenzcampaktion siehe:
 http://www.version-foto.de/version-foto-cgi/topixx?op=lastdays&ago=30# sowie:
 http://kanalb.de/spezial-koeln2003/20030806-nazi.ram)

WM, Pressegruppe Grenzcamp
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Ergänzungen

Bilderberg-Connection

WildCard 19.10.2003 - 19:56
Bliebe noch anzumerken, dass Herr von Amerongen im Inneren Kreis der sog. Bilderberg-Gruppe sitzt.
Die exklusive Kerngruppe eines jährlich stattfindenden Treffens(seit 1950) führender Politiker und Wirtschaftsgrössen,ähnlich wie LOTIS und die trilateral commission. Natürlich wird da nur gesprochen und nichts, rein gar nichts, entschieden. Wer sich Böses dabei denkt ist ein armer verwirrter Verschwörungstheoretiker.
 http://www.bilderberg.org/bilder.htm


P.S.:
Andere prominente Bilderberg-Mitglieder, die man so kennt(Stand 2002)
David Rockefeller
Hilmar Kopper (Deutsche Bank)
Matthias Nass (Die Zeit)
Jürgen Schremp
Wim Duisenberg
Alfred Herrhausen
Theo Sommer (Die Zeit)
Hans Jürgen Wischnewski