Bullengewalt in Köln

Stulle 10.08.2003 23:41 Themen: Antirassismus Repression
17 Stunden gekesselt, brutale angriffe aufs camp, einsatz chemischer kampfstoffe und mißhandlung im knast. klingt jetzt zwar dramatisch, würde in den bürgerlichen medien aber in anderen zusammenhängen genauso stehen. deswegen vielleicht einfach mal weiterleiten an pressefuzzis die ihr kennt.
Ich bin gerade wieder zu Hause angekommen und will erstmal danke sagen für die vielen Berichte hier auf indy. und danke besonders den leuten, die eine spontane soli-demo gemacht haben (Berlin- wo warst du) ich kann euch allen nur sagen daß wir im kessel das direkt mitbekommen haben und uns das jede menge kraft zum durchhalten gab.
Nun aber zum Thema.

Nachdem der Repressionsapparat schon seit Beginn des camps präsent war und alles andere als deeskalierend handelte, spitzte sich das ganze ab freitag zu. nachdem ein motorradbulle aufs camp gefahren war (was nicht nur scheiße ist, sondern für ihn auch verboten, vielleicht mal über ne anzeige wegen hausfriedensbruch nachdenken), musste er erst massive verstärkung ordern, ehe er erkannte, das es nicht gerade eine gloreiche idee ist, auf eigene faust ein camp zu attackieren. er meinte dabei übrigens auf den hinweis, jetzt mal schnell deeskalierend umzudrehen "nein, jetzt habe ich auch meine prinzipien, ich drehe hier nicht um und ziehe mich zurück". bei der folgenden verteidigung des camps gegen die agressiven cops fiel einem von ihnen eine camera runter, die danach nicht mehr auffindbar war. und schon war der lange gesuchtre grund, das camp zu räumen, da. in verhandlungen konnte dies für freitag noch verhindert werden.

samstag begann mit dem versuch, den faschisten ein bein zu stellen/brechen. dies wurde aber durch team green durch eine fast komplette abriegelung des camps seit den frühen morgenstunden nahezu unmöglich.

gegen 11 uhr meinten 30 bullen das camp von der aussenwelt abriegeln zu müssen, indem sie den letzten freien zugang zum camp, die eisenbahnbrücke mit fussgängerInnenübergang verstellten. sich so massiv seiner freiheit beraubt ließ das camp es sich nicht nehmen, den ungehinderten ein/ausgang wieder zu ermöglichen. wegen hinzuziehen weiterer truppen grüner menschen gelang dies aber nicht. in der festen überzeugung, das menschen die das camp verteidigten straftaten begangen hätten, versuchten die bullen, einzelne "straftäterInnen" zu verhaften. aufgrund massivem angfiffs konnten auch ketten dies nicht völlig verhindern. immerhin konnten die cops aber aus dem eingangsbereich zurückgedrängt werden. leider waren samstag mittag schon zu viele leute abgereist als das mehr zu diesem zeitpunkt möglich gewesen wäre. der kessel war zu, wenn auch noch weiträumig. ab diesem zeitpunkt war es nicht mehr möglich die leute mit lebensmitteln zu versorgen (die vokü hatte zwar noch sachen da, fehlendes z.b. brot, milch konnte nicht neu beschafft werden), auch das klopapier war bald danach alle.

am eingang schlugen spezielle greiftrupps (meiner erkenntnis nach aus Bayern, evtl. sogar USK) gnadenlos zu, prügelten auf die leute ein und auch chemische kampfmittel wurden gesprüht.

ab 14 uhr zogen wir uns zurück, da viele schon echt stehend k.o. waren. und es konnte mit den bullen augehandelt werden, das dei vor 17 uhr, das camp nicht weiter in angreifen. (also zeitlich andersherum, erst verhandlung dann rückzug). eine reihe leute mit transpis blieb als schutz zurück. im plenum wurde das weitere vorgehn besprochen. es blieb als konsens, das camp nicht frewillig zu räumen, die flüchtlinge besonders zu schützen und um diese kriese mit ketten zu bilden.

ab 17 uhr eskalierte die situation, da die cops die "aussengrenzen" des camps komplett abriegelten und begannen, gitter aufzubauen. es wurden zwei durchlaß-stellen eingerichtet an denen leute das camp verlassen konnten. natürlich erst, nachdem ihre persönlichkeitsrechte gebrochen wurden und sie sich von kopf bis fuss abfilmen lassen mussten. personalienaufnahme versteht sich von selbst, großzügigerweise wurde auf das nehmen von fingerabdrücken verzichtet. da die bullen das camp und alle demos stets mit mehreren camerateams abfilmten, hofften sie auf diese art die "70 Prozent StraftäterInnen der CampteilnhmerInnen" zu überführen. durch sperrung wasserzufuhr erreichten sie auch, das ein Teil der Leute aufgeben musste. das es nicht zu ernsteren problemen bei 40 grad ohne wasser kam ist mehr als verwunderlich. ein arzt nannte die vorsätzliche körperverletzung. es gab dann sprudelwasser aus bullenkontingenten (in umweltfreundlichen einwegflaschen). aber weder ausreichend noch im medizinischen sinne sinnvolles wasser (mit kohlensäure- so ein blödsinn) der rest versammelte sich um den vokübereich. nachdem sich abzeichnete, daß sich das alles wohl noch hinziehen würde, lösten wir die ketten erstmal. die vokügruppe zeigte mal wieder was sie draufhat, und bereitete was leckeres zu essen zu. die verkrampfte situation löste sich, und wir konnten wieder klar denken. ein deli-plenum stimmte nochmal über das weitere vorgehen ab. der lauti spielte motivierende musik. mehrere verhandlungen brachten kaum neues. team green wollte spielen, gegen alle regeln, mit unfairsten mitteln. uns blieb nichts übrig als auszuharren. als es dunkelte begannen die zelt-und wagendurchsuchungen, zum glück waren zehn leute von uns dabei und konnten zerstörungen durch die grünen verhindern. es fuhren zwei WaWes auf und beschoßen uns - zum glück nur mit licht. dies schien einigen bullen sauer aufzustoßen, was ihr minenspiel verdeutlichte (wenn es nicht durch Hassis unsichtbar blieb). so ab 10 hatten sie uns dann umkreist, in schwerer kampfmontur. wir sangen und riefen parolen, was ein unglaubliches zusammenhaltsgefühl gab. als es dann losging, entrissen sie der ersten reihe brutal die transpis und prügelten so auf uns ein, dass sich zwei kleine kessel bildeten. das weitere vorgehen erstreckte sich bis circa 4 uhr morgens. immer wieder wurden leute einzeln aus den ketten geholt, mal friedlich, mal nicht. anfangs wurden die leute in kleine gefangenentransporter gesteckt, später mit umfunktionierten linienbussen (danke KVB!). danach wurden wir nach Brühl gebracht. Dort dei Prozedur mit Pesonalienaufnahme und Abfilmen. dann zu dreißigst in einen 8x8 m großen Metallkäfig.

hier kamm es dann zu einer massiven Mißhandlung (mindestens einer). einige Gitterbereiche waren durch papptafeln abgeschirmt. durch eine lücke zwischen zwei pappen wurde in eine zelle reizgas gesprüht. das dies ohne grund geschah muss ich nicht erwähnen. es sei denn das rufen des spruches " the freedom of Movement is everybodys right, we are here and we will fight" sah der cop, der nicht identifizierbar war, als provokation an. obwohl er den sinn wahrscheinlich eh nicht gecheckt hat. drei leute mussten mit verbrennungen an augen, gesicht und körper zum arzt. es wurde wohl auch anzeige erstattet. es gab auch eine überwachungscamera die dies aufgezeichnet haben muss. aber da setzt ich keine hoffnung rein. wie geht doch der spruch mit den beiden krähen.

so ab fünf uhr früh wurden dann die ersten leute rausgelassen und zurück zum camp gebracht. es waren mindestens 255 leute, die in gewahrsam genommen wurden. im camp gab es dann noch ein kleines abschlußbier.

alles in allem einfach schockierend, zuwas team green mitlerweile fähig ist (sowohl psychologisch als auch rechtlich). aber das gefühl zusammen zu stehen und zusammen zu kämpfen war richtig gut. was im kessel für ne gute solidarische stimmung war, war toll.

KÖLN- wir kommen wieder. so leicht kriegt ihr uns nicht klein.

Und an alle leute: always look on the bright side of life.

NO ONE IS ILLEGAL - SHUT DOWN FORTRESS EUROPE!!!
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Is nicht gut zum Augenspülen

Demonstrant 11.08.2003 - 09:10
Wasser mit Kohlensäure kannst du halt nicht verwenden, um Augen oder andere verletzte Körperteile ab zu spülen. Und ist halt besonders fies, wenn Grüner Mann gleichzeitig CS-Gas oder Pfefferspray benutzt. Kann dann bis zum erblinden führen, wenn nicht anständig ausgespült wird.

der erste "bleibtfriedlich"-Kommentar

Kölner 11.08.2003 - 10:29
Ich glaube in den letzten Jahren gab es mehr Aufrufe zu militantem als zu friedlichem Widerstand. Ob uns das geholfen hat, muss jeder selbst entscheiden. Fakt ist, dass die Kölner Polizei sich am Anfang einer Reihe von Nazi-Demos äußerst liberal verhalten hat. Sogar nach einigen Würfen mit Gemüse Richtung Nazis gab es bei einer Demo in Longerich keinen Kesselversuch der Bullen. Die ProKöln-Faschos wurden so bei ihren ersten drei Anläufen in Longerich und Ehrenfeld massiv gestört (einfach mal ins Archiv der Antifa-K schauen). Erst seit der Demonstration im überwiegend von Migranten bewohnten Stadtteil Chorweiler bei denen sogar mit Eisenstangen und Schlagringen gegen die Polizei vorgegangen wurde, dreht die Polizei ab. Inwieweit es da richtig war auch mit wenig emanzipatorischen Kräften zusammenzuarbeiten, wurde ja schon bei indy heftig diskutiert (auch einfach mal ins Archiv schauen) und ich will die Diskussion nicht schon wieder von neuem lostreten.

polizei schlägt radler nieder

gesehen 11.08.2003 - 11:06
an einer polizei absperrung wurde einE fahrradIn bei vollen tempo von den cops vom fahrrad gehauen. diese blieb verletzt liegen und später von einem krankenwagen abgeholt & mit polizeibegleitung zum krankenhaus gebracht.

in der GeSa

okonomiyaki 11.08.2003 - 12:27
in dem gefangenentransportbus, in dem ich saß, herrschten (zumindest in unserer kabine) temperaturen um 60°C; das kondenswasser floss die wände runter. die ganze zeit, als der bus während der "abfertigung" stand, lief der motor (sonst geht ja die heizung nicht). im gang, wo fahrer und begleitung sitzen, war es natürlich angenehm kühl...
die gesa war in einer großgarage. die rolltore standen die ganze nacht einen meter weit auf, eines war komplett geöffnet. man mag es nicht glauben, aber es wurde noch richtig kalt! trotz mehrfachen nachfragens erhielten wir weder decken, noch wurde geheizt oder die tore geschlossen. schließlich versuchten wir uns in die iso-matten zu wickeln. außerdem erhielten wir in sechseinhalb stunden trotz mehrfachen bittens (und nach großen anstrengungen im camp-kessel) nichts zu essen. außerdem wurde in einem der käfige mehrfach nach einem arzt gerufen. ich weiß nicht, warum und auch nicht, wie schlimm es war. auf jeden fall weigerten sich die beamten, einen arzt zu schicken.
am nächsten morgen hatten mehrere leute einen schnupfen. das ist nicht so dramatisch, aber es zeigt doch, wie rücksichtslos wir behandelt wurden.

noch eine soli-Erklärung

TiK 11.08.2003 - 12:40
Hallo,

weiß nicht, ob es einen speziellen Thread für Soli-Erklärungen o.ä. gibt, hier ist auf jeden Fall noch eine, die bereits auf www.koeln-pelzfrei.de veröffentlicht wurde:

Grenzcamp-Solidaritätserklärung



Die Tierrechtsinitiative Köln (TiK) verurteilt das brutale und unverhältnismäßige Vorgehen der Polizei gegen das 6. antirassistische Grenzcamp auf den Poller Wiesen. Dieses Camp richtete sich vom 31. Juli bis zum 10. August gegen Rassismus, Ausgrenzung, globale Migrationspolitik, Kontroll- und Überwachungstechniken, gegen Abschiebe- und Lagerpolitik. Ungefähr 400 Personen aus ganz Europa beteiligten sich am Camp.



Am Samstag, den 9. August, wurde der Zeltplatz von 2500 PolizistInnen umstellt und später geräumt. Dabei wurden ca. 250 Menschen verhaftet und ca. 60 durch Schlagstöcke und Tränengas verletzt. Die Polizei begründete das damit, dass Straftaten von Camp-TeilnehmerInnen verübt worden seien. Selbst wenn dies zutreffen sollte, rechtfertigt es keinesfalls eine Pauschal-Verurteilung aller Camp-TeilnehmerInnen sowie den Einsatz von brutaler Gewalt gegen Unschuldige. Während der Einkesselung des Camps wurde die Wasserversorgung für mehrere Stunden abgestellt. Bei nahezu 40 Grad war es so fast unmöglich, die durch den Einsatz der chemischen Reizstoffe Verletzten im Sanitätszelt zu behandeln. Dieses Vorgehen ist menschenunwürdig, und die Verantwortlichen dafür sollten zur Rechenschaft gezogen werden.



Fast zeitgleich beschützte die Polizei einen Aufmarsch von 50 Neonazis in Köln-Poll, und erlaubte diesen so, ihre menschen- und lebensverachtende Ideologie auf die Straße zu tragen. Die TiK ist schockiert und entsetzt über die Ereignisse vom Samstag. Ein schwarzer Tag für die Stadt Köln, die sich so gerne ihrer Weltoffenheit und Fremdenfreundlichkeit rühmt. Unsere vollste Solidarität gehört den Opfern der staatlichen Repression und Willkür.



TiK im August 2003

Ergänzung

ein sani 11.08.2003 - 12:46
Es stimmt, dass einige Greiftrupps aus Bayern kamen. Ich weiss nicht, ob es Bamberg oder Bayreuth ist, auf jeden Fall hatten ein "BA" auf dem Nummernschild. Aber die anderen waren auch nicht ohne. Teilweise waren auch Wiesbadener dabei. Aber auch die Recklinghausener Bullen sollen in der Innenstadt gut abgegangen sein. Fakt ist jedenfalls, dass sich die Bayrischen Bullen (die mit den süßen Netzstoff-Westen) nach dem sie das zweite mal abgreifen durften keinen Spass mehr hatten. Das konnte man sehr deutlich an ihrem Gesichtern sehen. Auch aus den Unterhaltungen, die die Bullen so untereinander so hatten, erkannte man, dass diese wohl auf mehr spass (d.h. Gegenwehr und somit Grund zu prügeln) gehofft hatten.

Was die Wasserversorgung angingt, so wurde diese ja nach ein oder zwei stunden wieder angestellt, vor allem auch, weil die Bullen es nicht hingekriegt haben, genug Wasser anzukarren, glaube ich. Aber als es dann vom umkreist-sein zum gekesselt sein überging, meinten sie dann, das Wasser erneut abstellen zu müssen. Auch hier konnte der Arzt mit der Drohung der Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung erwirken, dass irgendwann (wieder ein bis zwei stunden später) das Wasser wieder lief. Was aber vielleicht auch bemerkt werden sollte: Die Bullen habe auch irgendwann den Strom abgedreht. Insofern war dieser wichtig, als dass damit der Kühlschrank für die Medikamente betrieben wurde. Den Strom stellten sie nicht wieder an!

Bayrische bullen

stulle 11.08.2003 - 15:12
die bayrischen Bullen sind kasernierte spezialkräfte. das hauptquartier ist in bamberg, deswegen die BA-kennzeichen. sie kommen aber aus allen teilen bayerns. es sind übrigens zum großteil junge leute, die entweder gerade die ausbildung abgeschlossen haben, oder noch drin stecken. und ja, die hatten bock auf krwawall. sie machten sich massiv über leute lustig die nach 12 stunden keine kraft mehr hatten und aufgaben. kommentare wie "ihr weicheier, habt wohl kein mumm mehr, scheiß hippies, vom gemüsefressen kriegt man halt keine muckis, ihr seit ja echt so feige, wehrt euch endlich" (lose sammmlung von verschiedenen kommentaren) waren häufig zu hören. nun ja, wenn mensch sich in einer kampfuniform mit protektoren schildern und knüppeln stark fühlt ist das verständlich. und aus einer 8zu1 überlegenheit raus zu argumentieren erfordert halt kaum intelligenz.

No justice No peace Fight the police!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 7 Kommentare an

verhandlung mit bullen — system-hass

Frage — Fred Feuerstein

die Radlersache — auch gesehen

@ auch gesehen — andersdenkender

schützt euch besser! — ungenannt