Bombodrom: Fotoreportage 84.Protestwanderung

Die grünen Wannen mit Potsdamer Kennzeichen rollten am Sonntag bereits eineinhalb Stunden vor dem eigentlichen Auftakt der 84. Protestwanderung durch Schweinrich. Die Luft flimmerte in der Mittagshitze. Der Badestrand war überfüllt. 25 Grad Wassertemperatur bei Waldbrandstufe II. Nach und nach wurde es immer schwerer, einen Parkplatz zu finden. Auf den parkenden Wagen klebten die schwarz-weiss-roten FREIe HEIDe Aufkleber mit dem durchgestrichenen Düsenjäger. Viele hatten an den inneren Seitenscheiben kleine Plakate mit Internetadressen oder Sprüchen gegen das Bombodrom und gegen die derzeitige politische Linie befestigt. Immer mehr Menschen strömten zur grossen Wiese zwischen Dranser See, Schweinrich und der Nordwestgrenze des Bombodroms. Nahezu alle hielten den Aufruf des Aktionscamps oder Indy-Printausgaben in den Händen. Einige Transparente kannte man schon vom Ostermarsch, viele andere nicht. Kinder streichelten Pferde oder durchsuchten als "Räumtrupps" die Heide nach tarnfarbenen Ostereiern. Einige Leute unterhielten sich über die Bundeswehrsteckbriefe, die an den Laternen in Neuruppin hingen und nach einem vermissten U-Boot fahndeten. Das U-Boot tauchte beim Bootskorso in Altruppin am Vorabend wieder auf.

Während der Rede von Benedikt Schirge von der BI FREIe HEIDe tummelten sich so viele Menschen wie Wespen um den Kuchenbasarstand in der prallen Sonne. Die Wiese wurde voller und voller. Gelegentlich gab es Kurzmeldungen über die kleine PA über die Position einer zivilen Fahrradinspektion auf dem Bombodromgelände. Ein junges, anscheinend sehr unerfahrenes Fernsehteam rannte verwirrt über den Platz. Verschiedene Gruppen lästen sich von der Auftaktkundgebung und betraten auf verschiedenen Wegen und Umwegen das zum Sperrgebiet erklärte Bombodrom. Eine Gruppe aus dem Protestcamp, welches am Sonntag zu Ende gegangen war, machte sich auf zur Verbindungsstraße zwischen Schweinrich und Alt-Lutterow. Die kleine Landstraße fährt mitten durch das Bombodom, vorbei am Pink Info Point und dem "Soldaten sind Memmen" Haus. Ein Klettertrupp erklomm die Bäume und befestigte ein Transparent mit der Aufschrift: "Besatzer-Unrecht = Deutsches Recht". Keine dreiÃ?ig Meter entfernt beobachteten Feldjäger der Bundeswehr das Geschehen durch ihre Feldstecher und filmten jedes einzelne Gesicht der Beteiligten. Zur gleichen Zeit rannten am Horizont etwa siebzig Leute gleichzeitig ins Sperrgebiet. Wieviele Menschen sich am Sonntag auf der gesamten Fläche des Bombenabwurfplatzes in der Prignitz-Ruppiner Heide aufgehalten haben, ist nicht abzuschätzen. Die angedrohten Repressalien der Polizei und der Feldjäger blieben aus.

Als das Transparent hing, fuhr ein schnurrärtiger Dorfpolizist vor, sprang aus dem Auto und begann herumzumeckern. Seine Drohungen ernteten Gelächter und Gespött. Ein ranghoher Feldjäger sprang solidarisch aus dem Gebüsch um seinem Kollegen Amtshilfe zu leisten. Doch auch er wurde von den umherstehenden nur mit kessen Sprüchen belegt und von anderen schlicht ignoriert.
Insgesamt schienen die 84. Protestwanderung und das neuntägige Resist-now Aktions-Camp ein kleiner Erfolg gewesen zu sein. Einige Teilnehmende bedauerten die geringe Beteiligung der direkt Betroffenen in den Dörfern an den Protesten. Gründe hierfür sind jedoch nicht nur Hoffnungslosigkeit oder Gleichgültigkeit. Vielen Menschen in der Region gehen die Proteste einfach nicht weit genug.