Picknick im Bombodrom - Fotos

civil disobedience 02.08.2003 17:33 Themen: Militarismus
In der Nähe des Ostprignitzer Dorfes Gadow, bei Wittstock trafen sich heute knapp 40 Ungehorsame zu einer gemeinsamen Wanderung quer durch das militärische Sperrgelände des Bombodroms mit anschliessendem Picknick.
Die Wanderer führten Pace-Fahnen, Transparente und Musikinstrumente mit und liessen sich schliesslich auf einem Hügel mitten in der Heidelandschaft nieder.
Gadow ist ein kleiner Ort wie aus Fontanes Wanderungen. Eine schicke, kleine Backsteinkirche mit zerschmissenen Scheiben, in die keiner mehr geht. Mittdreissiger Muttis, die auf ihrer Simson über die Pflasterstrasse knattern. An einigen Gehöften hängen alte Schilder auf denen steht: „Nach der Wende- Schiessplatz Ende“.
Wir trafen uns heute gegen halb zwölf auf Gadows Dorfspielplatz und zogen mit knapp vierzig Leuten los Richtung Bombodrom, vorbei an einer mehr als zwanzig hölzernen Mahnsäule, die in den letzten 11 Jahren rund um das Sperrgebiet aufgestellt wurden. Wir schritten die „FREIe HEIDE Allee“ entlang bis zu den weissen Warnschildern. Ein wildes Wespennest am Schlagbaum schien auf einige von uns mehr abschreckende Wirkung zu haben, als der grün-weisse Jeep der Sicherheit Nord GmbH, die für die Bewachung des Bombodroms zuständig ist. Der schnurrbärtige Mann am Steuer des Jeeps erinnerte mich mit seiner Sonnenbrille und seinem hellblauen Hemd an amerikanische Polizeiserien aus den siebziger Jahren.

Es war heiß. Die Sonne brannte auf der Haut. 40 Grad warmes Mineralwasser mit Kohlensäure bringt wenig Erfrischung bei diesem Wetter. Alle, die etwas zu tragen hatten, ärgerten sich über jedes Gramm unnötigen Ballast. Den Satz: „Hier, kannste mal kurz halten?“ hörte ich etwa drei mal und schleppte zwischenzeitlich einen Hocker, eine Glasflasche und einen Rucksack mit mir herum. Leute, die mit dem Fahrrad unterwegs waren, hatten teilweise arge Probleme, über den sandigen Boden zu radeln. Die staubigen Wege, die Seit Abzug der GUS-Truppen von vielleicht drei oder vier Bundeswehrfahrzeugen befahren wurden, waren alle schon mit blauen Strassenschildern versehen. Ob der Generalweg jemals von solch einem hohen Dienstgrad betreten wird, möchte ich bezweifeln. Einige von uns fühlten sich in der menschenleeren Heidelandschaft an ihren letzten Italienurlaub erinnert, andere an die karge, russische Taiga. Fakt ist, dass uns der Schweiss von der Stirn tropfte und unsere T-Shirts durchtränkte. Ein schattiges Plätzchen war schwer zu finden. Hier und da ein Birkenbaum zwischen Heidekraut, Sand und trockenem Gras.

Unser eigentliches Ziel war die Stelle, an der die Bundeswehr einst ein Mahnmal der FREIen HEIDe entfernte. Die Jüngsten unter uns waren 15, die ältesten um die Siebzig. Auf einem kleinen Hügel breiteten wir unsere Decken aus. Musikinstrumente wurden ausgepackt. Die Klänge der Querflöte und des Violoncello harmonierten mit dem Gezwitscher der Vögel in der Heide. Ein friedliches Plätzchen. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass hier bald wieder Bombardements auf Städte geübt werden sollen. Niemanden von uns plagte ein schlechtes Gewissen, weil wir auf einem zum Sperrgebiet deklarierten Gelände herumtapsten.
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Ergänzungen

Keine zerschmissenen Scheiben!

Ergänzung 03.08.2003 - 14:32
"Eine schicke, kleine Backsteinkirche mit zerschmissenen Scheiben, in die keiner mehr geht..."
Das stimmt so nicht. Die Scheiben der Kirche sind durch die Bombenübungen zerstört worden. Viele Gebäude wurden durch die Übungen erheblich geschädigt.

Nicht 40!!!

Antitom89 04.08.2003 - 18:02
Immer schön bei der Wahrheit bleiben und nicht unnötig übertreiben!!! Es waren ca. 20 bis 25 Leute bei der Wandereung und keine 40! Transparente gab es nicht wirklich, dafür entsprechende Fahnen, t-Shirts und ein Pappschild. Die Musik war toll und das Lesen einer etwas anarchistischen Geschichte auch. (Wenn letztere auch eher gegen die Kirche gewandt war) Im Camp waren täglich ca. 20 bis 30 verschiedene Leute, zumindest in den drei Tagen die ich da war.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

Pace sucks — hundeschnauze

zu anti... — roterpanther

Tolle Demo! — lol