Wahlzeit in Giessen – mit Überraschungen+BKA

Anti-Demokrati 13.07.2003 14:25 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Am 7. September wählt ein Teil der Menschen aus Gießen eineN neueN BürgermeisterIn. Meist gehen ohnehin deutlich weniger als die Hälfte der EinwohnerInnen zur Abgabe der eigenen Stimme, oft auch weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten – in reichen Stadtteilen mehr, in den sozialen Brennpunkten oft nur 10-15 Prozent der dort Wohnenden!
Die Wahl könnte einige Brisanz bieten ... und das aus mehreren Gründen. Zum einen ist Giessen für Wahlkämpfe ein heißes Pflaster. Vielfältige und kreative Aktionen brachten hier zu den letzten Bundes- und Landtagswahlen den Krampf der Parteien gehörig durcheinander ( http://www.wahlquark.de.vu). Werden die Aktivistis diesmal wieder mitmischen? Zum anderen kandidieren 4 etablierte Partei- und Ex-Parteileute. Sie haben mehr oder wenige viele Jahre widerlicher Politik schon mitgemacht – wenn auch eine vor einiger Zeit aus der verkrusteten SPD ausgestiegen ist und jetzt allein agiert. Mit dabei ist auch „Law-and-Order-statt-Lust-und-Laune“ CDU-Mann Haumann, der im Dezember eine Bombendrohung erfand, um Politaktivistis von Polizei prügeln zu lassen. Und „Gießen-braucht-wieder-einen-richtigen-Chef“ Grünen-Frontfrau Gülle (Gülle für Gießen!), die Bomben-Haumann zum Sozial- und Frauendezernenten machen will, wenn sie gewinnt.
Vor wenigen Tagen nun lief die Bewerbungsfrist ab – und schwupps trat noch eine fünfte Kandidatin auf. Die kam wohl eher aus den widerständigen Kreisen von Gießen und plante einen subversiven Wahlkampf. Schon wenige Tage später tauchten auch passende Fakes auf. Aber die Eliten der Stadt fackelten nicht lange: Eine BI grenzte die fünfte Kandidatin aus und am 11. Juli schloss der Wahlausschuss unter Leitung von CDU-Mann Rausch die Unabhängige aus.
Das aber wird nichts ändern: Der Wahlkampf steht bevor ... wir dürfen gespannt sein ... zumal auch die Bullen aufrüsten – bei der ersten Wahlkampfveranstaltung war sogar das BKA (nach eigenen Angaben) dabei ...
Wahlkampf nutzen und angreifen
In Kreativ-Widerstandskreisen im Giessener Raum war eine neue Idee für die Wahlkämpfe entstanden. Ins peinliche Rennen um den Oberwürgermeisterposten am 7.9.2003 sollte eine Anti-Kandidatin eingreifen. Der erste Versuch scheiterte am Alter – kandidieren darf nur, wer über 25 Jahre ist. Bemerkenswert. Der zweite Versuch war anstrengend. Wer nicht einer etablierten Partei angehört, muß doppelt so viele Unterschriften zur Unterstützung der Kandidatur sammeln, wie Stadtverordnete im Ratssaal rumhängen und nach dem Kommando des Fraktionschefs die Arme heben. Auch das ist bemerkenswert – hier ist Demokratie als totaler Wahlwahn zwecks Verschleierung der diskursiven und elitären Herrschaftssphären noch gar nicht modernisiert. Die Ungleichheiten fallen recht schnell auf.
Dennoch kamen ein paar mehr Unterschriften als nötig zusammen. Die Einreichung der Kandidatur erfolgt am 3.7. kurz vor Toresschluß. Was normalerweise ein Medien-Knaller gewesen wäre, blieb angesichts der besonderen politischen Lage in Gießen unbemerkt. Medien, Polizei, Parteien und Stadtführung sind in dieser Stadt wegen der ständigen Aktionen gegen Herrschaft und ihre Symbole intensiv in Kontakt und besprechen ihr Vorgehen) Die Giessener Allgemeine hatte die Kandidatin gar nicht vorgestellt, nur erwähnt, dass sich da noch jemand beworben hätte. Das Konkurrenzblatt, der Giessener Anzeiger, hatte zwar berichtet, aber sofort diffamierend „Nähe zu einer bekannten Reiskirchener Gruppe“ usw. als Charakterisierung der Person hinzugesetzt. Offenbar waren Unterlagen über die Bewerbung schon frühzeitig aus den Amtsstuben an ParteifunktionärInnen und Presse weitergegeben worden – klarer Bruch des Datenschutzes. Aber das ist halt Rechtsstaat – wer die Macht hat, hat das Recht. FR (mit einem Ex-Linken als Redakteur in Gießen geht ohnehin nix außer Kungelbeziehungen, die wir nicht haben) und die beiden Radiosender schwiegen ebenfalls komplett.
Am 11. Juli entschied der Wahlausschuß dann, dass die unabhängige Kandidatin nicht antreten dürfte. Das stand natürlich sofort in der Giessener Allgemeine – noch am selben Abend im Internet:
„OB-Wahl: Fünfte Kandidatin ausgeschlossen
Mit einer Überraschung endete am Freitag die öffentliche Sitzung des Wahlausschusses, der die Oberbürgermeisterwahl am 7. September vorzubereiten hat. Nach kurzer Beratung und Sichtung der eingegangenen fünf Kandidaturen beschloss das Gremium einstimmig, die parteiunabhängige Bewerbung der Studentin Simone Ott nicht zuzulassen. Die Unterlagen seien mangelhaft, trug Wahlleiter Thomas Rausch vor. Wie der Stadtrat erklärte, habe Ott zwar 128 Unterschriften von Unterstützern eingereicht, davon habe die Verwaltung aber 17 wegen formaler Mängel nicht anerkennen können. Dieser Auffassung des Wahlleiters schloss sich der Ausschuss an. Ohne Beanstandungen wurden dagegen die bereits bekannten Bewerbungen von Heinz-Peter Haumann (CDU), Gerhard Merz (SPD), Angela Gülle (Grüne) und Elke Koch-Michel zugelassen. Auf dem Stimmzettel werden diese vier Kandidaten in der genannten Reihenfolge aufgeführt.“
Ganz ähnlich der Text im Anzeiger. Wie es weitergeht, ist offen. Immerhin waren alle Türen des Rathauses versperrt, als der Wahlausschuß tagte. Das ist möglicherweise ein schwerwiegender Rechtsfehler. Wieweit die Unterlagen der unabhängigen (Anti)Kandidatin wirklich fehlerhaft waren, wird kaum nachzuprüfen sein.


Die ersten Fakes
Anfang Juli sind offenbar schon Rundschreiben im Stadtgebiet verteilt worden, wo sich ParteikandidatInnen von der neuen Kandidatin distanzieren und versprechen, alles für das Image und den Standort Gießen zu tun. Diese „Fakes“ wurden von den verärgerten ParteikandidatInnen (vor allem Grüne und CDU zeigten eine bemerkenswerte Nähe auch im Aufregen über die Aktion). Leider hat kein Politknaller den Zettel rausgerückt, so ist nur bekannt, dass mit Portraitbild der Grünen-Kandidatin diese mit ihren bekannten „Gießen braucht einen echten Chef“-Sprüchen zitiert und als Wahlziel die Stärkung des Wirtschaftsstandortes angegeben wird. Selbstverständlich wurde über das Fake nirgends berichtet, doch solche Fakes werden meist breit verteilt und wirken daher selbst. Sie brauchen die verfilzte Presse nicht.

Eliten unter sich: BI lädt ein
Mittwoch, 9.1.2003. Die Bürgerinitiative gegen eine Einkaufs-Mall (gigantisches Konsumgebäude am Oswaldsgarten in Giessen) lädt zu einer Podiumsdiskussion über das Projekt. Die BI ist gegen die Mall, die aktuelle Stadtregierung dafür. Eingeladen sind die BürgermeisterkandidatInnen. Das sind zur Zeit fünf - eben vier, die schon im Parlament oder Magistrat sitzen, sowie die erwähnte Person, die aus herrschaftsfeindlichen Zusammenhängen kommt. Für die Versammlung sind auch einige Aktionen geplant, die unter anderen deutlich machen sollen, dass ein Frontalpodium genau das Falsche sein. Es gehe nicht darum, ein Forum zu schaffen, wo die Herrschenden bzw. nach dieser Position strebenden den AnwohnerInnen erklären, was sie für gut halten (und dann gewählt werden oder auch nicht), sondern dass die Regierung verschwinden solle oder, reformerisch gedacht, zuhören solle, was die Menschen zu sagen haben. Angesichts jedoch der Erfahrungen hatten wir bereits Angst, dass es ganz anders kommen würde. BIs sind heute nicht mehr Sache der Betroffenen, sondern der Eliten aus den jeweiligen Stadtteilen. Die meisten solcher Bürgerinitiativen existieren deutschlandweit in den Stadtteilen der Reichen, die noch mehr Verkehrsberuhigung wollen usw. In den Stadtteilen der sozialen Unterschichten tut sich nichts (mehr) an Widerstand. Das politische Desinteresse ist groß - in Gießen lag die Wahlbeteiligung im größten sozialen Brennpunktviertel bei nur noch 17 Prozent. Das könnte mensch auch bejubeln, wenn es eine Ablehnung von Herrschaft und eine Umsetzung anderer gesellschaftspolitischer Handlungsweisen bedeuten würde. Das aber ist leider nicht der Fall.
Die veranstaltende BI, als Slogan für mehr Bürgerbeteiligung usw. antretend, zeigte genau dieses Bild in Reinstform. Der Knaller zu Beginn: Die BI lehnte die fünfte Kandidatin als Teilnehmerin der Podiumsdiskussion ab! Proteste halfen nichts. Während der Veranstaltung traten BI-Vertreter (alles Männer) sehr autoritär auf und machten den Abend zu einer stark verregelten Angelegenheit. Wären da nicht allerhand freche Zwischenrufe und Störungen von AktivistInnen gewesen, die Stimmung hätte eher einer Begräbnisfeier geglichen.
Der Abschluß des Ganzen war doppelt interessant. Während die ZuhörerInnen (deren Rolle weitgehend das Beklatschen ihrer jeweiligen FavoritInnen war) recht schnell gingen und sich höchstens am Ausgang kleine Gespräche entfachten, fanden sich vorne in netter Runde die KandidatInnen und die Wichtig-Leute der BI zusammen zum Plausch. Superschön wurde optisch deutlich, was der Begriff von „Elite“ bedeutet. Die Wichtigleute der BI sind Schuldirektoren, Pastoren, Planer ... und die bilden eben von ihrer gesellschaftlichen Rolle her die Schicht der Elite, also der Menschen mit überdurchschnittlichen Zugängen zu Informationen, Infrastruktur, meist etlichen Untergebenden und Beeinflussten usw. Trotz des in der Öffentlichkeit immer hochgepushten Streits zwischen ihren verschiedenen Flügeln eint sie doch ihr sozialer Status und trennt sich von der „Herde“ der Vielen, die ihnen als SchülerInnen, Arbeit“nehmerInnen“, „WählerInnen“ usw. gegenübertritt.
Insofern war es ein interessantes Schauspiel. Gerade in der Konstellation, dass hier eine BI kritisch gegen eine Regierung antritt, aber eben doch jenseits der punktuellen Interessensunterschiede genau für den Erhalt der Elitenstrukturen eintritt, zeigt sich, wie fest Elitestrukturen sind.
Das zweite Mal wurde das deutlich, als BI-VertreterInnen mit „uns“ sprachen. Darin wurden sie nach den Gründen des autoritären Stils und der Ausgrenzung der fünften Kandidatin gefragt. Nicht alle reagierten gleich, aber auffällig waren doch die Reaktion der Marke „wir haben den Abend vorbereitet und können daher auch bestimmen“ oder „wir lassen uns nicht von einer hinzukommenden Kandidatin aus dem geplanten Konzept bringen“ bis zu „was haben Sie eigentlich schon für die BI geleistet“.

Die ersten Plakatveränderungen
An verschiedenen Orten waren in den letzten Tagen die ersten Plakatveränderungen sichtbar. Genutzt wurde, da noch keine Wahlplakate hängen, eine widerlich-sexistische Werbung der Sparkassen. Der dort zu sehende Arsch wurde als Grundlage für die Umgestaltung zu Wahlplakaten genutzt – siehe Fotos. Die Gruppe „Schöner Kleben“ schickte uns folgende Vorlagendateien, die zu dokumentatorischen Zwecken downgeloadet werden können – zum Plakatieren der eigenen vier Wände, alles andere ist strafbar ...
Augen und Ohren in A4:  http://www.projektwerkstatt.de/da/download/ob_augen.pdf
Spruchbasen in 4xA4 quer:  http://www.projektwerkstatt.de/da/download/ob_blasen.pdf
Politikerarsch in A3:  http://www.projektwerkstatt.de/da/download/ob_arsch.pdf

James-Bond-Nacht in Gießen: Die Bullen rüsten auf!
Klar, spätestens seit der antirassistischen Demo und den Tagen um den 2. Juli (Amtsgericht umgestylt ...) wirkten die Bullen aufgeschreckt, reagieren mit großer Präsenz. Viele neue Gesichter und ein fetter Fahrzeug-Parcour sprechen möglicherweise für eine übergreifenden Zusammenarbeit verschiedener Polizei-Stellen oder der Gründung einer Sonderkommission ... auch das in den Hintergrund Rücken des Staatsschutz Gießen spricht dafür. Naja, ist aber Spekulation – gesichert ist zumindest die folgende Story, die nach der BI-Veranstaltung begann: Erst nach Ende der Podiumsdiskussion bemerkten wir, dass im und um den Saal mehrere zivile Polizisten anwesend waren, die bisher aber nicht in Erscheinung getreten bzw. uns unbekannt waren. Vor dem Tor der Schule standen vier Zivis unauffällig auffällig herum (einer mit Fahrradhelm lässig an einer Laterne lehnend), zwei silberne Zivil-Vectras mit LDK-Kennzeichen ihre Fahrzeuge. Ihr Auftrag war offenbar, uns zu beobachten – das „mussten“ wir ausnutzen: Ewig lange lungerten wir dort rum, machten Witze über die Polizei und suggerierten, noch eine Aktion machen zu wollen („Wer geht mit wem?“ usw.). Die Zivs waren sichtlich genervt („Wir wollen Feierabend machen“). Die wichtigste Person trat uns entgegen und erklärte, er sei Beamter des BKA in Wiesbaden und wollen langsam zurück, wir sollten ns endlich aufteilen. Wir setzen uns in Bewegung – zwei Wagen folgen uns „unauffällig“. Nach dem Verteilen von Einladungsflyern für die Utopie-Zeltstatt trafen sich einige AktivistInnen, die mittels Auto heim kehren wollten. Beim Einsteigen fahren die Vectras auf den Parkplatz, die Zivis glotzen in den Wagen. Eingeschüchtert schien mir keineR ... wir lachen – der Vorschlag, die Beamten etwas zu ärgern trifft auf Zustimmung und Vorfreude. Wir fahren los. In Innenstadtnähe registrieren wir ein en Streifenwagen. Wir wählen ganz bewusst eine absurde Route mit scharfem Abbiegen und Fahren durch zu enge Parkbuchten – dabei blitzt immer wieder der Fotoapparat der Bullen auf Nächster Halt ist der Parkplatz hinterm Knast (ein Vectra hält auch dort ...) – um uns einen Spass zu machen verabreden wir, auszuschwärmen und 10minütige Kurz-Spaziergänge zu machen. Es ist stockdunkel. Inzwischen kurven neben den Zivis mindestens zwei bis drei Streifenwagen um den Gebäudekomplex oder leuchten den Parkplatz ab. Ich latsche mit einer weiteren Person am Knast entlang. Auf dem Rückweg werden wir dort von einer Streife angehalten ... Personenkontrolle. Ein silberner Vectra gesellt sich dazu ... die beiden Zivis steigen aus und stellen sich zu uns. Während der Durchsuchung einer Tasche versucht der BKA-Typ (wenn er einer war – Ausweis hat er nie gezückt), über ein lockeres Gespräch mit vielen Joke-Einlagen Infos über uns zu ziehen – das läuft aber ins Leere. Der Typ wirkte sehr intelligent, über der Situation stehend und aufmerksam. Ein Streifenbulle erklärt, dass wir kontrolliert würden, weil Gerichtsgebäude in letzter Zeit häufig Opfer von Sachbeschädigung würden (Farbattacke auf Verwaltungsgericht:  http://de.indymedia.org/2003/06/55544.shtml; Graffitis am Amtsgericht:  http://de.indymedia.org/2003/07/56575.shtml). Gegen Ende meint der BKAler, genervt und wohl unser Spiel durchblickend: „Ihr könnt doch jeden Tag um den Knast wandern. Ich bin froh, Morgen wieder in meinem Büro in Wiesbaden zu sitzen.“ Nach Abschluss der Maßnahme kommt eine andere Person mit den Worten „Haha, bin schon fertig“ über die Strasse geflitzt - Die Anspielung bezog sich darauf, dass betreffende Person völlig ungestört über das Gelände des Gerichtskomplexes wandern konnte. Während wir zum Auto zurück gehen, genießen wir die zerknirschten Gesichter der Streifenbullen („Sie sollen sich hier nicht aufhalten“). Wir fahren gut gelaunt weg – irgendwann werden wir nicht mehr verfolgt. Aber in Gießen erzählt mensch, dass noch einige Zeit danach Bullen in auffälliger Anzahl umher kurvten.
Das ist nur ein Ausschnitt ... in den letzten Wochen berichten Aktive von Observationen durch silberne BMWs, verdachtsunabhängige Kontrollen und eine insgesamt gesteigerte Anzahl von Polizei-Fahrzeugen. Daran beteiligt scheinen auf den ersten Blick nicht nur Giessener Bullen zu sein – gesicherte Informationen fehlen bisher allerdings. Das wirft Fragen auf ... ausführliche Informationen zu den Polizei-Aktionen im „heißen Juli“ finden sich unter  http://www.projektwerkstatt.de/gav/texte/0703polizei.html). Damit verbunden ist die Hoffnung auf eine offensive Diskussion vieler und einen kreativen Umgang mit Repression, d.h. sich nicht einschüchtern und völlig zum Objekt machen zu lassen. Observationen, Verhaftungen usw. zu Aktionen zu machen, Zivis demaskieren und Herrschaft offen legen ... und Öffentlichkeit für die gesamten Vorgänge schaffen.

Ausblick: Die Wahl zur Aktion machen!
Wahlen sind die Akzeptanzbeschaffung einer Herrschaftsform, die durch Wahlen nicht veränderbar ist – nur die Köpfe sind austauschbar, die mit der einen oder anderen Nuance aber nur die Logiken der Herrschaft ausführen. Ob sie wollen oder nicht. Subversion z.B. über direkte Aktionen oder eine eigene Anti-Kandidatur können das aufzeigen. Herrschaft ist nicht durch sich selbst auflösbar, sondern nur überwindbar mittels Widerständigkeit und visionären Alternativen.
Die Bürgermeisterwahl in Gießen am 7.9. kann eine Plattform für die Vermittlung grundlegender Herrschaftskritik und visionärer Ansätze sein – von der Debatte um Utopien bis zu Projekten, die dorthin führen: Umsonstladen, Besetzungen, Kooperativen, Selbstorganisierung im Alltag usw.
Dass die Staatsmacht in Giessen immer mehr Repressionsmacht auffährt, macht die Sache noch interessanter. Denn Polizei, Knast, Justiz usw. sind Symbole, die einschüchtern sollen, aber auch genutzt werden können, um das Autoritäre am Gewaltmonopol des Staates zu demaskieren. Glücklicherweise hat in Giessen die alte Theorie vieler „Linker“, dass Bullen nur Angst einjagen und die Handlungsfähigkeit lähmen, viel an Gültigkeit verloren. Wie staatliche Repression und die kreative Antirepression sich weiterentwickeln, ist offen. Und das ist schon ein Fortschritt ... wenn jede Behörde, jedes Gericht, jeder Knast usw. rund um die Uhr bewacht werden muß, wird sichtbar, dass hier Herrschaft waltet und nicht ein Staat, der um das Wohl der Menschen besorgt ist.

Termine:
- Vorbereitungstreffen zum Utopie-Camp jeweils Dienstag bei der Vokü (ab 20 Uhr, Infoladen im Alten Wetzlarer Weg 44) sowie nach Absprache
- Camps im Sommer mit Direct-Action-Plattformen und –Workshops: Think Progressive (17.-20.7. bei Eisenach), FREIe HEIDe (25.7.-3.8. am geplanten Bombodrom bei Wittstock), Grenzcamp in Köln, Wendlandcamp in Reddebeitz (jeweils 2.-10.8.) und das Ajuca in Lärz (6.-14.8.).
- Und dann das Utopie-Camp in Gießen ca. 27.8.-2.9. irgendwo mitten drin ...

Links:
- Anti-Wahl-Seiten:  http://www.wahlquark.de.vu
- Utopien für Gießen plus Widerstand gegen die Stadtpolitik:  http://www.abwehr-der-ordnung.de.vu
- Direct Action:  http://www.direct-action.de.vu
- Infoladen, Termine und Aktionen in Gießen:  http://www.ak44.de.vu
- Termine und Aktionen in der Projektwerkstatt:  http://www.projektwerkstatt.de/saasen
- Kreative Antirepression:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression
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Ergänzungen

Welch schön geschriebener Artikel !

Lachender 13.07.2003 - 20:28
Ich habe kurz gestoppt, weil ich beim Lesen des "Ergänzungs"- Hinweises unsicher wurde, ob Lob&Kritik überhaupt auf den Ergänzungen gewünscht sind. Denn das wäre dann schließlich Diskussion? Dann wäre eine sinnvolle "Ergänzung" ja nur eine inhaltliche Frage oder eben Ergänzung.
(Mir gefällt dieser neue Layout-stil mit der inhaltlichen Splittung total gut.Vielleicht landet mein Kommentar ja dann dort im "graublauen Bereich")

Traue mich trotzdem mal.
Vielleicht kann an dieser Stelle ja mal ein/e Mod drauf antworten?
Egal!

Jedenfalls habe ich mich gefreut.
Der Artikel beschreibt und kritisiert schön und verständlich.
Auch keine Selbstherrlichkeit und Jammerei und Selbstüberschätzung!
Habe über die Aktionsbeschreibungen sehr gelacht.
Schee!
Kompliment und überhaupt!

Gleicher Tag gleiche Stadt

Langstrumpf 14.07.2003 - 14:51
Am 12. Juli sollte das Stiftungsfest der neofaschistischen Burschenschaft Dresdensia-Rugia aus Giessen stattfinden. Aufgrund politischen Drucks hatte die NPD- nahe Burschenschaft ihr Stiftungsfest zwei Wochen nach hinten und angeblich nach Leipzig verlegt. Am Morgen des 12. Juli trafen sich etwa 15 AntifaschistInnen um gegen die geplanten Feierlichkeiten vorzugehen. Etwa eine Stunde lang feierten sie eine Antifa-Beach-Party unter dem Motto „Sommer.Sonne.Widerstand – bunt feiern statt braun denken“ im Großen Steinweg(Giessen) vor dem Haus der Dresdensia-Rugia. Die anscheinend doch anwesenden Dresdensen fotografierten pausenlos und wurden daraufhin mit Wasserpistolen attackiert. Nach ca. einer Stunde kamen ein Kleinbus und ein normaler Streifenwagen der Polizei um den, zu diesem Zeitpunk noch ca. 10, AktivistInnen einen Platzverweis zu erteilen. Die Anwesenden verließen den Platz ohne Widerstand und machten im Anschluss die PassantInnen noch auf einen BMW(GI-LS 328) mit zwei Zivilpolizisten, welche die Aktion die gesamte Zeit über beobachtet hatten, aufmerksam.

Text zur DB und der Dresdesnia-Rugua mit nette Fotos:

 http://germany.indymedia.org/2003/06/55657.shtml

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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