Iran: 3 Studentenführer verhaftet

Kh. 10.07.2003 21:29 Themen: Repression Weltweit
Kurz nach einer von ihnen gegebenen Pressekonferenz wurden 3 Studenten in Teheran verhaftet. Tausende Iraner setzten sich über das Demo-Verbot der Behörden zum 4. Jahrestag der Unruhen vom Juli 1999 hinweg.
(Übersetzung eines Berichts von IranMania.com)
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Iranische Studenten, Reformanhänger – von rechts nach links: Reza Ameri-Nassab, Nafiseh Zarea-Kohan, Mehdi Habibi und Amin Ahmadian, Mitglieder der studentischen Dachorganisation ‚Office of Consolidating Unity‘ (OCU), geben in ihrem Teheraner Büro am 9. Juli 2003, dem vierten Jahrestag der blutigen Zusammenstöße zwischen Studenten und Sicherheitskräften, eine Pressekonferenz.
Ameri-Nassab und zwei weitere OCU-Mitglieder wurden wenige Minuten nach der Pressekonferenz verhaftet, auf der sie gesagt hatten, Präsident Mohammad Khatami sei mit seiner Reformkampagne gescheitert. Sie hatten auch behauptetet, die von Hardlinern kontrollierte Justiz versuche, Gedankenfreiheit zu verhindern.


Teheran, 9. Juli (AFP) – Zehntausende Iraner fanden sich am späten Mittwochabend aus Anlaß des 4. Jahrestags der blutigen prodemokratischen Studentenrevolte mit ihren Autos auf einem Areal rings um die Teheraner Universität ein. Sie trotzten damit einem riesigen Aufgebot der Bereitschaftspolizei und Hardlinern der Bürgerwehr.

Trotz eines generellen Versammlungsverbots sah man Massen von Fahrzeugen in einem riesigen Stau rings um den Enghelab- (Revolutions-)Platz und den spannungsgeladenen Universitätscampus in der Innenstadt.

Die Universität selbst war von den Behörden geschlossen worden, als Teil eines entschlossenen Bestrebens, jede öffentliche Unmutsbekundung gegen das klerikale Regime zu verhindern.

Hunderte von Bereitschaftspolizisten in voller Montur: Kampfanzüge und Schutzausrüstung, säumten die Straßen, während Mitglieder der extremen Basij- und Ansar-Hizbollah-Milizen – die erbittertsten Verteidiger des nahezu 25-jährigen islamischen Regimes – auf Motorrädern umherjagten.

Der dichte Verkehrsstau mit Autos Stoßstange an Stoßstange in den normalerweise stillen nächtlichen Straßen war von einer ohrenbetäubenden Kakophonie von Autohupen begleitet, als Bewohner Teherans ihrer Frustration Ausdruck verliehen, womit sich die regimefeindlichen Proteste vom vergangenen Monat wiederholten.

„Funktioniert Ihre Hupe nicht?“ hörte man einen Autofahrer einen anderen fragen, der schweigend in seinem Auto saß. Fortwährend betätigten Autos, die mit Männern und Frauen aller Altersstufen vollgestopft waren, ihre Hupen; man sah Jugendliche, die vor Freude in die Hände klatschten und jubelten.

„Hört auf mit dem Gehupe! Ich warne euch, meine Geduld ist zu Ende!“ hörte man einen sichtlich entnervten regimetreuen Milizionär den Massen vorbeikriechender Autos zuschreien, aber mit wenig Erfolg.

Als der Verkehrsstrom Gegendemonstrationen der puritanischen Basij-Miliz passierte, wurde das Hupen kurz unterbrochen, weil die Fahrer die Beschädigung ihrer Autos befürchteten. Die es dennoch wagten, ihre Hupen zu betätigen, wurden schnell umringt und angegriffen.

Zu dem bizarren Stau kam es trotz entschlossener Bemühungen der iranischen Behörden, weitere Unmutsäußerungen jeder Art über die scheinbar völlig festfahrene politische Patt-Situation zwischen eingefleischten Hardlinern und gewählten reformistischen Parlamentsabgeordneten, den Anhängern des attackierten Präsidenten Mohammad Khatami, zu verhindern.

Bei dem anscheinenden Bemühen der Polizei, ernste Zusammenstöße zu verhindern, kam es zu ein paar Handgreiflichkeiten zwischen uniformierten Offizieren und bewaffneten Angehörigen der islamistischen Guarden in Zivil, die zu einem Areal gelangen wollten, wo die Autos von Protestierenden ins Stocken geraten waren.

Auf einer ausgedehnten Fahrt durch das betreffende Gebiet zwischen 10 Uhr abends (17.30 GMT) und Mitternacht (19:30 GMT) waren keine weiteren Zusammenstöße auszumachen, allerdings wurde die Festnahme mehrerer junger Leute durch die Polizei beobachtet.

Gepanzerte Fahrzeuge mit Wasserwerfern waren ebenfalls rings um den Enghelab-Platz aufgefahren.

Gelegentlich war auch ein Geräusch zu hören, das von Knallkörpern oder explodierenden Tränengasgranaten herrühren mochte, (daneben) wurden auch Hunderte von Menschen gesehen, wie sie sich mit einigen Schwierigkeiten über das Pflaster schleppten (od. schoben). (?)

Am Mittwoch war der 4. Jahrestag der massiven Straßenkämpfe zwischen pro-demokratischen Studenten und der Polizei, während denen mindestens ein Demonstrant erschossen und Hunderte andere verhaftet oder verletzt worden waren. Einige der bei den Unruhen im Juli 1999 Verhafteten sind noch immer im Gefängnis.

Der Protest zum Jahrestag folgt fast unmittelbar auf die zehntägigen regimefeindlichen Demonstrationen des vergangenen Monats, die von weiteren Zusammenstößen und feindseligen Sprechchören gegen Irans obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei, von dem sich die Hardliner inspirieren lassen, aber auch gegen Präsident Khatami, geprägt waren.

Bei der gleichzeitigen repressiven Polizeiaktion wurden, wie aus Gerichtskreisen verlautete, 4 000 Menschen verhaftet.

Am frühen Mittwoch wurden drei iranische Studentenführer des sich für Reformen einsetzenden 'Office of Consolidating Unity'(OCU) von Männern in Zivil verhaftet, nur Minuten nachdem sie eine Pressekonferenz gehalten hatten, bei der sie die Behörden wegen ihres Verbots der Gedenkfeiern anläßlich der Zusammenstöße vom Juli 1999 angegriffen hatten.

Auf der Pressekonferenz sagten sie, ein geplantes Sit-in vor den UN-Büros sei verschoben worden.

Die Aktivisten Reza Ameri-Nassab, Ali Moghtaderi und Arash Hashemi beklagten sich vor ihrer Verhaftung auch darüber, daß die Reformbemühungen des attackierten Präsidenten fehlgeschlagen seien.

Aktivisten der Studentenschaft haben in den letzten Monaten ihre zunehmenden Verärgerung über Irans klerikale Führer ausgedrückt. Auch die Geduld der treuen Khatami-Anhänger geht zu Ende – Viele von ihnen beklagen sich darüber, daß der sanftmütige Präsident bei der Umsetzung seines Mandats, dem Land „islamische Demokratie“ zu bringen, gescheitert ist.

Am Dienstag schrieb das OCU an UN-Generalsekretär Kofi Annan, er möge das, wie es hieß, „dunkle Kapitel“ in Irans Geschichte anprangern. Weiter wurde argumentiert, die „politische und soziale Apartheid“ verdiene, von den Vereinten Nationen untersucht zu werden.

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Ergänzungen