Chaldiki: 3-4000 machen Druck auf die Rote Zone am 20.

Armin Reich 20.06.2003 23:24 Themen: EU Gipfel Thessaloniki Globalisierung Repression Soziale Kämpfe
Um 8:30 gings los, heute sollte Druck auf die Rote Zone in Chalkidi gemacht werden, wo sich die Bosse gerade im Upper-Class-Hotel ihre Gedanken ueber den Abbau unserer sozialen und politischen Rechte machen. Dieser Ort ist schlichtweg das Wochenendziel vieler Saloniker: die Reichen logieren im Hotel oder haben ein Wochenendhaus, es gibt aber auch viele Campingplaetze und guenstige Zimmer. Der Druck auf den schoensten Strand in der Umgebung der Metropole ist so stark, dass die Strassen dorthin Samstag regelmaessig verstopft sind, sofern es das Wetter zulaesst. Doch ausser rund 120 Bussen und etlichen PKWs macht sich zumindest diesen Freitag niemand auf den Weg.
Bild 1: Dieses Bild mutet martialisch an, von den meisten Besitzern wird der massive Knueppel allerdings zum Selbstschutz verwendet, das ist hier bei mehreren Stroemungen voellig normal. In erster Linie lassen sich damit sehr gute Ketten bilden, analog zu den Seilen, die wir in Deutschland kennen.

Bild 2: Ebenfalls eine Standardausruestung ist die Feinstaubmaske, die jedoch gegen das von der Polizei eingesetzte CS-Gas so gut wie ueberhaupt nicht hilft. Daher haben viele auch eine professionelle Gasmaske dabei. Schutzbewaffnung ist in Griechenland nicht verboten, die Leute koennen sich also auch einzeln vermummt vor den Polizeiketten herumspazieren.

Bild 3: Chalkidiki, eine malerische kleine Stadt auf einer Halbinsel mit einem herrlichen Sandstrand und typischer Urlaubsathmosphaere.

Bild 4: Der Hotelkomplex, der auf der anderen Seite der Bucht liegt, ist natuerlich total blockiert und der Strand mit Containern verstellt. Ueberall in den Gebueschen lauern die kleinen Trupps von Riot-Cops. Diese Typen koennen total frei agieren und sind recht brutal, ein System, dass mit in Deutschland zuerst eingefuehrt und nach einem Symposium 1986, auf dem Experten die militaerische Ueberlegenheit der autonomen Kleingruppen gegenueber dem starren, hierarchischen Polizeiapparat konstatiert hatten (ich habe seinerzeit den Reader gelesen) angesetzt wurde.

Bild 5: Die Bewohner sind sehr freundlich, unterstuetzen die Demonstranten mit Wasser aus Gartenschlaeuchen, was nicht nur wegen der schwuelen Hitze, sondern gerade nach dem spaeter folgenden Gaseinsatz eine verdammt wichtige und gute Sache war. Einige feuern die Anarchisten auch an. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass die Einwohner ueberwiegend rechts waehlen - viele Griechen lehnen die EU-Geschichten aus nationalistischen Gruenden ab.

Bild 6: Nach der wie immer hoch interessanten Kundgebung baut sich an der Uferpromenade der militante Block (nicht mit der blackbloc-Besetzung zu verwechselnde Personenkreis, die sind da integriert) auf. Es sind rund 1000 Leute von Gottweisswoher. Sehr stark vertreten sind Gruppen aus Italien, auch deutsch hoert man oft. Geplant ist ein Marsch zu einer 1000m entfernten Bruecke, der Druck auf die dortige Polizeikette und der umgehende geordnete Rueckzug. Eine Symbolik fuer die anwesende Presse.

Bild 7: Warum so viele kleine Einheiten in der Vegetation versteckt ist, wird hinterher ersichtlich werden. Der Rueckzug wird aus allen Seiten mit CS angegriffen. Die Herren auf dem Bild machen sich fuer alle Faelle mal bereit.

Bild 8: Ein anderer Zugang zum Tagungsgelaende, der ansonsten durch einen Wasserlauf mit einer flachen Schlucht geschuetzt wird, bleibt unbehelligt, weil die Leute hier in den Sand und das Meer getrieben werden koennten. Die Fuehrungsclique der Anarchisten hat die Sache gut im Griff und ist bestens organisiert. Der Widerspruch im letzten Satz sollte vor dem Hintergrund der militanten Taktik und der starken Repression durch die Polizei gesehen werden. Unter diesem Druck entsteht wohl auch das leichte Mackertum das diese Bewegung ausstrahlt und mir aus Deutschland auch nicht unbekannt ist. Wie das bei den restlichen 95% Anarchisten aussieht ist eine andere Sache. Gerne wuerde ich mal die vielen symphatischen Gesichter zeigen, die sich unter den Masken verbergen. Auch sind viele, viele Frauen dabei.

Bild 9: Vor den schwarzen Block schiebt sich eine Gruppe a la Tutte Bianche, die sich eigens fuer diesen Tag gebildet hatte. Vereinzelt branden Pfiffe aus den Reihen der Anarchisten auf, doch sie wird dann ohne wenn und aber geduldet.

Bild 10: Nun geht es auf einer schmalen Strasse zur Bruecke. Viele Menschen aus anderen Zusammenhaengen schliessen sich hinten an, teils um den Druck auf die Zone zu unterstuetzen, manche auch aus Neugier. Ein anderer Teil bleibt wie festgenagelt am Kundgebungsplatz stehen. Des weiteren findet an der Strandpromenade ein weiterer, harmloserer Durchbruchsversuch statt (von wem weiss ich im Moment noch nicht, es heisst aus den Reihen des GSF).

Bild 11: Vereinzelt branden Parolen auf, jedoch eher verhalten. Es herrscht eine komische Stimmung der Ruhe vor dem Sturm. Die erste Gruppe der Demonstration ist uebrigens der "Presseblock" - gut ausgeruestet und von Demonstranten fast nicht zu unterscheiden. Entweder sie haben viel Mut oder die Gewissheit, dass ihnen nichts passieren wird.

Bild 12: Ein Anblick, der bestimmt so manches Polizistenherz angstvoll klopfen laesst. Rund 40 Ungehorsame und der gut ausgeruestete blackbloc.

Bild 13: Vor der Attacke wird nochmals verschnauft. Die Reifen sind schwer und unter der Ruestung ist es hoellisch heiss. Mit ihrem Auftreten hat diese Gruppe uebrigens einen schnellen, bewaffneten Angriff der Anarchisten mit Molotov-Coctails, Steinen und Zwillen blockiert. Es ist verwunderlich, wie ruhig die das geschluckt haben.

Bild 14: Die Situation. Die Bruecke (es ist hier nur der Damm zu sehen) ist eigentlich der einzige logische Zugang zum Gelaende fuer den Widerstand. Sie wird von lokalen Polizeikraeften in blauer Uniform blockiert. Die griechischen Riot-Cops stehen im Hintergrund oder in den Gebueschen.

Bild 15: Auf der Bruecke steht ein Rudel Zivibullen. Ein "Kollege" von einer griechischen Tageszeitung meint zu mir: das sind die schlimmsten, wenn die losgelassen werden, geraten sie ausser Kontrolle.

Teil 2 folgt.
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Ergänzungen

Bin beeindruckt

kowalski 21.06.2003 - 00:35
Wunderbare Fotoreportage. Danke Arnim.

Link zum Teil 2

Armin 21.06.2003 - 01:05

super fotos

inDee 21.06.2003 - 04:07
werden sich gut in der printausgabe machen

danke

wohl Falsch

Molly 21.06.2003 - 04:28
Wie in einem anderen Artikel stand gab es wohl nie einen geplanten Einsatz von Molotovs seitens der Anarchisten

Hast recht

Armin 21.06.2003 - 12:21
Der Einsatz war nicht geplant. Wahrscheinlich habe ich ein paar Jungs beobachtet, die dann von den anderen Anarchisten, die wirklich mehr mit Hirn als mit Bauch vorgehen, zurueckgepfiffen worden sind.