Konflikt spitzt sich weiter zu (Audio Update)

Ralf Streck 22.06.2003 16:02 Themen: Repression Weltweit
Die Regierung in Madrid spitzt den Konflikt mit den Basken weiter zu und denkt darüber nach das Regionalparlament oder die Autonomie auszusetzen. Auf einem Fest wird am Samstag die neue Zeitung Berria vorgestellt, die den Egunkaria ersetzen wird.

(Mod: Audio hinzugefügt. Orginal Datum der Veröffentlichung war der 9. Juni 2003)
"Es handelt sich um den größten institutionellen Konflikt", sagte der spanische Vizepräsident Mariano Rajoy. Die Entscheidung des baskischen Regionalparlaments vom Wochenende, die Fraktion der Partei Batasuna (Einheit) nicht aufzulösen, habe sich das Parlament und sein Präsident "neben das Gesetz gestellt". Letzte Woche hatte die Sonderkammer am Obersten Gerichtshof in Madrid dem Parlament eine Frist von fünf Tagen gesetzt, um die Fraktion der im März verbotenen Partei aufzulösen. Rajoy drohte, der "Ungehorsam" werde mit bis zu zwei Jahren Betätigungsverbot sanktioniert.

Der spanische Innenminister, Ángel Acebes, kündigte an, die für das Batasuna-Verbot geschaffene Sonderkammer werde ihre Entscheidung "exekutieren". Dafür würden "alle zur Verfügung stehenden Mittel" eingesetzt. Die baskischen Nationalisten hätten sich zu einer "institutionellen Konfrontation" entschieden, welche "harte Konsequenzen für die Bürger, vor allem die Basken" habe, drohte er.

Vor allem die Vorwürfe gegen den Parlamentspräsidenten zeigen, dass es der Volkspartei (PP) nicht um Recht und Gesetz geht. Juan María Atutxa wegen "Ungehorsam" vom Amt zu suspendieren, ist rechtstaatlich eigentlich unmöglich. Der war der Forderung gefolgt und das Präsidium hatte einen Beschluss zur Auflösung der Fraktion gefasst. Der erhielt aber bei einer demokratischen Abstimmung im Sprecherrat des Parlaments keine Mehrheit.

Die spanische Regierung überlegt nun, Mitglieder des Sprecherrats oder deren Fraktionen anzuklagen und sie für bis zu zwei Jahre von den Ämtern zu suspendieren. Der Chef der Vereinten Linken, Gaspar Llamazares, warnte sogar davor, Madrid prüfe, die Aktivitäten des Parlaments oder des Autonomiestatuts der drei Provinzen ganz auszusetzen, welche die Autonome Baskische Gemeinschaft (CAV) bilden.

Der baskische Regierungschef, Juan José Ibarretxe, bot der spanischen Regierung und der sozialistischen Opposition (PSOE) Gespräche "schon Morgen" an, um den Konflikt beizulegen. Als Antwort forderte die regierende PP ihn auf, er soll zuvor seinen Plan aufgeben, die Bevölkerung in der CAV über den freien Anschluss an Spanien abstimmen zu lassen. Es geht also offenbar erneut um den "Plan Ibarretxe", das Zinnober um die angebliche Auflösung der Fraktion ist nur mal wieder ein Vorwand um Druck auszuüben und die Eskalation weiter zu treiben. Ohnehin geht es nur um die Überführung in die gemischte Gruppe. Dass dem baskischen Parlament dazu die Rechtsgrundlage fehlt, dürfte auch in Madrid inzwischen bekannt sein. Das Parlament müsste erst seine Statuten ändern, wie anerkannte Verfassungsrechtler bestätigten. Doch in fünf Tagen ist das unmöglich.

Inzwischen ist der Name der Zeitung bekannt, die vom Ende des Monats an die im Februar "vorläufig" verbotene baskische Tageszeitung (Egunkaria) ersetzt. Eine Nullnummer von "Berria", was Neu oder Neuigkeit bedeutet, wird am Samstag zu einem großen Fest im Velodrom in Donostia - San Sebastian erscheinen. Dort werden verschiedene Gruppen für Egunkaria auftreten. Fast eine Million Euro sind inzwischen gesammelt worden, um erneut eine Tageszeitung in baskischer Sprache zu ermöglichen. Mit Berria wird das Übergangsblatt Eguero (täglicher) wieder verschwinden, der schon am Tag nach der Schließung erschienen ist.
Weiterhin wird zum Kauf von "Aktien" aufgerufen, die zwischen 50 und 300 Euro kosten. 2,5 Millionen Euro braucht das neue Projekt zur finanziellen Absicherung, Die konkreten Vorwürfe gegen den Egunkaria sind noch immer nicht bekannt. Drei Journalisten sind weiter inhaftiert.

Anbei noch ein Stück von der Heavy Gruppe Sutagar zu Gunsten von Egunkaria: "Du bist Egunkaria". Auch die Gruppe weiß, was Zensur bedeutet, gegen sie und gegen Soziedad Alkoholica läuft eine heftige Kampagne, die vom Onda Cero Franco-Propagandist, Luis del Olmo angeschoben wurde, weil Sutagar ein Gedicht einer ETA-Gefangenen vertont hat. Es heißt: Jo ta ke - irabazi arte. Schlag fest zu bis zum Sieg und hat den Hörerpreis als bestes Lied 2002 in Radio Euskadi, dem meistgehörten Sender im Baskenland gewonnen.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 09.06.2003

www.egunero.info

Monday, June 9, 2003

2003-06-01
{June the 14th: A big welcome festival to present the new journal}

The new newspaper's "zero issue" will be distributed at the end of the party in Donostia-San Sebastian's velodrome. Kepa Junkera, and bands Ken7 and Betagarri will be playing for the new daily.

The heir of the newspaper closed by the Spanish authorities on February the 20th will be presented on June the 20th, in a big festival in Donostia-San Sebastian. Its launching day will then be announced, its layout shown, and the characteristics of the journal made known through a "zero issue" that will be distributed at the end of the festival.

The event is scheduled to start at six o'clock in the evening and finish midnight, after six hours of music, dance, improvised poetry and many other performances.

Representatives of the community will present the different sections of the new daily, and a giant screen will show images of the solidarity expressions made towards the workers of the silenced journal Egunkaria in these past months.

The event to take place in Donostia's velodrome will be broadcast live by many local radios. Also in Catalonia will the new newspaper be celebrated. Catalans will be able to watch live the show in the Basque Country through a screen, in a paralel festival that is being prepared.

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Ergänzungen

Militarisierung von Konflikten

10.06.2003 - 21:40
Das ist es, was die EU-Staaten auch mit Protesten gegen Gipfeltreffen und so weiter machen. Eine Anhebung der Konflikte auf militärisches Niveau lösst den Regierungen freie Hand und gibt ihnen paradoxerweise mehr Rückhalt in der sog. "Öffentlichkeit". Die Frage: Wie kann die Anhebung auf die militärische Ebene verhindert werden oder sind wir so machtlos, daß wir das Terrain der Auseinandersetzung nicht selbst bestimmen können?