Zum Lehrerstreik in Peru

Kh. 02.06.2003 10:28 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Die Situation im peruanischen Bildungswesen - Ein Streik, der Peru erschüttert(Übersetzung)

im Original: La situación educativa peruana - Una huelga que remece el Perú
 http://peru.indymedia.org/news/2003/05/947.php
von Laura Sánchez - Thursday May 22, 2003 at 09:04 AM
Ab 12. Mai haben wir 280 000 peruanische Lehrer unseren so sehr ersehnten landesweiten, unbefristeten Streik begonnen. Wir sagen: "ersehnten", weil wir von den Basisgruppen bedauerlicherweise ganz hart darum kämpfen mußten, daß die Landesleitung der SUTEP (Einheitsgewerkschaft der Beschäftigten im peruanischen Erziehungswesen) einen Termin dafür festsetzte.

Am 12., 13., 14. und 15. Mai führten wir Massenmobilisierungen von 30 000 bis 40 000 Lehrern in Lima durch, das gleiche geschah in den Provinzen. In Lima strömten die Demonstrationszüge im Stadtzentrum, beim Kongress der Republik zusammen, in den Provinzen zogen sie zu den Regionalverwaltungen. Die letzteren waren ebenfalls Massenveranstaltungen, mit Blockaden von Fernstraßen, Hauptplätzen der Städte, Besetzungen von Geschäftssitzen, Öffentlichkeitsarbeit(?) über Rundfunksender (trepadas a antenas de comunicación) usw. Sowohl in den Provinzen wie auch in Lima gab es eine mehrheitliche Unterstützung der Bevölkerung, der Familienväter und Schüler. Von den Arbeitergebieten an der Carretera Central bis zu den entlegensten Hügeln Limas kamen Lehrer in Massen herab, mit dem Ruf: "En costa, sierra y selva, la huelga es total! - Totaler Streik an der Küste, im Gebirge und im Waldgebiet!" Wie nicht anders zu erwarten, war die Regierung der große Buhmann dieses Kampfes: "Lügner", "und er wird stürzen, er wird stürzen, der Lügner", "Hör", Toledo, mit Demonstrationen haben wir dich an die Macht gebracht, mit Demonstrationen werden wir dich wieder vertreiben" - damit zeigten Tausende von Arbeitern, wie sehr sie diese Regierung satt haben.

Während sie im Parlament, wo sie den Mund vollnehmen mit "gerechter Streik", "man muß dem Lehrer einen guten Lohn gewähren", Tausende von Dollars (bis zu 7 000) verdienen, haben wir Lehrer einen erbärmlichen Lohn von 625 Soles. Der Warenkorb einer Familie wird auf 2 000 Soles geschätzt, aber die Regierung will uns nach 12 Jahren ohne Lohnerhöhungen ein Almosen von 100 Soles geben - ein Trinkgeld (od. Taschengeld) für Toledos Tochter, wie einer unserer Rufe auf den Straßen lautete.

Der Staatshaushalt sieht 28% zur Bezahlung der Auslandsschulden (allein für Zinsen) vor, aber dem öffentlichen Bildungswesen gewährt man nur 2,9%. Es gibt 120 000 arbeitslose Lehrer, und wenn das amerikanische Freihandelsabkommen (ALCA) und die Verträge der Weltbank von Dakar inkrafttreten, werden, wie wir ausgerechnet haben, mindestens 100 000 (weitere) auf der Straße liegen. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Kinder, die der Schule fernbleiben, auf 2 Millionen; dieses Jahr waren es 3,5 Millionen und offiziellen Zahlen (INEI) zufolge haben 1,9 Millionen Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren nie eine Schulbank gedrückt.

Wenn wir es uns ausrechnen, ist das Lehrergehalt völlig unzureichend, da eine typische Familie in einer Volkskantine bei einem Menu zu 1 Sol insgesamt 340 Soles für Ernährung ausgiebt, und wenn wir uns die Fahrpreise ansehen - etwa 326 Soles im Monat, kommen die Gesamtausgaben auf 666 Soles. So sind wir gezwungen, barbarisch zu leben. Wie sollen wir denn für Licht, Wasser, Medikamente und andere Mindestbedürfnisse, die jeder Mensch braucht, aufkommen? Kein Recht, ein Buch kaufen zu können, noch ins Internet zu gehen, und Toledo hat die Unverschämtheit zu sagen: "Ich werde als Präsident des Bildungswesens in die Geschichte eingehen". Wir Lehrer rufen ihm zu: "Ja, der der Privatisierung des Bildungswesens und seiner totalen Liquidierung".

Jetzt geht unser Streik in die zweite Woche, und wir haben die Unterstützung Hunderter in Hilfs- und Solidaritätskomitees organisierter Arbeiter und Einwohner erhalten, die uns durch Gemeinschaftsküchen und Geldsammlungen für Demonstrationen helfen. Oder anders gesagt, wir können am Ende SIEGREICH SEIN, und dafür sind Solidarität und Unterstützung unerläßlich.

Wie wir bei unseren Demonstrationen riefen: "Maestros unidos, jamás serán vencidos - Lehrer, die zusammenstehen, sind unbesiegbar." Weil er gerecht ist, weil er an der Basis, an jeder Schule organisiert worden ist, weil wir nicht zulassen werden, daß sie das öffentliche Bildungswesen privatisieren und uns die Amerikanische Freihandelszone (ALCA) aufzwingen, wollen wir Lehrer den außergewöhnlichen Kampf erneuern, den uns die Bevölkerung von Arequipa vor einem Jahr vorgemacht hat; und wir wollen den unterwürfigen Vorhaben dieser bushistischen Regierung eine vernichtende Absage erteilen. Wie unsere Brüder (und Schwestern), die Lehrer in Mexiko, Argentinien, Brasilien und ganz Lateinamerika sagen wir: ES REICHT. Unser Streik kann sehr wohl siegreich sein, und wir brauchen die Solidarität ganz Lateinamerikas, um die Grundlagen dafür zu schaffen, was die Compañeros der Dominikanischen Republik die lateinamerikanische Union zur VERTEIDIGUNG DES SCHULGELDFREIEN ERZIEHUNGSWESENS nennen.
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Ergänzungen

Vielen Dank, Kh.

LinksRhein 02.06.2003 - 14:57
für die superschnelle Übersetzung :-)

@ LinksRhein

Kh. 03.06.2003 - 10:27
Danke. Es ließ sich leicht übersetzen.

Falsche Wiedergabe der Zeichen

Kh. 03.06.2003 - 10:34
Leider erscheint die direkte Rede im Text statt in Anführungszeichen als ?......?, obwohl ich es richtig eingegeben habe. Ähnliches passiert manchmal, aber nicht immer, mit dem Apostroph. Kann das "repariert" werden?