Kongo: Lehrstück für die real existierende Demokratie

Armin Reich 26.05.2003 19:57 Themen: Antifa Globalisierung Weltweit
Was die Massenmedien in letzter Zeit an Berichten aus dem Kongo lieferten, formte überwiegend - wie immer bei derlei Konflikten in Afrika - das Bild des wilden, sich gegenseitig abmetzelnden Buschnegers, dessen abgründige Seele wir nicht verstehen können. Doch die Realität ist nicht so kompliziert und reichhaltig, wie die Zusammensetzung der Bevölkerung dort (Daten:  http://www.kongo-kinshasa.de/content03.htm ) oder wie die Natur reichhaltig ist (Geografie:  http://www.kongo-kinshasa.de/geografie/geo_01.htm ). Es ist ein Musterbeispiel für die Kontinuität in der kolonialistischen Ausbeutung Afrikas maßgeblich durch europäische Staaten und die "marktwirtschaftlichen" Instrumente der Global Players.
Der Stoff, um den es sich diesmal dreht heißt Coltan, steckt in einem Großteil der technischen Geräte, die unsereins täglich so benutzt, hauptsächlich in Handys - vielleicht aber auch in der Tastatur, die der geneigte Leser gerade bearbeitet. "Wie nutzloser schwarzer Schlamm sieht das Zeug aus - nichts, was auf den ersten Blick lohnt", schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ) in ihrer Ausgabe vom 23. Juni 2001, als der sich gerade entwickelnde Völkermord bereits vorauszusehen war. Eine Form des Tantalum (Ta), einem seltenen und extrem hitze- und säureresistenten, dichtem und zugleich einfach zu verarbeitendem Edelmetall. Es ist in unserer modernen Welt wichtig genug geworden, um vom Pentagon als strategischer Rohstoff eingestuft zu werden, weil es auch in der Rüstungs- und Raumfahrtindustrie unverzichtbar ist. Um ihn zanken sich im Kongo mehrere große und kleine Rebellengruppen. Aber auch andere interessante Resourcen gehören zu den Landesschätzen.
(Überblick:  http://www.regenwald.org/new/aktuelles/handy/hintergrund2.htm )
(Karte:  http://www.medico.de/aktuell/coltan/coltan02.htm )

Tantalum gibt es auf der Welt nicht allzu oft und wird maßgeblich an nur 3 Stellen gefördert: in Brasilien, in Australien und - mit dem größten Weltmarktanteil - im Kongo. Im globalen Deal ist beispielsweise auch die Bayer-Tocher H. C. Starck verwickelt, deren Umsatz von 1999 bis 2000 um 52,9 Prozent gestiegen ist und laut eigenen Angaben weltweit an sechster Stelle im Coltan-Handel steht. "2000 war für uns ein Rekordjahr und auch 2001 verspricht ein hervorragendes Jahr zu werden", hieß es damals noch im Geschäftsbericht. Für deren Abnehmer, z.B. Siemens begann es bereits drohend zu werden, denn der Preis für das begehrte Metall stieg von einst 33 Dollar pro Pfund auf bis zu 175 Dollar im letzten Jahr, der Hype in der New-Economy sorgte für eine rasante Entwicklung in der Nachfrage. Mittlerweile hat er sich wieder bei 75-95 Dollar eingependelt, worauf die unter anderem auch die politische Entwicklung im Land großen Einfluß hatte. Ein Schürfer verdient im Übrigen 10 Dollar für das Kilo. Die PR-Sprecher der Unternehmen wischen das Blut an den Händen lässig weg. Man habe nichts mit den Vorgängen zu tun, das Material käme über Antwerpen und Ostende nach Europa und werde dort von Zwischenhändlern gekauft.
(Financial Times:  http://www.ftd.de/pw/in/1076903.html?nv=sus )
(Peinliche Fragen an Bayer:
 http://www.cbgnetwork.org/Ubersicht/Kampagnen/Tantal-Import/Artikel_Tantalit/artikel_tantalit.html 9)

Doch die Spuren sind offensichtlich, selbst im Kongo sind noch deutsche Firmen aktiv, wie eine der ältesten Minen im Land, die Polychlor-Mine von Luheshe 70 Kilometer nördlich der Goma. Und Männer wie Godfrey Bayoli, der größte Coltan-Händler in der Stadt Butembo, die häufig nach Europa reisen und dort die Geschäfte abwickeln, sind auch schon aktenkundig gemacht. Sie leben inmitten unsagbarer Armut in Protz und Reichtum und schaufeln Dollarmillionen in die paramilitärischen Haufen. Auch aus Ruanda und Uganda heraus wird interveniert, bereits geübte Schlächter der Hutu operieren im Kongo. Ruanda, das selbst keine Diamantvorkommen besitzt, verschleudert plötzlich diese Edelsteine auf dem Weltmarkt. Die Profite werden hauptsächlich in westliche Luxusgüter und Waffen umgesetzt - ein Rohstoffhandel, bei dem die Industriestaaten zweimal kassieren und zu Synonym für Politk und Wirtschaft in Afrika geworden ist. Medico International zufolge sollen allein die Unita-Rebellen in Angola von 1992 bis 1998 durch Diamantenverkäufe 3,7 Mrd. $ verdient haben, von dem der Löwenanteil in das Töten von Bevölkerung investiert wurde. Ein Trend mit Aufwind.
(Reportage:  http://www.welt.de/daten/2001/12/09/1209au301273.htx )
(Reportage:  http://www.cbgnetwork.org/Ubersicht/Kampagnen/Tantal-Import/Artikel_Tantalit/artikel_tantalit.html )

Die Folgen für die Weltwirtschaft sind klar: schöne, niedrige Preise für die West-Multis. Die Folgen für die Bevölkerung ebenfalls. Die allseits bekannten, unerträglichen Bedingungen, unter denen Coltan und die anderen Rohstoffe ausgegraben werden. Hunderte von Toten in eingebrochenen Stollen, ein Minimalverdienst und die Verarmung der Infrastruktur durch die Totale Ausrichtung aller Aktivitäten auf den Rohstoffhandel und das Kriegshandwerk bestimmen das Leben nahezu im gesamten Land. Der Völkermord, der sich nun vor unseren Augen abspielt, fußt allerdings nicht nur auf ein eingespieltes System. Bereits beim Genozid in Ruanda spielte Frankreich eine noch üblere Rolle. Aus Entwicklungshilfe-Geldern wurde ein Jahr lang ein Rundfunk-Sender finanziert, der offen zu Rassenhaß und Mord aufrief. Anfangs wurden paramilitärische Einheiten auch logistisch unterstützt, das offizielle Militär gewaltig und Hutu-lastig aufgeblasen. Auch jetzt blockiert es eine UNO-Intervention mit der Forderung, daß Ruanda und Uganda dieser zustimmen müssen, eine unrealistische Vorstellung angesichts der Lage. Die Intention, mit der Deutschland im Befreiungskampf der Schwarzen in Südafrika seinerseits Schulungszentren der Inkatha unterstützten, dürfte dieselbe gewesen sein.
(Ruanda, Hintergründe:  http://www.pda.ch/vorwaerts/1998/1498hintergrund.html )

Die Politik, die hier getrieben wird, gleicht der, mit der einst der Freiheitsheld des Kongo, Patrice Lumumba, von Belgien aus der Politik gefegt wurde. Der charismatische Mann schaffte es, in den 60er Jahren in dem durch belgischen Kolonialismus gebeutelten Land eine Befreiungsbewegung zu zünden, die sich letztendlich durchsetzte und mit ihm als Staatschef eine eigenständige Entwicklung anging. Damit wurde er zu einem Symbol nicht nur in unterdrückten Ländern, sondern auch für die junge Studentenbewegung in den Industriestaaten. Die einstige Kolonialmacht - durch die Empfindlichkeit der Öffentlichkeit im angehenden Spätkapitalismus vorsichtig geworden - beließ es auf kleineren Scharmützeln und heizte stattdessen ethnische Gruppen auf und vordergründig im Rahmen einer solchen wurde er letztendlich umgebracht.
(über Patrice Lumumba:  http://www.wsws.org/de/2002/jan2002/lumu-j25.shtml )


HEUTE, 26.05. UM 20.40 UHR WIRD BEI ARTE DER FILM LUMUMBA VON RAOUL PECK AUSGESTRAHLT.


Frisch auf dem Tisch ist ein Bericht der Uno über die "illegale Ausplünderung der natürlichen Ressourcen", der deutliche Worte spricht. Der Konflikt in Ruanda ist ausschließlich die Folge des Kampfes um die Ressourcen. Explizit wird Bayer-Stark als Empfänger von Coltan aus dem Kongo genannt. Der UN-Bericht bezeichnet die Konzerne, die mit kongolesischen Mineralien handeln, als - Zitat - "Motor des Konfliktes". Allein die ruandische Armee hat in 18 Monaten mindestens 250 Millionen Dollar am Handel mit Coltan verdient und sich entsprechend aufgerüstet. Würde man diesen Geldstrom austrocknen, so könnte zumindest ein weiteres Ausrüsten und Aufrüsten stoppen. Jedoch auch mit verheerenden Wirkungen für die Bevölkerung, deren einzige nennenswerte Einnahmequelle momentan der Rohstoff-Handel ist. Auch die westlichen Wirtschaftsimperien hätten in ihrer Rezession unter einem Boykott zu leiden. Eine militärische Intervention, wie sie im Kosovo oder Golf so schnell und unkompliziert stattfinden durften, kommt auch nach der routinemäßigen Rundreise Kofi Annans nicht zustande. Humanismus ist in derlei Fragen halt doch nicht der Motor von Leuten wie Joschka Fischer und die französische Blockade-Politik ist eine offene Absage an eine Konfliktlösung.
(Spiegel:  http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,250175,00.html )

In der Globalisierungs-Szene ist das Thema bisher eher unterrepräsentiert, kirchliche 3-Welt-Kreisen informieren und mobilisieren schon seit langem ziemlich gut über die Entwicklung dort unten. Bisher fanden im Rahmen dieser Kriege über 2,5 Millionen Menschen den Tod. Darüber hinaus wird der Bestand der Gorillas und anderer seltener Arten im Kahuzi-Biega-Nationalpark sehr stark bedroht, von einst 8000 dieser Menschenaffen sind nur noch 1000 übrig. Eine Sprecherin von Pro Wildlife mutmaßt hierzu sicherlich nicht unbegründet: "Es ist nicht auszuschließen, daß die Zerstörung der Artenvielfalt im Kahuzi-Biega-Nationalpark von den Kriegsparteien sogar gewollt ist. Denn wenn der Nationalpark verwüstet und wertlos geworden ist, steht das lästige Schutzstatut einer Nutzung des Gebietes nicht mehr länger im Wege"
(Bericht:  http://www.graswurzel.net/261/handys.shtml )

Auf nach Evian!
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Ergänzungen

cia

x 26.05.2003 - 20:18
es gab mal eine sendereihe "politische Morde des CIA" auf ZDF, da haben die schweine vom CIA den mord an Patrice Lumumba gestanden und als notwendig zu legitimieren versucht

sehr guter Bericht

extremo 26.05.2003 - 23:43
Ein Foto von Patrice Lumumba wäre nicht schlecht gewesen, aber das ist unwesentlich. Schade, die Doku auf Arte habe ich verpaßt.

Interessant

irgendwer 27.05.2003 - 01:09
sind vor allem die "Unabhängigkeitsbestrebungen" einer Provinz im Kongo. Nämlich der Teil Kongos, in dem die größten Vorkommen an Rohstoffen vorhanden sind.
Wird der Teil von der Republik Kongo abgespalten ist der Rest ein weiteres perspektivloses (da nicht ausbeutbar) "Armenhaus".

Es ist traurig...

Rambazamba 27.05.2003 - 08:04
...wie dieses Thema hier zwischen Westwirtschafts-Rezession und Reclaim The Street untergeht und nur von Kirchengruppen in ihren 3.-Welt-Zirkeln behandelt wird. Wenn Deutschland beim Plündern vorne mit dabei ist, wird die Kritik verhaltener.

Zu Starck / Bayer

sandankoro 27.05.2003 - 09:24
Die Firma Starck (bzw. Bayer) hat sich schon seit Anfang 2002 aus dem Coltanmarkt im Kongo völlig zurückgezogen und verarbeitet auch kein Coltan mehr welches aus dem Congo kommt, gleiches gilt für eine Reihe anderer Firmen die z.B. die hohen Preise in den Anfangszeiten des Booms genutzt haben um in Australien neu zu erschliessen.

Das Problem ist mittlerweile, daß selbst die Regierung kein Coltan mehr exportieren kann weil es einfach niemand mehr kauft.

Übrigends haben viele der "Rebellengruppen" im letzten Jahr mehr Geld mit "Exportsteuern" auf Kaffee etc eingenommen als mit Coltan. Dazu kommt noch, daß der Preis auf dem Weltmarkt im Moment von über 1000 Euro (2001) auf ca. 40 Euro pro kg gefallen ist.

Es wäre also gut, wenn sich einige Gruppen hier einmal darum bemühen würden die Daten zu aktualisieren.

sach mal Herr Armin Reich,

moralistin 27.05.2003 - 09:47
was soll eigentlich dieser Scheiß mit den Gorillas am Ende?? Reichen 2,5 Millionen Menschen (!) nicht mehr aus, um Empörung hervorzurufen? Oder gehören diese jetzt auch schon zur "Artenvielfalt" der Region oder was? Mir sind diese Affen so ziemlich egal, es geht hier um die Menschen, die abgeschlachtet werden. Ökodingsda hat in der "Anti"-Bewegung nix verloren!

@moralistin

elfboi 27.05.2003 - 10:27
Moooooooment mal. Ich denke nicht, daß man das trennen kann oder sollte.
All die künstlichen Aufspaltungen - dies gehört in den Bereich, jenes in den da drüben, da bin ich nicht zuständig - verursachen mehr Probleme, als sie lösen. Wer wirklich etwas bewegen will, sollte systemorientiert denken und handeln. Dabei betrachtet man natürlich auch immer nur ein Teilsystem, da es zu jedem beliebig großen System, welches von unserem Verstand erfaßbar ist, immer noch ein übergeordnetes System gibt, und da jedes System, das hinreichend klein ist, damit man in ihm etwas bewegen kann, definitiv nur ein Bruchteil dessen ist, was man wahrnehmen kann - aber wenn man nicht benachbarte und übergeordnete Teilsysteme mitbetrachtet und in sein Denken und Handeln wenigstens teilweise miteinbezieht, dann kommt am Ende absolut Null dabei heraus.

Lösungsansätze, um die Menschen aus Not und Elend zu befreien, laufen ins Leere, wenn sie nicht mit Lösungsansätzen zur Rettung der Natur verzahnt werden - und umgekehrt. Unsere Welt ist ein großes, komplexes Netzwerk von Systemen, die ihrerseits wieder Netzwerke von Systemen sind, und wenn nur an einer winzigen Stelle etwas herumgestochert wird, bekommt der Rest des Netzes nichts davon mit. Wenn wir das gesamte Netzwerk von unten her umkrempeln wollen, was ganz offensichtlich nötig ist, wenn wir keinen Totalzusammenbruch erleben wollen, dann können wir keinen Teil des Netzes isoliert betrachten.

In den letzten paar Jahrhunderten ist die Aussterberate der verschiedenen Spezies auf diesem Planeten immer weiter angestiegen, und sie hat nun ein Ausmaß erreicht, das nur noch von den großen Massensterben der Erdgeschichte, wie etwa dem vor 65 Millionen Jahren, das die Saurier dahinraffte, übertroffen wird - und bald werden wir auch diesen Punkt erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, daß wir als Spezies dieses Massensterben überleben werden, ist mehr als gering.
Da wir jedoch selbst die Ursache dieses Massensterbens sind, haben wir immer noch die Möglichkeit, es zu ändern - aber dazu sind radikale Maßnahmen nötig. Es ist jedoch durchaus möglich und auch praktikabel, diese Maßnahmen mit dem Sturz der ungerechten Weltordnung und der Schaffung einer sozial gerechten Welt zu verkoppeln, ich denke sogar, daß es die einzige Möglichkeit ist. Jede andere Möglichkeit führt nur in den Niedergang, wo der Mensch des Menschen Wolf ist, bis keiner mehr lebt.

@sandakorno

Armin Reich 27.05.2003 - 13:18
Sag mal, das was du da schreibst, habe ich in keiner Quelle so lesen können. Wäre interessant, wenn du ein paar links hinterher liefern könntest. Bei dem Weltmarktpreis nannten mehrere Quellen keinen höheren Wert als 300 Dollar pro Kilo. Wo kommt der Spitzenwert von 1000 Euro her?
Das die Speerspitzen unserer Wirtschaft rein gar nicht für die Vorgänge dort mitverantwortlich sind, geschweige denn zur Rechenschaft gezogen werden sollten, ist doch glasklar. Zu dem Sinn von Blockademaßnahmen seitens der profitierenden Firmen als auch auf den Widerstand übertragen sei das resignierende Statement aus den Reihen der evangelischen Landeskirche genannt ( http://www.evlka.de/extern/ez/news/157w-boykott.html ).
Es interessiert auch eigentlich gar nicht, ob Bayer noch mit dem Zeug handelt, oder ob die Firma in irgend welchen anderen Schweinereien herumwuselt (Da ist die Liste aus der Vergangenheit gescheit lang:  http://www.cbgnetwork.org/ ). Interessieren tut uns, wer den Leuten dort hilft, wo sie das aus eigener Kraft nicht mehr können und wer dies bezahlt. Hier gibt es eine Initiative in der UNO, die die Regierungen der Länder, in denen die Profiteure sitzen, unter den Tisch fallen lassen.
Wenn eine Bewegung gegen Sozialabbau und Arbeitslosigkeit diese Thematik nicht vereinnahmt, gerät auch sie in Verdacht, Mitschuld an derartigen Vorgängen zu haben. Hohe Kosten für den Faktor Arbeit veranlassen die Unternehmen dazu, die Peripherien mehr auszuquetschen um die benötigte Gewinnspanne einzufahren. Der Kapitalismus und seine Demokratur selbst stehen hier zur Debatte, nicht die Rhetorik und die Gesetzespakete eines Bundeskanzlers mit seinem Außenminister.

GROß RESPECT

WHO?? 28.05.2003 - 15:01
GROßßE RESPECT.und MERH.

Nachtrag

Armin 29.05.2003 - 16:10
Mittlerweile ist Bewegung bei der Entsendung einer Eingreiftruppe entstanden. Frankreich wird jetzt doch ca. 1000 Mann in den Kongo entsenden, die dort mit den bereits stationierten, aber hilflosen 650 Soldaten aus Uruguay zusammenarbeiten sollen. Deutschland beteiligt sich nicht mit Truppen, eine finanzielle Unterstützung wird von Wieczorek-Zeul angestrebt.
(Spiegel:  http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,250736,00.html )
Was ist der Grund dafür, warum dieses Thema und die Konflikte in Afrika überhaupt in der Linken nicht gerne angegangen werden, mensch lieber die Straßenschlachten in Lateinamerika bejubelt, oder die Sweatshops in Indonesien anprangert. Einer mag darin bestehen, daß sich hier kaum Perspektiven erarbeiten lassen, die in eine wohlgeordnete, deutsche Ideologie hineinpassen. Zu viele Widersprüche belasten hier, z.B. die oftmals rassischen Ansätze der Konflikte in Afrika.
Aber auch für den Moralisten gibt es prekäre Problemfelder. Sollten UNO-Soldaten dort zumindest in den großen Städten das Morden mit Waffengewalt unterbinden wollen, werden sie auf einen Konflikt stoßen, der die bereits dort stationierten Truppen neben anderen Gründen sehr wesentlich so machtlos macht: sie werden im Zweifelsfalle auch 12 - 16jährige Kinder erschießen müssen. Sie stellen einen großen Teil der völlig entmenschlichten Killer, die dort völlig in ihrem Psycho-Film verrannt sogar beim Kannibalismus beobachtet werden. Es sind durch Gehirnwäsche in speziellen Ausbildungslagern zu Robotern gemachte Minderjährige, die fast ausschließlich erst in einem jahrelangen sozialen Prozeß wieder aus ihrem Mörder-Trieb gerissen werden können.
(Terre des hommes:  http://www.oneworldweb.de/tdh/themen/kindersoldaten/kindersoldaten.html )
(Hilfsinitiative:  http://www.bicedeutschland.de/aktuell/entmilitarisierung.htm )
Wie soll ich mich dazu verhalten, wenn ich darüber hinaus weiß, daß die Intervention auch nur stattfindet, weil dort die Industriestaaten die Kontrolle behalten wollen und die Maßnahmen dann auch nur an strategischen Punkten greifen. Andererseits würde in diesem Wahnsinn zumindest für Hunderttausende zusätzliche Fluchtpunkte aufgemacht.
Abgesehen davon ist dieses Land aber bereits so kaputt gemacht worden, daß es die nächsten zwei Generationen dauern wird, um überhaupt einmal an eine zivil funktionierende Gesellschaft zu denken.

Wenn jetzt in Evian über den Wasserhandel debattiert wird, sehen wir einen Teil der Wurzeln, in denen solche Entwicklungen fußen. Dort können wir das System bekämpfen. Trotzdem sollten wir uns nicht vor der Verantwortung, die uns aus der Vergangenheit bleibt, drücken. Auch wenn wir uns in Vorgänge voller Widersprüche stürzen.

Telepolis

armin 30.05.2003 - 11:30

.

. 05.06.2003 - 19:48
super text.
ich glaube ich werde mich auch so einer kirchen-3-welt-gruppe anschließen.
vieleicht schaffen die es ja ein paar leute da rauszuholen.
das system ist schlecht, aber was nützt ein besseres, wenn die menschen nicht das gefühl haben sich gegenseitig helfen zu müssen. leute die sich bemühen sind helden, auch wenn sie
das mit gott und den geboten erklären.
das alles ist ein drama.
vor bestimmt ein oder zwei jahren brachte die "zeit" einen mehrseitigen artickel "der dritte weltkrieg". und das ist es auch. der krieg in der region kongo,zaire,ruanda,uganda unter beteiligung der armeen simbabwes und anderer länder geht schon lange und hat nun wirklich mehr als 2,5mio menschenleben auf dem gewissen. er ist drama der gegenwart überhaupt.

Widerspruch

nils 09.06.2003 - 02:42
@Armin

Formuliere doch einmal die Grundaussage deines Textes! Worum geht es dir überhaupt? Schon der Sinn der Überschrift ist nicht erkennbar. Hast du was gegen Demokratie?

Das einzige Ziel, wozu mir der Text in seiner Form geeignet zu sein scheint, ist Stimmungsmache. Mir drängt sich der Eindruck auf, als hätte Ideologie die Realität aus deinem Kopf verdrängt.

Du erweckst mit deinem Text den Eindruck, als wenn irgendwelche bösen Konzerne die Profiteure oder Initiatoren des Krieges wären, was an der Wirklichkeit vorbei geht.

Entsprechend wagst du es auch nicht, dies direkt zu sagen, sondern nebelst den Leser mit seitenlangem Gefasel ein, bis dieser von der vermeintlichen Bösartigkeit der „West-Multis“ so überzeugt ist, dass er sie von selbst dafür verantwortlich macht. Du selbst nennst keine konkreten Argumente; warum auch? – der Text verfehlt auch so nicht seine Wirkung.

Dass es bei den Vorgängen im Kongo – zumindest partiell – um Coltan geht, mag sein. Warum sind dann aber die bösen, großen Multis dafür verantwortlich?
Dass Coltan ein gefragter Rohstoff ist, liegt schlicht daran, dass der Verbraucher Technik nachfragt, bei deren Herstellung Coltan benötigt wird. Weil Coltan ein knapper Rohstoff ist, steigen infolgedessen die Preise.
Das höhere Preisniveau hat wiederum zur Folge, dass es sich für kongolesische Kriegsfürsten lohnt, Coltanverkäufe zur Finanzierung ihrer Zwecke einzusetzen.

Das alles haben sich aber nicht irgendwelche Konzern-Chefs ausgedacht, um mal wieder was richtig Böses zu machen, sondern ist nun mal eine logische Entwicklung. Die Konzern-Chefs könnten ihr Coltan genauso gut in einem friedlichen Kongo einkaufen, wahrscheinlich hätten sie sogar Vorteile daraus: Die Fördermengen könnte bei stabilen Verhältnissen im Kongo viel besser gesteigert werden (niedrigere Preise), die Bezugsquellen wären sicherer usw. ... vielleicht ist der Preise auch gerade wegen des Krieges und den damit verbundenen Lieferschwierigkeiten so hoch, wie du schriebst?!

Aber nein: Anstatt dies zur Kenntnis zu nehmen, sprichst du hierbei lieber von einem „eingespielten System“, auf dem der Völkermord fußt. – Eine totale Verklärung und Reduzierung der komplexen Konfliktursachen und damit auch eine Verhöhnung des Krieges und seiner Opfer.
Weiter geht es bei dir mit unberechtigten Vorwürfen gegen Frankreich: „Auch jetzt blockiert es eine UNO-Intervention mit der Forderung, daß Ruanda und Uganda dieser zustimmen müssen, eine unrealistische Vorstellung angesichts der Lage.“

Dieser Vorwurf erscheint mir einigermaßen absurd. Frankreich ist meines Wissens nach eine treibende Kraft bei der Uno-Intervention. Von 1200 (oder sind es 1400?) UN-Soldaten, die die Situation im Kongo entschärfen sollen, stellt Frankreich mit 1000 den überwiegenden Teil! Das Frankreich sein Engagement mit einer Zustimmung von Ruanda und Uganda verbindet, bezeugt meiner Meinung nach die Respektierung afrikanischer Vorrechte in Afrika. Stellst du es dir eher so vor: „Weg da, Afrikaner, die Franzosen kommen jetzt und regeln eure Angelegenheiten!!“? Gerade dadurch würde von Leuten wie dir wahrscheinlich wieder der Vorwurf erhoben, es handle sich um eine neue Form des Kolonialismus.

Witzig ist übrigens, dass du im Haupttext die bösen Industrieländer als die Profiteure des Krieges darstellst, in deiner Ergänzung aber davon sprichst, „dass die Intervention auch nur stattfindet, weil dort die Industriestaaten die Kontrolle behalten wollen“. Wie denn nun?

Ich weiß, eigentlich ist das auch völlig egal! Hauptsache, du kannst dich wichtig machen, Ideologie (=Denkfaulheit) und, statt Verstand, dumpfe Dogmen verbreiten.

Ein Wort zu Evian, „wo über den Wasserhandel debattiert wird“: Ich nehme an, du hetzt gegen das GATS. Ich empfehle dir und allen anderen, einmal die Publikation „Gats- Facts and Fiction“ von der WTO zu lesen. Dort werden einzelne unwahre- und halbwahre Behauptungen der GATS-Gegner aufgegriffen und entkräftet. Ich zitiere:

„The number of Members which have so far made GATS commitments on water distribution is zero. If such commitments were made they would not affect the right of Governments to set levels of quality, safety, price or any other policy objectives as they see fit, and the same regulations would apply to foreign suppliers as to nationals.”

@nils

armin 09.06.2003 - 23:46
Danke für die Interpretation. So kann man es auch sehen.

Ideologie

abc 11.06.2003 - 15:41
Danke armin für deinen guten bericht!
Im "Großen Duden"steht unter Ideologie:
Ideologie,die,_,..jen(ein System von klassenbedingten Anschauungen,Ideen u. Begriffen,das sich in den verschiedenen Formen des gesellschaftl.Bewußtseins ausdrückt)
und unter ideologisch steht:(von klassenbedingten Anschauungen aus betrachtet)
Kurz gesagt ist Ideologie die Reflektion der Lebenserfahrungen eines jeden Menschen.Es gibt also genau genommen genausoviele Ideologien,wie es Menschen gibt.
Jetzt decken sich natürlich die Ansichten vieler Menschen,so daß sich eine politische Ideologie herauskristallisiert.Kein Mensch ist frei von Ideologie.
Einem Menschen oder Gruppe,Partei usw.Ideologie vorzuwerfen ist selber Ideologie.Es gibt keinen ideologiefreien Raum.
Das benutzen gerne die bürgerlichen Ideologen als Totschlagargument.Ihre Ansichten seien keine Ideologie,sondern Naturgesetz.
Es lebe die Ideologie der Abschaffung der Bürgerlichen Gesellschaft.
Das Mensch Mensch sein kann

@ Nils

Egga 12.06.2003 - 13:56

Zu den Fakten: Wer sich die Mühe macht einige er angegebenen Links zu verfolgen, wird sehen, dass der Artikel von Armin auf Fakten basiert, die selbst die Welt, nicht unbedingt als links-ideologisches Organ bekannt, nicht verschweigt.
Eine weitere Ergänzung dazu ist das "Schwarzbuch der Markenfirmen", in dem ein Telefongespräch zwischen dem Journalisten und einem deutschen Coltanhändler abgedruckt ist. "Wenn die Schwarzen ihr Bierchen haben und ein bisschen tanzen können, sind die schon zufrieden" heisst es dort auf die Frage nach Arbeitsbedingungen und Menschenrechten. Ich denke, dass sowohl Bayer als auch besagter Händler Schadensersatzforderungen und Unterlassungsklagen angestrebt hätten, wenn der ericht der Wahrheit nicht entsprochen hätte. Es werden sowohl in den oben genannten Artikeln als auch im Schwarzbuch, dem Fischerweltalmanach 2002 Verweise auf einen UN-Bericht gemacht, der ebenso den international agierenden Konzernen die Schuld für Finanzierung der Kriege gibt.
Wer die entsprechenden Berichte der Welternährungsorganisation liest, wird dort die Bilanz Krieges seit 1998 lesen.
Natürlich hat Nils Recht damit, dass er sagt, den Unternehmen sei es egal ob Krieg herrscht oder nicht, denn Handel sei natürlich auch in "friedlichen" Regionen möglich. Doch exact da liegt das Problem. Der Handel läuft unter dem Aspekt der Profitmaximierung. Es ist allerdings stark davon auszugehen, dass Löhne von versklavten Kindern niedriger sind als die von Arbeitnehmern unter Tarifen mit Arbeitsschutz, Urlaub und Höchstarbeitszeit.
Insofern muss festgestellt werden, dass Nils Argumentation sich in keinster Weise von der Argumentation von Bayervorständen oder ihrer politischen Vertreter unterscheidet.
Dies ist übrigens auch Ideologie. Und zwar die Ideologie der herrschenden Verhältnisse. In seiner Argumentation geht Nils über die 2,5-3Mio Toten (Kongo hat ca 35 Mio Eiwohner) und die ca 2 Mio Binnenflüchtlinge hinweg, als dienen diese lediglich der Vernebelung, die er unterstellt. Eine solche Argumentation verachtet das Leid der Menschen im Kongo. Dass Frankreich den grössten Teil der UN-Soldaten im Kongo stellt kann nicht über die historische Rolle hinwegtäuschen, die Frankreich während des Kolonialismus, danach gespielt hat und auch heute spielt. Vermutlich würde Nils argumentieren, der Kolonialismus hätte in Afrika überhaupt erst die Chance auf zivile Strukturen eröffnet. Ich bestreite das und sage, dass er unendliche Zerstörung und Unterdrückung angerichtet hat. Als sich das Algerische Volk gegen Ende der 50er Jahre davon befreien wollte, hatte dies einen Krieg durch Frankreich mit über einer Million Toten zur Folge. Lieber Nils, würdest Du sagen, die Algerier hätten es nicht besser verdient, wenn sie so undankbar sind?
Im Kongo ist Lumumba ermordet worden und Mobutu nicht nur geduldet sondern vom "Westen" sehr akzeptiert gewesen.
Wenn ausgerechnet Frankreich also für Ruhe ud Ordnung sorgen soll, ist es als würde man den Bock zum Gärtner machen. Als würden diejenigen Ideologen, die Millionen auf dem Gewissen haben jetzt plötzlich vom Saulus zum Paulus gewandelt sein. Als hätte der Kosova- und Afghanistan-Krieg nicht bewiesen, dass die Kriege den Menschen mehr Leid aufbürden als sie vorher schon hatten.
Wo bleiben schliesslich Nils Lösungsvorschläge für das Problem im Kongo? Wo bleibt zumindest eine Positionierung? Sie würd am Schluss als Nils das GATS und die WTO verteidigt doch deutlich. Nils vertritt die Ideologie der Herrschenden und würde mit der Art und Weise wie er es tut eine Einstellung bei Bayer, der WTO oder dem VS bekommen, wenn er dort noch nicht beaschäftigt ist.
Dieser Ideologie kann man nur die Gegenideologie der Unterdrückten entgegensetzen: Mit aller Kraft und aller Solidarität mit den Ausgebeuteten gegen die Logik des Profits kämpfen. Militärdiktaturen stürzen, Konzerne vergesellschaften und demokratisch kontrollieren.
Dieser internationale Kampf gegen den Kapitalismus ist erstens Notwendigkeit und zweitens ist die Ideologie, die sich daraus ableitet kein Problem, sondern eine Stärke.

Lieber Nils, vielleicht versuchst du es auch erstmal beim Treffen der Jungen Union, der Jusos oder Jungen Grünen in Deiner Nähe.
Das ist ein ziemlich etabliertes Sammelbecken für selbstgerechte Dummschwätzer wie Nils