Friedrichshain: Nach den Protesten Verhandlungen am Runden Tisch
(Berlin) Die Proteste rund um die teilweise Räumung des Wohn- und Kulturprojektes "Rigaer94" in Berlin-Friedrichshain haben Wirkung gezeigt. Heute fand ein Runder Tisch unter Beteiligung von Politikern, Verwaltungsangestellten und den Betroffenen statt, auf dem konstruktive Lösungsansätze zum Erhalt der Projekte gefunden werden sollten. Der Berliner Bezirk Friedrichshain ist von einer fortschreitenden Umstruktierung betroffen, die Subkultur und ärmer Bewohner verdrängt.
Die Einberufung des Runden Tisches war nach Verhandlungen mit der PDS im Rahmen der Besetzung des Bezirksbüros zustande gekommen. Neben der Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (PDS) nahmen auch die PDS-Abgeordneten Steffen Zillich und Freke Over teil. Letzterer war übrigens selbst einmal Hausbesetzer. Moderiert wurde die Veranstaltung von Barbara Oesterheld (Bündnis90/ Die Grünen).
In der ruhig und besonnen verlaufenden Gesprächsrunde brachten verschiedene linke Kultur- und Wohnprojekte, sowie Wagenburgen ihre Probleme und die damit verbundenen Forderungen zur Sprache. VertreterInnen der Rigaer Straße 94, momentan am ärgsten bedroht, machten deutlich, dass sie nicht gewillt seien, die massiven Polizeieinsätze und Übergriffe zu dulden. Sie richteten ihre Forderungen direkt an die anwesenden Politiker. Steffen Zillich (PDS) bestätigte, dass eine Kostenanfrage für die Polizeieinsätze angeordnet worden sei. Im weiteren schilderten die RigaerInnen, dass Hausbesitzer Beulker eine Gittertür ins Haus eingebaut habe, die nur mit Erlaubnis des von ihm einberufenen Wachschutz geöffnet werden kann. Die BewohnerInnen des Projekts zeigten sich sichtlich genervt über solche Schikanen, die sie sowohl beim Betreten wie auch Verlassen über sich ergehen lassen müssen. Einmütigkeit herrschte in der Runde, dass dies ein Ende haben müsse. Alle Seiten zeigten sich interessiert ein Ersatzprojekt für die Rigaer94 zu finden.
Die BewohnerInnen der Liebigstraße 14, deren Haus auch dem einschlägig bekannten Beulker gehört, forderten eine wirksame Mietobergrenze im ganzen Bezirk um die Vedrängung ärmerer Bevölkerungsschichten zu verhindern. Cornelia Reinauer (PDS) machte jedoch klar, dass es schon jetzt schwer sei, die bestehenden Gebiete mit Mietobergrenzen zu erhalten, da immer wieder von Hausbesitzern gegen diese geklagt werde. Auch in der SPD fehlt übrigens der Wille zur Festsetzung solcher sozialen Mietpreise.
Die anwesenden Wagenburgprojekte klagten über die für sie immer wieder unsichere Situation und forderten Sicherheiten für den Fortbestand. Momentan hat sich der Bezirk auf eine "stillschweigende Duldung" festgelegt. Im Verlauf des Runden Tisches wurden weitere kleine Arbeitsgruppen unter Beteiligung von Politikern und Bauverwaltung vereinbart. Der nächste Runde Tisch findet in vier Wochen am 23. Juni statt. Davor entscheidet ein Berliner Gericht am 3. Juni über die Rigaer Straße. Es bleibt also spannend im Friedrichshain. Der Bezirk ist von einer fortschreitenden Sanierung und Gentrification betroffen, der ärmere BewohnerInnen verdrängt und immer mehr Wohnraum für die gehobene Mittelschicht schafft. Bezeichnend für diese Entwicklung ist die Ansiedlung von Universal, MTV, einer Mehrzweckhalle für 18000 Menschen sowie weiterer Unternehmensprojekte die unter dem Namen "Mediaspree" die Umstruktierung vorantreiben.
In der ruhig und besonnen verlaufenden Gesprächsrunde brachten verschiedene linke Kultur- und Wohnprojekte, sowie Wagenburgen ihre Probleme und die damit verbundenen Forderungen zur Sprache. VertreterInnen der Rigaer Straße 94, momentan am ärgsten bedroht, machten deutlich, dass sie nicht gewillt seien, die massiven Polizeieinsätze und Übergriffe zu dulden. Sie richteten ihre Forderungen direkt an die anwesenden Politiker. Steffen Zillich (PDS) bestätigte, dass eine Kostenanfrage für die Polizeieinsätze angeordnet worden sei. Im weiteren schilderten die RigaerInnen, dass Hausbesitzer Beulker eine Gittertür ins Haus eingebaut habe, die nur mit Erlaubnis des von ihm einberufenen Wachschutz geöffnet werden kann. Die BewohnerInnen des Projekts zeigten sich sichtlich genervt über solche Schikanen, die sie sowohl beim Betreten wie auch Verlassen über sich ergehen lassen müssen. Einmütigkeit herrschte in der Runde, dass dies ein Ende haben müsse. Alle Seiten zeigten sich interessiert ein Ersatzprojekt für die Rigaer94 zu finden.
Die BewohnerInnen der Liebigstraße 14, deren Haus auch dem einschlägig bekannten Beulker gehört, forderten eine wirksame Mietobergrenze im ganzen Bezirk um die Vedrängung ärmerer Bevölkerungsschichten zu verhindern. Cornelia Reinauer (PDS) machte jedoch klar, dass es schon jetzt schwer sei, die bestehenden Gebiete mit Mietobergrenzen zu erhalten, da immer wieder von Hausbesitzern gegen diese geklagt werde. Auch in der SPD fehlt übrigens der Wille zur Festsetzung solcher sozialen Mietpreise.
Die anwesenden Wagenburgprojekte klagten über die für sie immer wieder unsichere Situation und forderten Sicherheiten für den Fortbestand. Momentan hat sich der Bezirk auf eine "stillschweigende Duldung" festgelegt. Im Verlauf des Runden Tisches wurden weitere kleine Arbeitsgruppen unter Beteiligung von Politikern und Bauverwaltung vereinbart. Der nächste Runde Tisch findet in vier Wochen am 23. Juni statt. Davor entscheidet ein Berliner Gericht am 3. Juni über die Rigaer Straße. Es bleibt also spannend im Friedrichshain. Der Bezirk ist von einer fortschreitenden Sanierung und Gentrification betroffen, der ärmere BewohnerInnen verdrängt und immer mehr Wohnraum für die gehobene Mittelschicht schafft. Bezeichnend für diese Entwicklung ist die Ansiedlung von Universal, MTV, einer Mehrzweckhalle für 18000 Menschen sowie weiterer Unternehmensprojekte die unter dem Namen "Mediaspree" die Umstruktierung vorantreiben.
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Ergänzungen
Ihr verhandelt aus der Position der Schwäche
Und das Fazit deines Kommentars...
Frage an PIRAT/94 u.a.
Recht hat er doch
Recht hat er doch mit seiner/ihrer Meinung. Wie lange haltet Ihr denn aus? Nix gegen Eure Aktionen, die sind gut und richtig (macht weiter so), aber macht Euch nix vor.
Wie sind denn die Gespräche in Hamburg von wegen Bambule gelaufen? Supi? Oder war`s dort nur "der SCHILL"?
Entweder wir gehen daran das GANZE System zu verändern/abzuschaffen, oder Ihr werdet mit Eurem lokalen (isoliertem) Protest scheitern.
Tut mir leid, aber diese Argumentation mag zwar theoretisch stark sein- entkräften kann ich sie allerdings mit der Gegenfrage: Was sind denn deine Handlungsansätze? Da kommt nämlich nie etwas nach. Wie gesagt, die Argumentation von bestimmten Kreisen verläuft immer gleich aber konkrete Alternativen werden nicht vorgebracht. Deswegen: besser einen Hebel als die Verkürzte-Kapitalismuskritik-Keule.
über den tisch gezogen???
ich habe am freitag nach der symbolischen besetzung der pds-parteizentrale noch mäuschen gespielt:
der sicherheitsdienst würde euch am liebsten in ein arbeitslager stecken und der pds-landesvorstand dankte um 18.15 uhr bei seiner sitzung allen abwieglern und psychostrategen in
seinen reihen, die unter und gegen euch für ruhe und ordnung sorgten.
ich habe ihnen aber noch die leviten gelesen ;-)...
Mietersolidarität
Do it yourself
Dein Aufruf „Tut endlich mal was“ und „dass manche Leute da kontinuierlich versuchen ... ,noch (was) zu retten“ ist sicher gut gemeint, geht aber letztlich über eine bloße Stimmung nicht hinaus. Den Lakaien stimme ich zu:
„Die Begründung durch eine linke Politikerin (ReinauerPDS), daß Hausbesitzer klagen ist ein typisches Armutszeugnis neoliberaler Realpolitik.“
Vor allen Kämpfen müssen wir uns nun endlich Alle in Friedrichshain fragen: wo stehst Du, wofür und mit wem willst Du kämpfen? Stehst Du auf Seiten der Mieter, der Hausbesetzer und der Sozialschwachen oder stehst Du auf Seiten der BVG-Kontrollettis, der Polizeihubschrauber und der Staffelmieten? Wer das eine verteidigt, der hat auf der anderen Seite nichts zu suchen. Wir müssen tatsächlich zuerst aufräumen mit den Demagogen, die sagen, ich stimme Dir ja zu, aber die Gesetze sind nun mal so. Diese Rhetorik haben die Bonzen vom Genossen Bonusmeile gelernt. Wer sich mit solchen Leuten an das Krankenbett des Kapitalismus setzt, der wird selbst infiziert, ohnmächtig und willenlos.
Laßt Euch nicht von denen in eine Ecke drängen, die Konzepte, einen positiven Ausweg oder irgendeinen anderen konstruktiven Ansatz verlangen. Unser Widerstand, unser Kampf sind der Ausweg. Wer etwa anderes fordert, der arrangiert sich mit denen.
Widerstand muß aus unseren Herzen wachsen und nicht aus den Paragraphen einer Miet- und Marktordnung, die wir ablehnen. Dabei sollten wir nicht über unsere Niederlagen traurig sein, sondern uns endlich unserer wichtigsten Waffe erinnern, der Solidarität.
Mietenstopp
Vielleicht können sich noch andere Forderungen ergeben. Sicher werden wir ein solches Ziel auch nicht in ein paar Wochen erreichen, aber es könnte mobilisieren und viele erreichen, die jetzt noch nur aus dem Fenster schauen, wenn unten auf der Straße die 300 Hanseln von der Rigaer jeden Tag demonstrieren. Dies wäre auch eine Forderung, die allen hilft. Der Erhalt von linken Haus-Projekten kann so mit den Alltagssorgen der Menschen in der Straße, im Kiez verbunden werden und ist solidarisch. Wir können dann auch andere Vereine, Projekte, Gruppen, Kneipenwirte, Mieterbund und Häuser auffordern, sich uns anzuschließen. Zu allen Parteien sollten wir jedoch Distanz einhalten, denn von denen droht uns nur Vereinnahmung, aber niemals die Lösung unserer Probleme. Also hoch die Solidarität der kleinen Leute.
Wer will was wo wie
verändert sich der inhalt wenn wir den rahmen verändern oder verändert sich der rahmen wenn wir den inhalt verändern?
oder lassen sich beide fragen fatalistischerweise nicht stellen?
aber
wenn ein kompromiss am "runden tisch", verhandelt mit den vertretern des (leider) gewählten systems innerhalb des systems mit den legitimen mitteln des systems dazu führt, dass das kultur- und wohnprojekt rigaer 94 in irgendeiner art und weise bestehen bleibt und freiräume erhalten werden für menschen, die eine alternative leben wollen, als teil eines konzeptes oder als sinn für sich, wie ihr wollt, dann ran an den tisch und verhandelt bis aufs messer für einen kompromiss, liebe rigaer, mit dem ihr leben wollt und könnt und der von euch getragen werden kann.
und wenn ihr es schafft und wir werden euch auf der strasse, finanziell und in und mit unseren köpfen unterstützen, dieser gesellschaft eine nische für uns und euch zu ertrotzen und damit den inhalt und damit einen teil des rahmens zu verändern, dann kann nicht alles verloren sein.
mit energetischem gruss
thorsten
Nische oder Widerstand? - das ist die Frage
ich verstehe deinen zwiespalt, du willst die rigaer 94 erhalten und dafür auch den Weg eines kompromisses mit denjenigen gehen, die etwas ganz anderes wollen. du willst eine nische schaffen, um den rahmen dieser gesellschaft zu ändern, ein schönes bild. nischen sind baulich eine vertiefung in der wand, sie sondern sich vom übrigen raum ab, übertragen heißt dies die nische soll einen eigenen raum gegenüber dem großen zimmer schaffen, das du gesellschaft nennst.
ganz egal, wie man die realisierungschancen eines solchen nischen-projektes beurteilen mag, kann mensch der rigaer 94 nur viel glück wünschen, am kompromiss-ziel anzukommen.
wo liegt also dein zwiespalt? du sagst es nicht, deshalb versuche ich es: das nischen-experiment ist so neu nicht. wir hatten in frankfurt, hamburg und west-berlin seit den 80er Jahren hunderte davon, wo sind sie geblieben? die besetzten häuser sind aus ihrem zeitweilig geduldeten nischenstatus inzwischen in den verwertungskreislauf des mietkapitals zurückgeführt worden, bestenfalls haben sich wohn-genossenschaften erhalten, die jedoch auch schon mit einem bein im kapitalistischen Bankalltag, zwischen Krediten, Überschuldung, insolvenz, steigenden mietanteilen, herumgondeln und dennoch solange sie sich über wasser halten können vom mietfreien und sonstigen projekt-freiräumen träumen. machen wir uns nichts vor, wie bei allen genossenschaftlichen Zusammenschlüssen im kapitalismus treten nach der gründungszeit der euphorie und mietfreiheit erhebliche finanzielle engpässe auf, die zunächst durch selbstausbeutung der an den projekten beteiligten im rahmen (!) einer Szene-Hierarchie eingedämmt werden. bestes beispiel ist einige hundert meter von der rigaer 94 entfernt der RAW-Tempel in der revalerstraße, wo andere nischen-teilnehmer nur noch gegen horrende mietzahlungen an den raw-tempel e.V. räume benutzen können. das projekt raw-tempel beteiligt uns also alle an seinem finanziellen untergang und wir tun nichtsahnend so, als ob wir hier selbstbestimmt partys und alternative projekte betreiben. in wirklichkeit hat uns der kapitalistische alltag längst eingeholt. das soll keine miesmacherei sein, solange wie das läuft, o.k., aber wir dürfen uns nicht anlügen. dieser weg hat eigentlich keine zukunft und für die masse der menschen sowie so nicht.
und damit komme ich zum viel grundsätzlicheren zwiespalt, den ich sehr kritisch sehe: die nische rigaerstraße 94 hat wie jede nische nur platz für ganz wenige leute, sie bindet aber die kraft aller in der stadt. für weitere derartige projekte wäre kein platz, weil einfach die mobilisierung, der zusammenhalt, die unterstützung von außen, auch von leuten, die sich solidarisieren, wie ich, ohne selbst dort zu wohnen und zu leben, nicht ins unendliche reicht. noch entscheidender ist jedoch, daß dass projekt rigaer 94 selbst bei positivem ausgang der runde-tisch-verhandlungen absolut nichts mit dem kampf gegen die fortschreitende umstruktierung und der verdrängung ärmerer bewohner im friedrichshain zu tun hat. wie so oft schreiben wir hier eine losung auf unsere fahne, für die wir effektiv nichts tun. die rigaer straße bleibt so oder so ein einzelunternehmen, sie hat mit den steigenden mieten in den nachbarhäusern nichts zu tun und bietet also der umliegenden ärmeren wohnbevölkerung keine alternative, ergo keinen grund sich für uns zu interressieren, wir machen wieder einmal unser eigenes ding. auch hier muß man sagen, viel glück der rigaer 94, aber bitte keine sprüche klopfen von antikapitalistischen Freiräumen oder dem Schutz der ärmeren Mietbevölkerung, das wäre nur ein Dunstschleier hinter dem sich letztendlich doch nur Einzelinteressen, eben die Lobby der rigaer 94 verstecken, diesen zwiespalt sollten wir offen benennen. leider thorsten, hast du es nicht getan. Lobbyismus in dieser Gesellschaft bedeutet kämpfen, um einen platz an der großen suppenschüssel, aber nicht Widerstand, selbst wenn uns der polizeiknüppel das suggerieren soll.