Eindrücke aus einer Psychiatrie in Deutschland

Anonym 10.05.2003 03:58
Die Behandlung besteht auf der geschlosenen aus Medikation und Basteln.ein dicker sitzt gelegentlich auf der Fensterbank im Flur und schreibt etwas in eine Din-A-4-Kartei,er sagt nicht,was er schreibt,vielleicht Verhaltensbeobachtungen Vormittags ist Einkaufsspaziergang,in Begleitung zweier PflegerInnen dürfen diejenigen,die die ärztliche Erlaubnis haben,zum einzigen EDEKA im Ort gehen,es gibt nur den einen Laden und einen Kiosk,aber da gehen sie seltener hin.

Eindrücke aus einer Psychiatrie in Deutschland II Teil
Die Behandlung beruht darauf, die einsicht der PatientInnen zu erwirken,zur Not zu erzwingen, das "etwas" mit ihnen nicht in Ordnung ist.dabei ist die Behandlung nicht freiwilig. Es entsteht eine schizophrene Situation:Erst,wenn du zugibst,ihnen und dir "ein gestehst",krank zu sein,betrachten sie dich als heilbar,als ,im Grunde schon fast als geheilt. Zeigst du keine "Krankheitseinsicht", wird das als Symptom gewertet.

Andererseits beruht die Behandlung auf (Re-) Aktivierung kindlicher Abhängigkeiten,die erwachsene Person wird ignoriert bzw.als "Fehlentwicklung" betrachtet. Der Umgangston ist drohend,auch gegenüber diagnostizierten Paranoikern.Erwünscht ist eine kindliche Anlehnung ans Pflegepersonal, ein Abhängigkeitsverhältnis zu den medizinischen Autoritäten Arzt/Stationsärztin/Oberazt/Chefarzt sowie zu denen,die das Essen ausgeben. Die Tage werden strukturiert durch die Mahlzeiten,auf die alle warten.

Menschliche Kontakte fehlen.Es gibt Besuchszeiten,wer Bekannte oder Familie hat ,darf einmal am Tag Besuch haben, was sich praktisch schwierig gestaltet,da die Klinik weitab auf einem Dorf liegt, für Leute ohne Auto schwer zu ereichen ist (Bahn/Bus), mit Erlaubnis des Arztes darf mensch mit dem Besuch "raus", d.h. sich auf dem Klinikgelände und im Dorf aufhalten.Fahrten und Spaziergänge aus dem Dorf müssen genehmigt werden.

Hoffnungslosigkeit kennzeichnet die Stimmung unter denen,die länger,auf unabsehbare Zeit dableiben müssen, Aufenthalte werden wochenweise verlängert,kaum eineR weiß, WIE LANGE er/sie da drin bleiben muß und warum,wovon das abhängig gemacht wird.

Thorsten ist über ein Jahr da drinn.Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, wolte er nach Hause.

Auf der Privatstation,der Station des Oberaztes, gibt es "besseres Essen". Die Athmosphäre ist steif,höflich, hier werden die Angestelten gesiezt,auf der geschlossenen Station bieten sie Einer/einem das Du an, es herrscht ein laxer Umgangston, der verbalen Überschreitung des "Üblichen", Tür und Tor öffnet.

Der Essensresteeimer heißt "Schweineeimer".

Auf Hygiene wird nicht geachtet.Das ist gut so.
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Ergänzungen

startseite

mrs. adornix 10.05.2003 - 10:54
liebe indymods, bitte startseite ;-)

Schweineeimer

weiss gerade nich... 10.05.2003 - 13:02
Schweineeimer heissen so, weil eingesammelte, unverpackte Lebensmittel nicht wieder ausgegeben werden dürfen, und oft an Bauern zur Fütterung abgegeben werden. Ist in größeren Küchen mehr als üblich (und meiner Meinung nach auch besser als weg schmeissen).

@autor/in

auch anonym 10.05.2003 - 16:44
das thema deines beitrags finde ich wichtig, weil ich auch schon eine freundin in der geschlossenen besucht habe und mich die zustände und der umgang mit den patientInnen schockiert haben. es wäre - finde ich - aber besser wenn du ein bisschen einleiten könntest und etwas mehr zum verständnis schreiben könntest, wie du dazu kamst sowas zu schreiben und überhaupt ausführlicher...
ich jedenfalls kann mit deinem beitrag so nix anfangen.
ich habe jetzt aber auch keine zeit meine eigenen erfahrungen hier zu veröffentlichen, weil ich gerade eben nicht die zeit dazu hab, bin nämlich auf arbeit :)

@Autorin

Normal Verrückter 12.05.2003 - 16:34
Hallo,
also ich finde den Beitag ungemein wichtig.
Daunderer, Leiter der Landesnervenklinik Düsseldorf, schriebt in Vorsicht Arzt: "Die Psychatrie ist eine politische Einrichtung zur sozialen Normenkontrolle".
Damit hat er den Nagel auf den Kopf getroffen.
Eine Hamburger Journalistegruppe hat mal ein Experimant gemacht: Sie haben ein Gesprächstermin in der Psychatrie vereinbart und frei weg von Leber, über Ihre Ängste, Gedanken und Sorgen erzählt. Daraufhin hat ma die betreffenden personen zwangsinterniert. Obwohl, vorher notarielle Absicherungen über den Sinn und Zweck des Vesuches bestanden, hat man Schwierigkeiten gehabt, die Leute wieder rauszuholen.
Ich selbst habe diesen Versuch Anfang 2002 gemacht.
Ich habe nach einer durchwachten Nacht 3 Liter Kaffe getrunken und bin mit der Bitte um einen Gesprächstermin zu einer pyschiatrischen Einrichtung gefahren. Nach enen halbstündige Gespräch mit 3 Ärzten hat man mir die Pistole auf die Brust gesetzt: Entweder willige ich einem "freiwilligen" Aufenthalt ein, oder man wird sich eine richterliche Verfügung besorgen. Ich habe dann erstere Option, unter Vorbehalt, gewählt. Ohne jede weitere diagnostische Untersuchung haben die Ärzte dann da Medikament: Taxilan ( ein Neuroleptika) verordnet. Um nicht in die Gefahr der Einstufung: renitent zu kommen, habe ich mich immer brav beim Pillenausgaberitual angestellt. ich habe dann so getan , als ob ich die Pille schlucke und nachfolgend entsorgt. Bei flüssigen Medikamenten oder Injektionen, di eingesetzt werden, wenn sowas z.B. auffällt, gestaltet sich die Verweigerung der Medikation aber sehr schwierig. Ich kann von Glück sagen, daß es nicht aufgefallen ist.
In den 5 Tage des Aufenthaltes wurde dann versucht mittels Standardfragebogen, Computertomographie und Elektroenzaphalogramm zu einer " Diagnose" zu kommen. Da dies in der Psychatrie ein selbstrefernzieller Vorgang ist, verpasste man mir schließlich die Diagnose: depressive Anpassungsstörung und Verdacht auf Persöhnlichkeitsstörung.
Interessant waren auch die Gespräche mirt dem Oberarzt über die Medikation. Da ich ich selbst aus einem medizinischen Beruf komme, habe ich mal unverblümt nachgefragt, welscher Wirkstoffklasse den dieses "Taxilan" angehört. Antwort: Der Wirkstoff ist Taxilan( was totaler Blödsinn ist) und Nebenwirkungen gibt es keine. Alles klar? Also auch mit der Aufklärungspflicht, die, de facto, auch in der Pyschatrie besteht, nimmt man es nicht so genau.
Ausgang hatte ich den ersten 3 Tagen keinen. Am vierten Tag hat man mir dann Ausgang mit dem Besuch erlaubt, aber da wohl die interne Kommunikation schlecht war, wurde dies dann vom Pflegepersonal eigenmächtig widerrufen. Vielleicht steckte auch Absicht dahinter um die Reaktion zu testen.
Da ich aber ruhig blieb, bekam ich schließlich meinen Ausgang.
Da man letzlich nichts entscheidendes bei mir fand, konnte ich die geschlossenen Abteilung nach 5 Tagen auf meinen ausdrücklichen Wunsch verlassen.
Nachfolgend sollte ich dann auch noch den Krankenhausbeitrag (Selbstbeteiligung) für diesen Zwangsaufenthalt bezahlen, was ich bis heute ablehne.

Die betreffende Klinik ist mit Sicherheit noch eine der moderaten Sorte. Ich glaubein den Landesnervenkliniken mit höherem Durchsatz ist die Situation wesentlich schlimmer.

Aber auch hier schon wurde deutlich:
Machtmißbrauch
Inkompetenz
Arroganz und sublimale Forderung nach Unterwerfung und Entmündigung.
Provokation von aggressivem Verhalten durch unverständliche und widersprüchliche Aussagen und Anweisungen.
Bereitschaft der Ärzte zu Körperverletzung ( Haldolspritzen), Zwangsfixierung, Abhänigmachen von Medikamenten mit zweifelhafter Wirkung und hohem Nebenwirkungsrisiko.

Summa summarum. Wehe dem, der aus welchen Gründen auch immer, in die Klauen der Psychatrie gerät. Ohne einen durchdachten Verhaltenskodex, besteht die Gefahr der Dauerpsychatrisierung.

Normal Verrückter



Infos zu Psychatrie aus Sicht von Betroffene

Info 12.05.2003 - 21:27

Medikation

Betroffener 15.05.2003 - 13:39
Das schlimmste neben der Langeweile (auf´s Essen warten..) ist die ruhigstellende Medikation, die bei mir fatalste Folgen hat.

Mittel wie Haldol oder Tavor sind die schlimmste Folter die ich kenne.

Sie bewirken, das man laufend hin und her rennt. Denkt pissen zu müssen/können und doch nicht kann.

Man hat ständig mit 2 Menschen in einem (deinem!) Körper zu tun, die gegeneinander kämpfen! Furchtbar! Das kannste Dir nur vorstellen, wenn Du es selber erlebt hast.

Die Längsmuskulatur wird gelähmt, so das nicht mal Essen (schlucken!) kannst.

Es sind Qualen! Und oft (Mallorca..) werden die Medikamente unter Zwang (gefesselt) gegeben. Ich spreche hier nicht vom Mittelalter, 1980 oder 1990..

Wer keine Knäste will muß genauso gegen die Psychatrieknäste sein!