Repsol, der argentinische Staat und das Volk der Mapuche

Kh. 02.05.2003 17:51
Artikel von Hernán Scandizzo in der Sonntagsbeilage von "Euskaldunon Egunkaria" vom 2. 2. 2003
Wednesday April 23, 2003 at 04:40 PM  http://argentina.indymedia.org/news/2003/04/102265.php

Die Öl- und Erdgasvorkommen von Loma de la Lata in der argentinischen Provinz Neuquén, zugleich Heimat der Mapuche-Indios (Araukaner), werden von der spanischen Gesellschaft Repsol beherrscht, die auch in Perú, Brasilien und Bolivien aktiv ist.
Extreme Umweltverseuchung in diesem Gebiet, vor allem des Grundwasserspiegels: der zugelassene Höchstwert wird um das 700-fache überschritten, die Umweltschäden wurden auf 925 Mill. USD beziffert.
Die 1995 entdeckten Umweltschäden führten zu Zivilklagen gegen Rapsol. Das Gerichtsurteil fiel zwar in drei Instanzen positiv aus, aber die Provinz-Exekutive verhinderte seine Umsetzung. Die Mapuche erhielten nominell-juristisch das Kontrollrecht über die Tätigkeit der Firma, das ihnen de facto aber kaum etwas nützt.
Im Sommer/Herbst 2001 forderten die Mapuche-Oberhäupter eigene politische Rechte über ihr Territorium, Einführung ihres traditionellen Rechtssystems, Bestimmung über die Artenvielfalt, Achtung ihrer Weltanschauung. Gleichzeitig blockierten sie die Zugänge zum Fördergebiet, was zu Repressionen durch die Provinzpolizei führte.
Die Mapuche weigern sich trotz erwiesener Schädigung des Organismus, Regierungsplänen zur Umsiedlung zuzustimmen: "Wenn wir fortgehen, hören wir auf, Kaxipayin und Paynemil zu sein."
Die Provinz Neuquén im Nordwesten Patagoniens ist eine der wichtigsten Erdölgebiete Argentiniens. Wenn auch die aus dem Tourismus erzielten Deviseneinnahmen nicht zu verachten sind, wird die regionale Wirtschaft doch von der petrochemischen Industrie dominiert. Die US-amerikanische Pioneer Natural Resources, die British Petroleum und die argentinische Pérez Companc sind nur einige der Unternehmen, die dort operieren, allerdings kann keine von ihnen der spanischen Repsol/YPF die Vorherrschaft streitig machen. Deren dominierende Stellung und ihr enges Verhältnis zu den Provinz- und Staatsbehörden erlaubten ihr beispielsweise 2001, die Konzession zur Ausbeutung der Lagerstätte Loma de la Lata um 10 Jahre zu verlängern. In diesem Zusammenhang ist zu erklären, daß die ursprüngliche Konzession 2017 abgelaufen wäre und daß diese Lagerstätte, eine der größten Gasreserven Südamerikas, das Zentrum des Kampfes der Mapuche (Araukaner) gegen den argentinischen Staat und die Ölgesellschaften ist.

Loma de la Lata liegt 90 km nordwestlich der Provinzhauptstadt Neuquén. Es ist ein trockenes Gebiet, wo Mesetas (Tafelberge) die Sicht auf den Horizont versperren und die dornige Vegetation vom Wind gepeitscht wird. Hier praktizierten die Mapuche-Gemeinschaften Kaxipayin und Paynemil jahrzehnte-, vielleicht jahrhundertelang ihre Kultur, allerdings haben sie sich seit der Ankunft des 'Winka', des Usurpators, zu kleinen Viehzüchtern gewandelt.

Im Mai 1977 entdeckte die Gesellschaft Yacimientos Petrolíferos Fiscales (YPF), die damals noch dem argentinischen Staat gehörte, dieses Ölfeld. 1993 wurde die Firma im Rahmen der Forderungen der Weltbank und der von Präsident Carlos Menem betriebenen neoliberalen Politik privatisiert. Seitdem ist Repsol/YPF der Hauptakteur in der Region. Dem Internet-Bulletin 'Un ojo en la Repsol' = 'Ein Auge auf Repsol' des 'Red Alerta Petrolera de Bolivia' zufolge "hält Repsol seit dem Kauf von YPF 70 % seiner Erdölreserven in den Ölfeldern Argentiniens. Loma de la Lata bestreitet die Hälfte der (Erdöl-)Produktion und 60 % des Erdgases." -  http://www.cascall.org/repsol/unojo/

Das Potential von Loma de la Lata ist ein Aspekt, die verwüstete Erde ein anderer. Die Aktivität der Staatsfirma in ihren Anfängen und die von Repsol/YPF während des letzten Jahrzehnts schlug sich nicht nur in Fässern von Öl nieder, sondern auch in der Verseuchung von Boden, Luft und Wasser, abgesehen von dem starken sozio-kulturellen Druck auf die Mapuche-Gemeinschaften. Heute müssen die 25 Familien, aus denen die Kaxipayin und Paynemil bestehen, mit den 65 Bohrlöchern leben, durch die ihr Territorium ausgebeutet wird, mit den Pipelines und Gasfackeln. Die Durchfahrtstraßen und Schneisen haben den einst arbeitsamen und sanften Rhythmus des gemeinschaftlichen Lebens unterbrochen. Verschwunden sind Choike (Straußenart), Luan (ein kamelartiges Tier) und Mara (Hase Patagoniens), wie auch zahlreiche Kräuter, die im 'Lawen', der traditionellen Medizin, Anwendung fanden. Nach dem Kultur- und Umweltschadensbericht, der 2001 von der Firma 'Umweltschutz de Argentina' (heißt wirklich so! - d.Ü.) erstellt wurde, sind die im Untersuchungsgebiet gefundenen Rückstände von Schwermetallen 700-mal höher als der von der argentinischen Gesetzgebung zugelassene Wert.

Im Oktober 1995 kam durch eine Bohrung nach Wasser auf dem Grundstück eines Einwohners der Gemeinde Paynemil die Verseuchung des Grundwasserspiegels mit Kohlenwasserstoff-Derivaten ans Licht. Die ersten Inspektionen und Analysen führten zu einer förmlichen Anzeige bei offiziellen Behörden wegen Kontamination und ihren Risiken ...

1997 bat die Provinzregierung das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen um eine Schätzung der von den Ölgesellschaften verursachten Umweltschäden. In dem 1998 veröffentlichten Gutachten wurden die Schäden teilweise auf einen Betrag von 925 Pesos oder Mill. Dollar beziffert, entsprechend der Währungsparität jener Zeit. Die Jugendschutzbehörde der Provinz (Defensoría de los Menores, Teil der Justizbehörden in argentinischen Provinzen, d.Ü.) reichte eine Zivilklage bei der Regierung ein und forderte die Versorgung der Mapuche-Familien mit Trinkwasser. Gegen das positive Urteil wurde von der Provinz-Exekutive in drei Instanzen Berufung eingelegt, das aber in allen Fällen bestätigt wurde. Die Nichterfüllung dieses eindeutigen Richterspruchs führte 1998 zu einer Klage vor der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte, weshalb die besagte Behörde im August letzten Jahres das Fördergebiet besichtigte. Die Mapuche schließen nicht aus, daß der Fall in Kürze vor den Interamerikanischen Gerichtshof gebracht wird.

"Die Medien haben diesen Konflikt unter der Bezeichnung "Repsol gegen Volk der Mapuche" in die Öffentlichkeit gebracht, aber der wirkliche Konflikt ist der des Staates gegen das Volk der Mapuche", macht Verónica Huilipán, die 'Werken' (Sprecherin) der Mapuche-Vereinigung von Neuquén (CMN)klar. "Repsol ist eine Folge der fehlenden Anerkennung unserer Rechte. Die schwere Umweltverschmutzung, der wir ausgesetzt sind, ist die Folge der von der Provinzregierung von Neuquén betriebenen Politik, die zugelassen hat, daß die Multinationalen herkommen und die Bodenschätze ausbeuten."

Huilipán fügt nach einer Pause hinzu: "In einer Etappe des Kampfes mit dem Staat mußten wir die Firma in die Diskussion mit einbeziehen, denn sie ist diejenige, die den schwersten Schaden angerichtet hat. Wir klagten die Firma vor dem Bundesgericht wegen der Umweltverseuchung an, damit sie den Prozeß der Ausbeutung in der bisher ausgeübten Form stoppt. Von da ausgehend fangen wir an, (neue) Bedingungen für die Ölgewinnung innerhalb unseres territorialen Raums zu schaffen. Die Fortschritte im Verhältnis zur (früheren) Praxis der Gewinnung von Kohlenwasserstoffen in den indigenen Territorien Amerikas sind recht bedeutend. Wir haben erreicht, daß Repsol eine Kontroll- und Überwachungskommission der (indigenen) Gemeinschaft anerkennt, die darüber bestimmen soll, ob das Unternehmen unseren territorialen Raum ausbeuten darf oder nicht.

Aber bevor der Leser vielleicht in helle Begeisterung ausbricht und an eine Phantasiewelt glaubt, macht die Sprecherin klar: "Das Zugeständnis, das die multinationale Firma vor der Justiz macht, ist das eine, ihre Handlungsweise im Territorium aber eine andere. Im allgemeinen bittet das Unternehmen nicht um Genehmigung und erreicht(?) die technischen Bedingungen nicht, um die Arbeit zu tun; die Kontroll- und Überwachungskommission legt also diese Arbeit lahm. Und so kommt es zu dem bekannten Konflikt: durch die permanente Paralysierung der Arbeiten und die permanente Repression der Gemeinschaften."

Am 3. Juni 2001 versammelten sich die Oberhäupter der Gemeinschaften Kaxipayin und Paynemil, sowie das Koordinierungskomitee der Mapuche-Organisationen, das die 45 Landgemeinden, die zur CMN (Mapuche-Vereinigung der Provinz Neuquén) gehören und die städtische Organisation Nehuén Mapu bündelt, um die konfliktreiche Beziehung zur spanischen Ölgesellschaft und zum Staat zu analysieren. Dabei kamen sie überein, daß sie allgemein vom Staat das Recht über das Territorium verlangen sollten. Dieses sollte die Kontrolle und Verwaltung seiner Artenvielfalt, die politische Kontrolle durch seine ursprünglichen Autoritäten, die Anwendung seines Justizsystems oder 'Nor Feleal' und die Achtung seiner Weltanschauung mit einschließen.

Was die Tätigkeit der Ölgesellschaften betrifft, sollten sie sowohl die Schaffung unantastbarer, d.h. 'erdölfreier' Gebiete, als auch die Schließung von Bohrlöchern in der Nähe von Wohnorten fordern. Sie verlangten auch eine neue Rolle der (indigenen) Kontroll- und Überwachungskommission: ".... die Aufgabe der damit beauftragten Brüder wird sich nicht auf die Instruktionen des Unternehmens beschränken, sondern sich danach orientieren, Leben und Kultur der Gemeinschaft, deren Mitglied der Betreffende ist, zu schützen" - und auf neue Konditionen in den Dienstbarkeits-(?)Vereinbarungen (Convenios de Servidumbre): "die bisher getroffenen Abmachungen beinhalten keine Maßregeln zur Kontrolle der permanenten Verletzung der vereinbarten Konditionen seitens des Unternehmens, wodurch der Staat die Bedrohung, der wir ausgesetzt sind, weiter vertieft."

Am 19. Juni, wenige Tage nach dieser Zusammenkunft, blockierten die Mapuche die Zugänge zum Fördergebiet und legten damit die Aktivitäten des Unternehmens völlig lahm; sie verbanden damit die direkte Aktion mit der juristischen. Angesichts fehlender (positiver) Reaktionen führten sie am 30. Oktober 2001 eine ähnliche Aktion durch, die von der Provinzpolizei heftig unterdrückt wurde. Bei dieser Gelegenheit bekräftigte der 'Lonko' (politisches Oberhaupt) der Gemeinde Kaxipayin, Gabriel Cherqui: "Repsol/YPF wird keine Ruhe haben, solange sie sich nicht dazu bereitfindet, die Dinge mit den Mapuches zu verhandeln und zu regeln", und betonte: "wenn wir uns als Volk erheben, werden wir es weder der Repsol noch dem Staat leicht machen."

Am 12. Oktober waren die Kinder und Jugendlichen der städtischen Mapuche-Organisation Tayin Rakizuam von der Provinzpolizei bekämpft worden, als sie an den Mauern der Niederlassung von Repsol/YPF in Neuquén Zeichnungen (od. Graffiti) anbringen wollten, die sich auf die internationale Erklöärung der Rechte des Kindes bezogen.

(Dialog mit Verónica Huilipán - VH):
- Einer der Vorschläge im Kultur- und Umweltschadensbericht ist "die Evakuierung der Mapuche-Gemeinden aus dem Fördergebiet und ihre Wiederansiedlung in einem nicht kontaminierten Gebiet, das unzugänglich für jede ökonomische Aktivität ist, die nicht zuvor von den Gemeinden gebilligt wurde." -

VH - Es ist unmöglich, die Umsiedlung der Gemeinden zu akzeptieren, damit die multinationale Gesellschaft ihre Arbeit ungestört verrichten kann. Das hieße, dem Staat recht geben, der sagt, daß die Ölgesellschaften kommen sollen, um sich alles zu rauben, und je schneller sie das tun, und je mehr Unheil sie anrichten, desto besser. Wir werden der Umsiedlung nicht zustimmen. Wir sind Mapuche (vom Stamm) der Paynemil und Kaxipayin, auf diesem territorialen Raum; wenn wir weggehen, hören wir auf, Kaxipayin und Paynemil zu sein. -

- Hierbleiben bedeutet wegen der Umweltverseuchung in dieser Region den sicheren Tod ... -

VH - Ihre Gesundheit ist schon in Gefahr, ja mehr noch: ihre produktive Entwicklung ist gekappt. Heute gibt es keine Entwicklung des Lebens bei den Paynemil und Kaxipayin mehr. Es ist erwiesen, daß wir total geschädigt sind; der Bruder, der am wenigsten vergiftet ist, hat 17 verschiedene Schwermetalle in seinem Organismus. Das bedeutet, daß die menschliche Fortpflanzungskraft bei den Paynemil und Kaxipayin gekappt ist.

siehe auch  http://de.indymedia.org/2003/05/50206.shtml
 http://argentina.indymedia.org/news/2003/04/102687.php (spanisch, wird noch übersetzt)
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Ergänzungen

Feature basteln!

LinksRhein 02.05.2003 - 19:56
Hi Kh., klasse Arbeit! Ich finde es ist an der Zeit, aus deiner Übersetzungsserie ein Feature zu basteln. Ich habe unter  http://doc.indymedia.org/view/Local/ImcGermanyFeatures20030502Mapuche einen Entwurf gemacht unnd ein paar Sachen zusammenkopiert. Vielleicht hast du Lust das zu ergänzen und/oder ein Intro zu schreiben? Wär schön, wenn so ein Feature später von den Mods in die Mittelspalte übernommen werden könnte....Lieben Gruss LinksRhein

Danke

selva 02.05.2003 - 22:44
>> Vielen dank für den Artikel
> betreff feature:prima
vielleicht wäre folgendr Artikel dafür auch geeignet
wer Zeit hat ihn zu übersetzen-ziemlich lang:
CRONOLOGÍA DE LA VIOLENCIA Y TERRORISMO CONTRA MAPUCHES(Desde julio de 1998 a abril del 2003)
Mapuexpress - Informativo Mapuche
 http://barcelona.indymedia.org/front.php3?article_id=39754&group=webcast

MAPUEXPRESS - INFORMATIVO MAPUCHE
 mapuche@mapuexpress.net
 http://www.mapuexpress.net
www.mapuche.nl/

Egunkaria verboten

ralf 06.05.2003 - 22:55
Hallo Ihr,

meint ihr nicht, ihr solltet mal erwähnen, dass diese Zeitung inzwischen von den spanischen Postfaschisten verboten wurde, aus der der Artikel stammt. Das deren Journalisten, drei sind nach Monaten immer noch in Haft, von der spanischen Guardia Civil gefoltert wurden.

Generalstreik für baskische Sprache

Es ging nicht um Arbeitsbedingungen, mehr Lohn, 35 Stunden oder was sonst Gewerkschaftler zum Generalstreik treibt. Es ging um eine Sprache, genauer gesagt, die älteste Sprache Europas, das Euskera (Baskisch). Da viele Basken das Verbot der Baskischen Tageszeitung (Eukskaldunon Egunkaria) vor drei Wochen Madrid als Angriff auf ihre Sprache empfinden, ging gestern im Baskenland für eine Stunde nur noch wenig.

Alle neun baskischen Gewerkschaften, etliche Parteien, die baskischen Schulen (AEK) und soziale Gruppen hatten zum Streik gerufen. Das öffentlich rechtliche Radio und Fernsehen sendete Musik und selbst Unternehmen, wie der Elektrokonzern Fagor, oder auch die Vereinigung der baskischen Priester hat sich an dem Streik beteiligt. Allein hier in Donostia-San Sebastian fanden am „Elkartasun Eguna“ (Tag der Solidarität) gleich mehrere Dutzend Demonstrationen statt. Statt Massen zu konzentrieren, ging es darum, Hunderttausende dort mitzunehmen, wo sie sich gerade befanden. Auch in den Industriegebieten, Städten und Dörfern sah es ähnlich aus. Wobei in den Zonen, wo Baskisch die Umgangssprache ist, der Streik total war.

Zu den massiven Protesten hat vor allem beigetragen, dass es sich um die vierte Schließung eines baskischen Kommunikationsmediums in nur fünf Jahren handelte. Der Vorwurf, die ETA stehe hinter den Zeitungen, Zeitschriften oder Radios, konnte bisher nicht bewiesen werden, hat aber die Medien durch die „vorläufigen Schließungen“ ökonomisch ruiniert. Für den spanischen Innenminister, Angel Acebes, ist das vorläufige Verbot der einzigen Zeitung die vollständig in Euskera erschien, eine „Operation zur Verteidigung der Basken, ihrer Sprache und ihrer Kultur“.

Die friedlichen Proteste wurden auch dadurch verstärkt, dass erstmals
Journalisten angezeigt haben, während der Kontaktsperre nach der Verhaftung gefoltert worden zu sein. Statt die Vorwürfe zu untersuchen, werden sie jetzt wegen „Unterstützung der ETA“ und „Verunglimpfung der Guardia Civil“ kriminalisiert. „Die Verhafteten haben dass gemacht, was alle Terroristen machen: Die Vorgaben der ETA umgesetzt und Folter von Seiten der Sicherheitskräfte angezeigt,“ begründete Acebes.

Doch damit hat er sich mit allen Organisationen angelegt, die, wie die UNO oder amnesty international, die Folter der Guardia Civil und der Nationalpolizei anklagen. Der Kommission zur Prävention der Folter (CPT) des Europarats scheint nun der Kragen geplatzt zu sein. Noch vor einer Woche wollte sie dem ND gegenüber keine Auskünfte über den Bericht machen, der seit Jahren unveröffentlicht in Madrid liegt. Spanien weigert sich ihn zu veröffentlichen, weil die Kommission in ad hoc Besuchen mehrere Folterfälle nachgewiesen hat, wie jetzt auch offiziell bekannt ist. Schon vor zehn Jahren hatte der CPT von Spanien gefordert, dass bei Verhören von Verhafteten nach dem Anti-Terror Gesetz ein Anwalt zugegen sein soll und die Verhafteten ärztlich untersucht werden. Umsonst, geschehen ist nichts. Statt dessen will Spanien die berüchtigte Kontaktsperre auf 13 Tage ausweiten und sogar eine Art Präventivhaft einführen.

Deshalb ist es peinlich dass sich die spanischen Gewerkschaften (CCOO) und UGT nicht einmal eine Stunde für die Pressefreiheit, gegen die Folter und für Freiheit der sechs noch gefangenen Journalisten gestreikt haben. Einzig die kleine anarchosyndikalistische CNT hat ihren Mitgliedern die Teilnahme freigestellt. Man wolle die „soziale Spaltung“ nicht vertiefen, hieß es bei der UGT dazu lapidar.
Doch warum sie dann morgen gegen den Krieg streiken ist unklar. Jedenfalls begeben sich die baskischen Gewerkschaften nicht in die Niederungen spanischer Kollegen. Die angeblich ETA nahe Gewerkschaft LAB hat zwar nicht offiziell zum Streik aufgerufen, aber in internen Schreiben, das mir vorliegt, ihren Mitgliedern und Betriebsräten die Teilnahme freigestellt. Bei ELA, etc wird es ähnlich sein. Man darf eben das Ziel nie aus den Augen verlieren.

© Ralf Streck Donostia San Sebastian den 13.03.2003