In Kontakt mit Bagdad - Update 39

--- 30.03.2003 00:49 Themen: 3. Golfkrieg Militarismus
In Bagdad sind sieben italienische Journalisten eingetroffen, die in Basrah von einer irakischen Patrouille aufgegriffen worden waren. Das wirft die Frage auf, wieso es heißt, der Südirak sei unter angloamerikanischer Kontrolle. Bei einem Treffen mit sowohl unabhängigen als auch "offiziellen" Journalisten und Human Shields wurde das Ausmaß einer kolossalen Kriegslüge erörtert. Sieben Journalisten von akkreditierten italienischen Tageszeitungen unterschiedlichster Couleur bezeugen, dass Basrah "frei", also nicht besetzt ist. Wie die Berichte der Sieben in den morgigen Ausgaben ihrer Zeitungen aussehen werden, wird mit Spannung erwartet, insbesondere der vom Korrespondenten der 200%ig pro-amerikanischen Tageszeitung "Il Giornale".
In Kontakt mit Bagdad - Update 39

Stand: Saturday March 29, 2003 at 08:56 PM

 http://italy.indymedia.org/news/2003/03/236907_comment.php#236991


Basrah ist frei

Eine Nachricht haben die italienischen Kollegen, die am Morgen in Bagdad angekommen sind, nach dem sie gestern Abend in Basrah von der Irakischen Armee festgenommen worden waren, mitgebracht: Basrah ist frei.

Aber von den Amerikanern und den Engländern, die es nie geschafft haben, sie zu besetzen.

Nach einer Reise auf einem Jeep ohne jede bewaffnete Eskorte, die die ganze Nacht dauerte, und die Karavane der "klandestinen" Journalisten entlang der vom Krieg und von den Bomben ausgeleerten Straßen am Ufer des Tigris, an der Grenze mit Iran, bis Amarah und Kut. Mal über sandige Pisten und mal über breite Straßen sind sie von Osten nach Bagdad reingefahren und haben dort dann die Gefahren der täglich zu Hunderten von den Anglo-amerikanischen Truppen losgelassenen Bomben überwinden müssen.

Müde, angestrengt, aber durch die gute Behandlung, die ihnen durch die Soldaten zuteil wurde, auch beruhigt, haben sie im Laufe von improvisierten Pressekonferenzen und Treffen auch mit den unabhängigen Reportern erklärt, dass sie sich nie "Gefangengenommen" gefühlt haben, dass sie im Sheraton Hotel von Basrah geschlafen hätten und dass nach der nächtlichen Reise ein kurzes, formales Verhör im Verteidigungsministerium stattgefunden hätte, bei dem ihnen angeboten wurde, in der Stadt zu bleiben, um den Aggressionskrieg zu dokumentieren, dass die Stadt, seit Tagen erschöpft, erleidet. Keine Ausweisung. In Bagdad bleiben, aber diesmal mit allen fälligen Genehmigungen.

Die aber weit Aufsehen erregendere und erschütternde Nachricht ist zur gleichen Zeit die Offenlegung der Lügen, der Märchen und der Propaganda der Leitstäbe der Vereinigten Staaten und Englands die angaben, die Halbinsel von Faoh und Basrah sei vollständig unter anglo-amerikanischer Kontrolle. Die Kollegen, die - man merke - vom "Il Corriere della Sera"bis zum "Il Giornale", vom "Il Messaggero" bis zur "L'Unità", über den "Il Resto Del Carlino" bis zum "Il Mattino" und der "Il Sole 24 Ore (A.d.Ü.: zu Deutsch, so was wie "Von Taz bis Faz" ) also unterschiedliche persönliche und berufliche Geschichten, mit unterschiedlichen Herangehensweisen und Haltungen gegenüber diesem Krieg sind sich fast unisono einig, dass sie keine Spur von amerikanischen oder Englischen Truppen gesehen haben. Basrah, beispielsweise, die schwer bombardiert wurde, und der Wasser und Nahrung genommen sind, beklagt eine nicht einschätzbare Zahl der Opfer und Opferletzten. Eine Stadt am Ende ihrer Kräfte, also, die den Angriff der Invasoren abgewehrt hat. Die ihn mit Erfolg abgewehrt hat, und dafür einen unermesslich hohen Preis in Menschenleben gezahlt hat. Aber sie hat ihn abgewehrt. Und niemand hat uns das erzählt. Und auch die Kollegen selbst, die als "illegale" versuchten, nach Basrah zu gelangen, hatten die abenteuerliche Reise in Kuwait-City in der Überzeugung gestartet, die Fahrt in den Armen der Amerikaner und der Engländer zu beenden, die, wie sie anhand der Briefings des Pressebüros der Leitstäbe immerfort schrieben, seit Tagen die südirakische Stadt besetzt und "befreit" hatten.

Die Überraschung, nicht einen der "Alliierten" Soldaten vorzufinden ist so groß gewesen, wie die Überraschung, als sie von einer Patrouille irakischer Soldaten bei einer normalen Bewachungsrunde angehalten wurden.

Das gleiche auch für die Städte, Kleinstädte und Dörfer auf dem Weg bei der nächtlichen Reise: Urbane Konfigurationen, die vielleicht verletzt, getroffen, bombardiert wurden, und wer weiß wie viel Geschichten, wie viele Opfer, die nie in der Zeitung stehen werden. Aber auch keinen "Befreier".

Und jetzt gilt es ehrlich gesagt sich auch mit etwas Wut und Bestürzung zu fragen, was für ein Krieg bei welcher intellektuellen Ehrlichkeit uns von den großen TV-Networks, den allgegenwärtigen journalistischen "Truppen" erzählt wird. Woher holen sie ihre Informationen, welche Informationskanäle sind eingeschaltet.

Meine Kontakte sagen mir, dass sie verblüfft und ungläubig waren, als sie hörten, dass das Wenige oder auch Viele, dass sie die seltenen male, wo dies möglich war, über Satellitensendungen einfangen konnten, alles Lüge war. Propaganda, die den übelsten Kriegsfilmen in nichts nach steht.

Man sagt mir, dass es interessant sein wird, nach dem heutigen Tag zu sehen, ob die "offizielle" Presse, ihre eigenen Zeitungen und die europäischen Blätter angesichts des Augenzeugnisses (das auf der eigenen Haut erlebt wurde) von sieben Journalisten von akkreditierten wie "prestigeträchtigen" Zeitungen, die Einfluss auf die Meinungsbildung von Millionen haben, in der Kriegserzählung das Register ändern werden.

Aber der Krieg ist kein Film. Bagdad ist eine in die Knie gezwungene Stadt, gemartert, zerrissen, verletzt, die über ihre Toten weint. Man berichtet und bestätigt mir, dass die Telefonlinien mit den anderen Landesgebieten unterbrochen sind und dass es keine Möglichkeit gegeben haben soll, sich in diesen letzten Tagen über die realen Bedingungen im Süden des Landes zu vergewissern. Und sie erzählen mir von einem Paradox, den sie nicht los werden: selbst die unabhängigen Reporter waren von der Besetzung Südiraks überzeugt, aber durch Nachrichten, die aus Europa kamen, von den Satelliten, und von den Gesprächen mit den Familien und Freunden. Und sogar von meinen Blitzreports, die ich ihnen während unserer Gespräche zukommen ließ.

Es ist aber immer noch schwer, die Realität in Bagdad zu beschreiben, ihr eine greifbare Gestalt zu geben, die Geschichten der Stadtbewohner, die systematisch durchgeführten Zerstörungen in den besseren Wohngegenden, die Trauer, die Wut, das Blut, die Löcher in der Erde, in denen sie gezwungen sind, Hals über Kopfl ihre Toten zu begraben, aus Angst vor Seuchen. Die Angst, die alle ergriffen hat. Die Furcht während des Wartens auf dem einbrechen der Kämpfe in der Stadt, die alle für unmittelbar bevorstehend halten. Knapp hinter diesem Vorhang aus Rauch, Blitzen und Donnertönen, die den gesamten Horizont der Stadt zeichnen.

Der gesamte heutige Tag ist in Erwartung der Ankunft der italienischen Journalisten in Bagdad gerlaufen. Dann, das Treffen im "Palestine" Hotel. Das Staunen über die propaganda, die Empörung über die Lügen.

Aber heute Abend werden die Bomben weiter fallen, und die Raketen weiter pfeifen.

Treffpunkt für Alle ist im "Palestine", auf der anderen Seite des Flusses. Alle zusammen: unabhängige Reporter, die Kollegen der großen TV-Networks, der Blätter mit "Prestige", die sieben "illegalen" Italiener und die Human Shields. Im "Palestine" kann man noch etwas anständiges zu Essen finden. Ein Abendessen ab und zu muss sein. Auch in Bagdad.

Dann wieder die Nacht, schnell die Brücke überqueren oder rennen, weil der Weg ins Herz der Stadt, wo die Häuser und die kleinen Hotels sind, die sie beherbergen, länger ist. Ein Gruß auf die Schnelle, eine Umarmung. Nicht vergessen, sagen sie sich gegenseitig, morgen um 9.30 Uhr treffen wir uns am Informationsministerium. Dieser ist, fast schon ein Ritual, der erste Tagestreffpunkt

Auch wenn man sich seit gestern auf der Straße trifft, vor dem Ministerium. Die Bomben haben ihn geknickt. Aber der Treffpunkt ist immer noch der gleiche, jeden Tag, als wolle man mit Nachdruck sagen: wir sind da.

Möge die Nacht leicht sein.


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Ausführliche Agenturmeldung zu den sieben Journalisten als Ergänzung unter:  http://germany.indymedia.org/2003/03/47219.shtml
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Ergänzungen

US UK Zermürbungs Bombing das kann dauern!

Undine 30.03.2003 - 04:20
Belagerung, Polizei Aufgaben, und Zermürbungs Terror Bombing!
Bis der Letzte Irakische Schuß verhallt ist, aber das haben George und Toni ja schon vorher gesagt.
Aber das könnte Teuer werden, vielleicht verhallt dabei auch der Letzte Schuß eines George Bush oder Toni Blair, ein Flugzeugträger kostet pro Monat 30 Millionen Dollar, dazu kommen noch die Gesamt Wirtschaftlichen Verluste, wie Sinkende Aktien Kurse, oder Steigende Moneralöl Preise, das Kapital ist Skrupellos und kennt Keine Gnade, das kassiert nicht nur de Urlaber in der Urlaubszeit ab, das Kapital kassiert auch eine George oder Toni während der Raubzug Rush hour ab!

Langer Krieg = Viel Zeit für Demonstrationen!

Julie 30.03.2003 - 04:39
Da laufen die Leute nicht gleich wieder auseinander, und müssen nicht für andere Anlässe erst wieder Großartig mobilisiert werden!