Massen-Fake gegen Sicherheit&Ordnung in Giessen

AbwehrspielerIn der Ordnung 28.02.2003 14:23 Themen: Soziale Kämpfe
"In der vergangenen Woche wurden einzelne Anwohner des Marktplatzes mit angeblichen Flugblätter der Gießener Kriminalpolizei verunsichert, in dieser Woche waren Anwohner der Alicenstraße an der Reihe. Dort wurden am Dienstagabend grüne Handzettel verteilt, mit denen eine angebliche Firma »City Safety« für die Ausbildung von Stadthelfern im Freiwilligen Polizeidienst warb."
So stand es gestern in der Giessener Allgemeine. Doch die irrte gewaltig. Inzwischen gibt es auch verschiedenen Stadtteilen Rückmeldungen über die offenbar sehr umfangreich verteilte Werbung. Soeben ging bei uns ein Mail mit dem gescannten Faltblatt ein.
Kommunikationsguerilla und Subversion sind der Versuch, mit kleinem Aufwand grosse Wirkung zu erzeugen, in dem die Macht des Gegners mit eingerechnet wird. Im Falle des Widerstands gegen Herrschaft in all seinen Formen bedeutet das oft, dass die Wucht der Machtapparate, Diskurse usw. mit genutzt wird, um sie gegen sich selbst zu richten. Mehr Infos auf den Internetseiten zu Kommunikationsguerilla ( http://www.contrast.org/KG) und Direct-Action ( http://www.direct-action.de.vu).
In und um Giessen hat es in den letzten Monaten viele solcher Versuche gegeben ... einen der größten offenbar vor wenigen Tagen. Hintergrund ist die Sicherheits- und Ordnungspolitik in Hessen und Giessen mit dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz, der Giessener Gefahrenabwehrverordnung usw.
In einem Fake wurden nun InteressentInnen für den Polizeihilfsdienst angeworben. In den Texten wurden etliche in der Law-and-Order-Debatte regional bekannte Politiker namentlich gemacht und beschrieben. Auf den Bildern sind Ausschnitte sowie das gesamte Faltblatt zu sehen (da Indy eine Grössenbegrenzung hat, gibt es die beiden Faltblatt-Seiten sowie einzelne Ausschnitte größer).

Hier zudem zwei Reaktionen ...

Bericht per Mail:
Eine Freundin geht in einen Platten Laden an der Südanlage um eine CD zu kaufen. An der kasse hält der Typ an der Kasse ihr den Zettel entgegen und meint nur so: ?Habt ihr das schon gesehen? Geiler Scherz, oder??

Giessener Allgemeine, 27.2.2003

Stadt Gießen
Wieder irreführende Flugblätter in der Stadt
In der vergangenen Woche wurden einzelne Anwohner des Marktplatzes mit angeblichen Flugblätter der Gießener Kriminalpolizei verunsichert, in dieser Woche waren Anwohner der Alicenstraße an der Reihe. Dort wurden am Dienstagabend grüne Handzettel verteilt, mit denen eine angebliche Firma »City Safety« für die Ausbildung von Stadthelfern im Freiwilligen Polizeidienst warb. Die »Agentur für angewandte Gefahrenabwehr« firmiert auf dem Blatt unter der Wiesecker Adresse des ZAUG. Dort soll in Kürze tatsächlich die Ausbildung von Langzeitarbeitslosen zu Stadthelfern anlaufen, die dann als Begleiter in Stadtbussen und zur Überwachung der öffentlichen Ordnung eingesetzt werden sollen. Bei ihrem mittelbaren Protest gegen die städtische Gefahrenabwehrverordnung haben die anonymen Verfasser allerdings ein wenig dick aufgetragen, indem sie beispielsweise die Prüfung für den »Silbernen Schlagstock« oder die »Sonderprüfung Goldene Hundeleine« anbieten.
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Ergänzungen

Und gleich weiter!!!!

Ganze Abwehrbande der Ordnung!!! 28.02.2003 - 14:38
Es geht gleich weiter ...

HEUTE!!! HEUTE!!!
Spiesser-Demo gegen die Nachttanzdemo - ein Umzug der BI "Innenstadtberuhigung" für ein Leben ohne Spass. Giessen muss für Arbeit da sein. Deutsche seid anständig, geht arbeiten statt tanzen usw.
Beginn: 17 Uhr auf dem Elephantenklo, dann durch den Seltersweg (FußgängerInnenzone).

MORGEN!!! (Samstag, 1.3.)
Ab 21.30 Uhr Nachttanzdemo. Stadt: Südanlagenpark. Diese Demo ist trotz Verbotsandrohung inzwischen genehmigt!!!

Das ganze Wochenende: Pink-Silver- und Direct-Action-Seminar in der Projektwerkstatt Saasen.

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Und da der Ablauf doch recht witzig war, hier eine Protokollierung der Demovorbereitung, u.a. des Treffens mit Ordnungs(wahn)amt und Oberbullen:

Heute waren wir (6 Leute - ist übrigens viel besser, mit vielen da aufzulaufen ... dazu noch mehr) beim Gespräch mit Ordnungsamt, Polizei (u.a. Staatschutz).
Das war schon kultig - nur mal kurz angerissen (bei Interesse können die Dabeigewesenen ja noch mehr erzählen): Wir hatten uns in zwei „Fraktionen“ (NachTanzDemo-Leute und die GegnerInnen selbiger - für Freitag ist ja ne Verarschungs-Spießer-Demo als Schleichwerbung angemeldet ...) aufgeteilt, die sich ständig gegenseitig anpöbelten - und damit für einige Verwirrung sorgten (das haben sicher zwar einige der anwesenden Polizistis gecheckt, aber thematisiert hat das niemand). Prägendstes Element war, dass wir den formalen Rahmen und die Autoritäten keinen Deut ernst nehmen - das finde ich nicht nur politisch richtig, sondern auch persönlich aufbauend.
Zum Formalen - NachtTanzDemo:
Tenor der Staatsschergen war, die NachtTanzDemo zu verbieten mit der bekloppten Begründung, Tanzen sei unpolitisch, dass würde mensch mit Spass verbinden, politische Meinungsäußerung sei was ernstes ... davon wollten die auch nicht abrücken. Und auch das Motto, u.a. „für selbstbestimmtes Leben“ sei unpolitisch.
Auf jeden Fall sei mit Auflagen zu rechnen - ob es ein Verbot geben wird, werden wir wohl Donnerstag erfahren. Wobei wir natürlich deutlich signalisiert haben, dass uns das ziemlich egal ist & wir das alles wenig ernst nehmen.
Bei der VöKü im Infoladen haben wir in einer Runde zum Wochenende noch ein paar Sachen abgeklärt:
· Leute von der Demokratischen Linke melden eine weitere Tanzdemo unter dem Motto „Tanzen ist politisch an“ hihi - Startpunkt: 21.30 ab Kirchplatz, mit gleicher Route wie NachtTanzDemo (Komplettumrundung des Anlagenrings ...)
· Mindestens einen Wagen mit fettem Soundsystem machen wir auf jeden Fall klar (über ‚nen kommerziellen Verleih, im besten Fall gegen Anzeige im Abriss, ansonsten müssen wir das Geld dafür organisieren). Update: Das Auto geht klar (Kostenpunkt zw. 50-80 Euro)
- Fall es ein Verbot gibt, wollen wir uns Freitag kurzfristig im Infoladen treffen, um eine Alternative (RTS, Kleingruppen-Chaos usw.) zu überlegen

Cool fände ich auch, wenn Menschen und Gruppen sich vorher überlegen würden, was sie aus dem Rahmen der Demo machen wollen ... von Theater, Performances bis zu Aktionen am Rande (subversives Plakatieren, Sprüyaktionen usw. - ist natürlich verboten ;-).
Zur Freitags-Spießerparade (schön angepasst anziehen und so richtig gegen die „Autonomen von außerhalb“ abziehen ...):
Die ging formal klar (ohne jede Nachfrage nach Inhalten, RednerInnen, was bei der NachtTanzDemo so vehement eingefordert wurde), nur die Route wurde geändert:
Freitag ab 17.00 Uhr ab Selterstor („Elefanten-Klo“), Kundgebung, dann Seltersweg bis Marktplatz, dort Kundgebung, dann weiter über Schulstr. und Neuen Bäue auf den Anlagenring, Südanlage bis E-Klo, Abschlusskundgebung. Polizeiobermacker Wiese meinte, wir sollten damit rechnen, dass keine Polizei uns schützen würde - yippie ... das hat die Antifa M in all den Jahren noch nicht geschafft zwinker ;-)
Falls da auch schon Leute von überregional kommen: Bis ca. 17.15 werden auf jeden Fall auch Leute am Bahnhof stehen, um ankommemde Leute zu empfangen. Wäre aber trotzdem cool, zu wissen, auf wen wir so warten sollen ... mailen oder kurzfristig anrufen ... 06401-903283 oder 0171-8348430

Zum Pink-Silver-Seminar 28.2.-1.3., siehe  http://www.projektwerkstatt.de/ps/ps280203.html):
Wer Lust hat, kann auch schon früher, also Donnerstag, kommen - Brotaufstriche machen oder das Haus hier auf Open Space vorbereiten, Aktionen planen ... da ist noch einiges zu tun.

Giessener Allgemeine farbenblind?

:-) 28.02.2003 - 17:17
Die Zettel sind doch blau. Oder gabs Verschiedene?

war da

GiessenerIn 28.02.2003 - 19:33
War suuuuperklasse!
Ca 30 Menschen marschieren durch die Innenstadt, skandieren "Arbeiten gehen" oder "Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit!". Immer wieder wurde durchs Megaphon Ort und Zeit der Nachttanzdemo durchgegeben, mit dem Verweis doch bloss nicht zu diesen Chaoten zu gehen ;-)
Bin gespannt auf Morgen!!!

In freudiger Erwartung....

Giessener Anzeiger zur Nachttanzdemo

SurferIn im Netz 28.02.2003 - 20:55
Ein Text im Giessener Anzeiger ... inzwischen ist die Nachttanzdemo ja genehmigt.

Passende, aktuelle Nachricht

Nieder mit dem Staat! 01.03.2003 - 01:50
Soeben ist auf den internetseiten der Giessener Presse zu lesen, das der Giessener Bürgermeister die Bombendrohung vom 12.12. vor der Stadtverordnetensitzung erfunden hat, um die Bullenattacken und -kontrollen zu rechtfertigen. Klasse, Haumann. Das gibt sicher ein paar Prozente bei der Wahl mehr. Arschlöcher und Lügner sind gefragt!

Na damit kann man doch arbeiten

Frager 01.03.2003 - 01:54
Wie wäre es mit Anzeige oder Skandal draus machen? Sowas kann doch nicht hingenommen werden!

Ja, aber ...

Kreativ-Widerständling 01.03.2003 - 10:39
Na klar kann mensch diesen Vorgang nutzen. Aber so, wie formuliert, wird das nischt, denn ...

- Anzeige machen, heißt den Rechtsstaat mit der Klärung der Vorgänge zu beauftragen. Als taktisches Mitteln, um dann z.B. Akten einsehen zu können, ist das ja noch o.k. Aber ansonsten ist es so, wie die Familienvater dafür zuständig zu erklären, zu verhindern, daß er nicht mehr soviel prügelt. Oder die NATO, daß von ihr vorher aufgebaute Diktatoren weggebombt werden, um Platz zu machen für die nachher aufgebauten Diktatoren usw.

- die allgemeine Formulierung der Marke "mensch sollte mal machen" klingt nach linken Plena. Wichtiger wäre, tatsächlich kreative Aktionen zu entwickeln - und zusätzlich, überhaupt sich mehr Wissen und Training anzueignen in kreativer Kommunikation, Vermittlung, Subversion usw., um ständig die Möglichkeiten verdeckten Theaters, Militanz usw. nutzen zu können.

So long ...

Fänd ich nicht so schlimm

Find ich 01.03.2003 - 11:47
Sicher würde man erst mal den Staat nutzen - aber man könnte dadurch dafür sorgen, daß ne Menge Menschen mitkriegen, von wem sie regiert werden. Hier wäre der Gewinn höher als der Preis (nämlich den Staat zu nutzen).

Wir sehen uns auf dem Barrikarden

Linker 01.03.2003 - 11:52
Wir sind auch schon gleich auf dem WEg,und hoffen uns den Leuten anzuschließen.
Auf die Barrikarden, Antifa Heißst Angriff!!!

Ich möcht so gerne Blockwart sein...

Emma 01.03.2003 - 13:39
Volkszähler tuts ja auch.Endlich in fremde Wohnungen rein...(Zitat).

Giessener Allgemeine zum Fake

hahahahaha ... 02.03.2003 - 13:20
Giessener Allgemeine, 1.3.2003
Spinner und ...
Sein persönliches Erlebnis der Woche widerfuhr dem Chronisten am Dienstagabend gegen 21 Uhr. Da erkundigte sich eine Anwohnerin aus der Alicenstraße bei ihm daheim telefonisch, ob er tatsächlich etwas mit der Ausbildung für den Freiwilligen Polizeidienst in Gießen zu tun habe,. Nach der ersten Verblüffung stellte sich rasch heraus, dass die Anruferin nur eine Entscheidungshilfe darüber benötigte, ob ein in ihrer Straße verteiltes Flugblatt einer Agentur »City safety« wirklich reiner Blödsinn ist. Leider musste der Gefragte ihrem davon überzeugten Mann Recht geben. Und herzlich lachen musste er darüber, wie realitätsfern er in dem Schreiben als »Experte für angewandte Gefahrenabwehr« beschrieben wurde: »Dr. Timo Gammel, mehrfach ausgezeichneter Kampfsportler, Typ >Draufgänger<, Ausbilder für dominantes und selbstsicheres Auftreten«.
Uberraschen konnte eine solch zielgerichtete Attacke mit der Veröffentlichung seiner privaten Telefonnummer den Chronisten freilich nicht. Schließlich hatte er berufsbedingt wiederholt den Unfug angeprangert, den die fundamentalistische Projektwerkstatt Saasen verzapft. Deshalb hatte die vor einigen Wochen, nachdem ihr geistiges Oberhaupt wieder einmal kurzzeitig inhaftiert worden war, via Internet mittelbar sogar zur Sachbeschädigung aufgerufen: »Die Pressea... haben mal verdient, auf ihrer Fensterscheibe zu erfahren, wie echtes Sprayen aussieht.« Dem Treiben zur Verunsicherung leichtgläubiger Bürger muss die Polizei anscheinend machtlos zusehen: Sie weiß ziemlich genau, wer die Urheber jener Flugblätter sind, die in den vergangenen Monaten mit gefälschten oder erfundenen Briefköpfen in Gießen verbreitet wurden — aber sie kann es nicht beweisen.
Zu belegen ist allerdings, dass diese Fälschungen mit viel Phantasie, Energie und Intelligenz geschaffen und verbreitet wurden. Da drängt sich natürlich die Frage auf, warum die Verfasser diese Qualifikationen nicht nutzbringender einsetzen – etwa, um einer geregelten Arbeit nachzugehen.


Weitere Info:
Der Bürgermeister von Giessen, Heinz-Peter Haumann (nomen est omen), hat zugegeben, Parlament und Öffentlichkeit am 12.12. (Stadtratssitzung zur Gefahrenabwehrverordnung unter massiven Bullenschutz, vorher Unterbindungs-Verhaftungen usw.) belogen zu haben. Er hatte zur Begründung für den Bullenscheiss behauptet, um 13.30 Uhr an selben Tag sei eine Bombendrohung eingegangen. Das wurde schnell mehrfach angezweifelt, aber der Bürgermeister blieb bis gestern bei seiner Behauptung. Dem Nachstochern eines PDS-Abgeordneten ist zu verdanken, dass die Scheisse ans Tageslicht kam. Haumann steht dieses Jahr noch zur Wahl bei der Direktwahl des Bürgermeisters. Vielleicht bekommt er ja sogar vom Rechtsstaat eine rein. Vortäuschung strafbarer Handlungen nennt mensch das. Aber Haumann gehört ja zum Establishment ... die dürfen das sicherlich ...