Bericht von der Sicherheitskonferenz

Dennius 09.02.2003 12:42 Themen: Militarismus
Hier noch ein Erlebnisbericht vom 7./8. Februar in München.
Wir sind am Freitag Nachmittag zu viert nach München gefahren (mit dem Zug). In der U-Bahn-Station Marienplatz wurden wir erst einmal ausgiebig durchsucht, Rucksäcke geöffnet, abgetastet etc.
Kaum waren wir die Treppe hochgegangen, ging die gleiche Prozedur von vorne los: Schikane oder schlechte Organisation bei den Bullen? Der Marienplatz war schon recht voll, die Absperrgitter und das Bullenaufgebot um den ganzen Platz herum war aber schon ziemlich krass. Im Prinzip war es ein einziger Kessel, alle Zugänge zum Platz waren abgeriegelt. Das wurde von der Demoleitung in diversen Redebeiträgen auch stark kritisiert.
Die Redner sagten im Prinzip alle das Gleiche, ein Irakkrieg sei rein imperialistisch motiviert und die Ablehnung Deutschlands und Frankreichs beruhe auf durchsichtigen wirtschaftlichen Interessen. Auch OB Ude wurde kritisiert, er war zur Zeit der Kundgebung gerade beim Sektempfang im Hotel Bayerischer Hof, wo die Konferenz stattfindet. Wir gingen auf der Suche nach einer Telefonzelle in die U-Bahn-Station zurück, so versäumte ich einen
Teil der Redebeiträge. Als wir (nach den üblichen Kontrollen und der Beschlagnahmung eines A.C.A.B. Aufnähers Begründung: "Des is heute verboten") schon wieder oben waren, wurde einer von uns wieder zurückgerufen. Als wir von oben runterriefen, wieso denn,
kamen drei Bullen zu uns und teilten uns mit, dass wir nicht "rumpöbeln" sollten, uns das gar nichts anginge (wieso unser Freund schikaniert wird) und sie uns im übrigen hier nicht mehr sehen wollten. Also zurück zur Kundgebung, wo gerade dazu aufgerufen wurde, an der Jubeldemo teilzunehmen - Motto: "Für Krieg und Kapitalismus!". Während die anderen Drei sich auf den Weg zur Pennplatzbörse machten, ging ich also dort mit. Nach ungefähr 50 Metern rannte plötzlich einer durch die Menge, ein Zivi mit wutverzerrtem Gesicht ("Ich lass dich net los!") am Jackenzipfel hängend. Der Flüchtende schaffte es aber, dem Zivi im Gewühl zu entkommen ;) Nach ungefähr der Hälfte des Weges verließ ich die Demo allerdings, es war zwar lustig, aber irgendwie auch langweilig. Am nächsten Morgen dann Wiedersehen im Hauptbahnhof, auch mit einigen anderen Leuten aus unserem Heimatstädtchen, die nachgekommen waren. Die DGB-Kundgebung verschmähend machten wir uns direkt auf den Weg zum Marienplatz.
Hier erfuhren wir auch von den Rednern von der Erstürmung des Convergence Centers. Nach den Redebeiträgen, die denen vom Vortag wieder ziemlich ähnlich waren, ging dann die Demo los. Zwar war es ein ziemliches Chaos, bis sich die Demospitze in Bewegung setzte, aber schließlich waren wir doch unterwegs. Unser Grüppchen sah zu, dass wir möglichst weit nach vorne kamen, dabei überholten wir auch das in anderen Beiträgen erwähnte Palästinensergrüppchen ("Kindermörder Israel" "George Bush, Tony Blair- We will fight everywhere!"). Zunächst fand ich es überraschend, dass so wenig Bullen da waren, bis wir uns dem Frontlauti näherten, als der Zug gerade an irgendeinem (ich glaube Telekom-) Gebäude vorbeiging, vor dem eine Kette Weißhelme standen. Ab da waren ständig irgendwelche Bullen in der Nähe, die ebenso ständig mit Schneebällen beworfen wurden. An einer Stelle wurde es dann zunehmend aggressiv, eine Flasche flog in Richtung der Bullen und die ersten fingen an, mit ihren
Schuhen Schottersteine von den Trambahngleisen zu lösen. Die Bullen zogen aber dann doch ab, wenn auch nur vorübergehend. Am
Lenbachplatz kletterten etwa hundert Leute auf die Winterabdeckung des Springbrunnens, was die Polizei natürlich nicht hinnehmen konnte und den Brunnen mit ziemlicher Heftigkeit räumte. Die Demoleitung auf dem Lauti war (was ich nciht erwartet hätte) stark auf Seiten der Schneeballwerfenden Demonstranten und forderte die Bullen immer wieder auf, doch endlich abzuhauen. Das taten die Bullen (was mich noch mehr überraschte) auch immer wieder, erst als der Zug in Richtung Feldherrenhalle/Odeonsplatz abbiegen wollte, war Schluss. Eine Fünferreihe USK und quergestellte Mannschaftswägen machten ein Durchkommen unmöglich. Wir versuchten zwar dreimal, durchzubrechen, die Bullen drängten uns aber jedesmal mit Tränengas und Schlagstöcken wieder zurück. Es fehlte auch die Entschlossenheit von Seiten der Demonstranten. Unsere Gruppe wartete dann noch etwa eine halbe Stund, bevor es uns zukalt und nass wurde und wir den Heimweg antraten.
Insgesamt war es ein kraftvoller Protest, obwohl (oder weil?) die Bullen sich wie die letzten Idioten aufgeführt haben.
Bis zum 15.2. in Berlin!!

Krieg dem Kriege überall-bringt die NATO jetzt zu Fall!



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Ergänzungen

wie bitte??

tratttrraska 09.02.2003 - 12:59
wie bitte? die bullen sollen der aufforderung nachgekommen sein und zumindest zeitweise das spalier aufgegeben haben??? wo hast du denn das gesehen? ich hatte die komplette demo immer bullen neben mir laufen!!

Bullen aus der Demo

Revolution 09.02.2003 - 14:51
Das Spalier wurde zwar nicht aufgegegeben, aber zumindest hat man es aus der Demoroute selbst an den Rand verbanne können. Immer wieder ist auch USK mitten in der Demo gestanden, die konnten aber durch Schneebälle und Aufforderungen der Demoleitung dazu bewegt werden sich wenigstens aus der Demo zu verpissen. Ansonsten war wiedermal viel Kamera- und Zivibullerei unterwegs. Einige Zivis sind wenigstens aufgeflogen und rausgeworfen worden. Ansonsten fand ich die Polizei für Münchner Verhältnisse äußerst zurückhaltend, auch wenn es einige Bullen ganz schön gejuckt hat, endlich zuhauen zu dürfen. Aber die Masse der Menschen scheint ein Eingreifen verhindert zu haben.

PFEFFERSPRAY, lieber Dennius!

viel zu heftig 09.02.2003 - 15:07
die herren von der oliv-grünen fraktion haben beim dritten durchbruchsversuch MASSIV mit PFEFFERSPSPRAY um sich geballert.
jedenfalls kam an meinem frontabschnitt so ungefähr jeder vierte mit ernsthaften problemen bzw. akuten schmerzen zurückgestolpert.
es ging dann zunächst nicht richtig weiter, weil erstmal genügend wasser aufgetrieben werden musste.
alles in alllem waren die durchbruchsversuche jedoch eher von symbolischem wert.
warum - ist jawohl klar.
ohne schaufeln. harken und morgensternen lässt sich halt nix reissen!






...

? 09.02.2003 - 15:13
Ich hab auch net einmal mitbekommen das sich die Bullen verpisst haben!!!!
Ich muss allerdings sagen das ich mit Krawallen seitens der Demonstranten gerechnet hätte bin aber sehr froh das es so gelaufen ist!!

Grüßle Wir sehen uns in Berlin

häää

ingo 09.02.2003 - 16:54
unter einer kraftvollen demo verstehe ich etwas anderes. wenn die leute im lauti nicht mehr auf seiten der demonstrierenden gewesen wären, wäre ich jetzt nicht hier, sondern würde, die eine oder andere heute besuchen. wär ja noch schöner.

das andere ist, dass da eine menge leute auf den strassen waren, die bullen hatten damit ein grosses problem. zudem waren an der stelle, wo du anscheinend warst, sehr viele usk leute und sonst cops aus ausserhalb, die in münchen verloren gewesen wären(die sind mit stadtplan da herumgehopst). dann waren an der stelle auch sehr gute ordner, die exzelente arbeit gemacht haben und die situation immer wieder unter kontrolle brachten. die es den bullen fast unmöglich machten, weiter in die demo reinzugehen. super arbeit!
aber es bleibt eine unverschämtheit, wie die cops provozierten. es ist ein unding, wie die in die demo reingingen. leute, die in ketten gingen aus den ketten rausrissen. es bleibt ein unding, dass die überhaupt in die demo reingingen. klar, wer erwarted, dass die bullen nur prügelnd unterwegs sind, der muss positiv überrascht gewesen sein. wer aber erwarted, nicht angepöbelt zu werden. wer erwarted nicht herum geschubst zu werden. wer erwarted nicht angespukt zu werden. wer erwarted, das die den verkehr regeln und die leute in ruhe lassen muss eigentlich den wahnsinn mitbekommen haben. sie hatten es von anfang an darauf angelegt, dass es zu ausschreitungen kommt. sie haben die ganze zeit auch so gehandelt. nur weil sich die demonstranten auf das spiel nicht eingelassen haben und sich die provokationen gefallen liessen, kam es zu keinen weiteren ärger. an der stelle ist die frage ob es wirklich richtig war das so still hinzunehmen. es war eine demo im münchen stil. solange du dich nicht bewegst, wirst du die ketten nicht spüren, die sie dir anlegen. solange die demo weiterläuft wenn jemand festgenommen wird und das nichteinmal wahrgenommen wird ist die welt in ordnung. solange du aus dem weg hüpfst wenn die antanzen ist ruhe. dann verlegen sie -nachdem die ordner einschreiten und sie auf ihr vergehen aufmerksam machen- endlich ihr spalier an den rand der demo und du feierst das als erfolg - vor allem wenn du bedenkst dass sie kurz darauf wieder mitten in der demo rumgehoppelt sind. ich sage dir, wäre nur eine einzige ausgeflippt, bei einer provokation, dann hätten sie die einfach einkasiert und die demo wäre weitergetrabt. ohne wasserwerfer und mit diesen "friedlichen" polizisten. das ist genau münchen - style. von den zivis in der demo will ich gar nicht anfangen. von der schweinerei am odeonsplatz(bzw eben nicht odeonsplatz) brauchen wir gar nicht reden. nochmal: das ist münchen style, sauber, clean und beim genaueren betrachten eine riesen sauerei. das bild das in den medien ist, ist dass ude eine demo mit 20.000 leuten gemacht hat die friedlich waren und die paar chaoten von der polizei im zaum gehalten worden sind. das bewährte konzept der münchner polizei ist aufgegangen. es gab keinen widerstand in münchen. die sicherheitskonferenz konnte geordnet durchgezogen werden. inhalte konnten die presse kaum erreichen. leute, die angereist waren konten erfolgreich in den computern gespeichert werden und es kann jetzt weiter analysiert werden, wer da unterwegs war. diejenigen, die pech hatten haben eben eine auf die nase bekommen - oder pfefferspray ins gesich und es gibt niemanden der sich dafür interessiert. in der nacht gab es einen übergriff auf ein haus. das interessiert so gut wie niemanden. überhaupt: war das was ihr erreichen wolltet. ich habe zwar nicht gesehen, dass leute schotter ausgruben. wenn: das ist doch nichts tolles. das ist eigentlich keine zeile wert. toll ist, wenn du von einer demo gehst und sagen kannst: ok, heute ist etwas durchgesetzt worden. toll ist, wenn du sagen kannst: wir haben wenigstens ein teilziel erreicht. da habe ich dann auch verständnis, wenn leute steine ausgraben wenn sie wüten werden. so für sich genommen jedoch, ist das nichts wert. deswegen: gut, das die demo stattgefunden hat - das war schon ein erfolg im vergleich mit letztem jahr. schade, dass das nicht genutzt wurde angesichts der masse der leute. zum beispiel finde ich wäre es durchaus angebracht gewesen, jedesmal sofort stehen zu bleiben, wenn die bullen in der demo auftauchten. es wäre sehr angebracht gewesen das dauernde spalier zu thematisieren. es wäre angebracht gewesen, klar zu sagen dass sie nicht erwünscht sind. was das powervoll angeht: auf der demo wurde nicht ein meter gelaufen. parolen waren lahm und die demo war keinesfalls in irgendeiner weise entschlossen irgendetwas zu erreichen. der versuch einmal in richtung bayrischer hof durchzukommen war erfrischend - die beteiligung war minimal. es wäre an der stelle zum beispiel schon sinnvoll gewesen, wenn mehr leute da mitgemacht hätten und nicht nur 100-200(mehr warens nicht, ein paar noch die planlos dachten, die bullen würde jetzt mit der prügelorgie beginnen- nein:münchen!). einfach nur um zu thematisieren: da sitzen sie jetzt und beschliessen über die zukunft anderer menschen - geschützt durch die polizei. dass wir durchgekommen wären bezweifle ich, aber es wäre ein klares zeichen gewesen. ein zeichen, das die möglichkeit geboten hätte der presse inhaltlich etwas zu vermitteln: nämlich dass es einen haufen leute gibt, die keinen bock darauf haben, dass die da sind. dass die von den menschen nicht erwünscht sind. tut mir leid, ich war in letzter zeit auf einigen demos, in einigen städten und überall hatte ich das gefühl, dass es gut war dort gewesen zu sein, dass es wenigsten ein bischen was gebracht hat. das gefühl hatte und habe ich von münchen nicht(es war mehr wut im bauch, wie ein anderer, an anderer stelle, schrieb). dass einzige was ich positiv finde ist, dass das ganze wahnsinig toll vorbereitet war, die ordner spitzen arbeit gemacht haben, pennplatzbörse gut geklappt hat. dass es gleich mehrere anlaufpunkte gab. dass für essen gesorgt wurde und in ein paar projekten für ein paar mehr leute als sonst gekocht wurde. für leute und dass an der stelle in münchen wirklich trotz allen differenzen, alle an einen strang gezogen haben(und wirklich leute, die sich sonst gerne streiten oder sich gerne ignorieren). gegen ob und stadt und sicherheitskonferenz. nicht unbedingt als einheitliche gruppe, aber als viele gruppen und einzelpersonen, die alle ihren beitrag geleistet haben. dazu eine hervorragende arbeit bei dem bündnis, das die sachen koordiniert hat. war toll! das was am ende gezeigt wurde, ist, dass die linke gut organisieren kann. so etwas gut auf die reihe bringt. münchen hat an der stelle wiedereinmal gezeigt, dass es gut in der lage ist grossveranstaltungen durchzuführen - es sollte aber dann auch mal anfangen, solchen veranstaltungen einen sinn zu geben. weil, es hilft nichts toll zu organisieren, wenn dabei nichts rumkommt und die bullen in der demo rumtanzen! es ist wahrlich kein erfolg, wenn die mal kurz rausgehen, um gleich wieder in der demo leute zu nerven!

schönen gruss von jemanden, der gerade mal wieder in münchen wohnt, aber eigentlich die meiste zeit in anderen städten verbringt.

bullen

chrissi k. 09.02.2003 - 16:56
Ich bin bei den Schwarzen (1. Abschnitt der Demo) mitgegangen; rechterhand war die NRW-Hundertschaft 4, die normalerweise (außer wenn die Straße eng war) Distanz hielt und erst ab dem Brunnen die Helme aufzog; links waren NRW-HS 7 und die 15, die weitaus weniger nett waren: Visier runter, Pfefferspray raus. Trotzdem war's letztes Jahr schlimmer; wenn sie Schneballwerfer nicht direkt kriegen und fertigmachen konnten, ließen sie's sein. Die Schneebälle sind dann auch immer von rechts nach links geflogen, weil die 4er praktisch nicht provoziert haben (aber die zivilen Kameratrupps haben genervt). Einige der Leute in Schwarz sahen auch nachher ziemlich blutig aus.

@chrissi

ingo 09.02.2003 - 18:27
lag letztes jahr schnee?
ich hätte mir eingebildet, dass es letztes jahr ein demoverbot gab. ich hatte mir eingebildet, irgendwo gelesen zu haben, dass sich letztes jahr die leute nicht an die regeln gehalten hatten und trotzdem auf der strasse waren. ich hatte mir auch eingebildet, dass sie letztes jahr einen haufen leute festgenommen hatten. meinst du nicht auch, sie wären ebenso brutal vorgegangen, wären die leute auch nur eine querstrasse anders gegangen, als sie es vorgeschrieben haben? ->ludwigsstrasse.
diese demo war nicht verboten.

Zusammenfassung des EA zum Wochenende

10.02.2003 - 07:13
Staatliche Repression bei den Protesten gegen die NATO- Sicherheit

Erklärung des Ermittlungsausschusses zur Repression gegen die Proteste anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz am 7. und 8. Februar

 http://www.de.indymedia.org/2003/02/40950.shtml

@ingo

bingo 10.02.2003 - 16:36
Durchbruchsversuch zum Bayrischen Hof, das schien mir genau das worauf die nur warteten. Die sind ja auch ploetzlich auf Kommando (fast) alle zur Seite gegangen, nach dem Motto coooomekittykittykitty der Weg is doch frei! Aber die Motoren der WaWe waren schon am Warmlaufen und ich will echt nicht wissen wieviele gruenuniformierte Damen und Herren da in den Seitenstrassen lauerten...

@bingo

ingo 10.02.2003 - 17:36
da lauerten viele, sehr viele! das ist mir klar - ich kenne diese stadt und ihre cops gut. irgendwie möchte ich ihnen aber manche dinge nicht so durchgehen lassen. ich war letztes jahr auf der strasse, obwohl sie es mir verboten hatten und nur darauf warteten. wieso hätte ich dieses jahr aus dem grund stillhalten sollen? natürlich, es machte keinen sinn mit dem bischen was sich da aufmachte noch weiter auf konfrontation zu gehen. das bedauere ich, die stimmung auf der demo war dafür nicht powervoll genug.