Aktionstag gegen Sicherheitswahn in Giessen

AbwehrspielerIn der herrschenden Ordnung 18.01.2003 22:23 Themen: Repression
In Giessen lief heute erneut ein Aktionstag gegen den Sicherheitswahn. Diesmal war eine Demonstration angemeldet - Anlaß waren etliche Polizeiübergriffe und -überfälle, "Verschwindenlassen" von Personen aus politischen Gruppen nach dem neuen hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetz sowie die technische Zerschlagung der Projektwerkstatt.
Der Höhepunkt der Demo lag vor der Demo ... diese konnte erst mit 1 Stunde Verzögerung anfangen, weil die AktivistInnengruppe aus der Projektwerkstatt Saasen samt in der Nähe herumstehender DemonstrantInnen und einiger PassantInnen in einen Bullenkessel am Rand der der FußgängerInnezone gestellt wurden.
Mit im Bullenkessel saß auch die Demo-Anmelderin - und so ging erstmal nix mehr. Nacheinander wurden alle im Kessen an die Wand gestellt und durchsucht. Schlagsahne und Rasierschaum wurden beschlagnahmt. Nach einer halben Stunde kam Einsatzleiter Wiese (Leiter Zentrales Kommissariat I im Polizeipräsidium) und fragte die Demoleiterin, warum sie denn nicht zur Demo erscheine. Allgemeines Lachen - aber der Kessel blieb weiter bestehen.

Um 13 Uhr dann startete die Demo. Die angemeldete Route vorbei an den Ständen von CDU und SPD war untersagt worden. So ging es erstmal etwas langweilig durch Nebenstraßen und schließlich wieder in die FußgängerInnenzone. Auf insgesamt drei Kundgebungen gab es Redebeiträge. Unten dokumentiert sind:
- Redebeitrag gegen Polizei, Knäste und Repression insgesamt
- Dokumenation der Manipulation öffentlicher Wahrnehmung durch die Giessener Medien.

Am Ausgangspunkt angekommen bauten die Bullen eine Kette quer zur FußgängerInnenzone, damit niemand zum CDU-Stand kommen könnte. Dort hatten Bürgermeister Haumann und der als rassistischer Kneipenschläger bekannte CDU-Stadtchef Möller gestanden. Nach Auflösung der Demo gab es dennoch einige kleine Wortgefechte (Aussage Fuhrmann: "Wir haben uns doch alle zur Demokratie zusammengefunden"). Weitere kleine Scharmützel mit Staatsbütteln folgten - aber diesmal lief alles ohne Verhaftungen. Die Presse unterhielt sich, wie immer, nur mit Polizeiführung und Stadtoberen.

Dokumentiert: Redebeitrag zu Bullen, Repression usw.

fuck the police?
Nur wenige mögen die Polizei - Sprüche wie "Scheiß Bullen" samt entsprechenden Erfahrungen gehören zum Sprachschatz vieler Menschen. Dennoch herrscht fast überall der Glaube, dass Polizei und andere Repressionsorgane notwendig seien oder gar unsere Freiheit und das Gute schlechthin garantieren. Hintergrund dessen ist die gezielte Meinungsmache durch Medien, politische Eliten und nicht zu letzt die Polizei selbst. Zeit, ein wenig an diesen Diskursen zu rütteln ...

Polizei ... Hüter der herrschenden Ordnung!
Die Polizei schützt nicht die Menschen oder unsere Freiheit. Polizei schützt vor allem den Markt, die kapitalistische Verwertungslogik und damit den Reichtum weniger. Wo BGS-﷓BeamtInnen Menschen jagen, die nach D-﷓Land kommen, weil sie in anderen Staaten verfolgt werden oder es hier einfach netter finden, geht es nicht um unsere Freiheit, sondern die Absicherung der Festung Europa. Migration soll völlig staatlicher Kontrolle und den Anforderungen des Markts unterworfen werden - rein sollen nur noch Menschen, die nützlich sind und Profitraten steigern.
Der überweigende Anteil sog. Straftaten sind Eigentumsdelikte ... Ursache dafür ist, dass meißten Menschen keinen Zugriff auf das haben, was sie selbst oder andere produzieren - verschärft durch die fortschreitende Aufteilung in arm und reich. Und obwohl es auf der Welt so viel gibt, dass alle ein schönes Leben haben könnten erhalten u.a. Polizei, Justiz, Knäste usw. dieses absurde System aufrecht.

Polizei ... Durchsetzungsmittel von Herrschaft
Wo die Polizei existiert, können jederzeit Projekte gegen den Willen der Menschen vor Ort durchgesetzt werden. Ohne riesige Polizeieinsätze könnte kein Castor rollen - so können tausende Demonstrantinnen, die sich dem Symbol für die Verwertungslogik in den Weg stellen, weggehaftet werden. So können Hüttendörfer, die sich gegen noch mehr Autobahnen wehren, geräumt werden. Oder Freiräume, von denen Widerstand ausgeht, technisch zerschlagen werden.
Modernere Strategien versuchen zwar, die Menschen zu teilen in solche, denen Integrationsangebote (runde Tische etc.) gemacht werden und jene, die weggeknüppelt und weggesperrt werden. Zur Zeit reichen Diskurse, die durch Medien usw. verbreitet werden, aus, um Menschen gefügig zu halten. Militär, Polizei und andere Repressionsorgane (Finanzämter, Baubehörden usw.) stehen aber immer bereit - und solange diese Möglichkeit besteht ist nicht davon auszugehen, dass die Wünsche und Interessen der Menschen ernst genommen werden.

Knast ... keine Lösung
Es erhöht nicht unsere Sicherheit, wenn Polizei und Gerichte immer mehr Menschen wegsperren lassen. Knast ist die Zuspitzung von Zwangsverhältnissen, die auch den Rest der Gesellschaft durchziehen ... Schule, Arbeit, zugewiesene (Geschlechter-﷓)Rollen usw. Knäste verhindern keine Gewalt, sondern produzieren mehr - auch wenn wir sie wegen der Mauern nicht sehen (wollen). Nirgends ist die Gewalttätigkeit von Menschen höher als im Knast, von brutalisierter Sprache über Schlägereien bis hin zu Vergewaltigungen. Knast zerstört Menschen mitsamt ihrer Existenz: Wer zu längeren Haftstrafen verurteilt wird, verliert bald das soziale Umfeld, der Knast wird zur "Ersatzfamilie". Langzeitknastis können sich ein Leben jenseits der Gitter kaum noch vorstellen. Die totale Verregelung und Fremdbestimmung von Tagesabläufen macht es fast unmöglich, dass Menschen ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Dazu kommt: Zwangsverhältnisse selbst sind der gewichtigste Grund, warum Menschen gewalttätiges Verhalten entwickeln. Knast, Psychiatrien usw. sind daher nicht die Lösung, sondern Teil des Problems.

Herrschaft abwickeln ... dann klappt's auch ohne Bullen
Polizei ist ein Bestandteil jedes Herrschaftssystems. Die Demokratie ist dabei nur geschickter und schafft es über Wahlen, runde Tische usw., dass Menschen ihre weitgehende Entmündigung akzeptieren. Aber bereits die Möglichkeit, Menschen einzusperren, setzt Herrschaft voraus und fördert ihre Anwendung. Gäbe es keine Knäste, Polizei, Panzer und Armeen, wären Menschen "gezwungen", andere Wege zu entwickeln, miteinander umzugehen, soziale Prozesse voran zu treiben. An Stelle von Herrschaft würden freie Vereinbarungen und das gleichberechtigte Aushandeln treten. Natürlich wird es auch weiter Interessenskonflikte zwischen Menschen geben, aber wo keine Durchsetzungsmöglichkeiten "von oben" mehr bestehen, ist eine Einigung viel eher wahrscheinlich - zudem kann es durchaus vielfältige Lösungen geben. Der Wegfall von Herrschaftsstrukturen wird Gewalt sicher deutlich verringern, aber nicht komplett beseitigen - dafür aber Rahmenbedingungen herstellen, in denen Menschen sich viel mehr als zuvor direkt miteinander auseinander setzen und gegen diskrimierendes oder gewaltförmiges Verhalten intervenieren.

Wenn die Forderung nach der Abschaffung von Polizei und aller Repression utopisch erscheinen mag, zeigt das, dass sich viel mehr ändern muss: Zwang und Fremdbestimmung gehören in allen gesellschaftlichen Bereichen beseitigt ... weg mit Erziehung, Schulzwang, dem Zwang zur Lohnarbeit, Konkurrenzlogik usw. Weg mit der Verwertungslogik und Privateigentum: Wo Häuser, Fabriken und der gesellschaftliche Reichtum allen gehören, ist Diebstahl weder möglich noch sinnvoll.
Was wir wollen ist Gesellschaft, in der die Selbstbestimmung von Menschen im Mittelpunkt steht, in der kooperative Strukturen nach und nach Konkurrenz ersetzen. Dann klappt's irgendwann auch ganz ohne das Wegsperren von Menschen ... und auch die StaatsschützerInnen werden nach dem Wegfall ihrer Behörde schon wissen, womit sie ihr schönes Leben gestalten können!

-----------

Redebeitrag zur Manipulation in Medien:

Herrschaft durchblicken - moderne Demokratie demaskieren: Medien als Macher vieler Diskurse
Moderne Herrschaft läuft über die Köpfe. Zwar werden auch Überwachung, Strafvollzug und Polizeirechte ständig verschärft, um die Auswirkungen wachsender sozialer Ausgrenzung und Kälte unterdrücken zu können. Doch immer wichtiger wird, Menschen von vorneherein zuzurichten auf ein genormtes Verhalten. Das fängt mit der Geburt an, die Orientierung auf ein bestimmtes Geschlecht und das dazupassende Handeln, die Indoktrinierung des unmündigen, des noch nicht reifen Jugendlichen bis hin zur Vorbereitung auf die gesellschaftliche Rolle, z.B. als arbeitender oder haushaltsführender Mensch. Solche Zurichtung ist Herrschaft. Sie funktioniert meist ohne physische Gewalt, wohl aber mit deren Androhung. Was sich gehört, was als normal gilt, als gesund, als sinnvoll, als wahr oder richtig. All das definieren die sogenannten Diskurse - die Denk-﷓ und Wertmuster, die weitergegebenen werden in jedem Lehrplan, in Gesetzen, in fast jedem Gespräch ... und in den Medien. Um letztere soll es hier gehen - an einem ganz konkreten Beispiel, der Auseinandersetzung um Sicherheit und Ordnung in den letzten 5 Monaten in und um Giessen. Ganz konkrete Beispiele sollen zeigen, wie ganz gezielt mit Lügen und tendenziösen Darstellungen ein solcher sogenannten Diskurs etabliert wird. Er soll beinhalten:
- Die GegnerInnen der herrschenden Ordnung sind Spinner und gefährliche Kriminelle.
- Neue Bestimmungen für mehr Sicherheit sind nötig.
- Die herrschenden PolitikerInnen machen das Notwendige und Richtige für Giessen.
Es folgen Einblicke in die Praxis Giessener Herrschaftsjournalismusses - mit zwei führenden Redaktionsmitgliedern des Giessener Anzeigers und der Giessener Allgemeine als Hauptfiguren. Beide gehören zu den Eliten Mittelhessens, beide sind hochgradig verfilzt mit ParteiführerInnen und anderen Angehörigen der wichtigeren Leute dieser Region.

Wir starten im August 2002 mit den Anti-﷓Wahl-﷓Aktionen: Westerwelle kommt ... und geht!
Guido Westerwelle wollte auf dem Giessener Kirchplatz mit seinem Guido-﷓Mobil einen netten Auftritt hinlegen. Doch der misslang nach allen Regeln der Kunst: Während unten rund um den FDP-﷓Chef einige Flugis verteilt wurden und StörerInnen agierten, kletterten zwei Aktivistis auf das Baugerüst am Stadtkirchenturm und konnten von dort oben per Megafon und guter Akustik fast eine Stunde lang über Herrschaft und demokratische Regime im allgemeinen sowie den neoliberalen und antisemitischen Positionen der F.D.P. informieren. Ein großes Transpi war zu sehen ... und als Guido Westerwelle noch der Strom abgeklemmt wurde, hatte er bald keine Lust mehr und verschwand - begleitet von den Protestreden vom Turm.
Was aber stand in den Medien?
"Genauso ärgerlich war der Auftritt eines Wahlgegners, der auf dem Kirchenplatz per Megafon seine kruden Thesen verkündete. Dass er das - an der Seite einer mit einem schwarzen Bart verkleideten Blondine - ausgerechnet vom Baugerüst am Stadtkirchenturm tat, hat viele Passanten empört, die das als eine Art Entweihung eines Kulturdenkmals empfanden."
Und ein bißchen Law-﷓and-﷓Order hinterher: "Immerhin: An der Kongresshalle wurde dem Störer wenig später gleich vorsorglich Hausverbot erteilt".
(GI Allg., 24.8.2002, Autor: Guido Tamme)

Aktionstag am 14.9.2002
Eine Woche vor der Wahl fand in Giessen ein Aktionstag statt. Schwerpunktthemen waren die Kritik am alltäglichen Rassismus sowie an Herrschaft allgemein. Ca. 150 DemonstrantInnen machten viel Lärm und gaben ein buntes Bild ab. Die Pressevertreter standen bereits am Treffpunkt der Demo, dem Hauptbahnhof. Dort und im Verlauf der gesamten Demo sprachen sie kein einziges Wort mit den AktivistInnen, wohl aber die ganze Zeit mit den PolizeiführerInnen und dem Giessener Bürgermeister.
So fielen dann auch die Berichte im Sinne dessen aus, was als Wahrheit im Sinne der Herrschenden gelten sollte:
"Eine Hand voll Demonstranten beschäftigte ... die Polizei."
(GI Allg., 16.9.2002 unter einem Bild mit vielen DemoteilnehmerInnen, siehe Ausschnitt)
"Demonstrationen fanden in der Innenstadt kaum Beachtung"
(GI Anzeiger, 16.9.2002)
"... die von einem "Anti-﷓Rassisten-﷓Bündnis" angemeldete Demonstration, bei der sich stundenlang 30 Teilnehmer und etwa 150 Polizisten gegenüber standen ..."
(GI Allg. 4.1.2002, Autor: Guido Tamme)


Verhaftungen am 11.12.2002
Eine Eskalation der Auseinandersetzung gab es um die Verabschiedung der Gefahrenabwehrverordnung für Giessen. Kaum meldeten verschiedene Gruppen Proteste an und begannen mit kreativen Aktionen, packten auch die Medien eine Manipulationskeule der besonderen Art aus: Angst! Immer wieder war von der Gefahr von Krawallen die Rede - und in der angespannten Atmosphäre griff dann die Polizei hart durch. Am Vorabend gegen Mitternacht verschwanden zwei Projektwerkstättler in den Kellern des Polizeipräsidiums.
Die Presse lieferte folgsam den richtigen Diskurs: Sie seien beim Besprühen von Wänden erwischt worden. Eine Zeitung machte sogar eine genaue Ortsangabe.
"Zum ersten Mal wurde in Hessen ein neuer Passus des Polizeigesetzes angewandt. Betroffener war Jörg Bergstedt. Nach richterlichem Beschluß wurde er gestern bis 20 Uhr in Unterbringungsgewahrsam genommen. Diese Entscheidung hatte ihren Grund, denn Bergstedt war am Mittwoch erwischt worden, wie er Wände rund um das Rathaus mit Parolen beschmierte. Es ging ihm offensichtlich darum, die Proteste um die Gefahrenabwehrverordnung anzuheizen."
(GI Anzeiger, 13.12.02, Autor: Erhard Goltze)
"Einer der Haupträdelsführer des Autonomen-﷓protestes konnte nicht am oder im Stadthaus sein: Der Reiskirchener war in der Nacht zuvor beim Sprayen in der Innenstadt ertappt und bis gestern Abend in Unterbindungsgewahrsam genommen worden."
(GI Allg., 13.12.02, Autor: Guido Tamme)
Allerdings: Alles war gelogen. Bei der Zeitung gingen Gegendarstellungen ein. Die wurden, wie üblich, nicht abgedruckt, sondern in einer der Folgeausgaben zwar die Lüge korrigiert, aber gleich die nächste Lüge draufgepackt - die von etlichen Vorstrafen.
"Fest steht: Nach dem Erkenntnisstand von gestern Vormittag sind die Vorgänge polizeilich abgearbeitet. Bei der Polizei und Staatsanwaltschaft sind keine Ermittlungsverfahren anhängig oder Strafanzeigen eingegangen, bestätigten die jeweiligen Behördensprecher gestern auf AZ-﷓Anfrage".
"Im vorliegenden Fall wurden den beiden Männern ihre Vorstrafen "wegen Straftaten gegen die öffentliche Ordnung" und eine Schablone zum Sprühen einer politischen Parole zum Verhängnis".
(GI Allg., 17.12.2002)
"Bergstedt nicht auf frischer Tat ertappt ..."
(GI Anzeiger, 21.12.2002)

Zu den Protesten am 12.12.2002
Die Proteste während der Stadtverordnetensitzung wurden dann in anderer Weise verzerrt dargestellt. Plötzlich wurden aus den vorher als gewaltbereite Autonome deklarierten Protestierenden uninformierte Jugendliche. Beide Scharfmacher von Anzeiger und Allgemeine, Goltze und Tamme, packten neue Beschimpfungen aus:
"Aufbegehren der Jugend ... Ein anderes Phänomen dieser Zeit ist, dass einzelne Personen oder kleine Gruppen verstärkt zu extremer Gewaltbereitschaft neigen. Da drohen einer Demonstration, die erzürnt lautstark aber friedlich ihrem Protest Luft machen will, immer die unerwünschten Trittbrettfahrer, die schon einmal Schaufenster einschlagen oder Prügeleien anzetteln."
(GI Anzeiger, 21.12.2002, Autor: Erhard Goltze)
"Überhaupt haben vor allem die Sozialdemokraten in den vergangenen Wochen einen Popanz aufgebaut, der zu einer in der Sache kaum zu rechtfertigenden Demonstration am Donnerstagabend geführt hat. Die wenigsten der Kritiker dürften die Verordnung gekannt haben, gegen die sie protestierten. Andererseits kann dem Magistrat die Empörung von Jungsozialisten und Linksextremen aber gelegen sein. Denn die Bürger wissen automatisch: Wenn aus dieser Ecke Kritik kommt, dann hat die Stadtregierung etwas Vernünftiges vor."
(GI Allg., 14.12.2002, Autor: Guido Tamme)

Erster Aktionssamstag am 14.12.2002
Und so ging es weiter. Über die folgenden Aktionen jeweils Samstags in der Innenstadt fanden Anzeiger und Allgemeine viele diffamierende Worte. Über Inhalte und Verlauf der Aktion wurde nichts berichtet, umso mehr über scheinbare Straftaten oder einfach die Albernheit von Aktionen (welch ein journalistischer Begriff ...):
"Da die Veranstaltung aber nicht angemeldet und demzufolge auch nicht genehmigt war, wurde sie von der Polizei aufgelöst"
(GI Allg., 17.12.2002)
"Schauspiele ganz anderer und unangenehmerer Art sind seit einiger Zeit in Gießen zu beobachten ... Albernheit der Aktion ..."
(GI Allg. 4.1.2002, Autor: Guido Tamme)

Der Staatsschutz zerschlägt die Projektwerkstatt - die Presse organisiert die Kopfwäsche
Am Freitag, den 10. Januar, räumt der Staatsschutz die komplette Technik aus der Projektwerkstatt. Am Abend vorher wurden zwei Projektwerkstättler erneut in die Keller des Polizeipräsidiums gebracht. Die Polizei sagte ganz offen, worum es geht: Sie hätten keinerlei Beweise zu den vielen politischen Aktionen der vergangenen Monate - und darum würden sie jetzt die Projektwerkstatt zerschlagen. Und die beiden Verhaftungen geschahen, um Ruhe bei der Räumung zu haben.
Doch die Medien machten daraus einen formgerechten Vorgang. Mehrfach hintereinander logen Allgemeine und Anzeiger einen Durchsuchungsbeschluss herbei, den es nie gegeben hat. Die Verhaftungen seien wegen gesprühten Parolen gewesen. Da war die Polizei ehrlicher, aber die Gehirnwäsche ist ja auch Sache der Medien:
"Mit einem Durchsuchungsbeschluss eines Richters kam gestern der Staatssutz in die "Projektwerkstatt" in Saasen."
(GI Anzeiger, 11.01.03, Autor: Erhard Goltze)
"Am Freitag dann durchsuchten Beamte auf Grund eines Beschlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts Gießen wegen Sachbeschädigung, Verunglimpfung des Staates und seiner br />(GI Anzeiger, 14.01.03, Autor: jl)

Rangelei im Seltersweg
Der bisher letzte Akt war die Innenstadtaktion am 11. Januar - mit einer Spontandemonstration gegen die Räumung der Projektwerkstatt. Innenminister Bouffier höchstpersönlich ordnete vom CDU ﷓Stand den Einsatz seiner Polizeitruppen an - schließlich sollte im Seltersweg nur die Meinung der CDU zu sehen sein. Die Presse aber log auch hier eine neue Wirklichkeit zusammen - der Reigen reicht von illegaler Versammlung bis zu gefährlicher Körperverletzung:
"Zu einem Gerangel vor dem CDU-﷓Informationstand kam es am Samstag kurz nach Mittag im Seltersweg. Die Polizei schritt ein, weil ein polizeibekannter Mann aus Saasen mit einem Megafon lautstarke Parolen am Stand von sich gab, an dem sich auch Innenminister Volker Bouffier aufhielt. Eine Genehmigung für eine Versammlung und für den Betrieb des Megafons lag nach Angaben der Behörden nicht vor, so dass die Polizei einschritt und den Gebrauch untersagte sowie die Herausgabe des Gerätes verlangte."
(GI Anzeiger, 13.01.03, Autor: kg)


Das alles sind wenige Beispiele aus einer kurzen Zeitspanne und nur im Bereich Giessen. Medien gehören insgesamt zu dem, was moderne Herrschaft ausmacht. Ohne Medien wäre die moderne Herrschaftsform der "Diskurse" nicht denkbar, d.h. der die Köpfe auf genormtes Verhalten und genormte Wahrnehmung ausrichtenden gesellschaftlichen Debatten. Politischer Widerstand spürt das immer wieder, auch wir aus verschiedenen Aktionsgruppen in Mittelhessen haben das immer wieder erlebt - egal wo wir agierten. Als beim Castorprotest ein ICE halten mußte, erfand die Presse eine Notbremsung. Als in München vor einem Jahr gegen die NATO protestiert werden sollte, schrieb sie von 3000 Chaoten, die die Stadt in Schutt und Asche legen wollten. In fast allen Fällen kennen die JournalistInnen die Wahrheit. Aber sie gehören zu den Eliten dieser Gesellschaft und ihr Ziel ist, das mit aufrechtzuerhalten, um was es geht: Ein demokratisches Regime, in dem Polizei, Militär, Knäste, Psychiatrie, Erziehung und vieles mehr hinter dem Mantel des Guten versteckt werden. Daher darf in Zukunft nicht nur das Knastgitter, der Kampfjet oder der Polizeiknüppel ins Visier eines emanzipatorischen, d.h. herrschaftskritischen Widerstandes geraten, sondern auch die Schule, die Bildung und eben die Medien. So wie Giessener Allgemeine und Anzeiger. Wer Herrschaft verringern oder, welch geiler Traum, ganz abschaffen will, darf an den Zeitungen und Medien nicht mehr neutral vorbeigehen.
Für einen Widerstand gegen alle Formen der Herrschaft!


Links:
- Projektwerkstatt Saasen (mit Infos über die Übergriffe):  http://www.projektwerkstatt.de/saasen
- Direkte Aktionen:  http://www.direct-action.de.vu
- Kreative Antirepression:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression

Nächste Termine:
- 20.1.: Merkel in Giessen (Hessenhallen) und Grünen-Veranstaltung zum Thema Schule
- 24.1.: Schröder in Giessen (Hessenhallen)
- 25.1.: Wieder 12 Uhr Innenstadtaktionen (seid kreativ und frech!!!) ab Drei Schwätzer, anschließend Attac-Veranstaltung zu Weltsozialforum (mit Infostand und kritischen Diskussionsangeboten zum WSF aus der Projektwerkstatt)
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

ca. 150 Teilnehmer habe ich gezählt...

Ergänzerin 19.01.2003 - 01:06
...die Demo verlief sehr ruhig; einige wenige inhaltsleere und abgelutschte Parolen wurden gerufen, z.B. "no border - no nation" oder "deutschland ist scheiße". Dafür waren die Redebeiträge sehr gut (siehe z.B. Text oben); es wurden auch zahlreiche Flugblätter an Passanten verteilt.

Was ist denn..

Hotzenplotz 19.01.2003 - 02:20
Was ist denn abgelutscht an No border-No nation???
Gibts keine Grenzen oder Nationen mehr?
Oder muss es alle 3 Monate neue Demosprüche geben?

yo

weist 19.01.2003 - 10:44
Von allen Slogans ist das immer noch einer der 2-3, bei denen ich nicht Magenschmerzen krieg, wenn ich ihn rufe.

'Hoch die Internationale Solidarität' von Leuten die sich beschweren würden, müßten sie auch nur eine Woche unfreiwillig so leben wie die meisten Menschen, ist ziemlich eindeutig ziemlich viel abgedroschener.

Tipp für GießenerInnen

Schorse Mummpatz-Drollerüch zu Hohensalbadsbi 19.01.2003 - 13:35
Legasthenie-Vortrag

GIESSEN (wa). Die Elternselbsthilfegruppe Gießen im Landesverband Legasthenie Hessen lädt am 20. Januar zu einem Vortrag ein. Angelika Scholz, Diplom-Pädagogin am Institut für Legasthenie-Therapie, spricht um 19.30 Uhr im Raum 27 der Max-Weber-Schule über das Thema „Diagnose und Therapie der Lese-Rechtschreibschwäche – über die Schwierigkeiten beim Erwerb der Lautschrift“.

(Quelle: Gießener Anzeiger v. 18.01.03)

eine nummer kleiner geht's nicht?

fragender 19.01.2003 - 17:47
Im Text heißt es gleich zu Beginn: "In Giessen lief heute erneut ein Aktionstag gegen den Sicherheitswahn. Diesmal war eine Demonstration angemeldet - Anlaß waren etliche Polizeiübergriffe und -überfälle, 'Verschwindenlassen' von Personen aus politischen Gruppen nach dem neuen hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetz..."

Liebe Leute, "Verschwindenlassen" wird eigentlich vor allem für bestimmte Ereignisse in (vor allem südamerikanischen) (Militär)Diktaturen verwendet. Die betreffenden Menschen sind dann wirklich "weg", und keine/r weiß, von wem und wohin. Das heißt: Sie sind Opfer politischer Morde geworden.

Das, was ihr damit meint, ist im Vergleich dazu(!) schlicht und ergreifend lächerlich, nämlich dass Menschen vorübergehend in Gewahrsam genommen wurden. Das ist nicht schön, das muss kritisiert und bekämpft werden, keine Frage, aber nicht auf dieser Ebene mit dieser Wortwahl.

@ fragender

Rumpelstielzchen 19.01.2003 - 19:26
Also ich finde nicht das "verschwinden lassen" unbedingt zu hochgegriffen ist. Sicherlich ist es nicht das "verschwinden lassen" was du beschreibst, aber ähnlich. Als die Menschen aus der Projektwerkstatt während der Hausdurchsuchung "verschwunden" waren wurde den anderen in der Projektwerkstatt aufhältigen Menschen KEINE auskunft über das Verbleiben der beiden gegeben. Niemensch wusste wo sie sind. Schließlich ist es auch schon vorgekommen das Mensch von der Poilzei in irgendwelche Wälder gebracht worden sind und zurücklaufen mussten oder ähnliches. Und dann ist das für mich schon verschwinden!

JUSOS

19.01.2003 - 21:12
erwähnenswert ist auch noch das eine kleine Gruppe JUSOS (vielleicht 10 Leuts) mit roten T-Shirts und Fahnen ein Stück die Demo begleitet haben. Warum sie dann abgedüst sind weiß ich net.

Meine Wahrnehmung der Demo

lulalina 19.01.2003 - 23:49
Also ich weiß ich steh hier zwar ziemlich alleine da mit meiner Meinung, aber es sei trotzdem gesagt: ich bin auch mitgelaufen jetzt am Samstag, und wollte im Wesentlichen gegen die Gefahrenabwehrverordnung und polizeiliche Willkür demonstrieren. Aber anscheinend kann man nur mitdemonstrieren wenn man alle die genannten Punkte unterstützt: z.B. grundsätzliche Knastabschaffung. Ich glaub dafür ist es jetzt schon zu spät für die Gesellschaft als daß es keinen knast geben bräuchte, ich glaube es muß sie noch geben, die Gefängnisse.


Was mich auch nervt sind diese ständigen Kampfansagen an den Wahlgegner: wenn man "Scheiß-CDU" ruft, kriegt keiner von den Passanten mit worum es eigentlich in der Sache gut, man provoziert nur oder erntet oft Belächelung. Klar ist die CDU schuld, aber es sollte bei der Verlesung der Anliegen bei der Demo mal etwas konkreter auf die Gefahren für MENSCHEN im Zuge der Gefahrenabwehrverordung und der Willkür der Polizei eingegangen werden. Das kommt einfach nicht so richtig raus für den normalen Passanten. Ich glaube dann hätte man bei den Passanten wesentlich mehr Befürworter der Demo. So denkt sich jeder (wie ich es oft in Mündern gehört habe), wir lassen "nur unseren Unmut raus".
Den Sinn des Widerstands könnten mehr Menschen kapieren als ihr denkt, wenn man es nur besser vermitteln würde.
Wenn man andere überzeugen will, dann muß man versuchen mit deren Sprache zu sprechen, sonst verstehen uns nur die Menschen die ehe schon auf unserer Seite sind.

So wie ich denken vielleicht nicht hier bei indymedia, aber ansonsten viele, ich denke das ist schon ernstzunehmen.

@21:12

beobachter 20.01.2003 - 06:43
waren so 15-20, die sind gezielt von ihrer aktion zur demo gegangen und dann gezielt wieder zu ihrer aktion zurück, weils da die abschiedsfotos gab...

Gibt es denn...

20.01.2003 - 16:41
... irgendwo Photos dazu?

Demo-Termin

20.01.2003 - 17:17
Am 21.1. um 17 Uhr ist Roland Koch in Marburg, und zwar im Bürgerhaus Cappel. Es gibt eine Demo (ich glaube mit Hauptschwerpunkt Studiengebühren), zu der verschiedene linke Gruppen und der AStA aufrufen.