Mit Ladendiebstahl zur Weltrevolution

William Godwin 07.01.2003 13:35 Themen: Kultur
Fragen ueber die Moeglichkeiten und Grenzen von Ladendiebstaehlen
In Teilen der Linken wird der (massenhafte) Ladendiebstahl als antikapitalistische Massnahme propagandiert. Bei dieser Betrachtung eroeffnen sich fuer mich einige Fragen, die ich hier als Denk- und Diskussionsanregung veroeffentliche.
Die erste - vielleicht fuer dieses Thema grundlegende Frage - lautet:

Ist jeder Ladendiebstahl, weil er (vermeintlich) dem / r KapitalistIn schadet eine antikapitalistische, politische Tat?

Gehe ich von Seite der Befuerworter aus, wuerde ich hier mit "ja" antworten, weil der Ladendiebstahl den kapitalistischen Warenkreislauf an der Stelle W-G' unterbricht und die Ware entwertet. Ausser acht gelassen wird meiner Meinung dann aber, dass der/die KapitalistIn darauf reagiert bzw. vorbereitet ist. Er sie wird den zu erwartenden Verlust in seiner / ihrer kalkulation auf den Preis der Ware draufschlagen und somit es von den KonsumentInnen, die es nicht stehlen bzw. containern sich zurueckholen.

Gehen wir von der Betrachtung aus, dass es sich beim Ladendiebstahl nicht automatisch um eine antikapitalistische Tat handelt, muessen wir betrachten, wo durch er zur antikapitalistischen, politischen Tat wird. Betrachten wir also die einzelnen Faktoren, die es bestimmen koennen.

a) der / die EnteignerIn
b) Ort des Geschehens
c) Art der Ware
d) Weiterverwertung

ad a)
Wer ist der/die betreffende AktivistIn? - einE politisch motivierteR AktuerIn oder nur ein gelangweilter Millionaerssohn, der den Kick sucht?
Macht die Person einen Unterschied oder ist sie belanglos?
Ist nicht das politische Bewusstsein sondern der soziale Status das entscheidende?

ad b)
Macht es einen Unterschied in der Betrachtung, welchem/r KapitalsitIn/En geschadet wird - der/dem LadenbesitzerIn eines "Tante Emma-Ladens" oder einer Supermarktkette?
Koennen / brauchen wir eine Unterscheidung in "gute" und "boese" KapitalistInnen?

ad c)
Bildet es fuer die beantwortung der eingangs gestellten Frage einen Unterschied, was enteignet wird - ein Grundnahrungsmittel, ein Computerspiel, ein Luxusgut?
Bildet es einen Unterschied ob ich eine Flasche Wasser klaue oder einen teuren champagner?
Wo ziehen wir die Grenze zwischen "Luxus" und dem Rest?
Ist es legitim fuer den eigenen Luxus zu klauen - als antikapitalistische, politische Tat?

ad d)
Macht es einen Unterschied ob ich ein Computerspiel klaue, um es fuer den eigenen Pribatbesitz zu haben oder dieses Spiel einem linken Jugendclub weitergebe? Spielt also die Verwendung des von mir enteigneten Gegenstandes fuer die Frage eine Rolle oder ist sie unbedeutend?

Eine abschliessende Frage, die sich in diesem Rahmen stellt, ist die Frage der Vermittlung. Gehen wir davon aus, dass es sich unter gewissen Umstaenden oder auch immer um eine politische, antikapitalistische Aktionsform handelt, stellt sich die Frage, wie laesst sie sich nach aussenhin vermitteln?

"Eigentum ist Diebstahl." (Proudhon)
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Ergänzungen

07.01.2003 - 13:48
danke für den denkanstoß, auch wenn ich sowieso viel zu nervös zum klauen bin... wenn mal jede frage in der linken so differenziert betrachtet würde...

Netter Denkanstoß

MrPizza 07.01.2003 - 14:49
Mich würde ja jetzt mal deine (eure) Meinung dazu interessieren.

...weniger arbeiten müssen

timmi 07.01.2003 - 14:55
...noch folgender aspekt:
um so mehr ich klaue,sowohl normalen kram wie lebensmittel als auch luxuszeux,dass ich dann verkaufen kann,um so mehr geld hab ich,bzw.um so weniger muss ich für dieses geld arbeiten gehen,das ich für miete usw. einfach brauche.habe also auch mehr zeit,für mich,meine umwelt + natürlich auch für politische arbeit z.b.
sehe das als selbstverständlich an,richtig + ok.
da ich das nicht nur für mich mache.
allerdings macht es für mich ganz klar einen unterschied,ob es ein grosser anonymer konzern,kette usw. ist,also lidl,aldi,kaufhaus,oder ein kleiner laden,bei dem ich genau abschätzen kann,das der inhaber/in sich total kaputt arbeitet,auch wenn dieser laden natürlich auch nach kapitalistischer logik arbeitet.
aber nur weil wir alle im kapitalismus drinhängen,gibt es trotzdem mächtigere + schwächere.
die leute,die sich z.b. zum WEF treffen,sind sicher nicht das alleinige übel der welt,aber auf jeden fall mehr verantwortlich,als ich z.b. und wissen um die macht ihrer mindestens 1 milliarde dollar besitz.

überflüssig

judas 07.01.2003 - 15:12
dein beitrag ist überflüssig
die fragen verstehen sich von selbst!

ist doch klar das ich keinen Tande Ema laden ausräume!
die sind doch gestraft genug mit den Monster Supermärkten

was mensch klaut ist auch klar wenn man gegen konsum ist macht es keinen sinn konsum güter zu mopsen wobei man unterscheiden muss was sinnvoll ist z.B. ne Digicam um Indymedia zu machen ist sinnvoll oder?

sollte nicht böse gemeint sein


wa(h)renbefreiung statt ladendiebstahl

barcelonena 07.01.2003 - 16:30
das proudhoun-zitat ist in diesem zusammenhang der wink mit dem zaunpfahl: eigentum ist diebstahl, wer aber etwas ohne zu bezahlen mitnimmt, die oder der befreit diesen gegenstand aus der sklaverei der kapitalistischen warenzirkulation. wem dies dann schadet oder nützt (z.b. die oft genannten beispiele der geknechteten verkäuferin, die am abend von ihrer chefin vermahnt wird, die anderen konsumentInnen, die den längst einkalkulierten ladendiebstahl mitbezahlen, wenn sie denn zahlen etc.), ist eine ganz andere frage. und die moralischen fragen, die sich auftun, sind ganz und gar nicht einfach zu beantworten. schliesslich will ich ja auch nicht, dass mir irgendwer was klaut, was ich mir unter umständen erst hart erarbeiten musste.

aber: gegenstände aus der warenzirkulation zu befreien, kann ein wunderbar inspirierender akt sein, erst recht wenn es demonstrativ geschieht. und: repression bedingt subversion - und ladendiebstahl ist meiner meinung nach die adäquateste art und weise, an diesen ganzen geilen scheiss zu bekommen, der mir jeden tag millionenfach in psychologisch ausgeklügelten werbebotschaften ins hirn geblasen wird.

in diesem sinne: reclaim the shop, hopp hopp!

Klauen und Antikapitalismus?

Prolo 08.01.2003 - 00:21
Warum ist Ladendiebstahl antikapitalistisch?
Und wie wäre das als antikapitalistische Tat vermittelbar??
Bzw. wie könnte man das kapitalistische System stören/aushebeln??? Eines ist da mal sicher, nicht mit Ladendiebstahl!!

Individueller Ladendiebstahl zur Befriedigung der eigenen Konsumgelüste ist nicht antikapitalistisch, da Ladendiebstahl nur von einer kleinen Minderheit begangen werden kann, da sonst die Schäden für die Kapitalisten zu hoch sind und die Waren besser gesichert werden.
Das bedeutet, dass nur eine kleine Menge von Ladendieben existieren kann.
Ladendiebstahl wird so zum berechenbaren Faktor, der dann den Arbeitern aufgelastet wird.

Es gibt aber auch einen anderen Ladendiebstahl: z.B.: Soziale Umverteilung im Sinne eines proletarischen Einkaufs. Also massive Wiederaneignung der erzeugten Güter durch die Arbeiter.
Dies bringt uns aber schon zum nächsten Schritt, nämlich die Wiederaneignung der Kontrolle der Produktionsmittel durch die Produzenten.
Das wäre antikapitalistisch, eine Aktion der Klasse gegen das Kapital. Egoistisches klauen bringt den Antikapitalismus nicht weiter, sondern vertieft die Spaltung der Menschen höchstens noch mehr.

Und vermittelbar ist das ganze erst recht nicht!!


PS: Von mir aus klaut ruhig, aber behauptet nicht das wäre antikapitalistisch/revolutionär!!!

es lebe das recht auf essen!

N. Maknov 08.01.2003 - 01:00
abgesehen von der hier genannten argumenten ist ladendiebstahl vorallem eine sozialrevolutionaere sache. was mitgenommen wird ist direkt fuer den eigenen konsum bestimmt. die meisten waren die auf diese art ihren besitzer wechseln sind essenswaren.

profitkriminaliteit ist eine ganz andere (und durchaus kapitalistische) sache. da wird naemlich die tatsache , dasz etwas illegal ist ausgenuetzt um daraus soviel gewinn als moeglich zu schlagen. darunter faellt sicher auch diebstahl der zur anhaeufung eines vermoegens fuehren soll. das ist allerdings mit ladendiebstahl kaum zu schaffen.

die beste methode um das recht auf essen zu sichern ist ladendiebstahl hingegen nicht. eine offene und organisierte 'vergesellschaftung von konsumguetern' in direkter aktion liefert mehr kalorien pro person.

IMMER RAN AN DEN KAESE!

Echt tolles Thema

wer 08.01.2003 - 01:16
Nein, das wäre nicht wirklich antikapitalistisch.
Ausser, für euch bedeutet Kapitalismus, für etwas zu bezahlen und es nicht geschenkt zu bekommen.
Das ist doch hier keine Kindergartenveranstaltung, ich kann doch nicht einfach so mal eben kurz aus dem Haus gehen und den Kapitalismus bekämpfen (sprich klauen)!
Es gibt da auch keinen "anderen Diebstahl" in grösserem Ausmass, wenn "der Arbeiter sich die Produktionsmittel zurückholt", "gerechte Umverteilung" usw.
Der hochbezahlte Manager ist nämlich der erste Arbeiter jedes Unternehmens und mit dem, bzw. für den, will bestimmt keiner so ne Umverteilungsaktion und -party durchziehen.
Wer in einem kapitalistischen Unternehmen beschäftigt ist, ist selber Kapitalist, braucht also dann auch nicht mehr rumzuklauen.
Antikapitalistisch wäre, wenn du deiner Firma deine eigene Arbeitskraft klaust, das wäre auch vermittelbar und würde - wenn alle mitmachen - ein erster Schritt in eine unkapitalistische Welt sein

weia kindsköppe..

hans 08.01.2003 - 03:17
mensch, anarchische umverteilung bringt dich der kontrolle der produktionsmittel keinen schritt näher.
und es ist nicht mal umverteilung, ausser ihr gebt das zeug wenigstens wieder an die ab, die wirklich am boden liegen, vonwegen langzeitarbeitslos und so...

Lasst euch nicht erwischen

Klauen ist politisch korrekt 08.01.2003 - 05:59
Ich glaube kaum, dass jemand den Tante-Emma-Laden der Anonymität eines Supermarktes vorzieht. Je größer die Supermarktkette, desto besser. Und achtet auf die Strichcodes, die nicht flach sind, sonder unter denen noch was anderes klebt!

Aus Langeweile hab ich früher mal geklaut, einmal erwischt worden und jetzt, wo ich WG-Leben führe, bin ich zu paranoid dafür!

keine antworten

a.lo.it 08.01.2003 - 07:31
Nette idee, das ganze mal etwas zu strukturieren.
Nur schade, dass du keine zusammengefassten antworten dabei hast, kommt wohl noch.

zwei dinge fielen mir noch bei der diskussion auf, die noch
fehlen.
z.b. e.)
kontext systeme

-Wenn es zwar so ist, dass das betroffene unternehmen 'klau-schäden' in seine kalkulation aufnimmt (die beliebte 'die ehrlichen muessen das klauen mitbezahlen' gaga-nummer),
so geht das nur bis zu einem bestimmten level, da das betroffene unternehmen nicht im luftleeren raum agiert
(grössere unternehmen klar im vorteil):
Jedes unternehmen ist bei seinen preisen von der konkurenz abhängig, kann also schäden nicht beliebig umlegen.
Gleiches gilt bei überwachungs/gegenmassnahmen: 10 kurzrasierte menschenfänger am ausgang nerven auch die 'ehrlichen' kunden, zig kameras sind teuer,
versicherungen auch.
Mit verstärktem klauen könnte also ein bestimmtes unternehmen geziehlt in den konkurs getrieben werden.
Dies wird zum politischen kampf bei ausbeuter-shops, die miese/sinnlose produkte feilbieten.
(z.b. klauen nur bei 'douglas'?)


-wie schon 'timmi' gesagt, wie verhält es sich, wenn das umlegen von klauschäden auf 'normalbürger' generell beabsichtigt ist, beispiel klauender aktivist?
Wir bekämen somit eine art (perverse!) 'sozialhilfe',
die umso wichtiger wird, je schlimmer das bisherige sozialsystem weg'reformiert' wird.

teurer wirds sowieso

tirofijo 08.01.2003 - 11:12
grundsätzlich gilt: jeder mensch hat bedürfnisse, die befriedigt werden müssen. in einer gerechten welt hat jeder mensch den zugang zu der anzahl der güter die er braucht um seine bedürfnisse zu befriedigen. leider ist dem in unserer welt nicht so.
"Er sie wird den zu erwartenden Verlust in seiner / ihrer kalkulation auf den Preis der Ware draufschlagen und somit es von den KonsumentInnen, die es nicht stehlen bzw. containern sich zurueckholen." das ist ein wichtiger punkt - aber angenommen sämtliche diebstähle würden plötzlich aufhören wird der kapitalist seinen hohen preis nicht senken: die leute haben den preis bisher bezahlt, sie werden es also weiterhin tun - also weniger diebstähle = noch mehr profit.

werden aber die diebstähle zunehmen, dann bleibt dem kapitalisten nichts anderes übrig als immer höhere preise zu nehmen. irgendwann sind diese dann auch für die meisten nichtdiebe nicht mehr zu bezahlen und mit einem bisschen glück richtet sich der berechtigte zorn der massen, der durch die vorenthaltung von gütern erzeugt wurde, gegen den kapitalisten ... voilà

krieg den hütten!!!

chaOZ.e 08.01.2003 - 12:23
paläste für alle!!!

in diesem sinne: chapagner für alle (igitt)

seelische armut

08.01.2003 - 12:47
wer nichts schenken kann weil sie oder er als mensch einfach nicht gelernt hat etwas positives zu tun, will immer anderen wegnehmen. die beste voraussetzung ein guter kapitalist zu sein. keine rücksicht auf jegliche immaterielle werte, nur das fassbare zählt. menschlich gesehen eine bankrotterklärung.

08.01.2003 - 22:22
Anmerkungen:

Hier ein paar Ergänzungen an die Kommentatoren vor mir:
@Wer:

Du schreibst:
1.) "Wer in einem kapitalistischen Unternehmen beschäftigt ist, ist selber Kapitalist, [..]"

2.)"Der hochbezahlte Manager ist nämlich der erste Arbeiter jedes Unternehmens und mit dem, bzw. für den, will bestimmt keiner so ne Umverteilungsaktion und -party durchziehen. [..]"

zu 1. Der Kapitalist bzw. die Klasse der Kapitalisten besitzt die Produktsionsmittel. Angehörige der Arbeiterklasse bestitzen nichts und müssen ihre Arbeitskraft auf einem freien Markt den Kapitalisten anbieten. Also Arbeiter ungleich Kapitalist! OK?

zu 2. Natürlich muss auch ein Manager seine Arbeitskraft verkaufen um zu überleben. Der Manager bekommt in der Regel allerdings einen etwas höheren Lohn, der ihn bald so reich macht, dass er auch ohne seine Arbeitskraft verkaufen zu müssen überleben könnte. Trotzdem kann auch ein Manager schnell mal krank werden und sozial sehr tief fallen..... Der Manager ist also eher begrenzt zu den Lohnabhängigen zu zählen. Handeln wird er aber eher wie ein Unternehmer.

@tirofijo

du schreibst : "werden aber die diebstähle zunehmen, dann bleibt dem kapitalisten nichts anderes übrig als immer höhere preise zu nehmen. irgendwann sind diese dann auch für die meisten nichtdiebe nicht mehr zu bezahlen und mit einem bisschen glück richtet sich der berechtigte zorn der massen, der durch die vorenthaltung von gütern erzeugt wurde, gegen den kapitalisten ... voilà"

Du pflegst in deiner Annahme seltsame verkürzte Gedankengänge.
1. Du kannst nicht die Klau-Rate erhöhen, da sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet würden (und ja auch werden).
2. Unternehmer orientieren sich an Märkten und werden daher im seltensten Falle Waren zurückhalten. Sonst gehen sie in den Konkurs.
Und das bißchen Glück, das du hier als Umschreibung für nicht wahrscheinlich getätigte, weil unlogische, Gedankengänge verwendest könnte so ziemlich alles bewirken........

@ Autor von seelische Armut:
Ich glaube deine Kritik geht an den Verhältnisses vorbei. Kapitalismus ist nicht "böse" weil ein paar Kapitalisten böse sind. Das System des "freien Marktes" an und für sich ist ungerecht und beutet aus.
In manchen Nischen mag es Unternehmer geben die sozial verträglich wirtschaften, etwas sinnvolles produzieren oder einen tollen Charakter haben.....
Diese Nischen existieren aber meist nur aufgrund oberflächlich nicht-kapitalistischer Interessen die durch den Staat geschützt werden (z.B.: Humanistische und christliche Werte)
Staatliche Regulation und "Umverteilung" entschärfen zwar die Entwicklung des Kapitalismus. Trotzdem ist der Staat immer ein Gesamtkapitalist in dessen Interesse Vordergründig das Wirtschaftswachstum liegt. Wie sollten sonst auch all die Sachen die die Wähler fordern finanziert werden? Gleichzeitig nimmt der Staat/Kapitalismus den Arbeitern von ihrem Lohn um die Wünsche der Wähler zu erfüllen....

Fazit: Es gibt keinen gerechten Kapitalismus/Staat. Humanistische Werte, immaterieller Natur sind im Endeffekt auch immer nur Produkte dieser Gesellschaft. Sie können damit nicht für eine Analyse und Kritik der herrschenden Umstände verwendet werden.


 http://www.nadir.org/nadir/initiativ/kolinko/deut/d_kosub.htm
 http://www.arbeitsalltag.de/Links/Links.htm

Warendiebstahl und Warenhausbrandstiftung

johannesh. 08.01.2003 - 23:23
warendiebstahl ist gleich warenhausbrandstiftung nur ohne eigennutzen und was ulrike meinhof dazu schrieb

Gegen Warenhausbrandstiftung im besonderen spricht, daß dieser Angriff auf die kapitalistische Konsumwelt - und als solchen wollten ihn wohl die im Frankfurter Wahrenhausbrandprozeß Angeklagten verstanden wissen - eben diese Konsumwelt nicht aus den Angeln hebt, sie nicht einmal verletzt, das, was sie treibt, selbst treibt, denen, die daran verdienen, Verdienste ermöglicht. Dem Prinzip, nachdem hierzulande produziert und konsumiert wird, dem Prinzips des Profits und der Akkumulation von Kapital, wird durch einfache Warenvernichtung eher entsprochen, als daß es durchbrochen würde. Denn denen, die an der Produktion und dem Verkauf der in den Warenhäusern massenhaft angebotenen Güter verdienen, kann möglicherweise und gelegendlich kein größerer Gefallen getan werden als die kostenlose Vernichtung dieser Güter. Den Schaden - sprich Profit - zahlt die Versicherung. Dem Problem der Übersättigung auf dem Konsumgütermarkt inklusive stagnierender, weil nicht absetzbarer Produktion wäre damit mit einem Mittel abgeholfen, das sich so sehr nicht von den Mitteln unterscheidet, mit denen sich die Industrie bisher noch selber zu helfen weiß. In Vance Packards Vision einer "Stadt der Zukunft" sind ohnehin schon "alle Gebäude aus einer besonderen Papiermasse, so daß sie jedes Frühjahr und jeden Herbst zur Zeit des großen Hausputzes abgerissen und neu gebaut werden können". Und "jede vierte Fabrik liegt an einem steilen Abhang, und das Ende ihrer Fließbänder läßt sich sowohl nach den vorderen wie nach den rückwärtigen Toren schwenken. Ist die Nachfrage flau, wird das Ende des Fließbandes zum rückwärtigen Tor geschwenkt, und der ganze Ausstoß an Kühlschränken oder anderen Erzeugnissen verschwindet in der Tiefe und wandert unmittelbar auf die Schrotthalde, ohne erst den Verbrauchsgütermarkt zu überschwemmen." (Vance Packard, Die große Verschwndung, Frankfurt, 1960)

Noch vollzieht sich die Vernichtung des gesellschaftlich produzierten Reichtums nicht auf so spektakuläre Weise wie Brandstiftung und Direktbelieferung von Schrotthalden. Noch versucht die Industrie, der Übersättigung des Gebrauchsgütermarktes beizukommen durch "alle zwei Jahre ein neues Modell"; durch die Verschwendung von von Millionen auf eine Forschung, die weniger der Verbesserung der Produkte, als ihrer Absetzbarkeit dient; durch den individuellen Mülleimer für sinnlose, nur teure, Profit ermöglichende Verpackungen (die Kosten für die Müllabfuhr trägt der Verbraucher); durch eine ebenso radikal verlogene wie kostspielige Werbung; Millionen an Arbeitszeit und -kraft werden vergeudet für den eingebauten Verschleiß ("Obsoleszent"), das geplante Todesdatum, so daß die Eisschränke, Rasierapparate, Damenstrümpfe, das Spielzeug, die Glühbirnen viel eher kaputt gehen, als bei dem für sie aufgewndeten Material und der in sie vertane Zeit und Kraft notwendig wäre, um eine Nachfrage künstlich in Gang zu halten, um durch Produktion und Verbrauch Profitraten zu erziehlen, die wieder privat investiert werden, nicht um gesellschaftliche Bedürfnisse zu befriedigen, sondern die Akkumulation von Kapital zu ermöglichen. (Was es im Kapitalismus gibt, gibt es im warenhaus. Was es im Warenhaus nicht gibt, gibt es im Kapitalismus nur schlecht, nur unzulänglich, unzureichend: Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Gesundheitswesen, etc. pp.) Immerhin, die Vernichtung gesellschaftlich produzierten Reichtums durch Warenhausbrand unterscheidet sich qualitativ nicht von der systematischen Vernichtung gesellschaftlichen Reichtums durch Mode, Verpackung, Werbung, eingebauten Verschleiß. So gesehen, ist Warenhausbrandstiftung keine antikapitalistische Aktion, eher systemerhaltend, konterrevolutionär.

Das progressive Moment einer Warenhausbrandstiftung liegt nicht in der Vernichtung der Waren, es liegt in der Kriminalität der Tat, im Gesetzesbruch. Das Gesetz, das da gebrochen wird, schützt ja die Menschen nicht davor, daß ihre Arbeitszeit und -kraft, der von ihnen geschaffene Mehrwert vernichtet, verdorben, vergeudet wird, daß sie durch Werbung über ihre eigenen Produkte belogen, durch Arbeitsorganisation und Verheimlichung von allen Informationen über ihre Produkte getrennt werden, als Produzenten wie als Verbraucher denen unterworfen und ausgeliefert sind, die sich den Profit aneignen und nach eigenem Gusto investieren. Nach eigenem Gusto heißt nach der Logik des Profits also da, wo neuer, mehr Mehrwert angeeignet werden kann, nicht da, wo das Geld effektiv und von allen gebraucht wird: also z .B. im Erziehungswesen, im Gesundheitswesen, für öffentliche Verkehrsmittel, für Ruhe und reine Luft und Sexualaufklärung etc.

Das Gesetz, das da gebrochen wird durch Brandstiftung, schützt nicht die Menschen, sondern das Eigentum. Das Gesetz bestimmt, daß fremdes Eigentum nicht zerstört, nicht gefährdet, nicht beschädigt, nicht angezündet werden darf. Die da Schindluder treiben mit dem Eigentum, werden durch das Gesetz geschützt, nicht die, die Opfer dieses Schindludertreibens sind, nicht die, die den Reichtum schaffen durch Reichtum und Konsum, sondern die, die ihn sich gemäß der Gesetzgebung im kapitalistischen Staat rechtmäßig aneigen. Das Gesetz soll die, die das alles produzieren, von ihren Produkten fernhalten. Und so desperat es auch immer sein mag, ein Warenhaus anzuzünden, dies, daß die Brandstifter mit den Produkten tun, was sie wollen, das Gesetz brechen, das nur den sog. Eigentümern erlaubt, mit ihrem Eigentum zu machen, was sie wollen, das Gesetz brechen, das die Logik der Akkumulation schützt, nicht aber die Menschen vor dieser Logik und ihren barbarischen Folgen, dieser Gesetzbruch ist das progressive Moment einer Warenhausbrandstiftung, muß als solches erkannt und anerkannt werden, wird dadurch nicht ausgelöscht, daß die damit zusammenhängende Gütervernichtung eher systemerhaltend ist, materiell also der antikapitalistischen Intention widerspricht.

Hat also eine Warenhausbrandstiftung dies progressive Moment, das verbrechenschützende Gesetze dabei gebrochen werden, so bleibt zu fragen, ob es vermittelt werden kann, in Aufklärung umgesetzt werden kann. Was können - so bleibt zu fragen - die Leute mit einem Warenhausbrand anfangen? Sie können das Warenhaus plündern. Der Ghetto-Neger, der brennende Geschäfte plündert, erfährt, daß das System nicht zusammenbricht, wenn er sich kostenlos beschafft, was er dringend braucht, sich aber aufgrund seiner Armut und Arbeitslosigkeit nicht kaufen kann, er kann lernen, daß ein System faul ist, das ihm vorenthält, was er zum Leben braucht. Die Waren dagegen, die Frankfurter aus Frankfurter Kaufhäusern wegschleppen könnten, wären kaum die, die sie wirklich brauchen. (Ausgenommen Geschirrspülmaschinen, die in den Statistiken über Haushaltsgeräte in deutschen Haushalten noch kaum vorkommen, obwohl es fast 10 Millionen erwerbstätige Frauen in der Bundesrepublik gibt, sie müßten sie alle haben. Die sind aber nicht nur zum kaufen zu teuer, sondern zum Wegschleppen auch zu schwer.)

Bei einer Warenhausplünderung hierzulande würde nur der Bestand an Sachen, in einigen Haushalten vergrößert, die ohnehin nur der Ersatzbefriedigung dienen, jener "private Mikrokosmos" würde perfektioniert, über den einsam zu herrschen den einzelnen über die Bedingungen hinwegtrösten soll, unter denen er als gesellschaftlicher Produzent zu arbeiten gezwungen ist (André Gorz, Zur Strategie der Arbeiterbewegung im Neo-Kapitalismus, Frankfurt 1967). Jene kollektiven Bedürfnisse, die in reichen kapitalistischen Ländern eklatant unbefriedigt bleiben, würden davon nicht berührt, können durch Warenhausbrandstiftung nicht bewußt gemacht werden.

So bleibt, daß das, worum in Frankfurt prozessiert wird, eine Sache ist, für die Nachahmung - abgesehen noch von der ungeheuren Gefährdung für die Täter, wegen der Drohung schwerer Strafen - nicht empfohlen werden kann. Es bleibt aber auch, was Fritz Teufel auf der Deligiertenkonferenz des SDS gesagt hat: "Es ist immer noch besser, ein Warenhaus anzuzünden, als ein Warenhaus zu betreiben." Fritz Teufel kann manchmal wirklich sehr gut formulieren.

no copyright 2003 textz.com

dient ladendiebstahl nicht dem kapitalismus?

redriotfusion 09.01.2003 - 13:09
weiterer punkt:
dient ladendiebstahl nicht dem kapitalismus?
besonders groessere ketten sind in der regel gegen ladendiebstahl versichert. versicherungen, bestes beispiel allianz, besitzen meistens riesige geldreserven. diese geldreserven werden dem markt entzogen. durch hoehere zahlungen an geschaedigte laeden aufgrund von ladendiebstahl werden diese reserven angegriffen, also dem markt wieder zugaenglich gemacht. somit findet erhoehte kapitalvernichtung statt, die den markt wieder ankurbelt.

ich bin mir dieser theorie nicht sicher, lasse mich gerne verbessern...

Psychologie des Klauens

Schwarze Feder 09.01.2003 - 13:22
es gab anfang der 90er in hamburg einen europaweiten häuserkongreß. In der ag zur ökonomie der besetzten häuser sagte eine frau aus lyon in gebrochenem deutsch: "wir machen ... (sie schlägt kurz im wörterbuch nach) ... plühnderuungen".
okay anekdote beseite: ich denke bei dem thema ist auch die psycho-seite. ich selber traue mich nicht zu klauen und habe fast noch nie geklaut. vielen geht es so, steht ja auch oben. aber ich kenne eben auch leute, die suchtmäßig klauen - und dann eben auch in situationen wo es nicht okay ist. ich kenne kaum leute, die einen "gesunden" umgang mit klauen haben. entweder angst oder sucht.

direktrabatt

täter 09.01.2003 - 17:13

Ladenhaus plündern mit oder ohne intellektuellem u. o.
antikapitalistischem Ansatz.
Die Emmas in Ruhe lass'
... auf keinen fall erwischen lassen...


Oh!

Hölle 10.01.2003 - 12:43
Bevor ich Geld ausgebe , dass ich nicht habe, besorg ich mir die Dinge eben umsonst!
Lasst Euch nicht erwischen!!!!