100. Geburtstag Georg Elsers

ein Mensch 05.01.2003 05:51 Themen: Antifa
einen Tag zu spät gepostet aber im Gegensatz zu fast allen Medien nicht vergessen und totgeschwiegen

am 8.11.39 um 21.20 explodiert seine Bombe im Münchener Bürgerbräukeller
Leider verließ die NS Führung das NSDAP Stammlokal
13 Minuten zu früh, sonst wäre die Weltgeschichte anders verlaufen
im folgenden Text sind Veranstaltungen, Austellungen, webseiten, Filme, Bücher angegeben
ein kleiner Lichtblick gegen den Mainstream der
Schweiger und Lügner
zum 100. Geburtstag Georg Elsers am 4.1.03
 http://www.georg-elser.de/dok/index.html

hier einige Informationen:
zuerst der Hinweis auf die 2 Film und Infoabende in Berlin:

Mo. 6.1.03 21.00 "Bandito Rosso" Lottumstr. 10a
U-Bhf U2 Rosa-Luxemburg-Platz / U-Bfh U6 Rosenthaler Platz

Di. 7.1.03 21.00 "Supamolli" Jessenerstr.41
U-Bhf (U2) + S-Bhf. Frankfurter Allee / S Bhf Ostkreuz

die TV Dokumentation
"Allein gegen den Führer" 15 min
Ein Film von Rüdiger Liedtke
(Red.: Beate Schlanstein)
der Dokumentarfilm

"Eine Höllenmaschine für den Führer. Der Widerstandskämpfer Georg Elser."
Von Christian Berger.1995. Farbe-S/W. 30 Min
Matthias Film 70184 Stuttgart 1995

Doku Feature
"Der Attentäter" 90min
von Rainer Erler (BRD 1969)
Adolf Grimme Preis der DAG in Gold
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dann die Sonderausstellung (bis 28.2.03)
der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
 http://www.gdw-berlin.de/aus/sonder/va-sonder-16-d.htm
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dann noch die "Elser-Woche Bremen" vom 13. bis zum 17. Januar
 http://www.vvn-bda.de/bremen/termine.htm
mit lauter staatstragenden Repräsentant/inn/en Limbach, Koschnick, Scherf
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Gegen das allgemeine Totschweigen und Vergessen des als
"Hitlerattentäter" bezeichneten Georg Elser, der in den Verhörprotokollen
davon sprach "Ja. Ich wollte die Führung treffen".
siehe Faximile auf Seite 7 des PDF
 http://www.geissstrasse.de/Archiv/pdf/JohannGe.pdf
 http://www.geissstrasse.de/html/gedenkblatter.html
An anderer Stelle des Verhörs erwähnte er auch mehrere Namen.
Goebbels, Frank, Ribbentropp, Bouhler, Himmler und andere.
 http://www.shoa.de/p_georg_elser.html
Der Mann dachte weiter, als all die Geschichtsklitterer etc behaupten,
das ist bei Interesse den vorhandenen Dokumenten zu entnehmen.
Filme / webseiten / Bücher / Austellung / Gedenkstätte
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Hier noch ein von mir angefangenes Text Fragment mit einigen Informationen und Links
leider aus Zeitgründen unfertig:
Am 4.1.03 wäre Georg Elser 100 Jahre alt geworden.
Georg Elser wird diesen Tag nicht mehr erleben,
weil er im Auftrag des NS Regimes von einem SS Mann am 9.4.45 nur einen Monat vor Kriegsende ermordet wurde.
Er hatte am 8.11.39 versucht im Münchner Bürgerbräukeller, der zentralen NSDAP Kneipe
die NS Führung in die Luft zu sprengen.
Nur sehr wenige,werden sich und Andere an ihn erinnen.
Lenie Riefenstahl (1), hingegen, die einen diametral entgegengesetzten Weg ging,
konnte im August, begleitet von unzähligen Miedienberichten, ihren 100.Geburtstag im Beisein deutscher und internationaler Prominenz, feiern.
Auch an den 100.Geburtstag des rebellischen Philosophen Günters Anders (2) erinnerten zurecht einige Medien.
Hier geht es darum, Einiges zum Andenken und Nachdenken über Georg Elser und "seine Tat" zu tun.
Auch sind nach jahrelangen Verleumdungen, erst in den letzten Jahren würdige Erinnerungen in Form einiger Filme, Radiofeature(s), Bücher, eine Gedenkstätte, eine Austellung etc entstanden.
Eine Liste mit kommentierten Links beabsichtige ich folgen zu lassen.
Kommentiert deshalb, weil auf vielen Seiten Verkürzungen, Ungenauigkeiten bzw bürgerliches Denken zu den Fakten entgegenstehenden Urteilen führten.
So hat Georg Elser in den Verhöhren davon gesprochen das er die Führung treffen wollte und nicht wie immer verkürzt dagestellt, nur den Führer.
Es ging also nicht wie oft behauptet um Tyrannenmord.
Er wird als unpolitisch oder/und uninformiert bezeichnet, obwohl er z.B. täglich im Bürgerbraukeller die dort ausliegenden Zeitungen las und häufig nichtdeutsche Radiosender hörte.
Es wird vom einsamen, verlassenen, isolierten Einzeltäter, Mörder,...gesprochen
obwohl er sehr viele enge soziale Beziehungen hatte.
Er war im Zitherverein, galt als sehr beliebt und gesellig.
(siehe auch die Fotos in der aktuellen "Zeit" print version, leider mit kritikwürdiger Textbegleitung(9) (10)
Er hatte ein uneheliches Kind mit einer Freundin, dem folgte eine weitere Beziehung
die durch seine Verhaftung zerbrach.
Er verhielt sich ab dem Entschluß zur Tat konspirativ, zurückhaltend, vorsichtig und verschwiegen, was ja wohl angesichts seines Vorhabens gerechtfertigt war.
Ihn zum Sonderling zu machen ist perfide.
Auch die Versuche der Vereinahmung, zum Beispiel durch Helmut Kohl 1994 am 50. Jahrestag des Attentats (4) sind zurückzuweisen.
Genauso die Diffamierungen z.B. in der Vergangenheit durch
Pastor Niemöller (5) (Elser sei SS Mann)
und
1998 durch die Antrittsrede des rechtsintelektuellen Totalitarismus Forschers
Lothar Fritze (aus der Jesse, Backes, Zitelmann Riege)
beim nicht weniger rechten Hannah-Ahrend-Institut (HAIT)
welche zum Jahrestag 1999 vom Frankfurter Rundschau Feuilleton abgedruckt wurde.
Diesem Skandal wurde von Peter Steinbach und Johannes Tuchel in der Frankfurter Rundschau am 18.11.1999 (6) entgegengetreten.
Es gab dann noch in der Folge einige weitere kleinere Beben am HAIT.
Das letzte mir bekannte aus dieser rechten Ecke ist die Buchvorstellung der Konrad Adenauer Stiftung ihres neuen Sammelbandes zum Thema "Antifaschismus" (7)
bei der Uwe Backes (8) ohne seine angekündigte zweite Hälfte Eckehard Jesse auftrat und zu meiner Verwunderung einer der gemäßigtesten im Saal war, obwohl Heinrich Lummer gleich zu anfang ging...
soweit auf die Schnelle ein kleiner Ausflug in die Welt der Vereinahmungen und Diffamierungen Georg Elsers

(1)Lenie Riefenstahl
 http://www.mdr.de/kultur/film/249861-hintergrund-254750.html
(2) Günter Anders
 http://www.jungle-world.com/_2002/36/22a.htm
 http://www.hanspeter.stalder.ch/GuenterAnders.html
(3) Georg Elser
 http://www.georg-elser.de/dok/index.html
 http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/ElserJohannGeorg/
 http://www.shoa.de/p_georg_elser.html
 http://home.t-online.de/home/073236907-0001/vvnelser.htm
(4) Kohl 1994 zu Elser
 http://www.nadir.org/nadir/periodika/drr/archiv/NR30/nr30-1n-maegerle2.htm
(5) viele Texte mit Berichten zur Rolle Niemöllers
 http://www.google.de/search?q=Georg+Elser+Niem%F6ller&ie=ISO-8859-1&hl=de&meta=
(6) Lothar Fritze / FR / HAIT Skandal
 http://www.zbdachau.de/elser/stb_tuc.htm
 http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2000/04/31a.htm
(7) KAS zum Antifaschismus
 http://suche.kas.de/cgi-bin/htsearch?words=Antifaschismus
(8) Uwe Backes
 http://www.tu-dresden.de/hait/ma_back.htm
(9)
aktuell "Die Zeit"  http://www.zeit.de/2003/02/Elser
alle Quellen sprechen von 13 Minuten,
naja die Bürgerlichen und die genaue Recherche,
das passt anscheinend nicht
(10)
wenigstens eine Zeitung hat auf meine mail reagiert
und meine Vorarbeit konstruktiv eingebaut
die Zeitung mit dem ambivalenten Doppelcharakter
(mal links, mal nationalbolschewistisch)
 http://www.jungewelt.de/2003/01-04/017.php


noch eine Linksammlung zu Elser
 http://www.zbdachau.de/elser/links.htm


und ab dem 16.1. 03 gibt`s dann die Sonderbriefmarke mit dem Segen u.a. von Theo Waigel > kotz ! <
siehe u.a. VVN Bremen
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Ergänzungen

ein NS Propaganda Plakat zum Anschlag

ein Mensch 05.01.2003 - 06:05
 http://www.landesmuseum.de/presseservice/download/2002/100_sachen/bildergross/elser_chamberlain.jpg

 http://www.landesmuseum.de/presseservice/download/2002/100_sachen/jubi.htm

sie wollten ja nicht an einen unabhängig handelnden Menschen glauben und bastelten an der Verschwörung wie auf vielen Elser webseiten nachzulesen ist

bei Gelegenheit werde ich die Seiten sichten, sortieren,
kommentieren und vernetzen

Fehler Berichtigung

ein Mensch 05.01.2003 - 06:20
Die Bezugnahme Helmut Kohl`s auf Georg Elser fand
bei den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Stauffenberg Attentats statt (bei dem oberen Text ist das leider mißverständlich formuliert)

Gegen das Vergessen

Marat&Kumpanei 05.01.2003 - 06:46
Heute Nacht im Bett überlegte ich mir, wie dieser Mann wohl hieße, der damals...! Ich hatte den Namen vergessen.
Jetzt weiß ich's wieder: Georg Elser!
Danke für diese Erinnerung!

sehr gut

problem child 05.01.2003 - 14:52
hab das briefmarkenmotiv aber noch nicht gesehen - weiss jemand dazu 'nen link?

ich glaube, da werde ich mir dann mal einen ganzen stoss von kaufen. endlich briefe ohne schlechtes gewissen wegen irgendwelcher beknackten d-land-marken verschicken können...

in Bremen

musik 05.01.2003 - 18:29
gibt es vom 13- 19 Januar eine Georg Elser Woche, die von der Georg-Elser Initiative organisiert wird.

Na dann:

Chaos 05.01.2003 - 18:43
Happy Birthday ! Sch.... , dass es damals nicht geklappt hat.

@musik

ein Mensch 06.01.2003 - 03:37
wenn du den Text und die Links !!! oben richtig wahrgenommen hättest, wäre diese Wiederholung überflüssig gewesen

ansonsten hier noch einmal etwas zu einem 100. Geburstag der in Deutschland gebührend gefeiert wird
netter weise gefunden auf einer Nazi webpage:

Ausstellung zum 100. Geburtstages von Leni Riefenstahl vom 06.12.2002 bis 02.03.2003
Leben und Werk der heute 100-jährigen Frau werden vor dem Hintergrund des
Dritten Reiches beleuchtet. Unter anderem werden zuvor nie gezeigte private Dokumente,
Requisiten und Auszeichnungen ausgestellt.Leni Riefenstahl schuf u.a. die bahnbrechenden
Filme der Olympiade 1936 und den Film über den Reichsparteitag der NSDAP.
1934 "Triumph des Willens". Die Veranstaltung findet im Haus der Geschichte in Bonn statt.

Triererischer Volksfreund

Momo 07.01.2003 - 01:19
Im Triererischen Volksfreund stand letzter Woche ein erstaunlich netter Artikel drüber... erstaunlich nett für diese zeitung...

@Momo

ein Mensch 07.01.2003 - 02:32
Hallo Momo
Der Trierischer Volksfreund  http://www.intrinet.de/
hat leider anscheinend kein Online Archiv und auch mit der Suchfonktion war der Artikel nicht zu finden.
Wie wär es den Artikel aufzutreiben und einzuscannen.

Dokumentation "Frankfurter Rundschau" 15.1.03

ein Mensch 17.01.2003 - 13:31
Da die online Zeitungs Archive Geld kosten,
hier der copierte Text aus der
"Frankfurter Rundschau" vom 15.01.2003

In einem Meer von Feindseligkeit und Furcht
Georg Elsers Attentat auf Adolf Hitler im Lichte des legalisierten Widerstandsrechts /
Eine Analyse von Jutta Limbach
Das fehlgeschlagene Attentat von Georg Elser, einem einfachen Mann aus dem Volk, auf Adolf Hitler beschämt all
diejenigen, die den Charakter oder die Gefahr des Nationalsozialismus nicht rechtzeitig erkannt haben.
Darin sieht Jutta Limbach einen wesentlichen Grund für den immer noch missachteten und unterschätzten Attentäter.
Die Autorin war Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und ist Präsidentin des Goethe Instituts Inter Nationes.
Wir dokumentieren ihr Manuskript, das am 13. Januar zur Eröffnung der Bremer Elser-Woche anlässlich
des 100. Elser-Geburtstags im dortigen Rathaus verlesen wurde.
Jutta Limbach konnte witterungsbedingt nicht selbst anreisen.


Keiner der Attentäter, die Hitlers Leben gewaltsam beenden wollten, ist so missachtet und unterschätzt worden wie
Georg Elser. Gewiss ist nicht nur der Tat dieses Einzelgängers, sondern auch dem im Staatsstreich vom 20. Juli 1944
gipfelnden Widerstand lange Zeit der Respekt versagt geblieben. Noch nach dem Kriege gab es Stimmen, die jenes
Aufbegehren als Landesverrat werteten. Und noch heute wird darüber geklagt, dass die Opfer des 20. Juli kaum ein
Echo in den Herzen unseres Volkes finden (Bodo Scheurig).

Doch unsere heutige Vorstellung vom Widerstand wird weitgehend von dem Staatsstreich des 20. Juli 1944 geprägt.
Joachim Fest hat den langen Weg zum 20. Juli beeindruckend geschildert und analysiert. Georg Elsers Anschlag im
Münchener Bürgerbräu ist ihm allerdings nur in der Zeittafel am Ende seines Buches unter dem 8. 11. 1939 der kurzen
Erwähnung wert: "Missglücktes Attentat des Einzelgängers Georg Elser auf Hitler in München." Die Aufmerksamkeit
konzentriert sich - auch in seinem Buche - auf das Tun und Lassen der gesellschaftlichen Elite.

Sowohl den Gefolgsleuten als auch den Feinden Hitlers erschien es offenbar undenkbar, dass sich ein einfacher Mann
aus dem Volke zu einer solchen Tat aufraffen und - völlig auf sich gestellt - das Todeswerkzeug konstruieren und
installieren konnte. Unbegreiflich erschien und erscheint vor allem, dass ein aus einfachsten Verhältnissen stammender
Handwerksgeselle die Gefahr erkannte, die die Herrschaft Hitlers für den Weltfrieden bedeutete.

Gern vergessen oder disqualifiziert

Der unersättliche Expansionsdrang Hitlers war sein erklärter Beweggrund zur Tat. Diese Voraussicht künftigen Unheils
beschämte offenbar - man möchte fast sagen: kränkte - all jene, die den verbrecherischen Charakter des Nationalsozialismus
angeblich nicht oder zu spät erkannt haben. Hier liegt meines Erachtens der tiefere Grund dafür, dass Elsers Anschlag auf
Hitler gern vergessen, auf angebliche Hintermänner zurückgeführt oder aber als unmoralisch disqualifiziert wird. Denn
Elsers Feinnervigkeit und Entschlusskraft stellen die Glaubwürdigkeit und den Verantwortungssinn vieler seiner
Zeitgenossen in Frage.

Manfred Haushofer hat dieses Versagen in einem seiner Moabiter Sonette bewegend thematisiert: "ich mußte", so heißt es
in der zweiten Strophe, "früher meine Pflicht erkennen, ich mußte schärfer Unheil Unheil nennen -
mein Urteil hab ich viel zu lang gelenkt..."

Der Widerstand in den Jahren 1933 bis 1945 war nicht nur Sache einer gesellschaftlichen Elite.
Auch wenn die Flugblattaktion der "Weißen Rose" und die Umsturzversuche der Männer aus der Politik und dem
Militär vorzugsweise das öffentliche Interesse finden. Auch und gerade unter einer menschenverachtenden Herrschaft
kommt es auf das Verhalten der Menschen an der Basis an. Das im Jahre 1968 im Grundgesetz legalisierte
Widerstandsrecht steht denn auch jedem Deutschen zu. Dort heißt es: "Gegen jeden, der es unternimmt, diese
Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn Abhilfe nicht möglich ist."
(Art. 20 Abs. IV GG.)

Mit der angegriffenen Ordnung ist die bundesrepublikanische gemeint. Wir können Elsers Tat daher nicht direkt unter
das Grundgesetz subsumieren wollen. Aber wir können sie durchaus vor dem Hintergrund dieser Verfassungsnorm zu
beurteilen versuchen.

Übrigens kennt auch die Verfassung von Bremen ein Widerstandsrecht. Laut Art. 19 ist Widerstand jedermanns
Recht und Pflicht, wenn die in der Verfassung festgelegten Menschenrechte durch die öffentliche Gewalt
verfassungswidrig angetastet werden.

Das Widerstandsrecht des Grundgesetzes ist im Zusammenhang der Notstandsregelung in die Verfassung aufgenommen
worden. Es war gewissermaßen als liberaler Ausgleich für die damals überaus umstrittenen Freiheitsbeschränkungen für
den Notstandsfall gedacht; gleichsam, so Isensee, als "liberales Zubrot" zur "autoritären Peitsche". Der symbolische
Gehalt dieses Individualrechts ist unbestritten. Denn das Widerstandsrecht hat seinen Gefechtsstand in Zeiten eines
Unrechtsregimes. Im freiheitlichen Rechtsstaat dürften andere Abhilfen möglich sein.

Anders im Jahre 1939, als Georg Elser zur Tat schritt: Angesichts der akuten Gefährdung des Friedens und der
Menschenrechte war ein Widerstandsfall gegeben. Am 1. September desselben Jahres waren die deutschen Truppen in
Polen eingefallen. In den Konzentrationslagern und Gestapokellern wurden schon seit einigen Jahren systematisch das
Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie die Freiheitsrechte verletzt.

Andere Mittel der Abhilfe standen nicht zur Verfügung. Die Insassen der Konzentrationslager und von der Gestapo
Verhafteten konnten sich nicht an die Behörden wenden. Weder die Polizei noch die Gerichte boten ihnen Rechtsschutz
gegenüber dem mörderischen Naziregime. Georg Elser durfte in der Überzeugung handeln, dass ihm ein Widerstandsrecht
zustehe.

Die Frage ist allerdings die, ob er es richtig ausgeübt/wahrgenommen hat. Über die Ausführungsweise des
Widerstandsrechts sagt das Grundgesetz kein Wort. Als verstände sich von selbst, was mit Widerstand gemeint sei.


Auf die Frage "Was ist Widerstand?" hat Adolf Arndt geantwortet, dass alles zum Widerstand wird, wodurch ein
Mensch sich dem Verlangen eines Unrechtsregimes auf Gehorsam entzieht. Diese Definition zielt insbesondere auf den
Widerstand durch Ungehorsam, wie etwa die Fahnenflucht oder das Gewähren von Unterschlupf für Juden.
Die "Skala der Deutungen" - was wir unter Widerstand zu begreifen haben - reicht von der seelischen Ablehnung über
den Ungehorsam bis zur brutalen Gewalt. Widerstand, so Isensee, ist Bruch des staatlichen Herrschaftsmonopols.

Es ist die besondere Tragik des Widerstandskämpfers, dass er das Risiko sowohl des Irrtums als auch des Scheiterns
trägt. Er muss die Folgen der von ihm beabsichtigten Tat bedenken, auf dass er das Unheil für das Gemeinwesen nicht
noch vergrößert. So Thomas von Aquin.

Das gilt vor allem dann, wenn der Widerstand nicht nur die Verfassungsfeinde trifft, sondern - wie bei dem Attentat von
Georg Elser - auch Dritte in Mitleidenschaft zieht. Der im Münchener Bürgerbräukeller explodierte Sprengkörper hat
bekanntlich nicht Hitler, sondern acht Menschen getötet und 63 verletzt. Hitler hatte wegen
der schlechten Wetterverhältnisse die Gaststätte bereits 13 Minuten zuvor verlassen.

Diese Folgen haben Lothar Fritze dazu geführt, Georg Elser ein moralisches Versagen vorzuwerfen und ihm die
Rechtfertigung des Attentats abzusprechen. Seine Argumentation sei kurz skizziert: Ausdrücklich geht Fritze davon aus,
dass der Tyrann Hitler getötet werden durfte. Moralisch problematisch sei das Attentat allerdings deshalb, weil Dritte zu
Schaden gekommen seien, von denen mindestens zwei in jeder Hinsicht als unschuldig zu gelten hätten. Es handelte sich
um Angestellte des Bürgerbräus, die inmitten der Alten Kämpfer servierten. Der das Attentat Planende müsse eine
Folgenabschätzung vornehmen und diese an dem Verhältnismäßigkeitsprinzip messen.

Bei der Folgenabwägung komme es nicht auf unser heutiges Wissen an. Vielmehr könne das in Frage stehende Attentat
nur auf der Grundlage der Situation des Handelnden, insbesondere seiner geistigen Ausstattung und seines Wissens
beantwortet werden.

Der Autor erwähnt eigens die Elser verfügbare Informationsbasis, sein Wissen und Können sowie seine Charakterstruktur
und stellt schließlich die Frage: "Konnte... ein Durchschnittsbürger nach dem Münchener Abkommen im Herbst 1938
(als Elser mit den Vorbereitungen der Tat bereits begonnen hatte) begründet mutmaßen, dass ein Krieg, für den Hitler
verantwortlich sein wird, "unvermeidlich" sei? "Dies erscheint", so Fritzes Antwort, "durchaus fraglich, vor allem,
wenn es sich um jemanden handelt, der - so die Selbstauskunft Elsers - wenig Ahnung von der nationalsozialistischen
Ideologie hatte, der sich offenbar niemals mit einschlägigen Büchern oder Zeitschriften beschäftigte und sich mit
politischen Fragen nie eingehend befasst hat. "Diese Sachverhalte", so weiter Fritze, "lassen durchaus Rückschlüsse
auf die Qualität seiner Überzeugungs- und Willensbildung zu und begründen den Verdacht, dass der Täter seine
politische Beurteilungskompetenz überschritten hat."

Moralisches Versagen?

"Handelt es sich zudem um einen Mann", so noch immer Fritzes Argumentation, "der als ,eigensinnig und rechthaberisch'
beschrieben wird und in bestimmten Fällen ,unerbittlich und allzu konsequent wirkte' (Anton Hoch), dann fällt es schwer,
Elsers Entscheidung als Resultat einer kenntnisreichen, sachorientierten und nüchtern politisch-moralischen Kalkulation
zu begreifen, der dann eine mutige und von Fanatismus freie Tat gefolgt wäre." Ende der von mir wortwörtlich
wiedergegebenen Gedankengänge.

Diese führen den Autor zu dem Fazit, dass wir in Elser einen Täter vor uns hätten, der (das will ihm Fritze zugute halten)
in guter Absicht und in Verfolgung eines (das hatte Fritze unterstellt) akzeptablen Zieles in einer mitleid- und gedankenlosen
Weise zu einer Methode griff, bei der der Tod unbeteiligter Dritter von vornherein einkalkuliert war. Ergo sei ihm ein
moralisches Versagen vorzuwerfen. Fritze hätte die selbstkritischen Zeugnisse der späteren - ebenfalls gescheiterten -
Widerstandskämpfer des 20. Juli mit ihren Selbstvorwürfen lesen sollen, dass sie zu spät ihre Pflicht erkannt hätten.
Er hätte dann seinerseits erkannt, dass er uns als Gegenbild Elsers den "coolen" Idealtyp eines Attentäters gezeichnet hat,
der vor lauter Skrupel gar nicht oder zu spät zur Tat schreiten würde.

Offenbar hätte Elser erst den zweiten Bildungsweg absolvieren müssen, bevor er sich ein Urteil hätte erlauben und zur
Tat schreiten dürfen. Doch geistige Schlichtheit in ideologischen Fragen und mangelndes Bücherstudium sind schwerlich
geeignet, Elser ein erfahrenes Vermuten abzusprechen. Schließlich las er Tageszeitungen. In seiner zweiten Vernehmung
durch die Gestapo hat er deutlich gemacht, dass ihn das Münchener Abkommen in hohem Maße beunruhigte.
Er war sicher, dass es zum Krieg führen würde und Hitler sich weitere Länder einverleiben werde.
Sein Urteil teilten viele Zeitgenossen. Warum sollte Elser die Vertragstreue Hitlers nicht besser habe einschätzen können
als Chamberlain? Wie häufig machen wir die Erfahrung, dass schlichte Menschen aus dem Volke über ein sichereres Urteil
und Wertbewusstsein verfügen als diejenigen, die eine Menge Buchwissen in ihrem Hirn gespeichert haben.

Aber abgesehen von der sozialen Überheblichkeit, mit der Fritze die Denkfähigkeit, das Wirklichkeitsbild und das
sittliche Reflektionsvermögen Elsers in Frage stellt, überrascht die Wirklichkeitsferne seines Verdikts über unseren Attentäter.


Mit dem alleinigen Hinweis auf das im Jahre 1938 geschlossene Münchener Abkommen, meint Fritze, Elser ein begründetes
Vermuten, dass der Krieg unvermeidbar sei, absprechen zu können. Der elf Monate darauf folgende Einfall in Polen
bestätigte alsbald seine Gefahrendiagnose. Überdies hatten bereits Tausende von Menschen Deutschland verlassen,
weil sie dem drohenden Unheil entgehen wollten. Tausende waren bereits in Konzentrationslager verschleppt worden oder
hatten Bekanntschaft mit den Folterknechten der Gestapo gemacht.
Sollte sich das Elser nicht mitgeteilt haben? Fritze will doch nicht im Ernst von der nach dem Kriege vielfach behaupteten
Unwissenheit von den nationalsozialistischen Verbrechen auf die Unrichtigkeit der von Elser angestellten Gefahrenanalyse
schließen? Fritze hätte das von J. P. Stern analysierte Aktenbündel der Gestapo genauer studieren sollen, das zufällig das
Kriegsende überdauert hat, und Auskünfte über den Täter und seine Motive gibt. J. P. Stern berichtet, dass Elser seinen
Verhörern sagte, dass er "den Nationalsozialismus nicht habe beseitigen wollen". Wahr ist, so Stern,
dass Elser Politik nie abstrakt, nie in "Ismen" verstanden habe. Aber er habe gespürt, dass sich die Bedingungen in
Deutschland "nur durch eine Beseitigung der augenblicklichen Führung ändern ließen", womit er Hitler,
Göring und Goebbels meinte. Und dass er hoffte, "dass nach Beseitigung dieser ,Obersten' gemäßigtere Männer
auftreten würden, die keine anderen Ländern erobern, sondern das Los der Arbeiterklasse verbessern würden".
Zudem glaubte er, dass ein Attentat auf die "höchste Führung" "größeres Blutvergießen verhindern" würde.
Offensichtlich hatte, so folgert J. P. Stern, Elser eine abergläubische Abneigung dagegen, Hitler beim Namen zu nennen.
Stern bezeichnet übrigens Georg Elser als einen Mann ohne Ideologie und den als den wahren Antagonisten Hitlers.

Lassen Sie mich noch auf einen Punkt der Auseinandersetzung Fritzes mit Elsers Attentat eingehen, der besondere
Beachtung verdient. Ich meine die von ihm in den Vordergrund seiner Überlegungen gestellte Tötung und Verletzung
unschuldiger Dritter, der beiden Angestellten des Bürgerbräus. Die Juristen sind zwar sich weitgehend einig, dass die
Tötung des Verfassungsbrechers, des Tyrannen als "äußerstes Notrecht" gutzuheißen sei. Doch schon bei dieser wie
bei der folgenden Frage, ob Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen werden dürfen, wird auf das auch in der
Jurisprudenz zu beachtende Verhältnismäßigkeitsprinzip verwiesen.

Prinzipiell dürfen Dritte - so genannte Nicht-Störer - nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Obwohl, wie Isensee
treffend deutlich macht, Widerstand wesenhaft die Durchbrechung der normalen Legalordnung ist.
Auch werden sich Eingriffe in die Rechte Unbeteiligter nicht gänzlich ausschließen lassen, wenn denn
das Widerstandsrecht nicht auf dem Papier stehen soll. Dennoch darf das im Hinblick auf das Übermaßverbot nur in
äußersten Grenzfällen geschehen. Nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs ist es aber absolut verboten, das Leben
Unbeteiligter zu verletzen.

Muss ich nicht aber die den beiden Kellnerinnen zugefügte Verletzung ihres Lebens und ihrer körperlichen Unversehrtheit
gegenüber den unzähligen Opfern abwägen, die das von Elser vorausgesehene Blutvergießen mit sich brachte; von den -
von Elser wohl nicht vorausgesehenen - Opfern des Holocaust abgesehen. Eine solche Gleichung oder Ungleichung,
die uns angesichts der Millionen Opfer des Zweiten Weltkriegs zulässig zu sein scheint, darf uns jedoch nicht in der
Einsicht irre machen, dass jeder Einzelne zählt. Darum sollten wir bei der Abwägung des Gewinns an Frieden gegenüber
der Rechtseinbuße Einzelner sehr sorgfältig sein.

Im Falle Georg Elsers haben wir jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass er das Gute (hier das Vermeiden großen
Blutvergießens) ohne Rücksicht auf die Folgen seines Attentats angestrebt hat. Allein die Tatsache seines Eigensinns
und seiner Prinzipienfreudigkeit sprechen nicht dafür, dass er den Tod oder die Verletzung der Kellnerinnen leichtfertig
in Kauf genommen hat.

Im Gegenteil: Er ging davon aus, so teilt es Fritze selbst mit, dass während der Rede Hitlers nicht serviert werden -
das Personal des Bürgerbräus also nicht zu Schaden kommen - würde. So scheint mir auch die Frage müßig, ob er -
Elser - hätte vor Ort bleiben, zu einem Selbstopfer hätte bereit sein müssen, um notfalls Schaden von anderen abwenden
zu können.

Im Nachhinein ist man immer klüger. Wie viel Planungsfehler sind auch den Widerstandskämpfern des 20. Juli nachgewiesen
worden. Hätte, so ist häufig gefragt worden, Claus von Stauffenberg die Aktentasche mit dem Explosivstoff nicht besser
deponieren können? Wie viel Opfer - auch Unbeteiligter - wären vor der mörderischen Rache der Nazis verschont geblieben?

Passivität der Deutschen

Nicht nur in dieser Frage des Scheiterns und der Folgenabwägung zeigen sich Gemeinsamkeiten zwischen dem Widerstand
einer Elite und dem des kleinen Mannes. Zu Recht verweist J. P. Stern auf das Fehlen jeglicher Unterstützung durch eine
breitere Öffentlichkeit, wie sie etwa die Mitglieder der Resistance in Frankreich erfahren haben.
Sowohl Georg Elser als auch alle anderen Attentäter lebten isoliert "in einem Meer von Feindseligkeit und Furcht".
Die Einsamkeit, der Verlust des Vertrauens und die fehlende gesellschaftliche Rückbindung in die Bevölkerung hinein
war denn auch das eigentliche Verhängnis, nicht nur der Verschwörer des 20. Juli 1944. Joachim Fest spricht in seinem
Buch Staatsstreich treffend von einem "Widerstand ohne Volk".


Im Nachhinein lässt sich auch leicht über die Passivität der Deutschen während der Jahre 1933 bis 1945 moralisieren.
Der Terror des Nationalsozialismus ist eines der schaurigsten Lehrstücke der deutschen Geschichte. Hat er doch gezeigt,
dass eine totalitäre Herrschaft nicht nur die Freiheit und Gleichheit zerstört. Mit dem Instrument der Angst untergräbt sie
planvoll auch die gesellschaftliche Solidarität, ja die grundlegenden menschlichen Tugenden. Ist das ethische Vakuum,
die sittliche Leere erreicht, erscheint jedes Aufbegehren gegen staatliche Willkür als ein abweichendes, ja kriminelles
Verhalten. In einem solchen gesellschaftlichen Ausnahmezustand werden schließlich auch Menschen in verantwortlichen
Positionen ohnmächtig.
Das aktive Aufbegehren, der Ungehorsam und die Akte der Nächstenliebe der "kleinen Leute" sind dann ein Zeugnis für
den im "unterdrückten Volk noch lebenden Willen zum Recht". Diese Akte der Auflehnung boten moralische Gegenbilder
zu dem angstbeherrschten Opportunismus zu den Zeiten der Diktatur. Sie waren eine Absage an die Vorstellung einer
Ordnung, die die Individuen nicht achtet und nur um ihrer selbst willen da ist.

Nur sehr allmählich hat sich - mit dem Wandel von einer Untertanen- zur einer Staatsbürgerkultur - in der Bundesrepublik
ein Umdenken angebahnt. Seit den neunziger Jahren etwa sind wir dabei, nicht nur dem "kleinen" Widerstand,
sondern auch dem aufbegehrenden Mann aus dem Volke wie Georg Elser Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Mit der Elser-Woche anlässlich des 100. Geburtstags von Georg Elser gibt die Stadt Bremen ein Signal:
Sie ermahnt uns alle, unsere staatsbürgerlichen Rechte aktiv wahrzunehmen und durch unseren Widerspruchsgeist
Eingriffe in Verfassungsrechte abzuwehren. Auf dass wir staatlichen Machtmissbrauch nicht erst dann abzuwehren
versuchen, wenn es zu spät ist. Das ist das Vermächtnis von Menschen, die wie Georg Elser gegen das
nationalsozialistische Regime aufbegehrt haben. Die Bereitschaft zu steter Wachsamkeit.
Diese ist der Preis der Freiheit und einer zivilen Gesellschaft.
 http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/dokumentation/?cnt=84419&page=1