kleine konsumkritische Aktion in Berlin (D20)

wir sind alle AktivistInnen 21.12.2002 02:38
Zu einem angekündigten "Carneval gegen Capitalismus" durch den weihnachtlichen Berliner Kaufhausrausch in Solidarität mit der Rebellion der argentinischen Bevölkerung, die vor einem Jahr begann, kamen etwa 30 Leute. Sie versammelten sich am Neuköllner Hermannplatz, der große Karstadt am Platz war von einigen Wannen und Cops gut bewacht und die Securitys schauten genau hin, welche KundInnen sie hineinlassen und welche StörerInnen sie nicht reinlassen.

Es war ziemlich klar, dass wir uns in einer relativ aussichtslosen Position befinden und wurden von einer Polizeikette in Richtung Südstern geschoben. Das wurde damit begründet, dass wir auf Kochtöpfen Lärm gemacht haben und das nicht anmelden wollten. Nach einer kurzen Beratung und allgemeinem Frust ablassen, beschlossen wir dann doch noch mit etwa 20 Leuten in der U-Bahn zum Alex zu fahren, um dort mal noch bei "Kaufhaus" vorbeizuschauen.
In der U-Bahn angekommen entschieden wir uns dann dazu, die ursprünglich am Hermannplatz geplante Theater-Performance, einfach auf der Fahrt zum Alex in der U8 vorzuspielen. Sie bestand darin, dass der Knecht Ruprecht und die Weihnachtsmänner fragten, wer denn Geschenke zu Weihnachten will. Und es meldete sich zum Beispiel der Berliner Senat. Doch der bekommt dieses Jahr nichts zu Weihnachten, wegen den Sozialkürzungen, die zwar nichts neues im Kapitalismus sind, aber doch konkrete Lebensverschlechterungen nach sich ziehen. Oder es meldete sich Nestle, Nike, Lufthansa, die Bundesregierung, die BVG,... und alle wurden am Ende der kurzen Vorstellung symbolisch durch Kochtopfklappern aus der Stadt gejagd.

Die Aktion wurde von den Menschen wohlwollend aufgenommen. Ein Grinsen hatten einige auf den Lippen, eine Frau hat uns sogar zu der Aktion gratuliert. Die Flugblätter, die wir dabeihatten und die Sozial- und Bildungskürzungen in Berlin kritisierten und einen Einblick in die Situation in Argentinien gaben, fanden guten Absatz und waren viel zu schnell verteilt. Und auch gelesen, denn dazu haben in der U-Bahn wohl doch noch einige Zeit. Fazit: das wird nicht die letzte U-Bahnaktion gewesen sein! (Hoffe ich doch !!grins!!)

Am Alex angekommen trafen wir einige der Leute vom Hermannplatz wieder und spazierten ohne Probleme in den Kaufhof und rollten bis in die 3. Etage nach oben. Ein auffälliger kleiner Umzug mit Pfeifen und Kochtopfklappern und zwei weiteren Theatereinlagen in zwei Etagen. Dann wurden die Securitys, die uns schon die ganze Zeit mit irgendwelchen Aufforderungen und netten Gesprächsangeboten von der Seite anpöpelten, rabiater und kündigten Anzeigen an, funkten die Polizei herbei und begannen zu schubsen. Als lauter Carneval verliesen wir den Karstadt unter Protest.

Zum Glück war vor der Haustür direkt ein Weihnachtsmarkt und wir nutzten die Stimmung, um auch dort mit unseren Beispielen zu erklären, warum die Unternehmen und Parteien nichts zu Weihnachten bekommen und mit Kochtöpfen aus der Stadt gejagd werden. Hier wurde sogar von den stehengebliebenen ZuschauerInnen vereinzelt geklatscht. Natürlich schritten auch hier die Securitys ein, als sie bemerkten, dass wir nicht nur Theater spielen, sondern uns politisch äussern. Sie riefen die Polizei und verwiesen uns des Weihnachtsmarktes. Dieser steht nämlich auf einem zur Weihnachtszeit leider privatisierten ehemaligen öffentlichen Platz, an diesem zur Weihnachtszeit der Mieter Hausrecht hat.

Danach waren wir ziemlich aus der Puste, besuchten aber zum größten Teil noch die Leute, die sich am Potsdammer Platz bereits zu einer Video- und Livemusikkundgebung versammelt haben. Dazu gibt es bestimmt auch noch einen Bericht.

Alles in allem würde ich (persönlich -der Autor) den Schluss aus dieser Aktion ziehen, dass (auch wenn bei einer Aktion weniger Leute kommen, als gedacht oder auch nur gerne gehabt) sich auch mit ein paar wenigen Leuten echt viel anstellen lässt, denn beispielsweise so eine U-Bahnaktion erreicht bestimmt wesentlich mehr Menschen, als eine "mal wieder nur 30 Leute"-Kundgebung am Ort XY, wo die Menschen vorbeirennen.

Alles in allem ist klar, dass die zwei Tage von den TeilnehmerInnenzahlen her mehr enttäuschend als aufbauend waren. Als "Berufsoptimist" möchte ich das aber auch nicht so stehen lassen und noch mitteilen, dass es bei den Aktionen der letzten Tage, meiner Einschätzung nach, wesentlich mehr interessierte Menschen und auch Zustimmung der Umstehenden gab, als auf den meisten Demos und Aktionen in Berlin, die ich in Erinnerung habe. Von der Verwirrung der Leute bei der Investor-Demo mal abgesehen, obwohl auch hier eben durch die grosse Aufmerksamkeit relativ viele Flugblätter mit aufklärenden Worten verteilt werden konnten und das ein oder andere Gespräch zustande kam.

Naja, das wars dann mal, bis bald...
QUE SE VAYAN TODOS!
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Ergänzungen

Kleines Erlebnis in der U-Bahn

xx xo 21.12.2002 - 10:15
das auf den Geisteszustand einiger mit solchen aktionen anzusprechender Leute schließen läßt:Frau fragt in der u-Bahn nach geld,sie will es nichtmal einfach so,sondern bietet als Gegenleistung ziemlich harte Texte an. Sie bekommt etwas,unter anderem eine Wagenmark.Jemand sagt:Hey,ich nehm die Wagenmark. Sie gibt jemandem die Wagenmark und sagt:Ich bekomme nämlich NUR Wagenmark. Es ist eine Wagenmark mit Deutscvhlandfarben drauf und jemand will sie schnell wieder loswerden.

Wer den pfennig nicht ehrt...........

unwesentlich 21.12.2002 - 10:24
Soll diese Frau bei diesem Wetter auf dem Parkplatz Wagenmarken verkaufen ?Sie braucht keinen Einkaufswagen,weil sie eh nie mehr hat als eine Handvoll Cents?In süddeutschen Kleinstädten gibt es ein neues Spiel. Leute gehen mit schicken Klamotten Eis kaufen und an denen,die da sitzen und arbeiten,vorbei und lächeln so komisch.so wie:Ich HABE Eis.bei der geisteshaltung scheitern die besten öffentlichen Aktionen.Wir müsen nur ARBEITEN. So viele arbeiten,bis es ihnen zum Hals raushängt. Alles doppelt Putzen. Für UMSONST.Als Schuhputzer. Bei Katstadt.Zum beispiel.Alles Anstreichen.
Zum Beispiel.Wir könnten auch demonstrieren,das wir garnicht viel brauchen.Alles in die Geschäfte bringen,was wir entbehren können.Was dazustellen.Bücher über Überproduktionskrise.wie Leihbibliothek.

saugut!

x 23.12.2002 - 21:00
Klingt nach ner echt guten Aktion! Wenn ich mir die verwirrt-feindseligen Blicke der Passanten bei Demos vor Augen führe, erscheint das echt viel besser. Weiter so!!!