Kopenhagen: Sozialer Ungehorsam im Anfangsstadium

Gipfelstürmer Nord 17.12.2002 17:42 Themen: Globalisierung
Der Marsch auf das Konferenzzentrum der EU-Gipfelteilnehmer im Rückblick
Etwa 1.500 Demonstranten setzten sich am vergangenen Freitag vormittag aus der Kopenhagener Innenstadt zum Bella Center, dem Tagungsort der EU-Staats- und Regierungschefs, in Bewegung.

Im alternativen Stadtteil Christiania setzten sich mehrere Dutzend gut gepolsterter "Michelin-Männchen" an die Spitze des Zuges. Geschützt durch gummibereifte Holzplatten kam ihnen die Aufgabe zu, symbolisch Polizeibarrieren durchbrechen zu können. Schon bald entfernte sich die Demonstration aus bewohnten Gebieten und nahm einen langen Marsch durch unwirtliche Moorlandschaften auf sich, um zum abgelegenen Tagungszentrum zu gelangen. Ein enormes Presseaufgebot empfing die erschöpften Teilnehmer, seit Tagen berichtete die dänische Presse ausführlich über befürchtete Auseinandersetzungen am Rande des Gipfels. Nicht weit von den Absperrungen, die aus verkeilten Polizeitransportern bestanden, wurde die Demonstration schließlich aufgelöst, um der Öffentlichkeit die friedlichen Absichten der Protestierenden vor Augen zu führen.

Der Verzicht auf eine direkte Konfrontation angesichts schier unüberwindlicher Barrikaden wurde nicht zuletzt darauf zurückgeführt, dass die erfahrenen italienischen Disobbedienti durch Ingewahrsamnahmen und polizeiliche Drangsalierungen an der Teilnahme verhindert waren. Offenbar über Nacht wurden dänische und deutsche Ersatzteams aufgestellt, die sich in so kurzer Zeit eine ausgefeilte Technik kaum aneignen konnten. So wich der Ernüchterung auch bald die Erkenntnis, dass sozialer Ungehorsam, als Ergebnis langer Erfahrung, erlernt werden muss. Eine Aufgabe, der sich die Aufmüpfigen gerne stellen werden.
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Ergänzungen

Falsche Bildunterschrift

Gipfelstürmer Nord 17.12.2002 - 18:00
Durch einen redaktionellen Fehler wird unterstellt, die abgebildeten Personen seien den "eu observers hamburg" zuzurechnen. Das ist unzutreffend. Die eu observers hamburg sind ein Pressekollektiv.

GANZ KLAR!!!

Brain 17.12.2002 - 21:04
Seht ihr dass denn nicht??
Das ist doch auf jeden Fall Oliver Reck von Schalke!!!

Immerhin!

Hans 17.12.2002 - 21:47
Auch wenn die italienischen Leute festgenommen wurden, es war (zumindest aus der Ferne - BRD - betrachtet) immerhin ein ziemlich toller Versuch, trotzdem etwas auf die Beine zu stellen. Klar müssen verschiedenen Widerstandsformen in langer Zusammenarbeit eingeübt und erfahren werden. Aber DA wurde damit angefangen. Hut ab, so unvorbereitet ins kalte Wasser zu springen. Ich habe eine Menge Respekt vor denen die sich das getraut haben.

hut ab! aber...

... 18.12.2002 - 12:38
Kritik habe ich nur an die Adresse der das Foto so ins Netz gestzt hat. Wir müssen es den BullInnen nicht noch vereinfachen!

inszenierter ungehorsam

18.12.2002 - 13:03
ich habe die demo (auf der wohl eher um die 500/800 leute waren)und ihr "ungehorsames" ende als zielmich panne empfunden. auf nem eu-gipfel ne demo die kleiner als die fast wöchentliche bambuledemo in hamburg. mehr presse als "white overalls". und dann die ernüchterung, gar keine polizeikette vor der "roten zone" vorzufinden, sondern nur ein absperrband und dahinter bullenautos. der peinliche höhepunkt war aber, dass die demospitze noch nicht mal symbolisch das absperrband durchbrach, sondern per lauti die nicht-gepanzerten leute aufgefordert wurden, als zeichen, dass die gewalt nicht von uns ausgeht (oder so) die hände hochzuheben und die paar meter weiterzugehen. d.h. die gepanzerten leute wurden völlig sinnlos. ich fand die ganze aktion ziemlich nervig, das ganze hatte den charakter von medial inszeniertem protest (fast schon ne laufende pressekonferenz) und damit nichts mit realer auseinandersetzung zu tun. klar sollte vermittlung von inhalten stärker (als bisher in der autonomen/ anarchistischen szene üblich) in den vordergrund gerückt werden. nur dürfen proteste nicht zu medienevents verkommen, nach denen alle zufrieden sind.


ungehorsam inszeniert???

aufmüpfiger 18.12.2002 - 17:15
Sicher waren viele Nörgler auch vor Ort. Sozialer Ungehorsam ist aber nichts für Leute, die nur Bock auf Randale haben. Da war wohl wer im falschen Film. Auf der Anarcho-Demo kam es überdies auch nicht zu Ausschreitungen. Die Mängel der Aktion am Bella-Center wurden ja oben geschildert - kein Grund zur Aufregung, nur Übung macht den Meister!

fotos

picturespotter 18.12.2002 - 17:20
Das Bild war schon im Netz:

 http://www.freemedia.info/FB-EU-kopenhagen02.htm

Don't believe the hype!!!

... 18.12.2002 - 17:46
ohne in Polemiken verfallen zu wollen oder vielleicht auch aus Unkenntniss (ist an mir was vorbeigegangen??) war doch die Tatsache, dass Cassarini (einer der Köpfe, der mittlerweile aufgelösten Tute Bianche) mit fünf weiteren Genossen (innen?) festgenommen wurde. Das mit 6 erfahren zivil Ungehorsamen mehr möglich gewesen wäre mag ich zu bezweifeln. Desweiteren auch die grundsätzliche Ausrichtung auf einen Mythos, der sicherlich medial einigen Raum in Anspruch nehmen mag, dem aber auf der Ebene der Realität in vielerlei Hinsicht doch mit Kritik begegnet werden sollte: Nicht nur das Cassarini persönlicher Berater der Sozialministerin in den Zeiten vor dem Berlusconi-"Empire" (für den italienischen Medienguru passt dieser Begriff im Rahmen der sozialen Realität Italiens sehr gut) gewesen ist und damit mitverantwortlich für eine Reihe rassistischer Gesetze, sondern auch das eine Reihe von Ungehorsamen längst in Stadtparlamenten sitzen und es zu zahlreichen Absprachen mit der Polizei in der Vergangenheit gekommen ist. Da kann auch Genua nicht drüber hinweg täuschen, wo das Werfen von Steinen mehr Selbstschutz war und die Wut der Verhandler ausdrückte, dass nicht, wie abgemacht bis zur Hausnummer ... schieben zu dürfen eingehalten wurde. Ohne eine vollständige Ablehnung, sollte doch auch immer hinter die kulissen geschaut werden, vielese läuft oft anders, als es aussieht, die Kritik liesse sich seitenlang fortsetzen und ist auch mehr eine an die sehr kleine Führungriege der Tute Bianche, die bspw. sich auch schon mal ein soziales Zentrum für über eine Million vom Benetton Konzern bezahlen lassen haben. Deshalb soll gar nicht so das Zurückschrecken vor plastikbarrieren in der Kritik stehen (es war halt einfach nicht gewollt politisch, symbolisch dort durchzubrechen, und macht oftmals aufgrund des Kräfteverhältnisses keinen wirklichen Sinn) als vielmehr eine Kultivierung eines doch sehr fragwürdigen Politikansatzes. Die Mittel unter einer anderen politischen Ausrichtung jedoch sollte vielmehr in Diskussion miteinbezogen werden und u.U. auch für die Zukunft benützt werden, um wieder mit´einem guten Schutz und einer medial gut verwertbaren Form die zentren der Tagungen anzugreifen und die knüppel der Schergen ins Leere laufen zu lassen. In diesem Sinne ist ein Neuanfang sicherlich zu unbterstützen !

Liebe GenossInnen

ein revolutionär 18.12.2002 - 18:05
Linke Mandate, ob auf kommunaler oder nationaler Ebene, sind ein Zeichen der Stärke gesellschaftlicher Bewegungen. Die Ausfüllung solcher Mandate sollte idealerweise die Kräfteverhältnisse im Betrieb und auf der Straße widerspiegeln. Die starke kommunistische Partei Italiens beispielsweise hat vielen Protest heute erst ermöglicht. Blindheit politischen Prozessen gegenüber aber ist ein Kennzeichen sektiererischer Grüppchen.

@GANZ KLAR.....

grau 19.12.2002 - 14:36
spielt unser olli noch bei schalke?? und im hintergrund hat rudi assauer den zigarren-molli unter verschluss, um ihn in der nachspielzeit wirksam zu zu(e)nde(r)n? viva sport