Frauenaktion gegen die Hartzer Arbeitsfront

Frauen-Ich-AG 01.12.2002 04:12 Themen: Soziale Kämpfe
Hier dokumentieren wir eine kleine aber feine und subversive Aktion, die am Donnerstag vormittag in einem Berliner Arbeitsamt stattfand
Am Donnerstag früh fand eine Spaß- und Kulturaktion im Arbeitsamt Wedding statt, zu der eine Putzfrauen-Ich-AG unter "Wir machen Putz" eingeladen hatte.

Zwei der Aktivist/innen berichten dazu:

Heute früh begannen wir in einem Gang des Arbeitsamtes, wo viele der Arbeitslosen auf ihre Abfertigung warteten, den Boden zu fegen - der einer Reinigung durchaus bedurfte. Wir haten dazu extra Besen mitgebracht. Schließlich sind wir zwei nicht gegeneinander arbeitende, sondern co-operierender Putzfrauen-Ich-AGs und wollten arbeiten. Da die Arbeit leichter flutscht wenn frau dabei singt (das haben wir schon von unseren Müttern bei der Hausarbeit gelernt), begannen wir dabei laut das Arbeitslosenspottlied zu singen, was folgenden Text hat und auf die Melodie von "Wir wollen unser'n alten Kaiser Wilhelm wiederhaben" zu singen ist:

Wir geloben hiermit für freie Arbeit zu sein
Wir geloben hiermit für Hartzers Modell zu sein,
denn ein Job, ein Job, hat noch niemand degradiert.....

Und ohne Arbeit hat das Leben keinen Sinn,
ohne VW-Management ist Kraft durch Freude dahin
ohne Chefs, ohne Chefs, fühlen wir uns elend schlecht

Darum gründen wir jetzt eine Ego-AG
ja, wir hartzen uns jetzt auch eine Ego-AG
und sind dann selbst, ja selbst uns’re Ich-AG-Chefs

Wir werden auf den Feldern Spargel stechen gehn’,
werden die Stechuhren bei VW lächeln sehn’,
für Lohn, fürLohn, für ‘nen Hungerlohn

Wir werden die Landschaften zum blühen bringen,
und werden die Abrissbirne glühend schwingen
für Kohl, für Kohl, für den guten Schwarz-Geld-Kohl

Deshalb fordern wir wir ab sofort 'ne Arbeitsbelobigung,
wir fordern ab sofort eine Arbeitsbelobigung,
denn ein Held, ein Held,ein Held der Arbeit ist was wert.

Und ein Bündnis für solch Helden gibt es schon,
ja, ein Bündnis für solch Helden gibt es schon:
das Heer, das Heer,uns’re Bundeswehr!

Die schafft viel Absatzmärkte, das wissen wir genau
Die verschafft uns Arbeitsplätze wie die Sau,
auch für Frau'n, für Frau'n, für Trümmerfraun'

Wir werden mit Schröder Schlösser bau'n
Und wir werden mit Stoiber reinhau'n
zum Wohl, zum Wohl der teutschen Markt-Monarchie
solch irre Kaiser wie die, die hatten wir noch nie!

Gleichzeitig verteilten wir die Texte zum Lied. Die Erwerbslosen hörten uns gespannt zu und lachten, klatschten und amüsierten sich. Alles war schön und friedlich.
Jedoch öffneten bereits nach den ersten drei Strophen einige der dort Arbeitenden die Türen, hörten zuerst gespannt und verwundert zu und alarmierten dann den Wachdienst, der dann nach der 6. Strophe auch in Form eines Leiters der 1. Etage sich uns in den Weg stellte und unseren Sing- und Putzfluss damit unterbrach. Wir wiesen ihn darauf hin, dass er uns von der Arbeit abhalten würde und dass wir dies - da dies ja ein Arbeitsamt sei - für kontraproduktiv ansehen würden.

Wir gingen ihm dann fegend und singend aus dem Weg in ein Büro hinein, das auch dringend geputzt werden musste. Die dort anwesende Angestellte war völlig sprachlos und guckte uns an, als hätte sie noch nie in ihrem Leben arbeitende /putzende Frauen gesehen.

Plötzlich wurden wir jedoch mit unserer Konkurrenz, der Putzmänner-Ich-AG konfrontiert, die sich von uns ihre Arbeit nicht wegnehmen lassen wollte. Der Wachdienst hatte sie informiert und sie stellten sich uns wütend in den Weg. Jemand in blauer Latzhose mit Glatze tauchte plötzlich vor einem unserer Besen auf und sagte laut: "Wir putzen aber hier!", woraufhin eine von uns - um ihre Cooperationsbereitschaft unter Beweis zu stellen - ihr Staubtuch auspackte und ihm damit liebevoll über die Glatze wedelte, die danach auch wie poliert aussah. Seine Gesichtsfarbe wurde anschliessend rot und er sah ganz süss dabei aus.

Mittelerweile hatten wir es geschafft, auch die letzte Strophe des Liedes zu singen und die Flugblätter zu verteilen. Es tauchten noch mehr Leiter und Hausarbeiter (Kalfaktoren) auf, die alle unser weiteres Arbeitsgebot behinderten und uns des Hauses "wegen Störung der Amtsvorgänge" verwiesen.
In Anbetracht des sich nun wirklich zu unseren Ungunsten entwickelten Kräfteverhältnisses blieb uns dann nichts anderes übrig, als vor die Tür zu gehen, wo wir dann die dort ein- und ausgehenden Arbeitslosen davon informierten, dass und gerade das Arbeitsamt Wedding das Arbeiten verboten habe.
Zwischendurch sangen wir auch noch einmal das Spottlied ganz laut, um unserem Ärger darüber Luft zu machen.

Es erschien dann plötzlich eine Frau, die sich uns als Leiterin des Gesamtarbeitsamtes ausgab. Zwar konnte man ihr versteckte Sympathie anmerken, aber sie mußte - weil sie Angst um ihren Job hatte - uns die Regeln des Arbeitsamtes erklären. Und die bedeuten: Singen und lautes Sprechen sowie Flugblätter verteilen ist verboten. Die Arbeit und das Kommando über Arbeit muß der generalisierten Männer-Ich-AG vorbehalten bleiben.

Das sollten wir uns nicht mehr gefallen lassen. Denn wir wollen eine Anerkennung unserer Ich-AG: "Frauen machen Putz" primär von den arbeitenden Frauen - aber auch den proletarischen Männern - die noch unter der Dominanz und Psychopathologie des männlich-patriarchalen Objektes für die plumpe und barbarische Selbstverwertung des Wertes zur Mittäterschaft gezwungen wurden. Die wirklichen Subjekte der lebendigen Arbeit sind WIR! Frauen, macht mit! Gründet Frauen-Ich-AGs für die Aufhebung der Lohnarbeit und für kreative und sozial sowie sinnvolle Tätigkeit und Produkte!

Wir werden uns von der generalisierten und destruktiven Männer-Ich-AG der Hartzer Arbeitsfront nicht davon abhalten lassen, weiterer solcher Aktionen des zivilen Ungehorsams zu machen und laden alle Frauen dazu ein, an solchen Aktionsformen mitzuwirken.

Wir treffen uns diesbezüglich jeden Montag in Berlin-Neukölln, Gaststätte Lohffs, Selchower/Weisestr. (U-Bhf. Boddinstr., Linie 8) um 18 Uhr (zumeist im Hinterraum)

Diesen Montag wird es u.a. darum gehen, wie wir mit Männern zusammen ein Aktionswochenende für menschliche Verkehrsverhältnisse in Berlin organisieren können.
siehe dazu auch:
 http://www.members.partisan.net/gratis/buntf.htm
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Ergänzungen

FEIN GEMACHT, MÄDELS :-)

tom138 01.12.2002 - 14:47

GGGGGGGGGGGRRRRRRRRRRR!!!!!!!!!

resistenza 01.12.2002 - 15:42
wir sind keine "mädels" und leiden auch nicht nicht unter lebensbornierung. so kannste deine "resis" anquatschen. aber nicht resistenzas...!!!;-)

hier noch eine Klarstellung zum Artikel

correctura 01.12.2002 - 16:34
Es sind noch ein paar kleine Schwachstellen im Text: ein paar Tippfehlerchen sind drin, aber auch theoretische Unzulänglichkeiten.

Z.B. muß es zur Arbeit heissen:
Die Verwaltung der Arbeitskraft und das Kommando über sie muß "natürlich" der generalisierten Männer-Ich-AG vorbehalten bleiben.
(die Hartzer Front z.B. besteht im Wesentlichen aus 14 Manager-Männern und einem "Merkelchen")

UND:

Das sollten wir uns nicht mehr gefallen lassen. Denn wir wollen eine Anerkennung unserer Ich-AG: "Frauen machen Putz" primär von den arbeitenden Frauen - aber auch den proletarischen Männern - die noch unter der Dominanz und Psychopathologie des männlich-bürgerlichen Objektes: der plumpen und barbarischen Selbstverwertung des Wertes stehen und zur Mittäterschaft gezwungen wurden."

Wir knüpfen mit solchen Aktionsformen inhaltlich auch kritisch an das "Manifest gegen die Arbeit", "Feierabend" und "Der Wert ist der Mann" der Gruppe Krisis an.

HOPPLA...

tom138 01.12.2002 - 16:54
war echt nicht bös gemeint ;-)
die aktion fand ich auf jeden fall sehr gut!!!

Frauen aktion für'n arsch

mensch 01.12.2002 - 19:49
wer frauen aktionen macht, beweist damit, dass kein begriff vom ganzen als das unwahre vorhanden ist und somit mit emanzipation des menschen nichts zu schaffen hat. gerade in deutschland ist es nicht verwunderlich, deshalb aber nicht weniger fatal in seiner konsequenz, dass leute die sich selbst für fortschrittlich halten, letztendlich für die geegnaufklärung eintreten(definitionsrecht etc.).

@mensch

ungebildet 02.12.2002 - 08:12
was du schreibst kapier ich nicht. kannst du das mal erklären, was du dagegen hast, daß sich frauen engagieren und sich in jobs, die normalerweise von frauen gemacht werden, organisieren?

@mensch

02.12.2002 - 18:18
reicht leider nicht, ein paar Adorno-Versatzstücke zu kennen, kannst Dir also Deinen bla wirklich schenken. Der Kampf ums Definitionsrecht hat übrigens mit dieser Aktion null zu tun.

Nette Aktion

paula 02.12.2002 - 22:38
Aber ihr wart zu den angekündigten Vorbereitungstreffen nicht da,und ich WAR da,um euch zu sagen,das ich den Text nicht singen würde,weil ich ihn schlecht und mittelalterlich ,aber schön,das es euch gibt.Mensch könnt auch anfangen,ihnen die Häuser zu renovieren,um ihnen den Arbeitsvillen zu demonstrieren. Fegt die Flughäfen.Putzt die Ministerien.Ich will net körperlich arbeiten.Nöö.