Bambule: Mahnwache im Schanzenviertel

Lahand 28.11.2002 21:31 Themen: Freiräume Repression
Seit dem Abend des 27. November wird gegenüber der Lerchenwache im Schanzenviertel eine Mahnwache gegen Polizeibrutalität und Repression sowie für mehr Freiräume abgehalten.
Die Mahnwache hat zum Ziel, auf die brutalen Facetten der Polizeieinsätze hinzuweisen, deren Höhepunkt die Neuauflage des "Hamburger Kessels" war. 269 Menschen wurden in der Nacht des 18. auf den 19. November nach einer Solidemo für den Bauwagenplatz Bambule eingekesselt und später in Plastikfesseln gelegt und in Bussen des HVV ins Gewahrsam gefahren worden. Zuvor waren sie zusammen mit vielen anderen durch das Viertel getrieben worden, Knüppel und Wasserwerfer waren die Sprache, die die Polizei im Namen des Innensenators Schill benutzte. Blutergüsse durch Knüppel und die Plastikfesseln, Prellungen durch die harten Wasserwerferstrahlen und die Tonfas (im Fachjargon "Knochenbrecher") erinnerten viele Aktivisten noch die nächsten Tage daran, dass es in diesen Zeiten besser ist, die Schnauze zu halten.
Während der folgenden Polizeieinsätze hinderten immer wieder Polizisten in Uniform und Zivil, Kamerateams und Fotografen daran, Gewahrsamnahmen und andere Polizeiübergriffe zu filmen und zu fotografieren.

Diese Mahnwache gedenkt hier mit dem Gesicht Carlo Guillanis, der im Juli 2001 während des G8-Gipfels von Carabinieri erschossen wurde, an die Zahl- und Gesichtslosen Opfer von Polizeirepression und Brutalität. Es geht aber nicht nur um das Gedenken an die unzähligen Toten, auch auf alltägliche, in diesem Staat legale Folter wollen wir hinweisen: Den Einsatz von Plastikfesseln, Tonfas und sogar im Krieg verbotene Kampfstoffe wie CS-Gas, Tränengas und Pfefferspray die auf vielen Demonstrationen in Deutschland von der Polizei verwendet werden.

Doch wir wollen nicht nur gedenken, sondern auch in die Zukunft schauen. Wir fordern Gespräche des Senates mit der Bambule. Und zwar Gespräche, die mit einem Ersatzplatz oder Wohnprojektangebot für die Bambule-Bewohner als Verhandlungsbasis starten. Die anderen Bauwagenplätze wird der Senat gegen ebenso großen Widerstand aus der ganzen Bevölkerung räumen müssen, wie es bei der Räumung der Bambule geschah. St. Pauli muss bunt bleiben, Freiräume müssen gerade in einer Großsstadt wie Hamburg ihren Platz haben. Sonst wird es bei den Großen Demonstrationen in der Vorweihnachtszeit um mehr gehen, als nur um die Bauwagenplätze.

In den Hamburg1 News kündigte im übrigen Rechtsanwalt Manfred Genzmann an, sämtliche Rechtsverstöße der Polizei zu sammeln und allesamt vor Gericht zu bringen. Äusserst verärgert sagte er, er werde notfalls "Amnesty International in London einschalten, damit die einen Ermittlungsausschuss einrichten", wenn weiterhin so massiv Grund- und Bürgerrechte von DemonstrantInnen verletzt würden.

Die Mahnwache soll im übrigen bis in Wochenende hinein dauern. Wir freuen uns, wenn uns Leute unterstützen, Tee, Kaffee und Food vorbeibringen oder sich selbst mal ne Stunde dazusetzen.
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Ergänzungen

wenn schon verhandlungen dann radikal

28.11.2002 - 23:20
niemals war der zeitpunkt besser, so schnell wird er es auch nicht sein: Weg mit dem Wohnwagengesetz.
Das bedeutet nicht nur praktische Unterstützung für die noch zu räumenden Bauwagenplätze in HH, sondern für alle in ganz Deutschland. Die Stadtregierungen mit dem "Problem" wagenplatz schauen jetzt ja auch alle gespannt nach Hamburg!
Kämpft für uns alle!

fight the power !

karl arsch 29.11.2002 - 00:37
haltet durch,leute !
xxxx schill !

Wagengesetz ist egal

Bauwägler 29.11.2002 - 08:46
Immer wieder ist bei Indymedia zu lesen, es müsse die Beseitigung des sog. Bauwagengesetzes gefordert werden. Das ist von der moralischen Implikation richtig, in der Sache jedoch Quark. "Gegen die Hetze, gegen Gesetze..." - aber was steht eigentlich im Bauwagengesetz? Bis vor ca. 2 Jahren richtete sich das Gesetz (mit faschistischen Wurzeln) gegen Roma und Sinti und lag mehr oder weniger vergessen im Giftschrank. Vorstellbar, daß es hin und wieder hervorgekramt wurde, um auch heute noch gegen unliebsames wanderndes Volk eingesetzt zu werden, bekannt ist mir dies aber nicht konkret.

SPD/GAL haben dann eine Gesetzesänderung beschlossen, die von progressiven Kräften in der GAL (die heute meines Wissens sämtlich ausgetreten sind und sich bei "Regenbogen" tummeln) in Richtung einer Legalisierung von Bauwagenplätzen gedacht war. Der hier oft zitierte Anwalt Getzmann saß übrigens, ebenso wie Vertreter von etlichen Wagenplätzen - sogar vom ehemaligen Gauß-Platz - in HH, desöfteren im Rathaus mit der GAL zusammen, um über das Gesetz zu streiten.

Herausgekommen ist eine legislative Nullnummer. Oder auch einen Doppelagenten. Es handelt sich im Ergebnis schlicht um ein Willkürlegitimierungsgesetz: Ist ein Senat oder eine Bezirksregierung der Meinung, Bauwagenplätze sind was Tolles, oder ist es doch zumindest viel zu stressig, die Zotteln anzugreifen, so ermöglicht das Gesetz die Legalisierung von Plätzen als sogenannte "Übergangswohnplätze". Argumentationsgrundlage ist das Stichwort Wohnungsnot in Verbindung mit der Behauptung von "Übergang", d.h. der Annahme, kein Mensch würde freiwillig dauerhaft im Wagen leben wollen. Übrigens ist der Platz, auf dem ich lebe, nach diesem Gesetz derzeit offiziell legal.

Wenn nun aber ein übelwollender Senat in Kombination mit einer reaktionären Bezirksregierung (vgl. Bezirk Mitte) das Gesetz liest, so findet es auch Möglichkeiten, die Buchstaben ganz und gar anders zusammenzusetzen. Dann wird das Gesetz zu einer Handhabe gegen Plätze. Hier greifen dann Stichworte wie Hygiene, Zumutbarkeit für AnwohnerInnen und Umweltschutz.

Damit wäre der Begriff des Doppelagentens klargestellt. Warum nun aber Nullnummer, warum kann das Gesetz bleiben? Trivial: Weil es ohne das Bauwagengesetz genauso repressive Handhabe gegen Plätze gibt, die nicht minder wirkungsvoll sind. Und weil es ohne Bauwagengesetz genauso die Möglichkeit gibt, Plätze zu tolerieren. Zur Illustration braucht es nur einen Blick über die Stadtgrenzen Hamburgs hinweg. In den allermeisten Bundesländern gibt es nichts zum Bauwagengesetz verleichbares. Zumeist wird dann auf das Baurecht abgehoben, um unsereins zu bedrängen. In Hamburg wäre dann Herr Mettbach unser unmittelbarer, nicht schaumgebremster Gegenspieler. Ist er auch so? Eben.

Damit hätten wir ein glattes Unentschieden zwischen Gesetz wech und Gesetz egal. Für das Gesetz spricht übrigens, daß die Stadt dadurch gezwungen wird, legalisierte Plätze auf eigene Kosten mit Wasseranschluß, Sanitärräumen und ähnlichen Basics zu versorgen. Ferner werden durch Genehmigung des Platzes die darauf befindlichen W[a|ä]gen zu Wohnungen im Sinne des Hamburger Wohnungsgesetzes. In der Theorie bedeutet das einen gewissen Schutz vor Polizeiwillkür. In der Praxis mache ich mir da aber keine Illusionen.

Eine Legalisierung unserer Lebensform ist zu fordern, einfach weil sie legitim ist. In einer so verfaßten Gesellschaft wie jener um uns herum will sich das in Gesetzen ausdrücken. Tatsächlich muß es in den Köpfen stattfinden. Beides ist nicht zu erwarten. "Wagengesetz weg" ist und bleibt als Forderung ein Politplacebo und insofern vergebene Liebesmüh.

das transpa mit dem porträt von carlo

29.11.2002 - 09:50
ist ja grauenhaft, wird das jetzt ne neue ikone, nen neuer che? schrecklick, frag mich was die eltern denken wenn sie sowas sehen sollten...

carlo!

frdd 29.11.2002 - 11:00
joh! heroinnehaftes rumgepose gehört zum linken widerstand wie der stern zum benz!
und so is das nunmal mit den vertreter/innen der held/innenschiene: die wollens nunmal so.
carlo is tot, den stört's nicht mehr.

Opfer?

Scheissedassesschonumfünfdunkelwird 29.11.2002 - 11:10
Tach, was die Repression angeht und die Demütigungen durch die Cops will ich nichts beschönigen..das muss aufgedeckt und bekämpft werden.

Andererseits setzt zumindest die Mitteilung oben meiner Meinung nach die Akzente falsch. Das was sich seit 3,5 Wochen in HH abspielt ist Ausdruck einer politischen und gesellschaftlichen Offensive, die Gesetze bricht, sich den öffentlichen Raum (wieder)aneignet und ganz klar gegen die Defintionsmacht des Rechtssenats vorgeht.

Die AktivistInnen sind eben nicht nur Opfer der staatlichen repression sondern genauso selbstbestimmt agierende Individuen, die Eskalation suchen um politisch andere Verhältnisse durchzusetzen.

Darauf kann man stolz sein und das sollte nicht unter den Tisch fallen....Eskalation soll hier nicht falsch verstanden werden, was hier passiert sind keine Riots oder Strassenschlachten..das ist ziviler Ungehorsam im besten Sinne des Wortes..und das ist in Deutschland 2002 viel Wert..es wärmt nicht zuletzt viele Herzen in den kalten Städten...

@bauwägler

29.11.2002 - 11:49
Ich miente ja auch nicht explizit die Hamburger SOndergesetze sondern generell eine Legalisierung dieser Wohnform in ALLEN städten, Dörfern und was es sonst so gibt.
Un zwar so, dass es auch keine Doppeldeutigkeiten mehr geben kann, also dass mensch niemanden mehr ankacken kann, nur weil er in so ner Hütte wohnt.

Grober Unfug

Beule von Ost 29.11.2002 - 13:42
Ziviler Ungehorsam muss hübsch bleiben, also kommen und mitmachen, heute um 17.00 Uhr in Altona Ama-Wartenberg-Platz und natürlich morgen 30.11. 13.00 Uhr Hachmannplatz und die Feldstrasse ist ja ein immer beliebterer Ort für Montags.
Morgen Abend ist auch noch Konzert (u.a. Turbostaat ) im Störtebeker

Was Forderungen angeht...

1 29.11.2002 - 14:10
Wenn in Verhandlungen getreten wird, sollte meiner Meinung nach der Tatsache Rechnung getragen werden, daß es auf der Straße mittlerweile doch um mehr geht als "nur" um Bambule... man sollte sich nicht mit irgendeinem "Ersatz" abspeisen lassen, den der Senat vielleicht demnächst aus Gründen der Befriedung der Situation bereit wäre springen zu lassen. Man sollte etwas fordern, dessen Erfüllung ein echter Beweis dafür wäre, daß Widerstand sich in Hamburg wieder lohnt - mit der "Gefahr", dass auf diese Forderung nicht eingegangen wird. Doch zumindest großes Medienecho kann einem Gewiss sein, und man sollte diese Situation nutzen, um eine politische Position zu beziehen.

Mindestens:
Rücktritt von Schill!
Legalisierung aller Bauwagenplätze!
Stopp und Verbot der Brechmitteleinsätze!
...

@9:50 + 11:00

Henry C. 29.11.2002 - 14:11
Ja, ja - immer schön gegen ALLES sein!

Weil es um mehr als um Bambule geht

29.11.2002 - 14:50
Die Räumung in Hamburg ist auch "nur" Ausdruck unseres Systems. Dieser verdeutlicht sich auch in Form von prügelnden Bullen überall, in Form von Rassismus, Sexismus, Verwertungslogistik, Wohlstandschauvinismus,...
Am 7. Dezember findet in Bad Homburg (Hessen) eine Demostration mit dem Motto "Deutschland in den Rücken fallen" statt. Der komplette Aufruf ist auf der Hompage www.antifa-hg.org zu lesen. Er behandelt folgende Punkte:

Der „Standort Deutschland“ und die dazu notwendige kapitalistische Expansion, immer mehr mit einem starken Europa.

Der Charakter dieses Deutschlands (und auch Europas) in Form von Kriegseinsätzen außerhalb und Sozialabbau innerhalb.

Die Weltordnung, geprägt globalisiertem Kapitalismus, welcher sich nicht nur durch Großmachtsinteressen auf Ölvorkommen auszeichnet, sondern vielmehr durch eine weltweite Eingliederung in dieses System.

Es geht um Nationen und Kapital, um die Tatsache, das dieses untrennbar verbunden und gleichzeitig Ausdruck von Unterdrückung ist.

Nicht zuletzt geht es auch um die Quandt-Stiftung. Die Quandts sind eine Familie, zu deren Imperium etwa BMW, ALTANA, der Batterie-Hersteller VARTA und die DELTON AG gehören. Die Expansion der Quants ist der perfekten Eingliederung in die deutschen politischen Systeme zu verdanken.


Dies steht als hier als Ergänzung, da es bei dieser Demonstration um die oben erwänten Ursachen staatlicher Repression - global sowie national - geht und eine massive Kritik dessen überregional, gerade in Anbetracht von Hamburg und Aachen, stattfinden sollte.

Also kommt am 7.Dezember um 13 Uhr nach Bad Homburg (Bahnhof).

DEMOSTART ????

GANJAMAN 29.11.2002 - 18:18
MORE FIRE...

WER BESTÄTIGT DENN DEN STARTPUNKT DER DEMO ?

Hachmannplatz oder aber Dovenfleet ?

Auch wenn zwei Demos unumstritten PHAT wären,


wo geht´s denn nu los ?

Bitte um Infos.

One Love

ZEUGEN gesucht nach Festnahme

bASTRA (tm) 30.11.2002 - 00:12
Hallo zusammen,

ich bin heute (Freitag) gegen Ende der Demo auf dem Schulterblatt Ecke Schanzenstrasse festgenommen worden. Ich benoetige dringend Zeugen, die die Festnahme und das Geschehen mitbekommen haben. Fragt bitte auch Eure Freunde. Es ist sehr wichtig. Danke fuer jede Info! mail:  olu@kayo.de
Bambule kommt ...
... mit Sicherheit !!!

Bambule

anonym 30.11.2002 - 00:25
alle durchhalten wir schafffen das schon
"für mehr unbezahlte Überstunden"

zur demo am 30.11.2002 ich hab gehört, dass wir mit oder ohne Genemigung am Haupbahnhof erscheinen.

nun ja, müßt ihr immer meckern?

bonzo 30.11.2002 - 02:35
gut, das plakat mit carlo giulani oder wie genau heißen mag ist leicht deplaziert, aber nicht wirklich. es geht darum zu warnen vor polizeiwillkür, was gerade hier in hamburg immer mehr elementares thema wird, gerade auf demos drehen sie durch wie die biber die jungs in grün. angeblich titelte sogar die mopo was von "wann gibts den ersten toten" natürlich leicht übertrieben, aber angesichts hoher verhafteten und opferzahlen mußte man sich fragen wie damit umgehen.in dem kontext sehe ich den zusammenhang, vielleicht hätte er besser formuliert werden müssen. helft lieber diesen aktionisten mit aufwärmenden lebensmittelspenden. Ich glaube nicht, das carlos eltern umbedingt mit dem transpi ein problem hätten, ich glaube deren problem ist, daß ihr sohn jetzt tot ist. der vater hat kürzlich im zusammenhang mit den demos gegen die verhaftungen bzw reppression irgendwo (rom?)gesprochen.
gut diese ikonologie erinnert wirklich ein wenig an die kunst in der sovietunion unter stalin aber wir hamburger wenn wir denn noch die einschläge bemerken haben gerade andere probleme als pur ästhetische.
also macht weiter schill muß weg

mahnwache needs help!!!

be naughty :) 01.12.2002 - 17:25
Hi,

falls noch nich erfolgt, Mahnwache gegenüber Lerchenwache brauch dringend einen Sonnenschirm, oder ähnliches, um die dortigen auch nächtigenden Jungs und Mädels und ihren Infotisch vorm Regen zu schützen. (Das Zelt reicht nicht aus)
Außerdem ist die Mahnwache von Räumung bedroht, da dort derzeit Schüler mahnwachen und diese ab morgen vormittags zur Schule wollen.
Also, Leutz, bidde löst die Leute ab - n paar Stunden vormittags nächste Woche wird doch jemand erübrigen können - ich auch!

Es ist bemerkenswert, daß die Mahnwache noch immer steht!
Aber sowie dort nur eine einzelne Person ist, kommt team grün und versucht zu räumen.


ungehorsam rulz.

mahnwache brauch petroleum :)

muttercourage 01.12.2002 - 18:56
hi,
sollte jemand petroleum übrig haben, bringt es bidde zur Mahnwache gegenüber Lerchenwache - denen brennt der Brenner aus. und, wie gesagt, irgendeine art regenschutz für den infotisch und die klammen kids dort wird auch noch dringend benötigt!!