Grenz-Werte aus Italien

Lotti & maroto 04.11.2002 02:09 Themen: Globalisierung Repression
Seit dem 1.11. hat die italienische Regierung wieder Grenzkontrollen eingeführt, die bis zum Ende des Europäischen Sozialforums (ESF) andauern sollen. Und warum? Weil die Kunstschätze von Florenz bedroht seien. Sagt Berlusconi.(Und der Spiegel)

Das bedeutet, dass es für viele der TeilnehmerInnen des ESF in den nächsten Tagen Schwierigkeiten bei der Einreise nach Italien geben wird bzw. bereits gibt.(Mit Presseschau. )
Konkret haben die Schwierigkeiten am Wochenende begonnen:
An der französisch-italienischen Grenze wurden zahlreiche Menschen, PKW und LKW kontrolliert. 12 Personen wurde am 1.11. am Grenzübergang Monte Bianco die Einreise verweigert. Begründung: frühere Ermittlungsverfahren, ungültige Dokumente und das Mitführen von gefährlichen Materialien [ANSA]. Am Grenzübergang Ventimiglia wurde nach einem Bericht der italienischen Zeitung 'Il Manifesto' bereits am Freitag 17 Personen die Einreise verweigert. Drei Leuten aus Frankreich mit früheren Verfahren wurde der Grenzübertritt verweigert, weil sie drei Messer mit sich führten, 14 MigrantInnen wurden abgweisen, weil sie keine Papiere und Genehmigungen vorweisen konnten.

Die bisherige Kontrollpraxis scheint sich auf zwei Gruppen zu konzentrieren: auf MigrantInnen ohne gültige Papiere und Leute, gegen die italienische Behörden bereits in der Vergangenheit ein Verfahren angestrebt haben. Insbesondere trifft das diejenigen, die während der Proteste gegen den G8 in Genua von der italienischen Polizei festgenommen wurden. Gegen viele/die meisten wurde ein Einreiseverbot für Italien verhängt. Welchen Status diese Einreisebeschränkungen habe ist völlig unklar.

Der Abgeordnete von Bündnis90/Die Grünen im Deutschen Bundestag Hans-Christian Ströbele versuchte, mit einer Anfrage (vom 25.10.2002) an das Auswärtige Amt Licht in die Angelegenheit zu bringen.

"Einreiseverbote nach Italien für deutsche Demonstranten und Demonstrantinnen nach deren Festnahme in Genua
Mehrere der von den Maßnahmen der italienischen Polizei in Genua im Sommer 2001 Betroffenen haben sich an mich gewandt mit der Bitte um Klärung, ob Probleme entstehen, wenn sie wieder nach Italien reisen.Ich bitte deshalb, mir mitzuteilen, ob die im letzten Jahr von den italienischen Behörden verhängten Einreiseverbote noch bestehen oder andere Probleme zu befürchten sind. Seinerzeit hieß es, die Einreiseverbote seien aufgehoben.
Für eine baldige Nachricht wäre ich dankbar."

Die Antwort des Auswärtigen Amtes vom 30.10.2002:

"Zu Ihrer Anfrage vom 25.10.2002 bezüglich Einreiseverbotes nach Italien für deutsche Demonstranten und Demonstrantinnen nach deren Festnahme in Genua kann ich Ihnen folgendes mitteilen:
Nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes wurden die 5-jährigen Wiedereinreisesperren pauschal in Wiedereinreisesperren für einen "angemessenen Zeitraum" umgewandelt. Ob dieser Zeitraum inzwischenabgelaufen ist, oder ob spezielle Einreisegenehmigungen weiterhin erforderlich sind, kann nur - im Einzelfall - von den italienischen Behörden beantwortet werden. Die betreffenden Personen müssten sich hierfür an das italienische Innenministerium oder die italienische Botschaft in Berlin wenden.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen ..."

Abgesehen von den freundlichen Grüssen keine besonders freundliche Nachricht. Wer würde schon den italienischen (oder auch deutschen) Behörden im Vorhinein mitteilen wollen, dass er oder sie plant, wieder nach Italien zu reisen, um bei einer Veranstaltung dabei zu sein, die Berlusconi am liebsten verboten hätte? Insbesondere, wenn die Erlebnisse vom letzten Jahr noch gut in Erinnerung sind.



Dazu noch eine kleine Presseschau:

1. Nov.
Frankfurter Rundschau Florenz packt seine Statuen ein - das Sozialforum kommt. In der toskanischen Hauptstadt macht die Erinnerung an Genua 2001 die Runde/ Berlusconi heizt die Furcht vor Krawallen an.

2. Nov.
ND: Ungeliebt. Europäisches Sozialforum in Florenz / Italien. Kontrollen vor Europa-Sozialforum. Attac Deutschland protestiert gegen Behinderung durch Berlusconi-Regierung
taz: Italien mit Grenzkontrollen / ITALIEN: GRENZKONTROLLEN SIND VORKAPITALISTISCH UND ANTIEUROPÄISCH

4. Nov.
junge welt: Globalisierungskritik nach Seattle und Genua: Aufbruch zu einem neuen Internationalismus?


To be continued...
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Ergänzungen

Hab mal 2 Ergänzungen

Mr.iX 04.11.2002 - 02:34
1.) Zm Link in der FR: Die Links ziehen immer nach einem Tag um und sind dann für 2 Wochen im 14-Tage-Archiv zu finden. Unter der dortigen URL bleiben sie dan dauerhaft. Der FR-Link ist jetzt unter:  http://www.fr-aktuell.de/archiv/fr30t/h120021031034.htm

2.) Bei Telepolis gibts nen interessanten Text dazu:  http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13525/1.html