Tiefe Einschnitte in die Selbstverwaltung

juzgänger 21.10.2002 17:46 Themen: Freiräume
Das selbstverwaltete Jugendzentrum in Bad Nauheim wurde geschlossen. Und soll nur mit einer neuen Nutzungsvereinbarung wieder geöffnet werden. Die hat tiefe Einschnitte in die Selbstverwaltung zur Folge.
Dagegen soll eine Demonstration stattfinden.
Am Mittwoch vor fünf Wochen wurde das Juz in Bad Nauheim aufgrund eines Magistratbeschlusses vorläufig geschlossen. Nur von einem Austausch der Schlösser will keiner gewußt haben. Das soll einem Alleingang des Stadtrats und 3. Dezernenten Bernd Witzel zu verdanken sein. Nun haben sämtliche Juzgänger keinen Treff mehr, und müssen ihre Freizeit in Kneipen, Parks, auf der Straße oder zu hause verbringen.
Der Stadtrat Bernd Witzel fordert eine neue Nutzungsvereinbarung, um das Juz wieder zu öffnen. Erstens ist der nächste Kündigungstermin für selbige aber erst am 31.6.03 und auslaufen tut sie dann zum Jahresende 2003, zweitens drückt er damit dem Vertragspartner (SJR Bad Nauheim) die Pistole auf die Brust.
Witzels Vorderungen hätten eine beträchtliche Einschränkung der Selbstverwaltung zur Folge.
Schließlich ist Selbstverwaltung auch politisch gesehen die höchste Form der Partizipation. Jugendliche lernen dadurch Verantwortung zu tragen, Selbstvertrauen zu gewinnen und Probleme zu lösen.
Gegen die Schließung des Juzes bzw. die Einschränkung der Selbstverwaltung ist eine Demonstration geplant:
Kommt alle am Di. 29.10.02 um 15:00 Uhr vor's Juz in Bad Nauheim.
Eventuelle Änderungen etc. werden hier gepostet.
Das Juz hat auch eine Homepage:  http://juz.freesources.org
Ich hoffe ihr erscheint zahlreich und zeigt damit wieviel euch an dem Juz und Selbstverwaltung liegen.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Was iwird denn als Grund...

gimli 21.10.2002 - 22:56
...für die Schließung angegeben? Ein paar Hintergrundinfos wären nicht schlecht...

na sowas

klenkes 22.10.2002 - 00:17
ist ja ein ding, überrall werden öffentliche einrichtungen geschlossen!
und scheinbar dies mit fadenscheinigen begründungen...
lest selbst:
das az in aachen ist seit freitag dicht.

"Brandschutz: Stadt macht jetzt Nägel mit Köpfen

Aachen. Das «Black & White» und die Folgen: Nach der Schließung des Szene-Treffs an der Liebigstraße und der harschen Kritik an der Verwaltung macht selbige nun offenbar Nägel mit Köpfen.

Nicht noch einmal will man sich anscheinend dem Vorwurf aussetzen, jahrelang katastrophale Brandschutzsituationen nicht wahrgenommen zu haben. Und so wurde am Freitag der nächste Veranstaltungsort dichtgemacht: das «Autonome Zentrum» an der Vereinsstraße.

AZ-Redakteur Stephan Mohne war vor Ort.

Als der Bus mit der Band «Station 17» aus Hamburg anrollte, da war im und am Autonomen Zentrum schon einiges los. Nicht etwa die Fans hatten sich bereits Stunden vor dem Auftritt der bekannten Combo aus behinderten und nicht-behinderten Musikern versammelt.

Vielmehr wuselten die Mitarbeiter des Bauordnungs- und des Ordnungsamtes, rund ein Dutzend Polizisten, einige Mitglieder des Vereins Autonomes Zentrum, deren Anwalt und diverse Pressevertreter und Kamerateams umher.

An der Tür prangte nämlich das Siegel «Allgemeines Nutzungsverbot - Betreten verboten!». Was nichts anderes besagt, als dass es das Autonome Zentrum als Veranstaltungsstätte nach dem Willen der Verwaltung nicht mehr geben soll.

Nicht etwa aus politischen Gründen, wie die Verantwortlichen des Bauordnungsamtes nachdrücklich betonten. Vielmehr habe man sich die Räume - sie liegen unter der Erde und waren in Zeiten des Kalten Krieges ein Bunker - angeschaut. Diese Lage erfordere ein besonderes Maß an Verantwortung - doch der Brandschutz sei auch hier erschreckend schlecht.

«Es hat hier nie eine Baugehmigung gegeben», so ein Mitarbeiter des Bauordnungsamtes. Ganz am Rande gab es auch keine Genehmigung für eine Gaststättennutzung. Dennoch fanden im Autonomen Zentrum regelmäßig Konzerte und Partys statt.

Eine ganz ähnliche Situation also wie vor Tagen im «Black & White». Nicht bestreiten konnten die Beamten denn auch, dass die jetzige Begehung und Schließung eine direkte Folge der Vorgänge an der Liebigstraße waren.

50 Anrufe, die auf Missstände an Veranstaltungsorten hinwiesen, seien in dieser Woche eingegangen. Zahlreiche hätten sich auf das Autonome Zentrum bezogen - wobei man Anrufe von Konkurrenzveranstaltern ausgesiebt habe.

Allerdings gibt es - noch eine Parallele zur Liebigstraße - auch an der Vereinsstraße eine Auffälligkeit: Das Zentrum liegt seit fast genau zehn Jahren zwischen dem Gesundheits- und dem Ordnungsamt.

Bislang kamen die Behörden jedoch nicht auf die Idee, den Laden zu schließen. Es habe sogar einige Begehungen im Laufe der Zeit gegeben, bekundeten Vereinsmitglieder. Auflagen wie das Anbringen von Feuerlöschern habe es gegeben, auch sei über die Fluchtwege diskutiert worden - aber immer wieder habe es vorläufige Genehmigungen gegeben.

Umso überraschender sei der Einsatz der Beamten gestern gekommen. Zudem verfüge der Verein - offenbar trotz fehlender Baugenehmigung - über einen Nutzungsvertrag, wie Rechtsanwalt Christof Stock erläuterte. Ihn hatte der Verein sofort aktiviert.

Denn zumindest das Konzert am Abend sollte noch mit begrenzter Zuschauerzahl durchgezogen werden. Nach telefonischer Rücksprache mit Baudezernent Lars Möller lehnte die Verwaltung jedoch auch dies strikt ab.

Beim Verwaltungsgericht wurde vom Anwalt ein Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, der aber am Ende auch nicht positiv beschieden wurde. Die Vereinsmitglieder verließen daraufhin - völlig friedlich - ihre Räume, «Station 17» rollte wieder von dannen.

Aufgrund des Nutzungsvertrages meinte Christof Stock hinsichtlich einer endgültigen Schließung: «Da ist das letzte Wort mit Sicherheit noch nicht gesprochen.»

Das Autonome Zentrum dürfte allerdings nicht die letzte Veranstaltungsstätte gewesen sein, die die Verwaltung unter die Lupe nimmt.

Konsequenter Weise müssen die Ämter nämlich jetzt allen Hinweisen aus der Bevölkerung nachgehen - und der Brandschutz wird in vielen Gebäuden mangelhaft sein.


+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


Aachener Nachrichten
---------------------
18.10.2002 22:22

Sicherheitsmängel im ehemaligen Bunker - Konzert verlegt

Stadt macht AZ dicht

Von Nachrichten-Mitarbeiter Michael Klarmann

Aachen (an-o) - Das Bauordnungsamt Aachen hat Freitag Nachmittag die Schließung des Autonomen Zentrum (AZ) angeordnet. Grund: Sicherheitsmängel gemäß der Brandschutzverordnung.

Der kurzfristig angeordnete Vollzug der Maßnahme wird damit begründet, dass am Freitag im AZ ein Konzert der Hamburger Musikgruppe "Station 17" stattfinden sollte. Hierbei sei eine "nicht mehr akzeptable" Besucherzahl erwartet worden, so der Leiter der Bauaufsicht, Achim Lelickens. Die Besucherzahlen im AZ seien aus baurechtlichen Gründen für die Stadt "nicht tragbar" und widersprächen den Nutzungsauflagen, sagte Lelickens.

Ein AZ-Trägerverein nutzt seit Anfang der 1990er Jahre den ehemaligen Bunkerkomplex unterhalb des Gesundheitsamtes. Damals hatte die Stadt diesen Hausbesetzern [den Bunker?] als selbst verwaltetes Kulturzentrum für Feiern und Konzerte überlassen. Zwar waren Auflagen, aber keine Genehmigung für den Betrieb erteilt worden [?].

Zur Vollstreckung der Verfügung waren gestern vier Beamte des Ordnungsamtes und rund zehn Polizisten vor Ort. Laut Ordnungsamt waren die "Vorkommnisse im Black & White" Anlass für die Aktion.

Mehr als 50 Hinweise

Alleine in der vergangenen Woche seien rund 50 Hinweise besorgter Eltern eingegangen. Sie hatten gegenüber dem Amt Sicherheitsrisiken bei vielen Aachener Veranstaltungsorten bemängelt. Ein Großteil der Hinweise hätten dem AZ gegolten. Weiteren werde nachgegangen. Laut AZ-Trägerverein lasse das ihnen von der Stadt auferlegte Nutzungsrecht 199 Besucher pro Veranstaltung zu.

Mehrfach habe es in den letzten Jahren Begehungen seitens des Ordnungsamtes gegeben, das gleich im benachbarten Verwaltungsgebäude sitzt. Brandschutzauflagen habe man befolgt. Zudem habe man die Stadt regelmäßig über die aktuellen Besucherzahlen informiert.

In den Jakobshof < Das Ordnungsamt hatte Freitag Mittag noch dem Trägerverein mitgeteilt, zukünftig seien nur noch 99 Besucher zulässig. Laut Lelickens habe sich das AZ daraufhin nicht kooperativ gezeigt, weswegen er die "sofortige Vollziehung" der Schließung angeordnet
Einen vom Rechtsanwalt Christof Stock dagegen eingereichten Eilantrag hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Das Konzert am Freitag konnte indes kurzfristig in den Jakobshof verlegt

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

WDR hp, 19.10

Aachen
"Autonomes Zentrum" prüft rechtliche Schritte gegen Stadt
Nachdem das Jugendzentrum in der Nähe des Hauptbahnhofts Freitag mit sofortiger Wirkung geschlossen wurde, hat der Verein
einen Rechtsanwalt mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt. Obwohl in dem ehemaligen Bunker häufig Konzerte stattfanden,
hatte es dafür nie eine offizielle Genehmigung gegeben.
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

Aachener Nachrichten 20.10.2002 21:19

autonomes Zentrum droht mit Demos und Spontankonzerten

Widerstand gegen AZ-Schließung

Von Nachrichten-Mitarbeiter Michael Klarmann

Aachen (an-o) - Nach der Schließung des Autonomen Zentrums (AZ) prüft dessen Trägerverein rechtliche Schritte gegen die Stadt. Gleichzeitig wurden Demos und "Spontankonzerte" angekündigt.

Laut AZ fallen bis Jahresende rund 30 Konzerte aus. Wegen möglicher Regressforderungen vertraglich verpflichteter Künstler drohen dem Verein "Freunde unabhängiger Kultur" zwischen 100 und 500 Euro Schaden pro Termin, so die Mitglieder am Samstag. Sie hatten sich mit rund 50 Sympathisanten im Che-Haus in der Pontstraße zum Plenum versammelt. Am Ende stand die Forderung an die Stadt: "Sofortige Wiedereröffnung des AZ mit dauerhafter Rechtssicherheit!"

Harsche Kritik wird in einer Stellungnahme an der "fadenscheinigen" Begründung des Bauordnungsamts für die plötzliche Schließung geübt. Probleme wie "fehlende Baugenehmigung" oder "nicht ausreichende Brandschutzbestimmungen" seien schon vor "zehn Jahren bei Abschluss des Nutzungsvertrags zwischen AZ und Stadt Aachen größtenteils bekannt" gewesen. Um Lösungen und die Einhaltung von Brandschutzauflagen habe sich das AZ "konsequent bemüht".

Problematisch indes ist, dass sich der Bunker in Bundesbesitz befindet und die Stadt ihn nur verwaltet. Sie hatte den unterirdischen Komplex Anfang der 90er Jahre dennoch Hausbesetzern als Kulturzentrum überlassen. Wäre der Bunker dann zum Veranstaltungsort umgebaut worden, hätte er als Schutzraum erhalten werden müssen. Doch schon die Verbreiterung der Sicherheitstüren und -schleusen um nur wenige Zentimeter wäre fast unbezahlbar gewesen. Dennoch fanden zahlreiche Veranstaltungen statt - "fast immer friedlich und ohne Zwischenfälle", wie das AZ betont.

Mit Demonstrationen am Mittwoch auf dem Marktplatz (16 Uhr) und am Samstag am Kugelbrunnen wollen die jugendlichen Aktivisten ihrer Forderung Nachdruck verleihen"

Gründe

juzgänger 22.10.2002 - 01:47
Naja, man kann das Juz gegen Kaution 'mieten'. Das wird häufig gemacht, und so auch das Wochenende vor der Schließung. Dann wird immer ein Vertrag mit dem Juzrat abgeschlossen, dass es nicht zu laut werden darf, um 23:00 Uhr zu sein muss (auflage der Stadt) etc. Zumindest die Schließung um 23:00 Uhr war auf jeden Fall erfüllt, dennoch scheint es Beschwerden wegen Lärmbelästigung gegeben zu haben. Dass das ganze nur ein Vorwand ist, und nicht wirklich haltbar ist klar, aber das interessiert halt keinen.

neuer treffpunkt

umsiedler 22.10.2002 - 06:10
hallo leute

warum denn nicht einfach den spiess umdrehen???

wenn die gestalten vom rathaus euren laden zumachen, dann wäre es doch angesagt sich künftig bei ihnen zu treffen. klar, dass die alten säcke dann auch mittanzen dürfen und nene kamillentee bekommen. Rathäuser sind schön trocken und immer gut geheizt. rock the rathaus!!!

@ umsiedler

turbomike 22.10.2002 - 16:28
das mit den spieß umdrehen ist ja in gewisser hinsicht auch geplant. ob das mit der demo am 29.10.02 klappt, weiß ich momentan leider immer noch nicht, aber sie ist zumindest so angedacht, dass sie vor dem rathaus eine kleine pause macht, während der dann natürlich auch redbeiträge abgehalten werden. praktisch daran ist, dass just zu der zeit im inneren des rathauses die magistratssitzung tagt und über die zukunft des jugendzentrums debattiert. wichtig ist also, im falle einer demonstration, das wirklich viele leute dabei sind, um der stadt zu zeigen, dass man uns so einfach nicht los wird. ob und wie die sache läuft erfahrt ihr, wie schon oben erwähnt auf der juz-website.

p.s.: was wollen wir im rathaus? da ist es hässlich und kalt und ausserdem sind die vorwürfe mehr oder weniger aus der luft gegriffen, da in den letzten 3 monaten auf grund von renovierungsarbeiten (und jetzt natürlich wegen der schließung) ganze 6 veranstaltungen stattgefunden haben. sonst war der laden zu und ich weiß nicht, warum es dann gerade jetzt so unerträglich sein sollte, neben dem juz zu wohnen. mir sieht das allemal danach aus, als müßten gewisse politiker hier an anderer stelle gemachte faux-pas kompensieren und das an der stelle, wo eh keine wähler zu gewinnen oder verlieren sind nämlich unter den jugendlichen.


dezernat III der stadt bad nauheim unter

 http://www.bad-nauheim.de/buerger/details_amt.phtml?id=974

e-mails an stadtrat bernd witzel an

 christel.portiek@bad-nauheim.de (sekretärin)