Bei Fischer in Stuttgart wegen Meinungsäußerung abgeführt

Augenzeuge 09.09.2002 23:06 Themen: Repression
Beim Wahlkampfauftritt von Josef Fischer am 9.Sept. 2002 wurde ein Zwischenrufer von der Polizei abtransportiert und politischer Beleidigung, der Volksverhetzung und des Widerstandes beschuldigt.
Der Karlsplatz in Stuttgart war um 17.00uhr proppenvoll, Rezzo Schlauch heizte der olivgrünen Masse als Vorredner ein, um sie für Joschka Fischer schon gefügig zu machen. Aber das waren sie schon, süchtig, beherrscht zu werden und bereit, im Namen des Ökokapitalismus herrschend ihr Recht durchsetzen zu lassen. Rezzo gibt an Joschka ab:
„Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Damen und Herren..."
„Liebe Feindinnen und Feinde" fügt jemand aus dem Publikum an. „Ach, geht das jetzt schon wieder los?" beschwert sich Josef. Aber nein, relativ ruhig und hörig spitzt das grüne Volk die Ohren. Beschaulich werden drei-vier Transparente lässig so gehalten, daß mensch sie kaum lesen kann: AUSSEN MINISTER; INNEN OLIVGRÜN. Fischer kann eine Menge Marktwirtschaftspropaganda unbehelligt loswerden. Beim Thema Ökosteuer, niedriger Kraftstoffverbrauch und herabgesetzte Emissionen deutscher Fahrzeuge höhnt jemand:"Für den 3-Liter-Panzer!"; Unmut bei den Gutbürgern dieser Stadt. Zwischendrin beantwortet Fischer einen zum zielgerichteten Werfen zu leichten leeren Eierkarton: „Biste gekommen, um Deine Aggressionen loszuwerden? Geh woanders hin!" Bald drauf kam aus dem Publikum im Hinblick auf seine immer schon verkürzte, personalisierende Kapitalismuskritik und Spontiaktionismus die Frage: „Du bist wohl Deine Aggressionen losgeworden?" Der bürgerliche Mob ahnt zwar, was gemeint ist, tut aber empört. Als nach weiterem Sermon die Volksverhetzung „Europa muß zusammenwachsen!" von Fischers Kanzel die europäisierenden Herzen berührte, ergänzte eine kritische Person mit "...,aber die Kanaken draußen lassen!!!" Die als Kritik gedachte, bewußte Überaffirmation wurde von den Bildungsbürgern nicht verstanden, nicht als auf Fischer und die Schengener Grenzpolitik gemünzt eingeordnet, sondern gegen den Absender als ausländerfeindlich gedeutet. Heftigste Buhrufe, Beschimpfungen. „Das gilt Fischer und der Grenzpolitik, das kommt von dem da oben!" konnte da nichts klarstellen; kein Anschluß unter dieser Nummer.

Wenige Augenblicke später verlangte eine Frau, der mutmaßliche Rufer solle aus der Menge rauskommen. Da der Mann eine Aktivbürgerin vermutete, beachtete er sie nicht weiter, ging einen Schritt von ihr weg. Hinter ihr kamen vier Polizisten und fingen an, ihn aus der Menge zu zerren. Die Frau war offensichtlich Zivibullette. Der behelligte Mann wollte bleiben. Die Szene wurde heftiger, er rief. "Jaaa, das passiert bei freier Meinungsäußerung. Das ist Herrschaft von und für Fischer!" Nach der Aufregung wäre ihm „Das ist Eure Herrschaft" lieber gewesen, um die Eigenverantwortung der Stellvertretenen klarzustellen. Er rief Zuschauer an, sie sollten ihm beistehen, er hätte nichts getan, außer seine Meinung geäußert. Ungefähr fünfzehn Bürgern ging das dann doch zu weit, sie kamen hinterher, einige beschwerten sich bei den Diensteifrigen, daß das Abführen unangemessen sei. Der Verschleppte wollte seine Brieftasche herausholen, um seinen Personalausweis zu zeigen, doch fünf Polizisten hielten ihn fest, legten ihm Handschellen an und herrschen ihn an, warum er sich nicht ausweisen wolle und ob er „jetzt endlich die Polizisten loslassen" möchte. Absurd. Ein Kastenwagen rollt an, zwei sich Beschwerende wollen solidarisch mitfahren, werden aber abgewiesen. Fahrt zur Wache in der Hauptstätterstraße.

Dort das dicke Ende: ihm wird vorgeworfen, „Du Sau, Du bist wohl Deine Aggressionen losgeworden?" gerufen zu haben. Vorwurf politischer Beleidigung des Herrn Ministers. Und für das benennen der EU-Grenzpolitik folgte die Beschuldigung der Volksverhetzung. Für das Bleibenwollen auf dem Karlsplatz und das Stehenbleiben und unfreiwillige aus dem Verkehr gezogen werden lautete die Beschuldigung „Widerstand". Nach einer Stunde auf der Wache wurde der Mann freigelassen. Es ist unklar, welche juristischen Folgen auf ihn zukommen.

Überaffirmation als Form der Kritik wird von hörigen Fans nicht immer verstanden, da es dafür kaum ausgebildetes Bewußtsein gibt und das verklärte Bild des Rechtschaffenen Kandidaten die Verbindung schwer knüpfen läßt. Plattheit könnte hilfreich sein. Es ist ratsam, Zwischenrufe zu überprüfen, ob sie nicht strafrechtlich gegen die Sender verwendet werden können. Außerdem scheinen FreundInnen und HelferInnen Beleidigungen heraushören und -fischen zu wollen. Die Vermittlung griff beim „3-Liter-Panzer" und bei den Rufen bei der Herrschaftsdemonstration zur Meinungsunfreiheit, während sich bei „Du bist wohl Deine Aggressionen losgeworden" und dem im Nachhinein als unglücklich und mißverständlich empfundenen „...,aber die Kanaken draußen lassen!!!" die Bürgerschaft in ihrer Rechtschaffenheit suhlte.
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Ergänzungen

Richtig so!!!

Ordnungskalle 10.09.2002 - 00:44
Richtig so!!! Ordnung muss sein!!! Wo kommen wir denn hin, wenn jedeR einfach seinen Senf zu allem dazugeben darf. Wenn alle sagen, dass etwas senfiger Mist ist, dann muss es ja wohl stimmen.

[Diesen Eintrag bitte nicht löschen, oder mich dafür festnehmen]

@senfgeber

mayo 10.09.2002 - 01:12
da sqchau mal einer an, merkst du eigentlich was du für eine verschobene wahrnehmung hast? wer entscheidet denn jetzt ob die einen senfgebr abgeführt werden und die anderen jeden schmonzes posten.

jubelgrüne treiben sich überall rum. joseph wartet doch schon auf die unbedachten zwischenrufe, die sich ohnehin bei jeder veranstaltung wiederholen und hat dann seinen spruch parat . je nach tageslaune ist es dann originell oder rutscht ganz schnell unter die gürtellinie. übrigens scheint es für selbstverständlich zu sein, alle zwischenrufer zu duzen. einmal taxiprolet, immer taxiprolet

Gegen soziale Formierung hilft....

Henna Betrunken 10.09.2002 - 01:21
nur soziale Abweichung,kommunistische Organisierung und Party ohne Ende.

Wer nicht auf Linie ist: zack und hopps!

Josef Stalin der II. 10.09.2002 - 01:51
Zuerst haben wir den Konservativen verboten zu reden, dann den Liberalen. Später erhielten Sozis Redeverbot, dann die Grünen. Nun müssen selbst radikalere Linke um Ihre Gesundheit fürchten, wenn sie Abweichler sind.
Argumentieren machen wir nicht - wozu auch. Wir haben doch recht!
Lang Lebe der Kommunisms!

kindergarten

zuhörer 10.09.2002 - 02:42
wer mit "kanaken draußen bleiben" daherkommt, dem gehört eigentlich gleich eine geknallt. auch ansonsten war die selbstgefällige vorstellung des "linken" unter allem niveau.
gegen verbalcetniks und infantilisierung!!

super - weiter so

Frank Tentler 10.09.2002 - 02:50
super, weiter so. viele menschen sollten zu den wahlkampfveranstaltungen der grünen kommen und so agieren. damit die kriegstreiber und menschenverächter nicht die wahl gewinnen. dann bekommen wir endlich einen kanzler der solidarität (Stoiber) und einen Aussenminister, der wirklich für die Menschenrechte kämpft (Westerwelle, Gerhard oder Möllemann).

verantwortlich

Frank Tentler 10.09.2002 - 02:57
...und ausserdem ist fischer natürlich für den eifer der beamten verantwortlich. sicher hat er persönlich die anweisung gegeben den störer zu verhaften (und wahrscheinlich auf der wache auch noch der psychologischen folter ausszusetzen). niemals würden polizisten, ob in zivil oder auch nicht, eigenständig handeln. der befehl kam sicher von gaaanz oben. die meinungsfreiheit ist in gefahr, grausam.....

@ übermir

erwin 10.09.2002 - 03:08
die grünen können doch nix mehr gewinnen,
die können doch froh sein wenn die mehr als 5%
bekommen, oder???


(wundert mich das der fischer das gehört hat der ist doch auf dem linken ohr taub oder???)

Warum eigentlich olivgrün?

derBorst 10.09.2002 - 12:05
Das unterstellt, daß es so was wie "die wahren und richtigen Grünen gibt"...nee nee

Parlamentrismus ins Klo!

Fischer in Freiburg

Anar 10.09.2002 - 12:07
Ich wurde bei der Fischer Propagandaveranstaltung in Freiburg auch abgeführt. Allerdings haben die Bullen nur meinen Namen aufgenommen, genauso wie eine Woche zuvor bei Möllemann. Bei der Grünen-Veranstaltung wurde auch massiv gefilmt seitens der Bullen.

@kindergarten

hoppetossista 10.09.2002 - 12:13
Abgesehen mal davon, daß Überidentifikation ein Mittel der Kommunikationsguerilla ist und daher sinnvoll sein kann (wenn es paßt - aber das gilt für alle Aktionsformen), ist der Begriff infantil und Kindergarten klar diskriminierend. Und zwar gegen Kinder. Wenn hier gestanden hätte "verhälst sich wie ein Neger" oder "sei nicht so weibisch", wäre das aufgefallen. Wer aber Kinder diskriminiert (angesichts wegdiskutierter sexistischer Sprache in der Linken weit verbreitete Ersatzlösung), bleibt unangetastet. Das sollte sich ändern!

Jetzt beleib aber mal auf dem Teppich...

muh 10.09.2002 - 15:09
...liebe/r Ergänzungsschreiber/in über mir!!

nico 10.09.2002 - 15:53
Stelle mir gerade vor, wie ein Beamter beim Landesamt für Verfassungsschutz xy eure Kommentare hier liesst und sich vor Lachen an seiner Stulle verschluckt.

10.09.2002 - 16:43
ihr habt probleme...

Buenaventura 10.09.2002 - 17:16
wenn euch bitte mal auffallen würde dass Kritik und Widerstand gegen die grüne Politik abgetan- und gewürgt werden mit Hinweis auf Stoiber... genau das ist das Problem an den Wahlen. sie suggerieren dass wir was ändern könnten, lähmen uns, spalten und blenden uns. mir ist Fischer auch lieber als Stoiber. Zukunftsfähige und gerechte Politik machen aber beide nicht. beides ist langfristig gesehen nicht akzeptabel.

10.09.2002 - 19:34
ja, finde auch, is voll krank zu diskutieren und Meinungsverschiedenheiten zu haben. Einigkeit und Stärke und gemeinsamer Wille und gemeinsame Feinde!! das ist gesund!!!

Meine Meinung

egal 14.09.2002 - 14:32
ey, ihr wichser lasst doch joschka fischer bzw. die grünen in ruhe. das sind doch noch mit "die besten".
geht lieber und beleidigt den stoiber bei seinen reden... weil das ist ein wirkliches arschloch.
fischer ist finde ich noch einer der sympatischten politiker in Doofland. Außerdem ihr seit sicher so ultra-links eingestellt das ihr gar keine andere meinung toleriert und dabei sicher gar nicht merkt das ihr eigentlich total intolerant und engstirnig seit. Geht lieber nazis jagen oder setzt euch für dinge ein die wichtiger sind. aber einfach jemanden beleidigen, der eine rede halten will (und meiner meinung nach noch einigermaßen in ordnung ist) ist scheiße.
stellt euch mal vor ihr steht irgendwo...
aber dazu kommt es ja eh nicht. und jetzt geht schnell wieder in eure teure loft und denkt euch neue, tolle sprüche
aus. auf, auf ihr links-faschisten!

P.S.: Ich bin ebenfalls gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung
und Nazis hasse ich wie die Pest, aber man kann nicht nur "dagegen" sein. Wenn ihr sie wirklich treffen wollt, dann schlagt sie mit ihren eigenen Waffen. Provoziert sie, lauft singend durch die Straßen, benehmt euch wie ihr wollt und sie nicht akzeptieren wollen. Lasst euer inneres Kind NICHT sterben! punkT.