PGA in Deutschland

elfenmonster 06.09.2002 17:09 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Es waren gar nicht so wenige Menschen aus Deutschland, die an der PGA-Konferenz in Leiden teilnahmen. Viele von ihnen bemängelten, dass es keine offenen Strukturen bei PGA zwischen dem europaweiten Treffen und dem dasein als Individuum gibt. Versuche, hier in Deutschland mit PGA assoziierte Strukturen aufzubauen, gab es mehrere, u.a. mit einem bundesweiten Direct-Action- Netzwerk sowie dem Düsseldorfer Januartreffen. Da der in Leiden diskutierte Aufbau von PGA- Infopunkten zwar wahrscheinlich Informationen über PGA weitergeben und Anlaufstelle sein wird, sind diese zwar eine sinnvolle Erweiterung der PGA-Struktur, werden jedoch voraussichtlich wenig zum Aufbau eines mit PGA assoziierten Netzwerks in Deutschland beitragen. Offen bleibt allerdings die Frage, wie PGA-Strukturen in Deutschland optimalerweise aussehen sollten und können, gerade wenn mensch sich das ständige Scheitern größerer autonomer Netzwerkstrukturen hier in diesem Land bewußt macht. Wir müssen also überlegen, ob es Punkte gibt, zwischen denen mit PGA verbundene Strukturen in Deutschland nicht zwangsläufig scheitern.
Wie war das bis jetzt mit PGA in Deutschland?
Seit der Gründung von PGA 1998 in Genf waren deutsche AktivistInnen am Aufbau von PGA- Strukturen beteiligt. Im Gegensatz zu Menschen aus anderen Ländern vertraten die beteiligten AktivistInnen jedoch keine lokalen Strukturen bei PGA, sondern arbeiteten an Einzelpunkten an der Kommunikation innerhalb des Netzwerkes mit, und repräsentierten PGA in Deutschland, in dem sie auf Podiumsveranstaltungen als PGA-nahestehende Personen auftraten sowie in AKs auf diversen Kongressen über PGA informierten. Dieser Zusammenhang von Individuen aus verschiedenen Ecken Deutschlands entwickelte sich bald selbst zu einer Art Gruppe, die, über eine Mailingliste und entstandene persönliche Kontakte auch relativ kontinuierlich an PGA -Strukturen mitarbeitete.
Dieser Zusammenhang repräsentierte jedoch nicht offiziell PGA und ist nicht als PGA-Struktur ansprechbar (für PGA darf niemand sprechen), wird jedoch so wahrgenommen,, was die Struktur hierzulande etwas geisterhaft erscheinen läßt.
AktivistInnen, die sich jenseits dieses relativ geschlossenen Zusammenhangs bei PGA kontinuierlicher engagierten, gab es kaum. Zwar kamen zum letzten PGA-Europa Treffen im März 2001 in Mailand recht viele Deutsche, jedoch zumeißt, um in die Struktur mal hineinzuschnuppern, und sich nicht tiefer einzubringen. Über die bestehende relativ geschlossene Gruppe hinaus sind kaum Menschen aus Deutschland bei PGA eingebunden worden. Dies liegt wahrscheinlich daran, daß die bestehende Gruppe zwar eher selten so etwas wie einen Alleinvertretungsanspruch formulierte, es jedoch immer an Strukturen mangelte, wo Beteiligung möglich gewesen wäre, und es für bestehende Zusammenhänge häufig erstmal nicht wirklich attraktiv ist, in einer unklaren Gruppe, die keine wirkliche lokale Basis hat, mitzuarbeiten. Somit gab es nie funktionierende netzwerkartige PGA-Strukturen in Deutschland.

Und wie sieht´s mit anderen linksradikalen Netzwerken mit Schwerpunkten wie Globalisierungskritik in Deutschland aus?
Auch wenn kaum was klappt: es gab in den letzten Jahren deutlich mehr Vernetzungen in Deutschland als funktionierende Gruppen, mehr Mailinglisten als Aktionen, es gibt Technik ohne Ende, fast alle Flyer werden auf Hochglanzpapiergedruckt, weil sich immer weniger beteiligen, die meisten müssen auf die Frage nach ihrer letzten wirklich guten Aktion lange zurückdenken, es gibt kaum mobilisierungsfähige Strukturen, fast keine kontinuierlich arbeitenden Gruppen, sondern zunehmend indivualisierte Einzelpersonen, die zwar viel rocken wollen aber lokale wenig verankert sind.
Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, werden jedem neuen halbwegs intelligent gestalteten Vernetzungsaufruf zig Menschen folgen, obwohl diese vielleicht gar nichts tun, was sich zu vernetzen lohnen würde. Man guckt, sieht sich, will gesehen werden - häufig sollen Vernetzungen das leisten, was eigentlich politische Gruppen leisten sollen, nämlich miteinander erstmal nen kleinen Austausch hinkriegen, und als Individuum mit ähnlich denkenden in Kontakt zu kommen.
Das bringt eigentlich wenig über so ne Entfernung und so unverbindlich und so zerbrechen die meisten Vernetzungsversuche nach einigen Monaten wieder.

PGA als mögliche Vernetzungsstruktur in Deutschland?
Da fällt mir vieles ein, was mensch nicht machen sollte, und wenig Raum, in dem die Chance, das etwas klappt, groß ist. Hoppetosse, D.A.-Netzwerk, libertäres Genua-Bündnis, alles mehr oder weniger gescheiterte Vernetzungsversuche aus den letzten Jahren. Das, was uns an der Idee, PGA- Strukturen hier zu stärken, gefällt, ist, das es nicht so sehr nach Deutschland klingt wie vieles anderes hier. Der internationale Kontext schafft theoretisch die Möglichkeit, von anderen Bewegungen zu lernen und als Basisgruppe coole Lernschritte zu machen und größere Kampagnen zu starten. Doch skurilerweise ist das verstärkte Interesse an internationalen Geschichten nicht selten mit dem Aufgeben der lokalen Arbeit hier verbunden. Chiapas liegt dann näher als Göttingen oder Greifswald. Und selbst zu den Bewegungen, auf die mensch sich bezieht, gibt es wenig funktionierende Soli-Strukturten o.ä. Häufig weiß mensch nicht einmal, was es zu vernetzen gilt, außer vielleicht dem eigenen Lebensgefühl, aber wem soll das denn was bringen.

Deutschland ist ein Land der Spaltereien, die häufig nicht einmal politisch begründet sind: Frau x vom J-treffen kann mit Herrn Y vom D.A.-Netzwerk nicht und will mit deshalb mit dem ganzen Haufen nix zu tun haben. Punkt. An solchen Scheiß-Persönlichkeitsgeschichten sind gar nicht so wenige Dinge kaputtgegangen. Das ist Scheiße und es muss mal diskutiert werden, wie das überwunden werden kann, gerade auch im Zusammenhang mit PGA, weil solche Spaltungen auch schon von mit PGA assoziierten Personen ausgingen und zu Abgrenzungen führten, die PGA eher verschlossener wirken ließen.

Ein horizontales Netzwerk läßt sich nicht von oben aufbauen. Daher wird es wahrscheinlich wenig Sinn machen, PGA-Strukturen hier von einer Checker-Ebene oben initiieren zu wollen.Wichtiger wäre es, wenn Menschen erst mal ihre Basisgruppen klarkriegen und dann gucken, mit wem sie wie zusammenarbeiten wollen.

Voraussichtlich wird also erstmal alles bleiben wie es ist, erweitert um ein paar Infopunkte: eine Checkerebene, keine regionalen Strukturen. Falls es doch irgendwann Gruppen gibt, die sich im Rahmen von PGA vernetzen wollen, werden sie in einem merkwürdigen Verhältnis mit der Checkerebene stehen. Vielleicht werden sie dann da irgendwie mitmachen können, und sind dann Teil einer Struktur, die für niemanden wahrnehmbar ist, oder es entsteht eine Parrallelstruktur, die nebeneinander herarbeitet, vielleicht in gleichen Regionen verankert ist, aber nix miteinander zu tun hat, außer vielleicht auf internationalen Treffen. Vielleicht für Strukturen in diesem Land das beste?
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Ergänzungen

Hundert Kampfflieger bei Angriffswelle a Irak

Helmut 06.09.2002 - 18:51
Gestern Nacht wurde eine Angriffswelle mit 100 USAmerikanischen und Britischen Kampffliegern und Bomber geflogen, es wurden 25 Sogenannte Präzisionsbomben abgeworfen, im US Verteidigungsministerum gibt man an, es wäre nichts weiter? ob das die USAmerikaner genauso Grosszügig sehen würden, wenn sich das gleiche Schauspiel über Florida oder Waschi Town abgespielt hätte?

Situation typisch für Deutschland

Pessimist 06.09.2002 - 18:56
Neben den erwähnten Spaltereien gibts noch einen anderen wesentlichen Punkt: Wenn in Deutschland sich wer Links nennt, dasnn definiert er sich meist über ein "Anti...". Soziale Kämpfe oder eine "bessere Welt" interessieren nur wenige und werden von vielen gar als "Hippie-Scheisse" abgetan.
Die Frage ist jetzt für mich daher nicht so sehr: "Wie können wie die Linke wieder einen", sondern mehr "Wie können wir Leute, die nicht in der Szene sind (also Aussenstehende) erreichen und zum aktiven Mitmachen bei sozialen Kämpfen bewegen?". Die erste Frage will ich dabei nicht vernachlässigen, sondern Ihr nur weniger Raum einräumen, da ich die Linke in Dtl. momentan nicht für fähig halte, irgendwas größeres aufzubauen.,

Das Private ist politisch

es gibt keine Persoenlichkeitsgeschichten 06.09.2002 - 21:39
Spaltungen koennen durchaus Sinn machen, z.B. bei der Ablehnung von Sexismus, Zusammenarbeit mit Polizeiorganen, usw. Ein Blick auf die Eckpunkte von PGA zeigt, dass der Kampf gegen Patriarchat, Hierarchien, u.a. Grundlage des Netzwerks ist.

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Hanz 06.09.2002 - 21:48
Ich glaube nicht, daß mit Spaltungen die Spaltungen mit reaktionären Leuten gemeint ist, sondern die Tendenz der deutschen Linke, in erster Linie recht haben zu wollen uns sich prinzipiell ständig zu spalten, mal weil die anderen um 1% vom Dogma abweichen, mal weil Leute nicht klarkommen (Machtkämpfe und so). Alles in allem ganz schön wiederlich. Ich kann mich der Hoffnung auch nur anschliessen, daß die Strukturlinke sich endlich überlebt und einer progressiven Bewegung platz macht!

Wo niemand ist,

07.09.2002 - 00:49
kann sich auch niemand vernetzen.
Spaltung hin oder her, was bleibt der Restlinken anderes übrig, als sich zu eienr bundesweiten Basisgruppe zusammenzutun, wenn es mangels Leuten schlichtweg keine nennenswerten lokalen Strukturen mehr gibt...

Ganz nebenbei bemerkt

Programm-Fetischist 07.09.2002 - 15:25
Fast hätte ich es vergessen:

Wofür steht PGA eigentlich, wer sind sie und was wollen sie? Okay, gegen die Globalisierung, gegen NAFTA und die WTO, also gegen Freihandel.
Na gut, und mit welchem Grund? Warum und wieso?

Es heißt, Globalisierung sei das Gegenteil einer "menschlichen Gesellschaft". Meinetwegen, aber wie soll sie denn aussehen, die "menschliche Gesellschaft"?
Und wieso macht der Freihandel die Gesellschaft unmenschlich?

Diese Fragen werden von PGA völlig ignoriert.

Lächerlich zu sehen, wie ihr euch über Organisations- und Strukturfragen produziert, wo doch noch nicht mal klar ist, was ihr eigentlich wollt.

Die da unten gegen die da oben oder so.

Aber wenn ihr das nich genauer sagen könnt, dann habt ihr auch keine Existenzberechtigung. DAnn seid ihr nur eine zusätzliche Windmühle, die leeres Stroh drischt.

Na dann viel Spaß!!

Antideutsche auslachen

07.09.2002 - 19:56
Du weist gemau, wo Du die Antworten findest, also tu bitte nicht so!