Treffen zu kreativem Widerstand gestartet

HoppeNase_1.2 25.08.2002 13:33 Themen: Soziale Kämpfe
Seit Samstag läuft in der Projektwerkstatt in Saasen das fünfte bundesweite Treffen zu "Organisierung von unten & kreativem Widerstand" (
www.projektwerkstatt.de/hoppetosse/termine/ovu5.html
). Die Treffen, offen für alle und gerade auch für Menschen, die neu einsteigen wollen in die Diskussion, sind ein selbstorganisiertes, teilweise chaotisches, aber immer engagiertes und kreatives Treffen, bei dem über anstehende Aktionen, über Strategien politischer Arbeit (Organisierung von unten, Dominanzabbau in Gruppen usw.) diskutiert oder selbiges auch geübt wird. Trainings in direkter Aktion gehören genauso dazu wie das Experimentieren mit hierarchieabbauenden Diskussionsformen. Am Samstag gab es bereits Workshops zu "Reclaim the Streets", Wert- und Kapitalkritik, Hausbesetzungen, Aufbau einer gemeinsamen Druckerei und zur Auswertung verschiedener Sommer-/Grenzcamps. Hinzu kommen viele Kleintreffen zwischendurch - Basteln an der Marburger Regionalzeitung "Politbeben" ( http://www.nichtwissen.de), Entwürfe für Fälschungen bei Parteiplakaten, Einführung in Linux usw.
Zur Zeit sind Menschen aus ca. 10 Städten/Regionen anwesend. Auf den Pinnwänden mit den Themen, die Menschen noch diskutieren wollen, finden sich konkrete Aktionsplanungen (Anti-Wahl, Wendland-Castor, NATO-Tagungen usw.), Theorie- und Utopiedebatten wie das neue Projekt "Freie Menschen in Freien Vereinbarungen" ( http://www.projektwerkstatt.de/herrschaft) und - das besonders typische dieser Treffen - zur Verbindung von Widerstand und Vision. Das Treffen läuft als Open Space im für hierarchiearme, kreative Prozesse und Tagesabläufe optimal geeigneten Tagungshaus der Projektwerkstatt ... und oft draußen.

Berichte aus einigen Workshops

Kapital- und Wertkritik
Mehrere Stunden Debatte im Garten der Projektwerkstatt: Was ist Kapital? Was bedeutet Kapitalakkumulation und Profitorientierung? Welche Rolle spielen Eigentum und Selbstverwertung von Wert? Was sind verkürzte Kapitalismusanalysen und wo setzt Antisemitismus an? Diese und mehr Fragen wurden diskutiert, oft nur gestriffen - das Thema bleibt unerschöpft ...

Gemeinsame Druckerei
Polit-Aktivistis aus Saasen und Dresden haben die Idee schon länger - wir schmeißen unseren verteilten Kram, mit dem sich drucken, falzen, falten, heften usw. läßt zusammen und schaffen daraus eine Druckerei (wahrscheinlich zunächst in Dresden - denkbar aber auch wechselnd, je nachdem, wo Leute damit aktiv arbeiten). Durchgecheckt wurde die Saasener Heftmaschine. Gesucht sind weitere die sich beteiligten, z.B. mit einer Falz/Falt-Maschine, Rüttler u.ä. Wo ist sowas übrig???

Reclaim The Streets ... im Alltag
Motivation für einige war der Wunsch, Reclaim The Streets nicht auf riesige Partys mit vielen Leuten zu beschränken, sondern auch zu überlegen, was kleinere Zusammenhänge vor Ort ohne "Massenmobilisierung" anstellen können. Was könnte Reclaim The Streets im Alltag sein, was Aktionen für Kleingruppen? Ausgehend von diesen Fragen gab es Brainstormings, bei denen einige spannende Aktionsideen aufkamen sowie ganz allgemein Möglichkeiten für ein RTS. Einfach umzusetzbar: Alltagshandlungen wieder auf die Straße zu verlagern, z.B. morgens Stühle und Tische auf die Kreuzung schleppen und dort frühstücken, Vorbeigehende offensiv einladen. Oder sich an bestimmten Orten entgegen deren Funktion verhalten ... Verstecken spielen im Möbelgeschäft, Ausspannen mit Liegestühlen in der Tiefkühlabteilung. Am besten in Verbindung mit vermittelnden Elementen ... Flugis, Zeitungen, Gespräche, Transpis usw. Cool fanden wir auch die Idee, Schulen während der Pausen zu besuchen, mit Musik & tanzenden Menschen, als Empfang dazu Schilder ("Hier endet der schulische Sektor, Bevormundung und Benotung!") und Transpis ("15 Minuten Party reichen nicht ... das ganze Leben zurück erobern!"), durch die Pausenhalle wuseln, laut & bunt sein und SchülerInnen einladen, auch über die Pause hinaus mitzufeiern. Auf dem Treffen wollen wir jetzt weitere Ideen zusammen tragen und daraus in absehbarer Zeit eine Broschüre zu RTS erstellen ... mit Texten zu Hintergründen und Idee von RTS und ganz vielen Anregungen für Aktionen.

Geplant sind auch Aktionen, vor allem das Thema Anti-Wahl wird sich als roter Faden durch das Treffen ziehen ( http://www.wahlquark.de.vu). Neben diesen Workshops läuft die reproduktive "Arbeit" möglichst so, daß sie verbunden ist mit dem sonstigen Geschehen. AKs schnippeln während der Debatte fürs Essen, andere werkeln am Haus, während sie diskutieren. Das ist ein wichtiges Element von Selbstorganisierung ( http://www.projektwerkstatt.de/von-unten), diese Tätigkeit nicht mehr abzuspalten - weder zeitlich noch personell (und damit patriarchaler Logik zu entsprechen). Wenn alles klappt, wird auf dem Treffen auch noch einiges an Nahrungsmitteln entstehen, Räume werden renoviert usw. Das alles ist ein Experiment der "Organisierung von unten", perfekt wird es wieder nicht gelingen - aber vielleicht im Prozeß weiter vorangebracht werden. Die Ideen von Organisierung von unten (Ovu) und hierarchiefreien Gruppenmethoden werden weiter in der Diskussion sein, auch auf diesem Treffen ( http://www.projektwerkstatt.de/ovu).

Wer noch kommen will, ist herzlich eingeladen. Saasen liegt in der Nähe von Gießen, die Projektwerkstatt in der Ludwigstr. 11 ( http://www.projektwerkstatt.de/saasen). Per Bahn auf der Strecke Gießen-Fulda (Haltepunkt Saasen, nicht Reiskirchen!). Straße: A5, Autobahnabfahrt Reiskirchen, von Reiskirchen per Bahn eine Station oder die B49 Richtung Alsfeld/Grünberg noch ca. 4km, dann geht's nach Saasen rein. Ludwigstr. geht vom Dorfplatz ab.
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Ergänzungen

Einführung von Linux ein Wichtiges Thema!

Lena 25.08.2002 - 14:19
Gates und Balmer arbeiten im Verbund mit 180 Software Fa. gerade an Äusserst Totalitären und Umfangreichen Datensicherheitssystemen, zB. Palladium TCPA und DRM-OS, die die Totale Kontrolle von Irgendwem über den Jeglicher Daten auf dem Compi ermöglichen soll.

druckmaschinen

november 25.08.2002 - 15:40
demnächst wird die berliner offset-druckerei oktoberdruck ag in konkurs gehen, nachdem sie sich von einem netten sponti-betrieb durch die konzeptlose politik der "geschäftsführung" zu einem scheiß-verein entwickelt hat. dabei wurden erhebliche investitionen vorgenommen, zb in eine buchbinderei. natürlich sind diese maschinen auch die sicherheit für die imensen (und hirnrissigen) bankkredite, die aufgenommen wurden, um den strangen kurs zu finanzieren. aber was soll eine bank mit einer buchbinderei? also, vielleicht gibts da demnächst billig was abzustauben:  http://www.oktoberdruck.de

@ November

iX 25.08.2002 - 15:43
Hast Du Lust, darüber einen Bericht zu schreiben? ;-)

AK Kontakt zu Zeitungen

Teili am Ovu-Treffen 25.08.2002 - 16:46
Soeben endete der AK zum Kontakt mit Medien. In nicht optimaler Stimmung aufgrund eher schlechter Erfahrungen (wer nicht zu den Seilschaften rund um die Redaktionen linker Blätter gehört, hat keine Chance) wurden Möglichkeiten diskutiert, wie insgesamt Diskussionen, Berichte usw. aus Basisbewegung in linke Medien, Fanzines usw. Eingang finden können. Sollen sich Menschen, die keine Lust auf den Kungel haben, trotzdem an Zeitungsprojekten beteiligen und so ein Stück weit "Türöffner" nach draußen sein? Oder legitimieren sie dann die Form der Abschottung und Intransparenz?
Letztlich wollten wir dazu keine Entscheidung treffen, das müssen die Menschen selbst tun. Schön wäre es aber, wenn transparenter würde, wer wo welche Kontakte hat und auch direkt ansprechbar ist (nicht über anonyme Redaktionsadressen, von wo eh nie eine Antwort kommt). Die Hoppetosse-Mailingliste ( http://www.projektwerkstatt.de/mailing.html) könnte dafür ein Austauschort sein. Wer Lust hat, sich mit anderen zu vernetzen, wer bei Medien agiert und offen ist für Texte und Kooperationen mit "außen" sollte sich mal melden ...

"Kreativ ?"

kein isti 25.08.2002 - 16:57
Nett, daß Ihr versucht kreativ zu sein - aber irgendwie kommt bei der Verwendung dieses Wortes immer die Unterstellung ´rüber (verdeckt und mitunter auch offen ausgesprochen), andere Strukturen seien es nicht.
Dumme Frage daher, was soll eigentlich Euer unterschwelliges Gepöbele durch die Vereinnahmungsversuche dieses Begriffs durch Euch?

Kreativ als Anspruch

Abhängerin 25.08.2002 - 18:49
Für mich bedeutet das explizite Verwendung von kreativ nicht, dass 'wir' (es gibt nicht ein eiheitliches 'uns') das sind, sondern den Anspruch haben und das umsetzen wollen, z.B. mit neuen Verfahren und Gruppenmethoden experimentieren. Das gelingt nicht immer, z.B. ist das Treffen heute extrem lahm und abhängerig. Auch auf andere Zusammenhänge, z.B. im Bereich von Aktionen (Anti-Atom, GelöbniX) trifft das auch zu. Insgesamt stehe ich aber hinter dem Vorwurf, dass viele außerparlamentarische Zusammenhänge von ihrer "Arbeitsweise" Kreativität eher ersticken, z.B. durch formalisierte Abstimmungsverfahren, Konsenszwang usw (eigene Erfahrungen). Und das teilweise auch gar nicht wollen: Vorschläge für dynamischere, Open Space Verfahren auf Treffen werden regelmäßig abgelehnt ... Kontrolle scheint wichtiger zu sein als Vielfalt und Selbstentfaltung. Die Gefahr einer Labelisierung von "kreativem Widerstand" als platte Parole zur Abgrenzung sehe ich auch.

@ Abhängerin

Andy W. 25.08.2002 - 20:07
Da haste so ziemlich Alles getroffen, ich weiss auch gar nicht warum ihr im Zeitalter der Komunikation, für die Kreativität immer noch gezwungen auf einem Haufen hockt, oder hocken müsst, aber die No Nukes hinken da immer ein Wenig hinter der Allgemeinen Entwicklung hinterher, der Überwiegende Rest der Kreativen Gemeinde törnt sich schon längst ganz anders an.

dat iss aber ne janz schoen

breiter kreativling 25.08.2002 - 20:32
dicke tuete auf dem letzten bild...

Schön vielleicht, aber nicht Frei!

Lena 25.08.2002 - 22:01
Also ich meine Frei von Räumlichen Zeitlichen Sach und Normzwängen!
Es ist doch nicht Jeder Kreativ, wenn er gerade Zeit hat, und dort aufn Haufen abhängt, in dem Rahmen kannste Höchstens eine Zwangskreativität durchziehen, also sowas wie ein Brainstorming oder so.

4°higher 26.08.2002 - 18:56
Am besten befällt mir die Kreativität beim letzten bild.

Über die Kreativität auf dem Letzten Bild

Uschi 26.08.2002 - 23:01
kann man sich streiten, weil diese Kreativität in Tüten Surealisisch ist, also mehr was für Maler oder Musiker, die Kunstelite, aber nicht unbedingt Alltagstauglich, den Normalbürger ansprechend.

lokale Gruppen?

Ulf Bartelt 24.10.2002 - 11:26
Hi!

DRM, DMCA, TCPA und Palladium sind die Themen, die mich derzeit am meisten bewegen.

Habt ihr (zufällig?) Kenntnis von Gruppen im freiburger Raum, die sich organisiert haben oder gerade aufbauen?

Viele Grüße!

Ulf.