Der BAU-Streik. Eine Bilanz.

Bauarbeiter 03.07.2002 22:50 Themen: Soziale Kämpfe
Die ersten Ergebnisse des Streiks liegen auf dem Tisch. Eine Bilanz.
"HIER REGIERT DIE IG BAU"Eine Bilanz des Baustreiks

"Hier regiert die IG BAU!" skandierten die streikenden Bauleute in Berlinund drückten damit ihre Kampfbereitschaft und ihr Selbstbewusstsein aus.Der Baustreik in den letzten Wochen reiht sich in eine Serie vonArbeitskämpfen ein, die seit einigen Monaten Deutschland überziehen. Neben dem von Gruppe Arbeitermacht und der Jugendgruppe Revolution initiierten Mobilen Solidaritätskomitee waren eigentlich keine linken Gruppen an den Streiks von Beginn an beteiligt. Nach der Beendigung dieses Streiks ist es Zeit, diesen Arbeitskampf zu bilanzieren.


Die Situation auf den Baustellen

Das, was sich allgemein als wirtschaftliche Krisenerscheinung abzeichnet,macht sich in der Baubranche mit besonderer Heftigkeit bemerkbar. Bei denzunehmenden Firmenpleiten ist der Baubereich besonders herausragend. Alleinim ersten Quartal dieses Jahres sanken die Umsätze in der Branche um über8%.In dem gegenwärtigen intensiven Verdrängungswettbewerb versuchen dieBaufirmen ihr Glück immer mehr über eine ,Versubbung', d.h. sie ziehen zurAusführung ihrer Aufträge Subunternehmen heran, die sich leichter denGesetzen und Tarifen entziehen können. Auf diese Weise versuchen sie, ihreKonkurrenz zu unterbieten, verschärfen damit allerdings allgemein den Druck,dem sie damit zu entkommen versuchten. Was den Tarifkonflikt besondersbrisant macht, ist der noch relativ hohe Anteil der Kosten für die WareArbeitskraft. Während beispielsweise im Metallbereich die Ausgaben für Löhnedurchschnittlich nur noch 10 ? 20% der laufenden Kosten ausmachen, liegtdieser Anteil in der Baubranche etwa bei 40 ? 50%.Heute sind im Bauhauptgewerbe noch rund 950.000 Arbeiter beschäftigt. Seit1995 wurden im Baugewerbe und der Bauindustrie rund 500.000 Arbeitsplätzeabgebaut und in einigen Regionen ist bereits fast jeder zweite Bauarbeiterarbeitslos. Die von den Subfirmen eingesetzten Arbeiter müssen für oftweniger als 5 Euro die Stunde arbeiten. Wenn sie überhaupt den Mindestlohnerhalten, dann gibt es oftmals keine Entlohnung für Überstunden, horrendeAbzüge für die Unterkünfte in den Wohncontainern und ähnliche Regelungen.Dabei sind solche Arbeitsplätze nicht einmal sicher. Fast 300.000ausländische Arbeiter werden über sogenannte Kontingentverträge nur einigeMonate lang beschäftigt. Dazu kommen nochmals schätzungsweise eine ViertelMillion Arbeiter, die als illegal beschäftigt gelten.Nachdem die Baufirmen sich im Konkurrenzkampf runtergeschraubt haben, istihre Bindung an feste Tarife nicht mehr besonders ausgeprägt. Nur etwa 60%der Baubetriebe sind noch tarifgebunden, im Osten ist ihr durchschnittlicherAnteil sogar nur halb so hoch. In der Folge hat es sich fast schon als Regeleingespielt, dass die Mindestlöhne, die ursprünglich für ungelernteBauhelfer im Westen mit 9,80 und im Osten mit 7,50 Euros festgelegt wurden,zum Richtwert für Facharbeiter wurden.


Der Streik der IG BAU

In diesem Szenario bahnte sich der Konflikt bei den Tarifverhandlungen seitFebruar fast unausweichlich an. Die IG BAU stellte folgende Forderungen auf:4,5% mehr Lohn ohne Kompensation (Verzicht auf Überstundenzuschläge, etc.),keine Verschlechterung der Rahmenverträge, höhere Mindestlöhne in West undvor allem in Ost (Angleichung an 9,80 Euros im Westen), Einführung einesMindestlohnes für Facharbeiter, 37-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleichund Berufsausbildung als Grundlage der Eingruppierung.Die Antwort der Baufirmen bestand in einem Angebot für eine Tariferhöhung um1,75%, keine Erhöhung der Mindestlöhne und Absenkung des Lohnniveaus imOsten um 10%, Entwertung des DDR-Gesellenbriefes, Bezahlung nach Leistungund nicht nach Qualifikation, Wiedereinführung der 6-Tage- und60-Stunden-Woche, Rücknahme von Errungenschaften wie Fahr- undÜberstundengeld. Das Ziel der zwei Bauunternehmerverbände mit diesemVorgehen war offenbar nicht nur die Kündigung aller Rahmentarifverträge,sondern auch die Zerschlagung der Gewerkschaft und damit eine Brancheüberhaupt ohne Tariflohn und eine künftige Aushandlung auf unterster Ebene.Auf diese Herausforderung wurde für die IG BAU der Streik zurÜberlebensfrage. Und das unter besonders schwierigen Bedingungen. Erstensgibt es in der Baubranche praktisch keine einsatzfähigen kontinuierlichenStrukturen, keine Betriebsgruppen im üblichen Sinne. Zweitens beschäftigtjede Baustelle eine Vielzahl von Branchen, in denen kein Aufruf zum Streikerfolgte. Das betrifft nicht nur die Bereiche des Baunebengewerbes - was aufdie IG BAU selbst zurückfällt, sondern vor allem auch die Betriebe aus demMetallbereich. Und drittens wurde der erste Flächenstreik in derBauindustrie seit 1949 nötig, wofür wertvolle eigene Erfahrung alsoschlichtweg fehlte.Der Auftakt zum Streik begann jedoch mit einem deutlichen Signal: 98,63% derGewerkschaftsmitglieder stimmten in der Urabstimmung für den Streik. Diedarin ausgedrückte Stimmung erzeugte das nötige Selbstvertrauen und einenzusätzlichen Mobilisierungsschub. Die Solidarisierung griff auch auf andereGewerkschaften über. AktivistInnen aus der IG Metall und Verdi verstärktendie Streikposten und in Berlin unterstützte ein Demozug von Warnstreikendenaus den Kindertagesstätten die Streikposten vor einer Baustelle in ihrerAbwehr von Streikbrechern.Auch internationale Solidarität war hier spürbar: bereits während derWarnstreiks am 7. Juni legten auch ausländische Belegschaften trotz massiverDrohungen durch ihre Bauleiter die Arbeit nieder. Mit Beginn desArbeitskampfs war eine Unterstützung aus zahlreichen Ländern angekündigt:von Gewerkschaften aus Polen (Budowlani), der Slowakei (Stavba), Dänemark(BAT-Kartellet), der Schweiz (GBI) und Österreich (Gewerkschaft Bau-Holz imÖGB). Zahlreiche andere europäische Gewerkschaften folgten. Gerade eineBranche wie der Baubereich zeigt unmittelbar die Sackgasse nationaler Wegeund die Notwendigkeit internationaler gewerkschaftlicher Kooperation.Unmittelbare Erfolge zeigten sich bei den ausländischen Arbeitern, die alsStreikbrecher zu den Baustellen gebracht wurden und schließlich gleichgruppenweise die Fronten wechselten.Bereits am ersten Tag des Streiks legten rund 8.000 Arbeiter auf etwa 500Baustellen in Hamburg, Bremen, Magdeburg, Berlin und im Ruhrgebiet dieArbeit nieder. In drei Wellen wurden die nächsten Tage weitere Belegschaftenund Baustellen und neue Regionen mit einbezogen. Wenn ein streikenderArbeiter täglich den Bossen durchschnittlich 500 Euro kostet, betrug derVerlust für die gesamte Bauwirtschaft binnen weniger Tage zweistelligeMillionenbeträge. Zuletzt streikten rund 32.600 Arbeiter auf 2.837Baustellen.Die Ausweitung des Streiks erfolgte gelegentlich mit einer sehr kurzen, aberwirksamen Überzeugungsarbeit. Streikende besuchten eine noch nichtbestreikte Baustelle, riefen die dortigen Arbeiter zur Niederlegung ihrerArbeit auf, durchkämmten dann die Baustelle nach etwa noch verbliebenenStreikbrechern und machten die Baustelle dicht. Diese solidarisierendenÜbernahmen von Baustellen verdeutlichten rasch die Bedeutung des Begriffes,rustikaler Streik'. In einigen Fällen wurden solche Übernahmen auch miteiner kombinierten Taktik erreicht, wie in Frankfurt, wo eine Großbaustelleam Westhafen von als Piraten verkleideten jungen GewerkschafterInnen, diemit Booten über den Main kamen, geentert wurde und ein Demonstrationszug vonStreikenden über den Haupteingang auf die Baustelle strömte. In anderenFällen war es auch zweckmäßig, den Straßenverkehr zu blockieren.Auch die Gegenseite entwickelte ihre besondere Kreativität: mit ständigenProvokationen vor den bestreikten Baustellen mit angeheuerten und teilweisesogar extra eingeflogenen Streikbrechern, denen mit dem Nichtbezahlen desRückflugtickets gedroht wurde, mit Kündigungsdrohungen und Einsperren vonStreikenden, Rechtsanwälten und gerichtlichen Verfügungen, Türstehern zumSchutz von Streikbrechern, Polizeieinsätzen, als Bauhandwerker verkleidetenPolizisten und unzähligen weiteren Maßnahmen. Die Massenmedien zeigten auchim Baustreik wieder fast durchgängig, welche Funktion sie haben und für wensie letztlich Stimmung machen. Die Streikenden wurden vorzugsweise entwederals biertrinkende Grillgruppe oder als gewalttätiger Mob dargestellt, diemit ihren überzogenen Forderungen den möglichen Konjunkturaufschwungverhindern.Aufgrund der besonderen Stellung der Gewerkschaftsbürokratie, ihrerSpezialisierung auf einen Klassenkompromiss mit gegensätzlichenLegitimationszwängen muss von Anfang an auch bedacht werden, dass dieführenden Funktionäre nicht nur Kontrahenten des Kapitals, sondern auch seinverlängerter Arm sind. Die problematische Rolle der Gewerkschaftsbürokratiezeigte sich zunächst während des Streiks in der oft zögerlichen Haltunggegenüber einer Ausweitung des Streiks. Hier preschten engagierte Aktivistenvor und meldeten der Gewerkschaftsführung dann den Streik auf weiterenBaustellen.Am deutlichsten zeigten sich die Probleme mit dieser Führung aber vor allemim Zuge der Beendigung des Streiks. Durch die geringe Streikerfahrung derGewerkschaftsbasis konnte die zentralisierte Bürokratie die Mobilisierungrasch wieder abwürgen. Die dazu führenden Verhandlungen mit der Vertretungder Firmenseite wurden ohne Ankündigung gegenüber den streikenden Arbeiternwieder aufgenommen, die neuen Vorschläge wurden gegenüber derGewerkschaftsbasis geheim gehalten und einige Belegschaften wurden ohneDiskussion und Abstimmung von den Gewerkschaftsfunktionären als ,Zeichen desguten Willens' wieder zur Arbeit geschickt. Die Geheimhaltung derVerhandlungen vor der eigenen Mitgliedschaft löste beispielsweise an derBaustelle des Beisheim-Centers in Berlin vor allem dadurch Empörung aus,weil offenbar verschiedene Gruppen von Streikbrechern die Informationen überdie anstehende Aussetzung des Streiks bereits vor den Streikenden selbsterhielten.Als allgemeines Problem zeigte sich die Vielzahl der in unterschiedlichenBranchen Beschäftigten auf den Baustellen. Zur Verringerung dieses Problemshätte die IG BAU von Anfang an die Beschäftigten aus dem Baunebengewerbe mitin den Arbeitskampf führen und ein gemeinsames Vorgehen mit der IG Metallhätte vereinbart werden müssen, um die auf den Baustellen beschäftigtenMetaller nicht in die Rolle potentieller Streikbrecher zu bringen. Anstatteiner abstrakten Unterstützungserklärung hätte die IG Metall ihre Mitgliederauf den Baustellen zur aktiven Beteiligung an den Streiks auffordern sollen.Das Ziel des Industriegruppenprinzips ,ein Betrieb - eine Gewerkschaft'hätte hier erweitert werden müssen: alle auf den Baustellen beschäftigtenGewerkschafter hätten in einen gemeinsamen Kampf geführt werden müssen, fürden eine entsprechende Kooperation der Gewerkschaftsführung erforderlichgewesen wäre. Indem das nicht geschah, stieß der Flächenstreik bald an seineGrenzen der Ausweitung.Als Fazit kann jedenfalls eine ausgesprochen hohe Kampfbereitschaft und eingestiegenes politisches Bewusstsein bei den Bauarbeitern festgestelltwerden. Sie erlebten nach der Boomphase nach dem 2. Weltkrieg, wo ihreBranche als wirtschaftliche Lokomotive galt, einen kontinuierlichen Abstiegihres Ansehens. Die moderate Verhandlungsführung ihrer Gewerkschaft wolltensie keineswegs länger hinnehmen. Sie wollten nicht mehr länger ihre letztenErrungenschaften ausverkaufen lassen und auf Verzicht getrimmt werden,während sie einen Prachtpalast nach dem anderen hochziehen. Entsprechenddieser Stimmung wird die Gewerkschaftsführung für das Ergebnis des jetzigenAbschlusses eine fast 100%ige Zustimmung wie zum Beginn des Streiks kaumerwarten dürfen. IG Bau-Pressesprecher Knoche versucht das noch schön zureden: "Wir rechnen mit einer Zustimmung der Kolleginnen und Kollegen vondeutlich über 50 %.

Was das Ergebnis anbelangt, ist die lange Laufzeit des Abkommens und dieHöhe der Tarife nicht besonders gut: eine Einmalzahlungen von 75 Euro fürdie Monate Juni, Juli und August (nur im Westen), eine Erhöhung der Löhne,Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 3,2 % ab September und weitere 2,4 %ab April 2003 ohne Kompensation. Der Facharbeiterlohn beträgt ab September14,43 Euros im Westen und 12,87 im Osten. Weiterhin gilt eine Erhöhung derMindestlöhne im Osten von 8,63 auf 8,75 Euro ab September diesen und auf8,95 Euro ab September nächsten Jahres und im Westen auf 10,12 und 10,36Euros. Als gewisser Fortschritt kann auch die Einführung von Mindestlöhnenvon 12,47 Euro für Facharbeiter im Westen und 10 Euro im Osten ab September2003 gesehen werden. Aber entscheidend ist der prinzipielle Erfolg in derVerteidigung des Flächentarifs und die gelungene Abwehr des generellangelegten Angriffs der Unternehmerverbände auf die Gewerkschaft.Eine besondere Rolle kommt noch Berlin zu, das zwar formal zum TarifgebietWest gerechnet wird, faktisch aber von Unternehmensseite in das TarifgebietOst eingegliedert werden soll. Prompt überraschten die Firmenvertreter auchmit der Weigerung der Einmalzahlungen von 75 Euro. Daraufhin musste die IGBAU für dieses Gebiet am 2. Juli eine weitere Verhandlungsrunde durchführenund eine Fortsetzung des Streiks ins Auge fassen. Im Gegenzug stellte sieauch die Standortsicherungsklausel in Frage, wonach die Möglichkeit einer um6% reduzierten Vergütung besteht. Als Verhandlungsresultat ergab sich danneine Einigung auf Einmalzahlungen von 60 Euros und eine Verringerung indieser Klausel auf 5%.


Fazit

In der letzten Tarifrunde stand die IG BAU gewissermaßen mit dem Rücken zurWand. Die Bosse versuchten unter dem gestiegenen Druck des Wettbewerbs nichtnur, die Lohnkosten extrem zu drücken und die Arbeitskräfte zu einerflexiblen Manövriermasse zu machen; sie wollten zugleich auch dieGewerkschaft möglichst weitgehend schwächen.Dabei saßen der IG BAU und vielen Gewerkschaftern gerade in Berlin noch dieNiederlage im Streik 1997 im Nacken, wie auch die Erinnerung an recht starkerassistische Äußerungen der Belegschaften in den 1990er Jahren und auch im1997er Streik. Gerade was diesen Punkt betrifft, hat sich am Bau viel zumBesseren geändert.Gerade weil ausländische Kollegen aktiv einbezogen wurden, gerade weil dieBauarbeiter auf portugiesische und andere nicht-deutsche Arbeiter, die alsStreikbrecher missbraucht werden sollten, aktiv zugingen und so für denStreik gewinnen konnten, war der Arbeitskampf letztlich erfolgreich.Die Bauarbeiter wiederum sahen sich konfrontiert mit einer Bilanz derletzten Jahre, die ihnen zeigt, dass ihr Entgegenkommen keine Arbeitsplätzegeschaffen oder erhalten, wesentliche Einbußen beschert und ihreAusgangslage wesentlich verschlechtert hat. Ein weiteres Zurückweichen hättedie Existenz der IG BAU selbst in Frage gestellt. Ohne aktive Einbeziehungihrer Basis, die keine Bereitschaft zu einer weiteren Umverteilung zu ihrenLasten signalisierte, hätte sie einen massiven Mitgliederschwund verzeichnenund damit eine spürbare Schwächung ihrer Verhandlungsposition hinnehmenmüssen. Die vergleichsweise relativ energische Streikführung der IG BAU istjedoch keine Abkehr von reformistischer Politik; es war eher ein Akt derNotwehr, eine Verteidigung, die sie als Flucht nach vorne vollziehen musste.Was trotz der großen Mobilisierungen der vergangenen Monate noch immer sehrspärlich ergriffen wurde, ist die Nutzung der darin liegenden Möglichkeitenzur Politisierung. Dabei waren Ansätze mit der Demonstration von 25.000Bauarbeitern für das Tariftreugesetz vorhanden. Eine politische Dimensionwar bislang noch am ehesten spürbar als sozialdemokratisch geprägteAnti-Stoiber-Stimmung.Forderungen wie die nach dem Tariftreugesetz sind zweifellos wichtigeAnknüpfungspunkte für einen gemeinsamen Kampf aller Bauerarbeiter und ihrerGewerkschaft, die eine weitergehende Politisierung verlangen. Denken wir nuran den massiven Konkurrenzkampf, an den geradezu permanenten Tarifbruch, andie stetige Verselbständigung der Subunternehmen. Wie kann eine solcheProblematik gelöst werden? Maßnahmen wie das Tariftreugesetz schränkenzweifellos die Unternehmerwillkür auf diesem Gebiet ein, aber sie beseitigen nicht die Ursachen der Probleme.Statt verstärktem Unterbietungskonkurrenz, statt marktwirtschaftlichem Chaosauf den Baustellen und Billiglöhnerei sagen wir: Offenlegung derGeschäftsbücher und Konten, Untersuchung durch die Gewerkschaften undVertreter der Belegschaften! Enteignung und Verstaatlichung der Baukonzerneunter Arbeiterkontrolle! Für ein Programm gesellschaftlich nützlicheröffentlicher Bauvorhaben - für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, dieErrichtung oder Instandsetzung qualitativ hochwertigen Wohnraums fürArbeiterInnen, Studierende, Jugendliche usw. - unter Arbeiterkontrolle!Kontrolle der Arbeitsbedingungen, Entlohnung, Einhaltung und Durchsetzungder 35 Stunden-Woche durch die Beschäftigten. So könnten in kurzer Zeithunderttausende Erwerbslose wieder in Lohn und Brot kommen, derSchwarzarbeit und illegaler Beschäftigung der Boden entzogen werden, indemalle illegal Beschäftigen automatisch in ein tariflich gesichertesArbeitsverhältnis übernommen werden. Schon diese Forderungen würden mit denInteressen des Kapitals grundsätzlich kollidieren. Sie müssten dahereingebettet werden in den Kampf gegen Kapital und bürgerlichen Staat.Um die Bauarbeiter für eine solche Perspektive gewinnen zu können, istfreilich die aktive Solidarität mit ihrem Kampf unbedingt erforderlich.Ansonsten wird die deutsche Linke nie über ihren heutigen Zustand mehr oderweniger schlecht informierter, kleinbürgerliche Nörgelei hinauskommen. BeimStreik am Bau zeigte sie vor allem Ignoranz und glänzte in der Regel durchAbwesenheit. Erst nachdem die intensivsten Auseinandersetzungen der erstenTage vorüber waren, tauchten einige VertreterInnen linker Organisationenauf, um ihre Publikationen anzupreisen. Erst in den letzten Streiktagenbeteiligten sich zumindest einige auch als Streikposten.


Weitere Aktionen

Die Tarifkonflikte sind jetzt noch lange nicht zu Ende. Selbst in derBaubranche ist der endgültige Abschluss noch unsicher, nachdem fast alleHandwerksverbände im Osten erklärten, das bisherige Verhandlungsergebnisabzulehnen. Einige andere Branchen befinden sich jetzt gerade infieberhaften Vorbereitungen auf ihren anstehenden Arbeitskampf mit erhöhtemEinsatz. Auch diese verlangen für ihre Mobilisierungen eine breiteUnterstützung. Auch hier wird es wesentlich sein, praktische Solidarität miteinem Kampf um innergewerkschaftliche Demokratie zu verbinden.Das Mobile Solidaritätskomitee wird auch hier aktiv werden, um den Streikund die Streikposten zu verstärken und in der Öffentlichkeitsarbeit denbürgerlichen Massenmedien ein Gegengewicht entgegenzusetzen.Ich denke wir sollten diese Idee für die bevorstehenden Auseinandersetzungen (Kitas, Handel) aufnehmen und vorantreiben. Also: Sektierertum überwinden. Kämpferische, soziale, revolutionäre Basisbewegung aufbauen. Jetzt. Hier. Heute.
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Ergänzungen

Schöne Zusammenfassung

Who 04.07.2002 - 01:45
An der US-Westküste gibt es momentan auch ziemlich starke soziale Kämpfe. Vielleicht gelingt es ja in Zukunft auch international zu vernetzen.

Ja, denke ich auch.

rechte transnational verteidigen 04.07.2002 - 03:37

internationale vernetzung

mastermindchaos 04.07.2002 - 14:59
klar muss in zeiten des globalisierten kapitals auch die verteidigung von arbeitnehmerrechten internationalisiert werden - sonst kämpft jeder auf "seiner scholle" und letztendlich gegeneinander. aber auch wenn die sozial & ökonomischen lebensbedingungen der menschen im vordergrund stehen müssen, ist doch die frage, inwiefern die etablierten gewerkschaften, die ja mehr teil des systems als dessen opposition sind (hier vor allem der dgb) dazu willens bzw in der lage sind. ich habe häufig den eindruck, es geht nur darum, den arbeitern zu suggerieren "wir treten für euch ein, ihr kriegt einen teil des kuchens ab" und damit eigeninitiative verhindert wird. ausserdem schmeckt der kuchen scheisse.