Bewegung tut Not !! (Kritik und Perspektive)

NachbarIn, leicht korrigierte Fassung 20.06.2002 19:25 Themen: Globalisierung
"Wir alle protestieren in verschiedenen sozialen Bereichen und sind enttäuscht von der Wirkungslosigkeit unseres Widerstandes, also lernen wir uns kennen und begreifen, dass wir alle denselben Kampf kämpfen (hier und anderswo) - nur zusammen können wir etwas bewegen und Bewegung tut Not!" (Zitat von  http://www.soziale-consulta.de)

Seit einiger Zeit vollzieht sich abseits des "linken Mainstreams" eine spannende Diskussion, welcher hier durch eine Collage von Meinungen etwas Aufmerksamkeit geschenkt werden soll. Es geht darum, wie die Gesellschaft (von der wir alle ein Teil sind) radikal von unten verändert werden kann.

Die Diskussionsbeiträge sind verschiedenen Artikeln, welche bei indymedia.de erschienen sind, entnommen und wurden nur geringfügig überarbeitet, um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen. Unter den Ausschnitten der jeweiligen Artikel steht die Quelle, unter welcher die ausformulierten Diskussionstexte zu finden sind. Die Absatzüberschriften wurden zur besseren Übersicht eingefügt. Am Ende dieses Artikels gibt es Vorschläge für praktische Aktionen und Möglichkeiten des Zusammenkommens in nächster Zeit.

Inhalt:
1. "Summer of Resistance"
2. "La lucha es una sola" - der Kampf ist derselbe
3. Alltag und Vernetzung
4. Selbstkritik und Offenheit
5. Vielfalt vs. Einfalt
6. Träume, Utopien, Visionen
7. Medien und Gegeninformation
8. globaler Krieg und Repression
9. soziale Angst
10. In der Praxis manifestiert sich die Theorie
### "Summer of Resistance" ###

Gut 10 Jahre nach dem proklamierten (verkündeten) "Ende der Geschichte", das auch als historische Niederlage verschiedener linker Ansätze interpretiert worden war, kommen die Verhältnisse wieder in Bewegung. Ähnlich wie bereits durch die sogenannten neuen sozialen Bewegungen in den 70er und 80er Jahren geschehen, formuliert sich eine breite Kritik von unten, die sich symbolisch gegen die institutionellen Zentren neoliberaler Globalisierung (z.B. IWF, Weltbank, WTO, G8, NATO) richtet - was eine in dieser Form neue Erscheinung ist.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/06/23697.shtml (Vielfalt statt Einfalt)

Seattle, Prag, Göteburg, Genua sind die ersten Schritte gewesen, sich den Fragen nach einer globalen und radikalen Perspektive von unten anzunähern. Diese ersten Schritte, unterschätzen wir die Wirkung nicht, haben die globalen Treffen der führenden Herrschenden in ihrer Existenz politisch, moralisch und direkt vor Ort bedroht. In Seattle, Prag, Göteburg, Genua ist es auch gelungen, öffentlich zu machen und zu zeigen, welche zerstörerischen Wirkungen und Konsequenzen die (kapitalistische) Globalisierungs-Politik der Herrschenden hat und welche Interessen dahinterstecken. Diskutieren wir weitere Schritte. Eine Gesellschaft wie diese, die Krieg und Militär, als festen Bestandteil hervorbringt muß radikal verändert werden. Einer Militarisierung und Brutalisierung der sozialen Verhältnisse müssen wir eine Perspektive von anderen Lebensverhältnissen entgegensetzten.
>>  http://www.de.indymedia.org/2001/09/7889.shtml (Wahlboykott)


### "La lucha es una sola!" - Der Kampf ist derselbe ###

Dieser Prozess, Herrschaft zu entwaffnen, kann von keiner einzelnen emanzipatorischen Strömung umgesetzt werden noch in einer lokalen Begrenzung zum Erfolg führen. Nur eine globale Perspektive und Utopie jenseits jeglicher Herrschaft und Unterdrückung- (es ist zu betonen: "jeglicher" Herrschaft und Unterdrückung) bedeutet Freiheit.
>>  http://www.de.indymedia.org/2001/09/7889.shtml (Wahlboykott)

In der jetzigen Phase des Widerstandes ist eine breite Solidarität aus verschiedenen Gründen unbedingt notwendig. Momentan wäre ein Frontalangriff gegen das "Imperium" (also gegen die komplexe Allianz von Konzernen und Staatsregierungen, welche quasi eine Weiterentwicklung des "militärisch-industriellen Komplexes" der 50er Jahre darstellt) zum Scheitern verurteilt. Stattdessen sollte ein weltweites Netzwerk von lokalen Widerständen, "internationaler Solidarität" und alternativer Kommunikation langsam, aber konkret Gestalt annehmen.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/06/23697.shtml (Vielfalt statt Einfalt)

Ich glaube, wir müssen einfach lernen, dass alles ein Teil des Ganzen ist, dass der/die Arbeitslose, die Naziübergriffe, die Atommüllscheisse, der Arbeitsplatzmangel, die sexuelle Unterdrückung, die alltägliche politische/körperliche Gewalt, der Knast, die Armee, die verdammten Tierversuche, einfach mal alles, zusammen gehören. Wir reissen es auseinander und spezialisieren uns auf ein Thema und sehen dabei nicht, dass wir uns auf der Stelle bewegen, wir sind so viele und wissen von unserer Kraft überhaupt nichts!
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/05/21841.shtml (Disko: Ton Steine Sterben!!!)


### Alltag und Vernetzung ###

Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche antikapitalistische Mobilisierung kann nur darin liegen, lokale Netzwerke aufzubauen, um die Menschen über unsere Proteste und Inhalte zu informieren, sowie uns lokal in Alltagsdiskussionen einzuschalten, um eine wahrnehmbare und erfahrbare Alternative zur Diskussion stellen zu können. Ansonsten werden wir eines Morgens aufwachen und merken, dass die großen Organisationen mit ihren Spektakeln für die Medien uns plattgemacht und uns den Protest geraubt haben, den wir immer versuchten zu beginnen, aber niemals wirklich begannen. Möge der Name dieses Prozesses "Europäische Soziale Consulta" heißen oder "lokale Verankerung", wichtig ist der Vorgang der Bildung von Netzwerken in unseren Städten, Nachbarschaften, Schulen, Betrieben, Vereinen,... denn das ist unser Unterschied zu den grossen Organisationen: Sie versprechen ein besseres Leben um zu triumphieren, wir sollten versuchen unsere Utopien und Vorstellungen einer besseren Welt konkret werden zu lassen. In unserem Leben. Jetzt!
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/03/18598.shtml (Nachbetrachtungen zu Barcelona)

Es sollte ein vorrangiges Ziel sein, die schweigende Mehrheit der Bevölkerung ins Spiel zu bringen, beispielsweise durch eine gezielte Gegen-Aufklärung im Vorfeld eines "Events". Auch innerhalb der Bewegung ist es daher notwendig, Zerrbilder wie die eines "Black Bloc" zu vermeiden. Nicht nur um selbst stärker zu sein gegen Repression, sondern auch, um zunehmend Menschen überzeugen zu können, selbst aktiv zu werden oder zumindest ihr eigenes Konsumverhalten zu überdenken. Eine generationsübergreifende Repolitisierung sozusagen als Antwort auf die weit verbreitete "Fressen, Ficken, Fernsehen - Einstellung", wozu allerdings auch ein Zusammenhang zwischen lokaler und globaler Ungerechtigkeit hergestellt werden muß.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/06/23697.shtml (Vielfalt statt Einfalt)


### Selbstkritik und Offenheit ###

Die Gesellschaft verändert sich, auch in einer geschlechtsspezifischen Dimension. Patriarchale Handlungsweisen erscheinen wieder angesagt, unter vielen Linken macht sich so ein Gefühl von Ausgebranntsein breit, als würde frau gleich von allen Seiten gleichzeitig angegriffen. Da werden laufend Demos organisiert und es scheint null Wirkung zu haben, das ist ziemlich ärgerlich, ungefähr so ergiebig wie der Kampf gegen Windmühlen. Und was im Großen vorgegeben wird, findet nach und nach auch im Kleinen seinen Niederschlag: Wozu müssen jetzt Konfliktlösungsversuche friedlich ausgetragen werden, das ist doch wohl lästig? Entscheidungen müssen nicht ausdiskutiert werden, und wozu gegensätzliche Meinungen zulassen?
>>  http://www.de.indymedia.org/2001/12/12275.shtml (Die Globalisierungsbewegung in Kriegszeiten)

Das ist doch auch nicht normal für eine politische Bewegung: Durchlauferhitzer zu sein für die rebellierende Jugend und hinten raus kommen Zyniker und Leute, die sich für was Besseres halten als andere. Wieso denn bloß sehe ich da abgesehen von ein paar alten Hasen alle paar Jahre eine "neue Generation" und die alte ist spurlos verschwunden? Wenn man sich einfach nur rauszieht, lässt man die Dinge so, wie sie sind. Manchmal geht es nicht anders, weil man sonst kaputtgeht. Aber ein Ziel ist das nicht. Ein Ziel wäre, einfach anzufangen mit dem Lächeln auf der Demo, statt es von anderen zu erwarten. Ich weiß - denn ich hab´s schon probiert - dass viele Leute da eher verunsichert reagieren, nicht wissen, wohin denn jetzt mit dem grimmigen Macho-Outfit (auch ein Teil des Patriarchats, für mich). Wieder offen reden, auch über Persönliches, zu träumen wagen...
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/05/21841.shtml (Disko: Ton Steine Sterben!!!)

Aber was das Wichtigste ist: nicht nur denken, auch handeln. Nicht sich in allem auskennen, wenn ein einziges Thema schon genug Grund liefert, auf die Barrikaden zu gehen. All die Dinge machen, die "anscheinend nix bringen", all die einfachen, die zwar nicht zum Aufstieg in der "Polit-Hierarchie" führen, von denen "der Widerstand" dennoch unglaublicherweise immernoch lebt: Malen, Schreiben, Spruehen, Kleben, Meckern, Schwarzfahren, Klauen, Kollektiv sein, Bunt leben, Konfrontieren, Abkacken, Emotional sein - weinen und lachen... "friedlich" sein oder militant sein, je nachdem wo es Sinn macht. Reden, viel reden, aber über Ideen, Taten, über das Leben und nicht nur im eingeschweissten linksradikalen Rahmen (denn wir leben schliesslich fast alle schizophräne Leben: ein politisches mit Polititnix und eines mit Leuten, wo man ganz unpolitisch entspannen kann...)! Und Konsequenzen ziehen!
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/05/21841.shtml (Disko: Ton Steine Sterben!!!)

Wir müssen die Menschen treffen. Mit ihnen reden, ihnen unsere Ideen mitteilen. Sie einladen, uns ihre Ideen mitzuteilen, ins Gespräch kommen, diskutieren. Entweder wir beginnen jetzt ernsthaft eine Alternative aufzuzeigen bzw. zu entwickeln, gemeinsam mit den Menschen mit denen wir leben und arbeiten. Oder wir können echt einpacken, dieselben Fehler machen wie so oft und bei Bier und Hasch von der Revolution träumen, die niemals kommen wird.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/03/18598.shtml (Nachbetrachtungen zu Barcelona)

Wenn sich unsere Mentalität in einigen Punkten entscheidend verändern würde, wenn die Linke von ihrem armseeligen Selbstbetrug wegkommen könnte, könnten wir vielleicht stark werden, dem System ein Schnäppchen schlagen. Und dabei reicht es nicht, "Ton Steine Scherben" zu hören und zu denken. Leben müssen wir sie!!! Rechnen wir endlich mit uns ab, damit wir mit dem System abrechnen können!!!
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/05/21841.shtml (Disko: Ton Steine Sterben!!!)


### Vielfalt vs. Einfalt ###

Sich mit einem anderen, fremden Menschen zu solidarisieren ist viel schwieriger, als ihn zu hassen. Deswegen hassen wir lieber Faschos, reflexieren all das Böse auf sie, vergessen die Flüchtlinge (die zu hassen wäre ja auch nicht korrekt) und solidarisieren uns mit Partnern und Freunden oder einer populaeren "Befreiungsbewegung", der man ja als solcher schon was nettes abgewinnen kann - zumal der Hasskappenkult ja mal sehr geil ist, ne. Dabei vergessen wir den Flüchtling nicht zuletzt auch deshalb, weil er in einer armseeligen Massenunterkunft (mit weniger Platz als der durchschnittliche deutsche Haushund) am anderen Ende der Stadt wohnt, in dem man sich nicht wohl fühlt. Der kommt schliesslich (ein Glück?!) auch nicht zum Kaffee vorbei, er hat kein Geld fürs Ticket und würde durchs Schwarzfahren abgeschoben.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/06/23965.shtml (Selbstgerechte Linke?!)

Das Problem: Die wenigsten Menschen begreifen sich als Teil dieser "riesigen Menschheit" und verstehen, dass ihr Handeln oder Nichthandeln Teil von dem ist, was geschieht. Sie sitzen wie eine ziemlich überflüssige Sorte Götter vor´m Bildschirm - scheinbar außerhalb der Welt - und beurteilen die Menschheit moralisch.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/06/23965.shtml (Selbstgerechte Linke?!)

Liebe Leute, seht Eure Gemeinsamkeiten und nicht so sehr Eure ideologischen Unterschiede. Anerkennt Euer Mensch-Sein, zeigt auch mal Schwäche, lernt über eure Ängste und verwandelt sie dann. Verändert Euch selbst zuerst! Ich bin überzeugt davon, dass dies unabdingbar für die Veränderung der äusseren Welt ist. Bringt doch bitte etwas Sonnenschein in die Bewegung! Wenn Babylon dunkel und lebensfeindlich ist, dann müssen wir das Gegenteil sein. Babylon wird nicht fallen, wenn wir dieses System in seinem Stumpfsinn noch überbieten!
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/05/21841.shtml (Disko: Ton Steine Sterben!!!)


### Träume, Utopien, Visionen ###

Und da wären wir bei den fehlenden politischen Visionen. Wie soll ich mich für eine Bewegung einsetzen, die sich zwar in durchaus essentieller Widerstandsarbeit an 1001 Fronten aufarbeitet, aber eigentlich dem Babylon-System insgesamt nichts entgegenzusetzen hat, nicht mal mehr Menschlichkeit, Humor oder Authenzität? Wie oft habe ich gehofft, auf einer Demo wenigstens mal von einer/einem vermeintlichen MitstreiterIn angelächelt zu werden! Wir sind doch nicht nur Kampfmaschinen, wir haben Herz und Hirn und unsere Bewegung erhält nur dann die erforderliche Dynamik, wenn auch die spirituelle (jaja, ein Reizwort... /nicht-materielle) Komponente stimmt.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/05/21841.shtml (Disko: Ton Steine Sterben!!!)

Wäre es nicht wunderschön, wenn die Haltung, vom Sessel aus zu spekulieren, wie die Zukunft wohl werden wird, über Nacht aus allen Köpfen verschwinden würde und ersetzt durch ein Denken, das uns für unsere individuelle Lebensgestaltung selbstverständlich ist: Da soll man Ziele haben und sich dann bemühen, sie zu erreichen. Realistisch ist, was in unseren Kräften steht und physikalischen Gesetzen nicht widerspricht. Wenn´s um die Entwicklung der Menschheit geht, dann sind es nicht unsere individuellen Kräfte, die den Ausschlag geben, sondern die kollektiven Kräfte der Menschheit. Und die wäre in der Lage, den Kapitalismus so lässig beiseite zu fegen, wie ich einen Pfennig wegschnipse.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/06/23965.shtml (Selbstgerechte Linke?!)


### Medien und Gegeninformation ###

Bedient und unterwirft sich die Linke bei ihrer "Solidarität" nicht dem so kritisch beäugten herrschenden Medienaparat? Warum kommen hauptsaechlich nennenswerter Protest und Widerstand im Einklang zu den von Spiegel, Tagesschau und Konsorten aufwendig servierten "Politleckerlis" zu stande - auch wenn sich die Linke genau entgegengesetzt positionieren mag?
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/06/23965.shtml (Selbstgerechte Linke?!)

Die zentrale Auswirkung unserer Hintergrundgeräusche des Protestes ist, der Illusion von Demokratie in den westlichen Ländern Nahrung zu geben, denn sie ist ein wichtiger Teil der "schönen" politischen Landschaft, wie sie von den TV-Bildschirmen aus in die Köpfe der Menschen projiziert wird. Es trägt noch nicht einmal zur Informierung der Öffentlichkeit bei: das meiste, dass wir in den Kampagnen sagen, ist bereits gesagt worden, manchmal sogar besser, durch die Mainstream-Medien.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/05/22389.shtml (Gespräche gegen Krieg)

Wir müssen anfangen ihnen ihre Geschichten streitig zu machen. Indymedia war ein guter Anfang, doch auch nicht mehr. Indymedia erlaubt uns unsere Geschichten weltweit zu verbreiten und selbst zu erfahren, wie überall auf der Welt Menschen aufstehen für ein selbstbestimmtes Leben und radikal die Legitimation derer, die sie beherrschen, in Frage stellen und zerstören. Beispielsweise versuchen Menschen in Argentinien gerade sich selbstzuorganisieren. Davon bekommen wir nur mit, weil wir die Geschichten der Menschen dort empfangen und weitertragen. Es kommt aber auch darauf an, sie den Menschen in unserer Nachbarschaft mitzuteilen. Wir müssen ihnen das berichten, sonst sterben unsere Stimmen und wir können noch so laut rufen, niemand wird uns mehr hören, geschweige denn verstehen. Dazu gehört auch mehr, als das Internet. Wir müssen wieder Zeitungen drucken, Plakate machen, Radio senden und mehr.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/03/18598.shtml (Nachbetrachtungen zu Barcelona)


### globaler Krieg und Repression ###

Nach den Attacken des 11.September hat sich die Quelle der Legitimität von Macht radikal geändert. Der abstrakte Diskurs über die Überlegenheit des Marktes ist nicht mehr länger notwendig, denn wir kehren zurück zu den alten Tagen der Herrschaft durch Angst und Abschreckung (besonders in den USA), ohne das kleinste Zeichen von Gegenwehr seitens der westlichen Bevölkerung, und nicht selten mit ihrer Teilnahme und Unterstützung. Die 1930er Jahre haben bewiesen, dass autoritäre Regime viel effektiver und stabiler sind, wenn sie mit der Unterstützung der Bevölkerung und innerhalb eines "demokratischen Rahmens" installiert werden können, als wenn sie von oben den Menschen aufgezwungen werden - und die westlichen Regierungen haben ihre Lektionen gelernt.
Wir verpassen gerade, was vielleicht als die wichtigste Veränderung in Herrschafts- und Unterdrückungsmustern seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verstanden werden muss, und wir reden noch nicht einmal darüber! Wenn wir aber wirklich etwas bewirken wollen, müssen wir anfangen dorthin zu zielen, wo es am meisten schmerzt, und zwar auf die Wurzeln der Legitimität von Macht: die soziale Angst.
>>  http://www.de.indymedia.org/2002/05/22389.shtml (Gespräche gegen Krieg)


### soziale Angst ###

Die Protestbewegungen, die symbolisch Gipfeltreffen von Institutionen wie Weltbank, G8 und Welthandelsorganisation (WTO) zum Anlaß nehmen, um Unmut zu äußern, sprechen ein weit verbreitetes Unbehagen in der Bevölkerung an.
Es ist ein Unbehagen, das viele Menschen im Alltag auf der persönlichen Ebene spüren: am Arbeitsplatz, wenn sie Angst haben, ihre Stelle zu verlieren, an der Universität, wenn das in den Semesterferien im Call Center erschuftete Geld nicht reicht, im AsylbewerberInnenheim oder auf dem Sozialamt, wenn die Behörden immer neue Schikanen erfinden, in der Kita, in der Schule, usw. Es ist das schleichende Gefühl, das hier etwas grundsätzlich nicht funktioniert, und auch keine Regierungspartei egal wie sie heißt daran etwas ändern wird. Im Gegenteil, es werden Sozialkürzungen und Bildungsabbau beschlossen, Abschiebungen durchgeführt und rassistische Morde in Kauf genommen und gleichzeitig die Militärausgaben erhöht. Da stimmt was nicht.
>>  http://www.de.indymedia.org/2001/12/12275.shtml (Globalisierungsbewegung in Kriegszeiten)

Wo einige erfolgreich sind werden viele die Verlierer sein. Das wird hoffentlich jedem klar sein. Warum sollen eigentlich solidarisch orientierte Menschen oder langsamere und weniger anpassungswillige Charaktere mit den rücksichtslosen Egoisten die vielleicht etwas schneller und cleverer agieren, um die abnehmenden Arbeitsplätze konkurrieren? Was bedeutet dies? Ist dies die gesellschaftliche Vision des 21. Jahrhunderts? Oder der neue "Humanismus"? Eine Umkehr aus dieser Sackgasse und die dafür notwendige Bewußtseinsänderung dürfte ohne größere Konflikte wohl nicht zu erwarten sein. Oder gibt es jemanden der glaubt, eine Umverteilung der verfügbaren Arbeit und ein Lohnverzicht der obersten Einkommensschichten zu Gunsten der Einführung eines Mindestlohns kann durch öffentliche Aufklärung und Überzeugungsarbeit herbeigeredet werden?
>>  http://www.de.indymedia.org/2001/11/10295.shtml (Arbeitslosigkeit und Polizeistaat)


### In der Praxis manifestiert sich die Theorie ###

Unser Leben ist noch nicht komplett verkauft, doch es kommt darauf an dafür zu kämpfen, nur so können wir leben!
WACHT ENDLICH AUF !!!

weitere Diskussionsbeiträge im Zusammenhang mit dem "offenen Consulta-Treffen" in Berlin (Infos:  http://www.soziale-consulta.de):

Berlin: "Überall tun sich die vom Sparprogramm Betroffenen zusammen. Jetzt kommt es darauf an, die verschiedenen Initiativen miteinander zu verbinden, aus fünf Fingern eine Faust zu machen" und entschlossen gegen den Senat und die Reichen im Grunewald (also da wo die Verantwortlichen für die Pleite wohnen) vorzugehen... >>  http://de.indymedia.org/2002/05/21485.shtml (Berliner Bankenkrise)

Warum das Berliner "Bündnis gegen Sozialkürzungen und Ausgrenzung" 1997 scheiterte... >>  http://www.de.indymedia.org/2002/05/21617.shtml

Kontakt über die offene Diskussionsliste:  http://lists.riseup.net/www/arc/consulta_de

das nächste offene Consulta-Treffen in Berlin findet am 26.06.2002 um 19Uhr im Mehringhof (Gneisenaustr. 2a / U Mehringdamm) statt. Ihr seid alle eingeladen !!!

Bericht vom letzten Treffen (12.06.):  http://www.indymedia.de/2002/06/24320.shtml


Aktionen in nächster Zeit in Berlin und Straßburg:

22. 6. ab 21.30 Uhr Rückeroberung öffentlichen Raums im Görlitzer Park:
Fernsehen heisst miterleben! umsonst und draussen
u.a. mit dem Argentinien-Film von kanalB

6. 7. Prinzenbad Berlin-Kreuzberg (U Prinzenstr.):
um 14 Uhr kreativer und direkter Protest für ein menschen- und famillienfreundliches Berlin und gegen saumässig erhöhte Eintrittspreise - erlaubt ist alles was Spass macht!!

8.7. im Statthaus Böcklerpark (U Prinzenstr.):
Versammlung zum Thema Bankgesellschaft und Sozialkürzungen
Dabei soll vor allem Gruppen, die sich gegen die Kürzungen im sozialen Bereich wehren, die Möglichkeit gegeben werden ihre Situation kurz darzustellen, um danach möglichst ausführlich miteinander zu diskutieren und sich so auch kennenzulernen. Die Veranstaltung soll auf keinen Fall eine Podiumsdiskussion werden, breite Beteiligung ist also gefragt. Weiterhin ist geplant, das ab August jeden Sonntag Aktionen im Grunewald (also da wo die Verantwortlichen für die Pleite wohnen) zu organisieren, gedacht war dabei an Sparziergänge o.ä.

19.-28.7. international bordercamp in strassburg
>> mehr infos unter:  http://www.noborder.org
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

danke fuer die arbeit

hoffe se lesen viele 20.06.2002 - 21:09

Ab in die Mitte...

Kleiner Antifa 20.06.2002 - 22:32
und zwar auf die Mitte der Hauptseite. Vielen dank für diese Arbeit. Es entspricht vielen Dingen die glaube ich vielen von uns durch den Kopf gehen, wir alle träumen aber tuen dann wieder doch nix. Das muss endlich aufhören, unser Kampf ist kein Spiel sondern bittere Realität und unser Handeln oder Nicht-Handeln wird schwerwiegende folgen haben.
Dieser Artikel sollte als Grundlage für eine Art Ethische Auseinandersetzung innerhalb der Linken dienen, etwas was wir alle, egal wie verschieden und doch gleich, verstehen, etwas womit wir uns identifizieren können. Und dieses WIR muss auch öfter mal einem ICH weichen denn jeder fängt bei sich selbst an. Also auch etwas womit ICH mich identifizieren kann, etwas das mit Mut und Hoffnung gibt.
Weiter so. Steht endlich auf !

Prozesse verbinden

ein hoppeltrottel 21.06.2002 - 10:50
Die Debatte um Strategien und Organisierung ist wichtig. Aber selbst dort, wo nach offeneren Ideen gesucht wird, bleibt vieles in kleinen Runden. Es wäre sinnvoll, die Prozesse zu verknüpfen. Als jemand, der in einer ähnlichen Debatte mitwirkt, die seit Oktober letzten Jahres läuft und von wo es z.B. zur Consulta-Geschichte leider noch gar keine oder zumindest mir nicht bekannte gemeinsame Debatten gibt, gebe ich mal die Internetstartseite mit an. Diese "Organisierung-von-unten"-Debatte, wie wir sie nennen, läuft vor allem überregional und bei gemeinsamen Aktionen (z.B. Anti-NATO (mehr über www.hoppetosse.net). Es ist eine Debatte ausschließlich von Menschen mit Menschen (Vertretungsprinzipien sind nicht gewollt), aber viele sind in "ihren" Städten in Basiszusammenhänge, die auch darüber diskutieren (Berlin fehlt bislang wohl komplett ...).

Wie wäre es allein schon mit einer Verlinkung von solchen Debatten im Internet - meist zeigt sich deutsch-linke Selbstbezogenheit ja schon hier. Obwohl es einfach wäre, gibts kaum Links zu anderen.

zeichnung

ron k 23.06.2002 - 18:51

aufwachen ohne kopfschmerzen...

schlaftrunken? 24.07.2002 - 17:07
Die Gedanken hier sind wichtig für eine Selbstreflexion unseres Handelns. Es ist wahr, daß viel mehr miteinander geredet UND gehandelt werden muß, wie angedeutet auch aus verschiedenen Widerstandsströmungen, denn fast alle haben ähnliche Ziele. Nur darf vor lauter Aktivismus nicht vergessen werden, daß gerade die Träume und gesponnenen Visionen die Kraft sind, die uns von innen erlaubt aktiv zu bleiben.
Ein Blick in die heutige Realität desillusioniert schnell genug, lässt resignieren und die allerorten vorhandene Gleichgültigkeit ist erschreckend...

Also wäre es schön, wenn wir im Netz Plätze schaffen an denen eben genau solche Träume & Visionen getauscht und beredet werden...natürlich verlinkt ;-)

Im übrigen sollte man nicht zu eifrig sein. Im Moment entstehen doch die Infrastrukturen zur weltweiten, dezentralen Vernetzung lokaler Gruppen (z.B. P2P-Netze).
Das war vor wenigen Jahren noch gar nicht möglich und geschieht nun erstaunlich schnell.

In diesem Sinne, Mut zum Handeln und Leben!

Welche Perspektive hat die Anti-Globalisierungsbewegung?

Red Devil 14.08.2002 - 13:44
Unsere Broschüre "Welche Perspektive hat die Anti-Globalisierungsbewegung? Eine notwendige Kritik"

In unserer Broschüre "Welche Perspektive hat die Anti-Globalisierungsbewegung? Eine notwendige Kritik" widmen wir uns der derzeitigen Bewegung der Globalisierungsgegner und -kritiker.

Es ist z.Zt. recht modern gegen die "Globalisierung" zu sein. Ein Teil dieser Bewegung richtet sich wie die Anti-Globalisierungsbewegung (AGB) gegen die "Deregulierung der Finanzmärkte", gegen die "neoliberale Politik", gegen die "Privatisierung" und den "Liberalismus". Dabei kommt es zu einer Dämonisierung solcher Institutionen wie der WTO, der Weltbank oder des IWF und zu einer Verklärung der Vergangenheit z.B. in Form des "Sozialstaates" und auch der Gewerkschaften.
Zurecht kritisiert die AGB die zunehmende Verwandlung der Güter dieser Erde (z.B. Trinkwasser) in Waren. Immer grössere Bereiche der Gesellschaft und des menschlichen Lebens werden dem kapitalistischen Verwertungsprozess unterworfen. Allerdings verliert die AGB in diesem Zusammenhang kein Wort über den alltäglichen Kapitalismus mit seiner Lohnarbeit, Konkurrenz, Verschwendung, Barbarisierung, Entfremdung, etc. und darüber dass die menschliche Arbeitskraft und damit ein jeder von uns längst selbst zu einer Ware gemacht worden ist und dieses System hierauf basiert.
Schenkt man allerdings u.a. ATTAC Glauben, so muss der Kapitalismus eine harmonische Gesellschaft oder eine Art Paradies gewesen sein, bevor die Kräfte des Marktes "entfesselt" worden sind und bevor die "neoliberale" Politik begann. Aber für die AGB besteht das Problem auch nicht im Kapitalismus, den man ohnehin nicht abschaffen will, sondern nur in seinen Auswüchsen (Krieg, Hunger, Armut). Dass dabei diese Auswüchse unzertrennlich zu diesem System gehören, wie auch die Politiker und der Staat, auf den die AGB mittels der Demonstrationen (und uns als Statisten in ihnen) Druck ausüben will, Teil des Problems und nicht Teil der Lösung sind, kann und will die AGB nicht verstehen. Die derzeitige Situation ist nicht das Ergebnis eines fehlenden Primates der Politik, mangelnder Einsicht, fehlenden Wissens oder eines nicht-vorhandenen Bewusstseins, sondern der stumme Zwang kapitalistischer Verhältnisse. Das, was als "Globalisierung" bezeichnet wird, ist jedoch nur der dem Kapitalismus eigene ständige Prozess der Zentralisierung und Konzentration des Kapitals und dieser Prozess existiert bereits solange wie der Kapitalismus selbst existiert. Der Kapitalismus hat stets im weltweiten Massstab mit Arbeitskräften, Geld, Produkten und Rohstoffen gehandelt und in diesem Rahmen - und auf Kosten der anderen Länder und der eigenen Arbeiterklasse - haben sich Europa, Japan und Nordamerika als Zentren und hochindustrialisierte Länder herausgebildet. Was die AGB will, gibt es aber nicht: Man kann nicht den Kapitalismus haben ohne seine Konsequenzen, denn jedes System funktioniert so, wie es organisiert ist.


Für Euro 2,20 (inkl. Porto) kann diese Broschüre bei uns (Revolution Times, Postlagernd, 23501 Lübeck, Deutschland) bestellt werden.

Transitional Strategies

Jamie 22.08.2002 - 13:28
"Transitional Strategies and the Inclusive Democracy Project" by Takis Fotopoulos. D&N Vol.8, no.1.

"Globalisation, the reformist Left and the Anti-Globalisation 'Movement'" by Takis Fotopoulos.
D&N, Vol.7, no.2.

 http://www.democracynature.org
 http://www.inclusivedemocracy.org

Träumer!!

Diderot 06.10.2002 - 16:25
Ich hör immer Globalisierungsgegner und die bösen Kapitalisten. Was soll das? Wir können die Schuld nich immer auf andere schieben. Natürlich hab ich auch was gegen ausbeuterischen Kapitalismus und Globalisierung zu gunsten der eh schon viel zu Reichen. Trotzdem, ihr sitzt doch zuhause vor eurem PC. Wo kommt der PC denn her? Er kommt von rießigen Konzernen, die oft auch durch Kinderarbeit ihr Produkte so billig vermarkten können. Ist das richtig? Also, sind wir nicht genauso dran Schuld? Vielleicht scheint es keinen Ausweg für uns zu geben, den gibts aber immer, aber der is verdammt steinig. Für viele zu steinig. Zum Menschen gehört die Gier nach Macht und Geld so wie wir die Luft zum Atmen brauchen. Deshalb kann man Kapitalismus niemals besiegen. Es wird immer gierige Menschen geben. Wir alle sind schlecht. Also müssen wir ein System entwickeln, was diese negativen Eigenschaften des Menschen miteinbezieht. Es gibt kein System des des tut, also muss ein neues her. Erst neues System und Revolution, das ist der richtige weg. Nicht andersrum!!!

Sorry, hab en Wort vegessen!!

Diderot 06.10.2002 - 16:34
Zwischen "und" und "Revolution" in meinem Text kommt noch en "dann". Man könnte die Aussage sonst falsch verstehn.