2 Tage Warnstreik an Hamburger Uni - 'Abschluß'demo

ash 18.06.2002 23:06 Themen: Bildung
Am letzten Freitag hatte eine Vollversammlung mit über 1000 Studierenden beschlossen am Montag und Dienstag dieser Woche Warnstreikaktionen durchzuführen.
Am Montag wurde wie schon am Donnerstag letzter Woche der Philosophenturm (Phil-Turm) besetzt. Diesmal jedoch ohne Polizeieinsatz und für den ganzen Tag. Es fanden keine Seminare oder Vorlesungen statt.
Heute am Dienstag wurden das Pädagogische Institut (PI) und der Pferdestall blockiert. Ein Soundsystem beschallte den Campus und zum Abschluß gab es eine Spontandemo mit 1000 ... 250 Studierenden in die Innenstadt.
Donnerstag (20.6.) 12 Uhr: Vollversammlung im Audimax 1
Mittwoch (26.6.): Warnstreik und weitere Aktionen
Darüberhinaus sind für die nächsten Tage weitere "kleinere" Aktionen geplant.
Am Montagmorgen begann die Blockade des Phil-Turms (Philosophen, Historiker, diverse linguistische Fachbereiche und sieben Hörseele). Trotz oder wegen des guten Wetters konnte die Blockade bis 17 Uhr aufrechterhalten werden. Leider standen die Streikposten drinnen und hatten nichts von dem schönen Wetter (war aber irgendwie auch schon zu warm). Zum Ende hin zeigten sich deutliche Auflösungserscheinungen, aber nach einiger Zeit bekommt mensch in dem Turm einen Koller.
Um 14 Uhr fand in einem Hörsaal des Turms eine Veranstaltung mit 4 Professoren aus dem Fachbereich Philosophie zum Streik statt. Abends gab es ein Treffen zur Auswertung und Planung des nächsten Tages.


Montag Morgen im Foyer des Phil-Turms.

Heute morgen wurden das PI (die neuen Lehrer) und der Pferdestall (Politologen, Soziologen, Journalisten ...). Bei den Erziehungswissenschaftlern herrscht schon seit dem Wintersemester Notstand. Es sind im Winter- und Sommersemester jeweils doppelt so viele zugelassen worden als Plätze vorhanden waren. Damit die Seminare und Vorlesungen nicht überquellen gibt es strikte Teilnehmerbegrenzungen. An ein Studium in der "Regelzeit" ist da kaum zu denken. Entsprechend positiv wurde die Blockade aufgenommen. Es gab wesentlich weniger Streßsituationen als am Vortag im Phil-Turm. Einige Vorlesungen wurden auf Wiesen verlegt und bekamen neue Themen, ein Prof hielt seine Sprechstunde in einem Café ab. Gegen 15 Uhr als die Demo loszog wurden die Blockaden glaub ich beendet. Ganz sicher bin ich mir aber nicht, weil ich ja nicht mehr da war.
Ab 10 Uhr wurde die "grüne Wiese" in der Mitte der Betonwüste Campus von einer großen Musikanlage beschallt. Etliche Studenten genossen die abwechslungsreiche Musik in der prallen Sonne. Die Musik wurde immer wieder von inhaltlichen Redebeiträgen unterbrochen. Streikradio at its best Beschwerden der Unileitung über die zu laute Musik blieben ohne Folgen. Die Polizei wurde nicht geholt. Später wurde die Anlage zum Demolauti.
Schon in den letzten Tagen waren immer wieder neue gesprühte und gemalte Parolen sowie Tranpis auf dem Campus zu sehen. Heute kam noch eine Vielzahl an Tranpis hinzu.
In der Hochschule für Wirtschaft und Politik (die auch auf dem Campus liegt, aber eine eigenständige Hochschule ist) fand eine Vollversammlung statt, die mit großer Mehrheit beschlossen hat sich am nächsten Mittwoch mit einem Warnstreik am Aktionstag zu beteiligen.
Kurz vor Demobeginn zog eine größere Gruppe von Leuten durch den Phil-Turm um den Drinne-Sitzenden die Demo schmackhaft zu machen. Eine erneute Besetzung blieb aber aus.
Gut 1000 Studis starteten gegen 15 Uhr zur Spontandemo. Über den Grindelhof ging es auf die Grindeallee. In der Rentzelstraße stand der erste Polizeiwagen im Stau. Blieb aber bis auf Funken untätig. Auf der Kreuzung fand eine Kundgebung statt. Die Demo zog weiter Richtung Edmund-Siemers-Allee. Dort trafen die ersten beiden Streifenwagen ein, wurden zur Begrüßung mit Wasserbomben beworfen (von denen es bei dem Wetter ruhig mehr hätte geben können, auch für demointerne Auseinandersezungen), fuhren kurz vorweg um kurz darauf zu versuchen die Demo zu blockieren. Ein dritter hatte sich hinter die Demo gesetzt. Die Blockade wurde einfach um/übergangen und die Streifenwagen mußte sich erst einmal seinen Weg aus der Menge der Demo bahnen. Danach war erstmal Verkehr regeln angesagt. Am Dammtorbahnhof die nächste Pause. Die ersten Riot-Cops und die verzweifelte Suche nach einem Verantwortlichen. Einige Leute sprachen auch mit der Polizei, es sollte weiter Richtung Gänsemarkt gehen. Auf eine Positive Antwort der Polizei wurde nicht lange gewartet. 10, 9, 8, ... und die Demo ging durch die aufgestellten Cops durch und auch die heranrasenden drei weiteren Six-Packs konnten die Demo nicht aufhalten. Auf dem Stephansplatz Verwirrung in der Demo. Einige wollten durch die Leere Straße Richtung Alster, statt in die City. Hier wurde es sogar der Polizei zu nervig. Aus einem Lautsprecher wurde aufgefordert sich doch endlich zu entscheiden. Es ging weiter zum Gänsemarkt. Dort tauchten erst wieder die Riot-Cops auf. sie hatten den Weg Richtung City/Rathausmarkt gesperrt. Statt auf dem Gänsemarkt zu enden zog die Demo bis an die Polizeisperre und forderte durchgelassen zu werden. Nach einigen Verhandlungen und dem Eintreffen weiterer Einsatzkräfte willigte die Polizei ein und die Demo durfte über den Jungfernstieg weiter bis zur Reesedammbrücke. Dort löste sich nach einer kurzen Abschlußkundgebung die Demo auf. Leider herrschte auf der Demo ein hoher Schwund. Von Anfangs über 1000 waren am Dammtor noch 500 und zum Schluß um die 250 übrig. Die Stimmung war die ganze Zeit über kämpferisch, entschlossen und gut. In der City und um das Rathaus waren inzwischen relativ viele Beamte zusammengezogen. Ob wegen der Studenten oder wegen der Beamtendemo, zu der die Studentendemo nicht weiter gehen durfte, weiß ich nicht. Ein Sturm auf das Parlament wie in Düsseldorf fand nicht statt.
20 weitere Fotos von Heute
weiterer Bericht von der Demo
Kurzbericht vom Anfang

Hier in Hamburg ist noch lange nicht Schluß.
Solidarische Grüße nach NRW!


Pferdestall (oben) und PI sind blockiert.

Die Musik dröhnt, die Sonne brennt, perfekter Halt - Studenten sind taff.

Unser Campus soll schöner werden.

Oben: Wie lassen uns nicht aufhalten.
Mitte: Schwer zu erkennen, aber der Streifwagen fährt "solidarisch" in der Demo mit.
Unten: Auf der Kreuzung vor dem Dammtorbahnhof


Durch die versammelte Polizei durch und weiter Richtung Gänsemarkt.

Blockade am Gänsemarkt.

"Ist es mit der Bildung aus, plündern wir das ...!" (Karstadt).


Kleine Ergänzung:

Nach dem Ende der Demo kam der Einsatzleiter zu einem der Menschen, die mit ihm geredet hatten. Wenn sie das nächste Mal eine Spontandemo machen sollten sie sich doch einfach kurz bei der Polizei melden. Dann wird das alles viel einfacher und es entstehen weniger Konflikte, usw.
Angeblich durften die Studis wegen einer Beamtendemo nicht auf der Rathausmarkt. Laut Presse endete deren Demo mit 2000 Teilnehmern auf dem Gänsemarkt, wo eben die Polizei versuchte die Studis festzusetzten. Sollte da ein Zusammentreffen mit möglicher Solidarisierung verhindert werden?

Chaotenpack - geht doch arbeiten!
Demonstrieren in Uniform?
Mögliche Bündnispartner?
Die Demo der Beamten in der Mönckebergstraße
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Ergänzungen

Medienecho

Studi 19.06.2002 - 00:37
Erstmals wird auch in den Medien über die Proteste berichtet. Wahrscheinlich ist doch zu viel passiert, als daß das DDR-Fernsehen-mässige Totschweigen weiterhin seriös gekommen wäre.
Hier mal was aus der Tagesschau über die Proteste in NRW.
(Hamburg wird aber nachwievor totgeschwiegen (von der Lokalpresse mal abgesehen). Zusammen mit der sehr netten Polizeireaktion heute wollen auch sie hier versuchen, den Protest ins Leere laufen zu lassen. Mal sehen, wer den längeren Atem hat)

Tagesschau-Text:

"...
Vor dem Düsseldorfer Landtag eskalierten unterdessen die wütenden
Proteste der Studenten. Bis zu 3.000 Demonstranten aus allen Teilen des
Landes waren zum Parlament gezogen. Ein Teil durchbrach sogar die
Bannbeile, versuchte, das Gebäude zu stürmen und blockierte danach
den Eingang. Dieser wurde von einer Polizeikette geschützt. Die Beamten
stellten die Personalien von 21 Demonstranten fest, die in die
Sicherheitsschleuse des Landtags eingedrungen waren. Seit gut zwei
Wochen gibt es an allen Hochschulstandorten an Rhein und Ruhr
Protestaktionen, Demonstrationen und Streiks der Studenten."

Warnstreik??

gerd 19.06.2002 - 14:11
WEN? wollt Ihr WOVOR? WARNEN??? Kann das mal wer erklären!?

Erklärung

erika 19.06.2002 - 16:30
Lieber Gerd,

gewarnt wird vor ....

Studiengebühren für Studierende

Entdemokratisierung der Uni

Viele Grüße

Deine Erika


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