Der Knastaufstand in "Quatre Camins" dauert an

Gruppe Irrintzi 31.05.2002 20:44 Themen: Repression
Der Widerstand der Gefangenen von "Quatre Camins" hält auch weiterhin an. Am Donnerstagabend, Stunden nach dem Aufstand, an dem sich mehr als 150 Gefangene beteiligten, und der mit 11 Schwerverletzten und schweren Riots im Knast endete, gab es gestern Abend wieder eine Aktion...´
Der Knastaufstand in "Quatre Camins" dauert an


Der Widerstand der Gefangenen von "Quatre Camins" hält auch weiterhin an. Am Donnerstagabend, Stunden nach dem Aufstand, an dem sich mehr als 150 Gefangene beteiligten, und der mit 11 Schwerverletzten und schweren Riots im Knast endete, gab es gestern Abend wieder eine Aktion...´

Gegen 20:00 Uhr haben 6 Gefangen aus dem Modul 3 von Quatre Camins ihren Hofgang genutzt, um zusammen auf das Dach des Knasts zu steigen. Dafür mussten sie 2 Beamte k.o.-schlagen. Die Justizbehörde behauptet, das diese Revolte nur "aus persönlichen Gründen" stattfand und nichts mit den Vorgängen der beiden Vortage zu tun hatte.

Die offizielle Version zum Bulleneinsatz von Mittwoch Abend ist, das 50 Knastis sich auf dem Dach befanden und mit Steinen, Stangen usw. "bewaffnet" waren. Die Bullen waren effektiv und schnell und haben "nur" 11 Verletzte verursacht - ein glimpflicher Ausgang angesichts der Tatsache, daß gegen die Gefangenen massiv mit Gummigeschossen und Knüppeln vorgegangen wurde.


Die Zuständigen mußten gebenüber der Presse eingestehen, das alle Knäste Kataloniens massiv überfüllt sind... Im Knast "Quatre Camins"
sitzen derzeit 250 Menschen mehr als ursprünglich beim Bau vorgesehen.

Der Justizminister Kataloniens (CiU) wies gegenüber der Presse alle Schuld von sich und betonte, das durch das neue Knastgesetz der PP-Regierung keine Begünstigungen - wie z.B. Verkürzung der Haftzeiten - möglich seien, und dadurch der Überfüllung der Knäste vorschub geleistet werde. Die Partido Popular kommentierte den Knastaufstand zynisch mit der Anmerkung, daß die Überfüllung der Knäste ihre Ursache "in der guten Polizeiarbeit" habe.


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Am Mittwoch, den 29. Mai, gegen 22.30 Uhr haben die katalanischen Autonomiebullen den Knast "Quatre Camins" zum ersten Mal seit Aufnahme des Widerstands angegriffen, um die Proteste der Gefangenen zu brechen. Im Folgenden findet Ihr die Übersetzung einer Stellungnahme von Mittwoch, die den Forderungskatalog umfaßt:

"MASSIVER PROTEST IN DEM KNAST QUATRE CAMINS - 250 KNASTIS MACHEN ARBEITSSTREIK - DER BEREICH 1 IST STILLGELEGT


Am Dienstag, den 28. Mai um 10.00 Uhr vormittags haben fast alle Gefangenen vom Bereich 1 (modulo 1) eine Protestaktion gestartet, um ihren 12 aufgestellten Forderungen nachdruck zu verleihen. Die Protestaktion bestand in einem fristlosen Streik, d.h. Verweigerung der eingeforderten Knastarbeit. Die Beteiligung war sehr groß, da sich sogar Knastis mit Freigang daran beteiligt haben - trotz des Risikos, diesen zu verlieren. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, weil es seit 1993 im spanischen Staat keine so massive Beiteiligung in nur einem Knast gegeben hat...

Der Streik, der als Streik "der gefallenen Armen" bezeichnet wird, basiert darauf, einen passiven Widerstand zu leisten. Die Gefangenen weigern sich, sich an jeglichen Tätigkeiten zu beteiligen.
Es wurde ein Streikkomitee gegründet, welches damit gedroht hat, sich den Aufforderungen der Schließer zu widersetzen, und gegebenenfalls sogar in einen Hungerstreik zu treten, sollte die Repression gegen den passiven Widerstand erhöht werden.


Einige der 12 Forderungen des Knastreiks:

Weg mit dem verdeckten FIES (nach dem Art. 93 des Knastgesetz). Die Gefangenen befürchten, daß die Baumaßnahmen, die im Modul 5 durchgeführt werden, dazu dienen sollen, ein FIES-Modul für 80 Personen zu bauen.

Freilassung der Gefangenen mit unheilbaren Krankheiten (Umsetzung Art. 60 des alten Strafgesetzes)

Bessere Hygiene und Gesundheitsbedingungen innerhalb des Knastes.

Eine gerechte Bezahlung für die geleistete Arbeit.

Ende mit dem Belohnungssystem und mit dem SAM System, der den Gefangenen dazu motiviert, schleimige Aktionen zu machen wie Verrat, Anschuldigungen... gegen anderen Knastis und dazu bringt, zu kolaborieren.

Schuß mit Mißhandlungen und Folter. Abschaffung der Handschellen innerhalb des Knastes.

Schluß mit "Spezialbehandlungen". Diese basieren darin, Knastis, die unter dem Verdacht stehen auszubrechen, zu verbieten zum Sportplatz, zur Werkstatt oder zum offenen Bereich zu gehen.

Bessere Essensqualität.

Kein Massenknast.



Die Situation im Modul 1 ist sehr gespannt und besorgniserregend. Der Hof ist voll Müll, und die Gefangenen weigern sich zu putzen. Am Dienstag mußten die Wärter das Essen verteilen, weil sich die Knastis geweigert haben. Zum Schluß lagen die Teller und Essensreste überall im Speiseraum zerstreut, da die Gefangenen sich weigerten, aufzuräumen. Der Müll wird größer und die Hygienebedingungen schlecher.
Am Mittwoch gab es eine Versammlung zwischen dem Streikkommitee und dem Direktor und Subdirektor der Knastanstalten Kataloniens, wobei deutlich wurde, daß diese nur die knastinternen Probleme ansprechen wollen. Deswegen hat das Streikkommitee verlangt, daß der Justizminister von Katalonien und einige Vermittler anwesend sind. Sie fordern auch, daß das Rote Kreuz als Beobachter kommt, wegen der Verschlechterung des Hygienezustandes.
Das Streikkomitee hat Angst vor repressiven Maßnahmen, wie z. B. der Verhängung von Besuchsverboten. Oder daß einige Knastis zwangsverlegt werden, um den Streik zu brechen. "
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Ergänzungen

Spanien goes Türkei?

Who 31.05.2002 - 21:51
Irgendwie krass: Ich dachte zuerst das wäre ein Artikel über die Türkei, bis ich Gruppe Irrintzi gelesen hab. Knastaufstände, krasse Repression, Verbot von Zeitungen, Parteien - das ist irgendwie nicht mehr das was uns als westliche Demokratie verkauft wurde. Spanien wird wohl nicht das einzige Land Europas bleiben, in dem türkische Verhältnisse einziehen werden. Wenn man die Reden Politiker hört, scheint das wohl das Gesellschaftsmodell für die EU zu sein.
Heute gabs in Italien übrigens landesweite Razzien bei Gewerkschaftern wegen irgendwelchen abgefahrenen Paragraphen und Deutschland tauch einmal mehr im Berich von amnesty international auf....

FRAGE

evv 31.05.2002 - 23:22
was ist denn ein FIES modul?

danke für etwaige antworten.

Antwort auf Frage nach FIES

Gruppe Irrintzi 31.05.2002 - 23:33
FIES steht für "Ficheros Internos de Especial Seguimiento".
Mit FIES hat sich der spanische Staat an seiner eigenen Verfassung vorbei ein Instrument geschaffen, um die Rechte der Häftlinge willkürlich stark einschränken zu können. Die Kategorie FIES-3 gilt für "bewaffnete Kämpfer und
Terroristen". In den letzten Jahren sind kriminalisierte AktivistInnen verschiedenster sozialer Bewegungen in diese
einsortiert. Alles, was FIES-Häftlinge betrifft, läuft durch deren Personalakte bei den Madrider Verfassungsschützern.
Die Häftlinge dürfen unbürokratisch nur von Familienangehörigen ersten Grades sowie einer Person besucht werden,die als LebensgefährtIn bestimmt wird. Alle anderen Leute müssen einen Besuch schriftlich beantragen, müssen sehr lange auf den Bescheid warten und werden einer Überprüfung durch die Sicherheitsbehörden unterzogen - stehen automatisch unter Beobachtung als "UnterstützerInnen eines Terroristen".
FIES bedeutet Isolationshaft bei einer Stunde Hofgang, höchstens einmal täglich. Viele müssen für 17 Euro im Monat
täglich 6 Stunden arbeiten. Tabak, Geld, Post und Besuchszeiten werden willkürlich dosiert und nur bei "guter
Führung" überhaupt gewährt.

spain doesn't become turkey (@ who)

maria 01.06.2002 - 13:41
Spanien hat nicht zuviel geaendert in letzten Jahre. Es war einfach immer so.
Das Problem ist, dass hier fast keine Information gibt.

Selber viele "Linker" wollen lieber bei uns ein froehliches Urlaubsland finden. Mehrere (besonders Leute, die Spanischkurse besuchen und Romanistik StudentInnen) werden sehr agressiv (mindestens hier in Hamburg), wenn eine das sagt. Deutsche Antinationalen mit einer hoch entwickelten spanischen nationalistischen Identitate.

Folter gibt es seit immer. Totenschwadronen sind mehere mal in letzten Jahre gewesen.
Was jetzt passierte war nicht der erste Aufstand in der Modelo, und es wird auch nicht der letzte sein.
Rassismus (vom Staat und Bevoelkerung) ist altaegliches Brot.

Das ist Spanien.


Danke für den Kommentar, maria!

Who 01.06.2002 - 16:54
Wieder mal ein Punkt mehr, wie die Medien die Wahrnehmung bestimmen und inwieweit alternative Medien von Bedeutung sind. Interessant dabei ist, daß es Gegegnöffentlichkeit schon lange gibt, aber erst das basisdemokratische Konzept von Indy rückt das Bild wirklich wieder ein bischen in eine andere Richtung. Irgendwie wusste ich das mit Spanien und Franco usw., aber konkreter erst seit Indy.

gefängnisse= Instrumente der Herrschenden

Sezen 06.06.2002 - 19:48
Die Herrschende haben seit dem die Menschen in Klassengesellschaften leben, diejenigen, die sich dem System nicht fügten, in die Kerker gesteckt..das hat sich in unsrem Zeit auch nicht geändert. Zwar haben sie die Bauweise und die Haftform; aber im Grunde ist das Ziel immer noch diesen Menschen zu "rehabilitieren", wenn dies nicht geht vernichten!
Ob Spanien, Italien, USA oder die Türkei, die Bedingungen in den Knästen sind menschenunwürdig!
Die Forderungen der Gefangenen sind überall fast die gleichen, wenn schon ihnen die Freiheit geraubt wird,dann sollte ihnen ihre Würde als Mensch erhalten bleiben!
Unterstützen wir die Gefangenen in ihrem Kampf um ihre Rechte!