Hybridvideotracks und Ligna-Radioballett in Hamburg (mit Bildern - Ladezeit!)

the artist fomerly known as ... 06.05.2002 03:03 Themen: Kultur
Am ersten Mai-Wochenende waren Hybridvideotracks aus Berlin zu Gast in der Hamburger Kunsthalle (Galerie der Gegenwart).
In diesem Rahmen gab es Videoinstalationen, Vorträge, eine Podiumsdiskussion und ein vom Freien Sender Kombinat (FSK) übertragenes Radioballett am/im Hauptbahnhof und in der ganzen Stadt. Zusätzlich übertrug FSK mit einem Raummikro die Nachtklänge in der geschlossenen Kunsthalle und die abschließende Diskussion.
Alle Veranstaltungen hab ich nicht besucht, deswegen nur Berichte von einigen:

"fünfundvierzig minuten straßenschlacht, ungeschnitten" - performancehafter Multimediavortrag zur Geschichte einer politischen Medienarbeit mit Video (aus der Ankündigung)
Die Veranstaltung lief Samstagnachmittag über drei Stunden. Die Zeit reichte am Ende nicht und es mußte einiges weggelassen werden, damit niemand vom Hausmeister eingeschlossen würde. Anhand von vielen Video- und Textzitaten wurde ein Überblick über 30 Jahre politische Videoarbeit in der BRD gegeben.
Angefangen von künstlerisch, soziologisch und sozialpädagogisch inspirierter Studenten Ende der 60er / Anfang der 70er Jahre; DFFB in ?? (hät mir doch Notizen machen sollen, dann wüßte ich auch noch wofür DFFB die Abkürzung war), Medienpädagogisches Zentrum (MPZ) in Hamburg.
Ende der 70er / Anfang der 80er kamen die Bewegungsfilmer; Hausbesetzerfernsehen, Hausräumungen, Straßenschlachten aus der Ich- und anderen Perspektiven.
Das Ende der 80er und die 90er gingen etwas im Zeitmangel unter, deswegen kann ich da nicht viel zu sagen.
Einige der Videos haben auf jeden Fall Lust auf mehr gemacht!


Offensives Radiohören --- Ist das Plakat eine Drohung der Hamburger Autonomen Szene?
Ligna-RadioballettSchon morgens began auf UKW 93,0 mhz die Vorberichterstattung für das Radioballett. Zwei Teams waren schon im Hauptbahnhof unterwegs und berichteten Live von den gefährlichen Orten.
Das Radioballett war Gedacht als zerstreute Öffentlichkeit. Als individuelle Zurückgewinnung des öffentlichen Raumes. Es sollten bewußt Gesten gemacht werden, die üblicherweise zum Ausschluß aus der Öffentlichkeit des Hautbahnhofs führen: Hand aufhalten (betteln), sich hinsetzen (rumlungern).
Ab 14 Uhr wurden über das Radio Anweisungen für das Ballett gesendet. Im ganzen Hauptbahnhof (Nord- und Südsteg, auf den Bahnsteigen und in der Wandelhalle) dürften fast 200 Leute unterwegs gewesen sein. Nach anfänglichem Zögern beteiligten sich auch die meisten.
Passanten wurden teilweise schon dadurch auf die Leute aufmerksam, weil aus einer Vierergruppe vier Radioantennne ragten. ("Die hören da doch was.") Auch die Gesten sorgten für Aufmerksamkeit. Da taten plötzlich Leute um einen herum und auchviel weiter weg zwischen denen Augenscheinlich keine Verbindung bestand das Gleiche: sich auf eine Plastiktüte setzten, mit einem rotem Tuch winken, Arme ausstrecken, Tanzen, sich drehen, Schuhe zubinden,..... Auf den Fotos kommt das nicht so gut rüber. Hoffentlich gibt es mal eins der vielen Videos, die gemacht wurden, zu sehen.
Nach einer Dreiviertelstunde unter der Beoabachtung diversen Sicherheitsfaktoren endete das Ballett ohne Zwischenfälle mit lautem gegenseitigem Applaus, der sehr laut durch die Bahnhofshalle tönte.


Wer hört Radio? Wer Walkman? Wer macht Ballett? Wer bewegt sich nur einfach so? Fragen über Fragen für die Hüter der Ordnung.

Plötzlich saßen überall Leute. In der Wandelhalle und auf einem Bahnsteig.

Und noch mehr Leute sitzen auf Bahnsteigen

Da drehen sich ja überall Leute mit ausgestreckten Armen

Eine kleine Uniformkunde: Polizei und BGS kennt jeder; die mit den roten Mützen sind von der BahnSchutzGesellschaft und seit einiger Zeit mit Mehrzweck-Einsatzstöcken (Tonfas) ausgerüstet, aber auch sie haben nicht immer einen Plan; der mit der blauen Mütze gehört zum Sicherheitsdienst der Wandelhalle; der Kollege neben ihm ist der privat Sicherheitsmann des Drogeriemarktes. Und auch die Sauberkeit darf nicht zu kurz kommen.

Zu ihrer eigenen Sicherheit und um die Qualität unseres Service zu verbessern, wird dieser Bahnhof rund um die Uhr kameraüberwacht.

Viel zu Viele Schilder

"Formierte Öffentlichkeit?" - Diskussionsveranstaltung über die strukturelle Militarisierbarkeit der Medien und die Formierung von Öffentlichkeit in militärischen Konfliktsituationen
Der erste Gedanke beim Betreten des Raumes war: "Oh, nein! Nicht schon wieder diese Stühle, die für keine meiner Sitzhaltungen geeignet sind." Die waren schon am Samstag so unbequem.
Einleitung von der Moderatorin Katja Diefenbach. Vortrag von Elvira Claßen über Medien und Krieg (Golfkrieg bis Afghanistan). Anschließend berichtete Christoph Hörstel, der selber vor kurzem als Journalist in Afghanistan war. Es folgte ein interessanter Vortrag eines Menschen (dessen Name und Funktion ich vergessen hab. Nächstes Mal echt Notizen machen. Aber er steht auch nicht auf den Flyern) über die sich ändernde Darstellungen in Kriegsfilmen. Zum Schluß bekam ein Mensch von Indymedia das Wort zum Thema Gegenöffentlichkeit, natürlich am Beispiel Indymedias. Eine Stunde Zeit war zum Schluß noch für die offenen Diskussion geblieben.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Danke für den Bericht

Ideensammler 06.05.2002 - 03:45
Das Ballett dürfte denen echt Angst gemacht haben. Denn es lässt erahnen, was möglich ist, wenn ein bischen Fantasie dabei ist. Feine Sache! Demnächst kommt übrigens Bush nach Berlin.

Danke, aber ...

Herr Rossi 06.05.2002 - 13:05
... es macht vermutlich Sinn, für zwei verschiedene Veranstaltungen zwei verschiedene Berichte zu machen. Trotzdem cooler Bericht.

haste recht rossi

tafka... 06.05.2002 - 15:38
zwei berichte wären schon besser gewesen, aber dafür reichte meine kraft nicht mehr. aber es kann ja jede/r noch einen eigenen bericht verfassen. ich hab ja bestimmt auch nicht alles mitbekommen.

COOLE AKTION

SKA 06.05.2002 - 22:38
Da muss ich einfach ma sagen eine richtig coole Aktion.
Ich kann mir vorstellen das dass für viel verwirrung gesorgt haben muss, was auch cool war das so viele Leute mitgemacht haben.

Solche aktionen muss es öfter geben und überall

Artikel zum Radioballett

Hörbert 24.06.2002 - 20:48
Einen ebenfalls sehr interessanten Artikel zum Radioballett habe ich bei glizz.net gelesen:  http://www.glizz.net/artikel/artikel_12.php

Ligna in Leipzig

Nils 24.06.2003 - 12:47
Letzen Sonntag (22.06.2003) fand die ganze Aktion im Hauptbahnhof Leipzig statt. Es waren zwischen 300 und 500 Leute da.
Der Effekt auf Ordnungshüter und Bahnnutzer war wohl ein ähnlicher wie in Hamburg. Ein schöner Beweis dafür, dass nichtbestimmungsgemäßes Verhalten nicht existiert - vor allem wenn einem "dei Anderen" definieren wollen, was bestimmungsgemäßes Verhalten ist.