München mal subjektiv

MucklPu 10.03.2002 03:50 Themen: Militarismus
Untrotzde:SMASH NATO!!!München: alles wunderbar? Ein Erfolg? Oder doch nur an Staatsmachtrepressionen gescheitert? Mal schauen, vielleicht kann ich die Fragen beantworten.
Also, um mal was klarzustellen: die Nato gehört, genauso wie alle anderen Armeen und Kriegsbündnisse abgeschafft. Sie ist ein Bündnis der größten (und reichsten) Industrienationen und dient heute ausschließlich zur Verteidigung des "westlichen Wohlstandes" und der "westlichen Werte" (wer oder was auch immer das ist). Also ist doch so eine Sicherheitkonferenz der ideale Zeitpunkt um zu zeigen das es Widerstand linx von den grünen gibt und das dieser trotz Lügen vom »humanitären Kriegseinsatz«.


Freitag, 1. Februar 2002:

Wir kommen am Bahnhof in München an und das erste was wir sehen ist ein Haufen Grünfracks und ein frisch kontrolliertes Wesen, welches verdächtigst nach »Zecke« aussieht und wie sich dann herausstellt auch eine ist. Das Wesen stößt dann, weil alleine, zu uns. Wir fahren erstmal zur Pennplatzbörse und hier werden wir dann zum ersten mal, das Wesen zum zweiten mal kontrolliert. Wir lassen uns lang und breit erklären warum wir jetzt unsere Papiere rausrücken sollen und warum wir überhaupt kontrolliert werden. Auch so etwas erhöht den Spaßfaktor deutlich. Wir bekommen dann schnell unsere Pennplätze und verabreden uns mit dem Pennplatzmenschen am Marienplatz, wo sowieso die (verbotene) Kundgebung stattfinden soll. Die Kundgebung haben wir dann nicht mehr mitbekommen, weil wir erst zum Pennplatz gefahren sind um unser Gepäck loszuwerden. Als wir dann wieder nach München rein gefahren sind wurde uns vom einigen Antifa[M]-Poserautonomen im Infoladen, am Infotelefon und in der Pennplatzbörse gesagt, es hätten keinen Sinn auf den Marienplatz zu gehen, da dort gerade abgeräumt werden würde. Das war allerdings so unwahr. Die Info´s die Mensch (wenn überhaupt) war teilweise ungut und veraltet.


Samstag, 2. Februar 2002:

Die eigentlich interessanteste Veranstaltung fällt ins Wasser, der »Carnival against Nato«, eine Pink-Silver Action. Pink-Silver ist eine Widerstandsform die aus der Queer-Szene Englands stammt und die darauf abzielt, antigeschlechtliches, kreatives Auftreten, Geschlechter zu dekonstruktivieren und fantasievoll Inhalte zu vermitteln. Die AkteurInnen zeichnen sich durch bunte (pink und silberne) Kleidung auf und wollen durch karnevalistische Ausdrucksformen zeigen, das Protest auch Spass macht. Erste größere Pink-Silver-Actions fanden in Prag, anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels statt. Wie gesagt, durch starke Repression im Vorfeld (Carnival wurde verboten) und wärend der Sicherheitkonferenz schaffte es die Staatsmacht den Karneval zu verhindern. Dann um 12:00h die Demo auf dem Marienplatz. Jetzt wurde es langsam nervig: die Grünfracks nahmen Menschen fest, die sich auf den entblößten Oberkörper „Gegen Nato" geschrieben hatten fest. Bei einer Personalienfeststellung hat mich einer von ihnen etwas härter anfassen müssen, so das ich davon einen blauen Fleck davontrug. Und das war noch vor der eigentlichen Demonstration. Wärend der Demo auf dem Marienplatz fanden noch einige witzige Aktionen des Direct-Action-Netzwerks »Hoppetosse« statt (www.hoppetosse.net). Nach und nach versammelte sich die Menge an DemonstrantInnen auf dem Marienplatz. Die Polizei gab dann die brühmten drei Aufrufe und dann fingen sie an die Demonstration von der „roten Zone" dem Hotel »Bayrischer Hof«wegzuschieben. Erst versuchten sie es mit einem Keil in die Demo. Das misslang aber, da die Menschen entschlossen auftraten und dies zu verhindern wussten.

Die Polizei schob uns dann an einer Kreuzung vorbei, wo Räumpanzer und Wasserwerfer standen, vesperrte uns dann den Weg und kesselte einige Schwarzkappen ein. Das Problem für die Grünfracks war allerdings, dass auch sie sofort umzingelt waren und dem »black bloc« somit nix tun konnten.

Einige versuchten dann die Bullensperre in Richtung Tagungsgebäude zu durchbrechen, scheiterten allerdings an mangelnder Unterstützung. Das muss besser werden, wenn wir solche Konferenzen ernsthaft stören oder gar platzen lassen wollen, v.a. Im Hinblick auf das Atomforum vom 13. - 16. Mai in Stuttgart (siehe S. 13).

So jetzt mal wieder zurück zum Thema: daraufhin setzten die Grünfracks Pfefferspray („die bayrische Art hinzulangen") ein. Pfefferspray ist ein schnell wirkendes Mittelchen, das normalerweise als Selbstverteidigungspray gegen Hunde eingsetzt wird und zu massiv tränenden Augen, bei AstmatikerInnen sogar zu Atemnot führt. Kurze Zeit später machte „unser Freund und Helfer" den Kessel endgültig dicht. Ich bin praktischerweise noch rausgekommen. Allerdings wäre ich dringewesen, wäre das ebenso halb so schlimm, denn der Kessel der brandenburgischen Spezialeinheit wurde kurze Zeit später seiner Aufgabe enthoben, da DemonstrantInnen den Kessel durchbrache und eine nicht wieder schließbare Lücke in die Pack-Mauer rissen. Jetzt hieß es durch die Stadt ohne Kontrolle, unterwegs gingen dann noch einige Polizeiautos an Arsch. Das war auch die einzige „Gewalt" in München. Zu diesem Zeitpunkt war es so ca. 15:00h und Zeit zu Mama und Papa heimzufahren.

Am münchener Hbf wurden dann alle italienischen Züge von netten »kleinen GärtnerInnen« empfangen (Tute Bianche, !Ya Basta!, höhöhöhöhöhö).

Wie mensch im Nachhinein erfahren konnte, hetzte der Verfassungschutz den münchener Oberbürgermeister Ude gegen die DemonstrantInnen auf. Trotzdem ist Ude kein Unschuldslamm, sondern eine »fette Weißwurst mit süßem Senf«, denn wer hat die Demos denn verboten? Also alles in allem eine der Demos wo ich sagen kann das das Verhalten der DemonstrantInnen verhältnissmäßig gut war. Trotzdem, einmal stand die ganze Demo 50m vom Tagungsgebäude entfernt, ca. 15 Wesen zählen von zehn herunter und rennen los, kaum einer rennt los. Die deutsche Linke als Sofa-Sessel-Pfurzer-Revoluzzer?


Bilder gibt´s unter  http://www.wikoop.de.vu
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Ergänzungen

mal was über pink silver

pinkie 11.03.2002 - 18:33
übrigens: in Prag hat nicht der Weltwirtschaftsforum stattgefunden sondern die Tagung der Weltbank und des IWFs, das war im Sept 2000.

Pink silver kam nicht aus der Queer szene Englands, aber hat sich zum grössten Teil vor Ort in Prag ergeben. Die einzigen die etwas "pink silveriges" vorbereitet hatten, war eine Bezugsgruppe die sich nach ihrer Aktionsform nannten "tactical frivolity". Sie hatten diese pink costüme vorbreitet mit den grossen Federn. Auch die pink silver Fahne (mit dem Reclaim the Streets Muster) hatten sie dabei. Tactical Frivolity steht der Samba Band nahe, sowie verschiedenen Earth First! Leute und dem Reclaim the Streets London Spektrum. Diese Menschen hatten auch einiges vorbereitet.
Als im Konvergenzzentrum sich die verschiedenen Läufe (mit den jeweiligen Farben ergeben haben), hatten die Bezugsgruppen die die südliche Route nehmen wollten, vorgeschlagen diese Route pink silver zu kennzeichnen, weil tactical frivolity einfach erkennbar sein würde. Darauf hin haben sich viele andere die an diesem Lauf teilnehmen wollten pink silver gekleidet. Die EngländerInnen haben Material tatsächlich auch mitgebracht gehabt und vor Ort welches besorgt. In 24 h hatten alle sich irgendwie pink silver Kleidung, Fahne oder sonstiges besorgt.

Das politische Selbstverständnis war damals nicht aufgeschrieben worden, aber es war klar dass die karneval Stimmung aufrecht erhalten werden sollte, das wir alle in Bezugsgruppen organisiert waren, es gab eine vereinbarte Kommunikationsstruktur und wir wollten nicht nach der Gewalt/Gewaltfreien Trennung arbeiten, sondern immer erst tactical frivolity probieren und wenns zur militanten Auseinandersetzung kommen sollte, waren einige bereit die Polizei auch so zurückdrängen zu wollen. Ganz vorne lief auch ein ehre militant bereiteter Block mit dem "Samba!" Transpi. Viele waren in diesem Lauf mit Gasmasken ausgestattet.

Queers usw haben sich mit der Aktionsform identifiziert. Pink silver ist ja auch nix statisches.

In Genua wurde mehr inhaltlich geredet und auch ein kurzes Flugi verfasst, was ja von den Leuten die nach München aufgerufen haben zum Teil übernommen wurde (siehe website).

rythms of resistance hat sich erst nach Prag unter der Form gebildet.


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