Flugblatttext Anti-Christentums-Aktion

Beteiligte Hoppetossistas 25.12.2001 13:02
Hier folgt der Text des Flugblattes, das während der Aktionen in den Kirchen verteilt wurde. Wäre nett, wenn die Menschen, die meinten, die Sünden der Kirche lägen 3 Millionen Jahre zurück oder die Befreiungstheologie sei irgendwie der Durchschnitt und die Blutspur die Ausnahme auf die konkreten Punkte argumentativ eingingen.

Auch das Flugblatt ist nur eine stark einschränkende Auswahl. Aber leider paßte unsere auch noch zusammengestellte Liste aller Scheiße der Kirche nicht durch die Eingangstür (Papierrolle mit 22 Meter Durchmesser).

Der Redetext selbst mußte so kurz sein, daß er zwischen unserer Ankunft und missionarischer Selbstverteidigung paßte. Alle, die meinten, wir selbst wollten jetzt Jesus sein, haben wohl nicht einmal die ersten vier Worte gelesen.
Ich bin nicht Jesus, ich bin das Leben.
Seit 2000 Jahren handelt Ihr in meinem Namen:

- Ihr habt mich verbrannt, zu Hunderttausenden, auf Scheiterhaufen, als Volksfeste. "Hexe" und "Ketzer" habt Ihr mich genannt.

Menschen wurden wegen ihres Wissens als "Hexen" und "Ketzer" gebrandmarkt, grausam gefoltert, ertränkt oder verbrannt. Ihr Wissen stand der Allmacht der Kirche im Weg, zum Beispiel untergruben die Erkenntnisse über Verhütung die Legende der natürlichen Fruchtbarkeit von Frauen und die Verteufelung der sexuellen Lust.


- Ihr habt weggeschaut, als ich vergast wurde. Ihr habt die Mörder gesegnet und auch den geistigen Nährboden bereitet. Ihr habt die Verträge mit den Nazis geschlossen. Und Ihr wart selbst die Mörder in den Konzentrationslagern.

Die Kirchen haben von den Greueln der Nazis nicht nur gewußt, sie haben verhandelt und Verträge geschlossen - die Kirche durfte bleiben, weil sie dem Schweigen zustimmte. Die wenigen christlichen WiderständlerInnen, die heute immer wieder genannt werden, waren Ausnahmen und vertuschen, daß die Kirchen und Millionen ChristInnen in Deutschland und anderen Ländern an der Vernichtung und Vertreibung mitgewirkt haben.
Und sie haben immer wieder den geistigen Nährboden bereitet. So wie es die Kolonialpolitik ohne brutale Missionierung in dieser Form nicht gegeben hätte, ist auch der Antisemitismus nicht ohne christliche Diskussionen und Instiutionen denkbar.

"Wie es unmöglich ist, daß die Aglaster ihr Hüpfen und Getzen läßt, die Schlange ihr Stechen: so wenig läßt der Jüde von seinem Sinn, Christen umzubringen, wo er nur kann." (Tischreden. Erlanger Ausgabe der Werke Luthers, Bd. 62, S. 375)
"Darumb wisse Du, lieber Christ, und Zweifel nichts dran, daß Du, nähest nach dem Teufel, keinen bittern, giftigern, heftigern Feind habest, denn einen rechten Jüden, der mit Ernst ein Jüde sein will." (Luther: Handbuch der Judenfrage, S. 182)
"Wenn ein Dieb zehn Gülden stiehlet, so muß er henken; raubet er auf der Straßen, so ist der Kopf verloren. Aber ein Jüde, wenn er zehn Tunne Goldes stiehlet und raubet durch seinen Wucher, so ist er lieber denn Gott selbs." (Luther: Von den Jüden und ihren Lügen. Erlanger Ausg. Bd. 32. S. 244)
"Summa, ein Jude steckt so voll Abgötterei und Zauberei als neun Kühe Haare haben, das ist unzählig und unendlich, wie der Teufel, ihr Gott, voller Lügen ist." (dito, S. 300)
"Ich will meinen treuen Rat geben.
Erstlich, daß man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, daß kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich..
Zum andern, daß man auch ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre. Denn sie treiben eben dasselbige darin, was sie in ihren Schulen treiben ..." (S. 233-238)
"Denn es gibt viele Schwätzer, Ungehorsame und Schwindler... die aus dem Judentum kommen. Diese Menschen muß man zum Schweigen bringen...es sind abscheuliche und unbelehrbare Menschen, die zu nichts Gutem taugen." (Paulusbrief an Titus 1, Verse 10-16)


- Ihr zwingt mich zur Ehe und zerstört meine Liebe zum gleichen Geschlecht. Erst macht Ihr mich zur Frau, dann macht Ihr mich zur Mutter. Ihr macht mich zum Mann und ich werde mächtig.

Daß fast alle Menschen sich als Mann und Frau empfinden und zu einer Ehe zwischen genau einer Frau und einem Mann streben, kommt nicht von selbst. Es ist die Folge von Erziehung, von Gesetzen, Geld, Medien und Moral. Christliche Moral predigt die Ehe zwischen Mann und Frau als Ziel einer Partnerschaft. Doch tatsächlich wären viele Formen des Lebens möglich: Eine bunte Gesellschaft selbstbestimmter Menschen. Offene Beziehungen, kollektives Leben und Homosexualität werden ausgegrenzt, zu Krankheit oder Verwirrung definiert.
Wer als Mann auf die Welt kommt, wird auch als Mann erzogen und füllt jene Positionen und Rollen aus, von denen Macht ausgeübt wird - ob er will oder nicht. Die patriarchalen Strukturen in Kirchen sind ein deutliches Beispiel. Frauen haben keine oder keine gleichen Entfaltungschancen - selbst dann nicht, wenn sie sich "männlich" verhalten, d.h. Macht auszuüben bereit sind. Von Männern wird das erwartet - sie sind Pastor, Ehemann, Kollege, Vorgesetzter, Parteifunktionär oder Führer eines "zivilisierten" (d.h. meist christlichen) Landes.



- Ihr hat mich getötet auf den Schlachtfeldern Eurer Kreuzzüge. Und Ihr tötet auf den Schlachtfeldern bis heute: in den Weltkriegen, in den Kolonien, im Kosovo, in Afghanistan - Ihr tötet mit Waffen, Ihr tötet mit Geld.

Zwischen 1096 und 1291 fanden auf Betreiben der Päpste sieben Kreuzzüge ins "Heilige Land" Palästina statt, die nach Schätzung des Schriftstellers Hans Wollschläger ("Die bewaffneten Wallfahrten nach Jerusalem") insgesamt 22 Millionen Menschen das Leben kosteten. Bei der Eroberung Jerusalems (1099) wurden etwa 70 000 Juden und Muslime im Blutrausch umgebracht - die gesamte Einwohnerschaft der Stadt. Die noch vor Blut triefenden Ritter gingen anschließend "vor Freude weinend ... hin, um das Grab unseres Erlösers zu verehren, und entledigten sich ihm gegenüber ihrer Dankesschuld" - so ein Augenzeuge ("Die Kreuzzüge in Augenzeugenberichten", dtv-Taschenbuch, 1971, S.101).
Die Kolonialpolitik, die blutige Unterwerfung vieler Länder und Menschen in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika sowie Ozeanien trägt die Handschrift des Christentums - die Missionierung war das zentrale Mittel der Umerziehung und der Legitimierung von Unterdrückung, Folter und Mord. Noch heute koppeln viele Kirchen ihre Hilfsangebote an den christlichen Glauben.
Weltkriege und alle weiteren Kriege wurden durch die Kirche unterstützt, öffentlich, mit Militärseelsorge und kirchlichen Sozialdiensten. Das Gerede vom Frieden auf Erden und das Handeln für den Krieg sind immerwährende Kennzeichnen vieler christlicher Organisationen, Parteien und der meisten Menschen christlichen Glaubens. Auch im Kosovo und jetzt in Afghanistan ist die Kirche im Krieg, sitzen ChristInnen und die christliche Moral in Panzern, Bombern und hinter Maschinengewehren.
Millionen Tote sind Folge von Vertreibung und Ausbeutung. Die Herrschaft des freien Marktes statt Selbstorganisation und Kooperation hat Hunger, Armut, Kriege und Flucht oft erst geschaffen und verstärkt.


Das alles tut Ihr in meinem Namen. Aber ich bin ... das Leben.

Was ist "gut" und "böse"? Seit 2000 Jahren wird weltweit aufgeteilt in "entwickelt" und "unterentwickelt", in "zivilisiert" und "unzivilisiert", "modern" und "rückständig".
"Führungsländer" dominieren vieles, getarnt als "Wertegemeinschaften". Die Teilung in "gut" und "böse" soll verdecken, daß es um Macht, Geld und die Durchsetzung von Leitkulturen geht. Das Leben, die Möglichkeit aller Menschen, sich frei zu entfalten, ist nirgends das Ziel des Handelns. Nicht in den Regierungen, nicht in den Kirchen, nicht im Kleinen.
Christentum ist Macht, Ausbeutung, eine Blutspur von vielen Millionen Menschen. Wie lange noch kann es sich tarnen als "humanitär", "zivilisiert" oder eben ... "christlich"?
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Ergänzungen

Was bis jetzt diskutiert wurde...

Messerjocke 25.12.2001 - 13:26
über diese Aktion, findet ihr unter dem Link. ...... @hoppetossistas: Wenn ich das gewusst hätte,wäre ich doch eher ins Hessenland gefahren zu Weihnachten.

sorry,falscher Link,hier der richtige

Messerjocke 25.12.2001 - 13:35
Link zur Aktion der Hoppetossistas in Giessen zum Weihnachtsfest der Kirchengänger......................

Hallo Hoppetossies,wie siehts denn von der Repressionsseite aus? Werdet ihr jetzt mit Klagen und Anzeigen überhäuft,oder ging die Reaktion der Kirchenherbergsväter doch nicht so weit?

An ihren Taten werdet ihr sie erkennen !

Pedder 25.12.2001 - 15:35
Super, längst überfällige Aktion mein Respekt ist euch sicher. Genau das ist nämlich der Punkt, das diese geistigen Leitlinien mißbraucht wurden. Mißbraucht wie auch Nietsche; Husserl und andere Philosophen immer wieder mißbraucht werden.
Dabei ist mir ,letztens,im Verstand, der Satz "Wissen ist Macht" durch den Kopf gegangen. Dabei hab ich den Spruch am Erleben verglichen und ein beängstigendes Bild ergab sich. Wissen wird gehandelt wie ein Geheimnis es ist zum Kapital der Wissenden über die Unwissenden zurückgeschrumpft. Fast jeder Handwerker,Chef,Wissentschaftler behütet sein Wissen wie einen Schatz, dies erklärt auch die vielen Begriffe( Fachchinesisch) deren Übersetzung sie oft der Lächerlichkeit Preis gibt.
Wissen ist zur Macht des Einen über den Anderen geworden. Ein System welches vom unfreien Mensch lebt.
Das Zeitalter der Aufklärung und des Humanismus hatte diesen Leitsatz anders geprägt und verstanden. Er sollte zur Befreiung führen. Darin ist der Weg , "die Hilfe zur Selbsthilfe", des erklärens, welches eine weitestgehende Unabhängigkeit anstrebt.
Es ist das Ziel einer "Rechten" oder "Linken" welches von einem unterschiedlichen Menschenbild ausgeht.
Derlei genug, was ich damit ausdrücken wollte ist das ich diese Kirchenaktion gut finde wobei ich noch einen Gedanken anhängen möchte über den ich schon lange nachdenke. Ist der Kapitalismus nicht die Weiterentwicklung des römischen Katholizismus sind es nicht die selben Struckturen?
Dadurch das sie Jesus zum Götzen gemacht haben viel es leicht ihn durch Geld zu ersetzen. Die Opferbereitschaft für diesen "Neuen" Götzen ist unvorstellbar.

Repression?

Einige Hoppetossies 25.12.2001 - 15:55
Hinsichtlich Repression zwei Infos/Überlegungen von uns:

Direkte Aktion ist meist weniger repressionsbelastet als die unklaren Verhältnisse in Massenpulks. Einzelne von uns sind immer erkannt worden, z.T mit Namen angesprochen bei Bedrohungen. Darauf zu reagieren, ist eine "Kunst" der Direkten Aktion. Bei einer Kirche haben wir die Aktion erst im zweiten Versuch geschafft, weil wir beim ersten hätten durchbrechen müssen durch eine TürsteherInnen-Linie (die stand da nicht wegen uns, sondern weil grad von hinten irgendwas lief im Gottesdienst). Wir haben dann dafür geplant, beim zweiten Mal klappte es (war aber auch einfacher). Es geht um den Erregungskorridor und das Füllen mit Inhalten, Visionen, Positionen - eben die Vermittlung. Und es geht um einen kreativ-direkten Umgang mit Repression, nicht um die Flucht und Opfermentalität. Wir geben den Menschen, die uns anzeigen wollen, eher unsere Namen und Adressen, verbunden mit dem Wunsch, uns doch bitte anzuzeigen, damit "wir uns nochmal begegnen und diskutieren". Wir haben z.B. besprochen, bei einem Verfahren den Beweisantrag zu stellen, das Stück dort komplett aufführen zu können - wir denken, daß Gericht erkennt besser als einige sesselfurzende Indy-LeserInnen die Inhalte und Ziele der Aktion (was hier in Kommentaren z.T. alles analysiert wurde, ist ja unglaublich, da was Schill ja besser ... bis hin dazu, unsere Aktion "gewalttägig" zu nennen - obwohl niemand von uns gegen Gewalt ist, wenn sie paßt, aber gestern war sie es nicht!). Repression ist eine neue Ebene für Aktion und Vermittlung. "Leider" wissen das auch die StaatsanwältInnen und machen solche Verfahren nicht, die offensiv angegangen werden.

Zum zweiten haben wir in der Nacht ein bißchen "Deutschland-Radio" gespielt und selbst bei Bullerei usw. nachgefragt, daß es da und da eine Aktion gegeben hätte mit Verletzten ... ob es Anzeigen gegeben hätte ... es soll bei der Mitternachtsmette noch heftiger werden ;-) ... naja, so ein bißchen Kommunikationsguerilla halt. Ergebnis: Bislang gibt es keine Vorgänge. Sollten sie noch kommen, werden wir offensiv sein. Schon die Formulierung des Straftatbestands wird ein Gag ohne Ende ...

KREATIVITÄT UND DIREKTE AKTION SIND DAS GEGENGIFT ZUR HIERARCHISCHEN GEWALT!!!

Haha

25.12.2001 - 17:40
Nach Schätzungen des ***Schriftstellers*** Wollschläger, ha! Das ist doch der Joyceübersetzer,he. Warum kämpft ihr gegen das christentum, kämpft lieber gegen Bill Gates. das bringt mehr.

ach ja hoppetossis

mich(A)el 25.12.2001 - 17:47
>> Alle, die meinten, wir selbst wollten jetzt Jesus sein, haben wohl nicht einmal die ersten vier Worte gelesen. >sesselfurzenden Indys<<, die eh niX checken, sogar ne Aktion hinbekommen. Super. Ganz toll. Das die Aktion bestenfalls als "revolutionäres" Rumgepose taugt, niemand überzeugt, nur verärgert statt zum Nachdenken anregt, die Mühe vieler Leute kaputt macht, die Argumentation nicht nur vollkommen undifferenziert, sondern schlichtweg falsch ist(oder ist "DAS Christentum" neuerdings der Hauptwiderspruch, der an allen Übeln der Welt schuld ist?)- wen kümmerst? Hauptsache, ne Aktion. Vielleicht wird ja hoppetosse jetzt viel bekannter und den bösen, intransparenten, autoritären Führungscliquen der gesamten "Restlinken" wird es nun nicht mehr so einfach mit ihren üblen Ausgrenzungen und Verschwörungen gelingen, die Existenz von hoppetosse zu vertuschen ... Wie gesagt: Super. Ganz toll. Wenn so Orga von unten aussieht ...

Gedanken zu Direkter Aktion

Nonni 25.12.2001 - 20:41
Lassen wir die inhaltliche Komponente (die ich im übrigen auch sehr gelungen fand) mal kurz beiseite: Meiner Meinung nach ist direkte Aktion eins unter mehreren Mitteln, mit dem wir uns aus der gesellschaftlichen Isolation und dem typisch linken Frust befreien könnten. Ich würde die Frustration, die sich üblicherweise bei den meisten Linken schon nach wenigen Jahren einstellt, überwiegend auf die völlig fehlenden Perspektiven, fehlende Vermittlung bzw. von den Mainstream-Medien abhängige und die mangelnde "Schlagkraft"/Wirksamkeit von Demos/Aktionen zurückführen. Üblicherweise begibt mensch sich regelmässig auf Demos, brüllt ein paar ewig gleiche Parolen, spielt schwarzer Block, wirft auch mal was oder auch nicht und merkt spätestens nach der fünften Demo, dass das nichts bringt. Wir begeben uns da, wollen wir noch Aufmerksamkeit erregen, in eine Eskalationsspirale, die wir nicht gewinnen werden. Zweitens sind Demos inzwischen zur geduldeten/überhörten Begleitmusik für fast alles geworden, ob Krieg oder Globalisierung. Ich streite ja gar nicht ab, dass es auch ganz geil sein kann, vermummt irgendwo langzurockern. ABER: Wie die Kirchenaktion zeigt, ist DA ziemlich idealtypisch (je nach Durchführung) in der Lage, sowohl unser "Publikum"
einzubinden bzw. aufzuschrecken und auf dieser Grundlage einen Korridor für den Transport unserer Ideen zu schaffen. Wenn wir bspweise mal statt dem McDoof auf ´ner Demo die Scheiben einzuschmeissen mit ´ner Gruppe das Ding besetzen würden, ein Picknick mit Öko-/Fairsachen machen würden, bei dem sich alle Anwesenden kostenlos bedienen könnten...
Da könnte sich Kapitalismuskritik mit McDoof-Schimpfe und positiven Bezügen (Gratisökonomie, die näxtgelegene Food-Coop oder wat auch imma) verbinden.
DA bietet zumindest die MÖGLICHKEIT, unsere gesellschaftl. Isolation zu überwinden, Frust in Handlungsfähigkeit umzuwandeln, eigene Basis-Öffentlichkeitsarbeit zu machen, neue Organisationsformen auszuprobieren und und und. Ansonsten sollten die SkeptikerInnen mal Alternativen aus der Misere aufzeigen oder endlich zugeben, dass sie sich in ihrem Links-sein sehr bequem eingerichtet haben!

Also, warum nicht kreativ werden und ausprobieren?

Argumentatives eingehen ;)

Christ 25.12.2001 - 21:29
Ich halte eure Kritik an "der Kirche" insgesamt für durchaus gerechtfertigt. Inwiefern sie heute noch gesellschaftlich relevant ist, wäre allerdings wohl noch ne andere Frage. Das Kirche und Christen nicht deckungsgleich sind, ist euch hoffentlich klar. Zudem ist so ein Begriff wie "Christentum" höchst uneindeutig und wäre wohl erstmal zu definieren. Wird heute wohl hauptsächlich von erz-konservativen Leuten im Sinne von "abend-ländischer Wertegemeinschaft" und ähnlichem Humbug verwendet.
Zu ein paar einzelnen Punkten:
"Die Kirchen haben von den Greueln der Nazis nicht nur gewußt, sie haben
verhandelt und Verträge geschlossen" Das trifft so nicht zu. Das, was heute die ev. Kirche ist, ist im Wesentlichen aus der "bekennenden Kirche", also der Untergrundkirche im 3. Reich, hervorgegangen, die mit den Nazis eben nicht kooperiert hat.
"Die wenigen christlichen WiderständlerInnen, die heute
immer wieder genannt werden, waren Ausnahmen und vertuschen, daß die
Kirchen und Millionen ChristInnen in Deutschland und anderen Ländern an der
Vernichtung und Vertreibung mitgewirkt haben. " Eine Frage habe ich an euch: Was meint ihr, in wie weit das Christ-sein dieser Millionen dafür relevant war ? Ich sehe da keinen Zusammenhang. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen hat die Nazis unterstützt, ich sehe allerdings nicht, in wie weit die Tatsache, dass das (aufm Papier) Christen waren, eine Rolle gespielt hat. Im Gegenteil - es gab mehr als nur ein paar wenige Geistliche, die die Nazis "von der Kanzel" vehement kritisiert haben, auch wenn die katholische Kirche (und die "deutschen Christen" auf evangel. Seite) als solche ziemlich stillgehalten hat.
"[...] ist
auch der Antisemitismus nicht ohne christliche Diskussionen und Instiutionen
denkbar. " Diese Aussage halte ich für in unzulässigem Maße pauschalisierend. Antisemitismus ist sehr wohl ohne christliche Diskussionen und Institutionen denkbar - oder wie erklärt ihr euch den islami(ist)ischen Antisemitismus ? Eure Kritik am Antisemitismus Luthers ist vollauf berechtigt, allerdings auch nix neues. Damit rennt ihr bei Christen heute größtenteils offene Türen ein.


Verqueres Identitäsdenken

Kai-Bernd Garesee 26.12.2001 - 02:23
@hoppetosse
Ach ja, wenn zu den eigenen Demos oder Veranstaltungen keine Leute kommen, geht man dahin, wo auf jeden Fall welche sind. Und welche Massenveranstaltungen sind durch weniger Ordner geschützt als Gottesdienste am 24.12.? Normalerweise gibt es einE KüsterIn / MeßnerIn (überwiegende Frauen), die/der für die Durchsetzung des Hausrechtes verantwortlich ist, bei mehreren hundert Anwesenden. Ob es da so ungemein widerständig ist, eine Aktion zu veranstelten, ist immerhin fraglich.

Gut, also am 24.12. in eine Kirche und eine direkte Aktion gemacht. Total neue Aktionsform - szenische Aufführungen sind am 24.12 so selten - und außerdem: 33 Jahre nach ´68 (damals K-W-Gedächtniskirche in Berlin) endlich wieder eine Kirchenaktion zu Heiligabend. Warum nicht mit Remakes arbeiten, wenn die Aktion damals schon so erfolgreich war? Schließlich wurden prompt am 25.12.68 der Vietnamkrieg beendet - oder etwa nicht? (Nur gut, dass es diese schöne neue Begriffswelt gibt: "Erregungskorridor"... klingt nach ... - na, und wer war die "Jesusfigur"? kicher, sorry.)

Zurück zum Thema:

Diese Kirchenaktionen von ´68 waren der Auftakt dazu, dass in den 70ern in nicht wenigen Kirchen zu Heiligabend die "Ihr-freßt-euren-Festtagsbraten-während-die-Menschen-verrecken"-Kritik den Gemeinden von den Pfarrern (Frauen waren damals noch ziemlich selten auf der Kanzel, etwas das die Hoppies auch hätten kritisieren können) ins Gesicht geschleudert wurde. So gesehen stehen die Hoppies da in einer guten protestantischen Tradition. Wären sie PfarrerInnen geworden, hätten sie diese Chance mit dem Erregungkorridor jeden Sonntag...

Das problematischste an der Hoppie-Aktion ist das dahinterstehende Identitäts-Denken. JedeR, die/der sich als ChristIn bekennt, wird für die Verbrechen aller Menschen, die sich ebenfalls als ChristInnen bezeichneten, verantwortlich gemacht. Ist jeder Mann für alle Männer, jede Frau für alle Frauen, jeder Moslem für alle Moslems, jede Postbotin für alle Postbotinnen verantwortlich? Absurd. Aber, könnte man sagen, wer einer Kirche angehört, bekennt sich ja bewußt zum ChristIn-Sein.

Und was wäre die Konsequenz? Das Kollektiv verlassen, aus der Kirche austreten: das ist eine real möglich Option, niemand wird gezwungen einer Kirche anzugehören. Die Hoppies dürften wohl diese Option gewählt haben (so sie einmal dabei waren).

Nach dem Identitätsdenken der Hoppies wären allerdings auch etwa alle Deutschen für alle Verbrechen, die durch Deutsche begangen wurden, verantwortlich. Die naheligende Konsequenz - für die Hoppies mit ihrem Identitätsdenken - wäre dann, aus dem deutschen Staat auszutreten und den deutschen Pass abzugeben (so sie ihn besitzen). Das täte wohl weh, mehr jedenfalls als aus der Kirche auszutreten - und dem Staat muss man trotzdem weiterhin Steuern zahlen, während man durch den Kirchenaustritt die Kirchensteuern sparen konnte - also doch nicht aus dem dt. Staat austreten? - well, eine gewisse Inkonsequenz ist da nicht zu übersehen...

Nun denn, es gibt eine andere Möglichkeit: als Mitglied einer - nennen wir sie mal: - "Identitätsgemeinschaft" muss man die Geschichte dieser "Identitätsgemeinschaft" (Deutsche, ChristInnen, etc) kennen und sich mit den Verbrechen, die von ihren Mitgliedern begangen wurden, auseinandersetzen, auch mit den dahinterstehenden mentalen und institutionellen Strukturen - und dann so reden und handeln, dass sich derartiges nicht wiederholt.

Ist natürlich manchen nicht konsequent genug. Wäre konsequentes Handeln nur, jede Identitätsgemeinschaft, die schuldig wurde, zu verlassen? Well, die größtumfassende Identitätsgemeinschaft, die schuldig wurde, ist wohl die der Menschen insgesamt. Allein wir Menschen können ein Verhältnis zu unserer Vergangenheit aufbauen, nennen es Geschichte, allein Menschen können sich bewußt und reflektiert dafür entscheiden, andere Menschen zu töten - und haben das millionenfach getan. Was hieße nun, diese Identitätsgemeinschaft "Mensch" zu verlassen? Nun,...

Wie? Gab es da nicht mal einen Typen, den mit dem Kreuz, ihr wißt schon - da wo hinterher Menschen meinten, er hätte sein Leben hingegeben, um die Schuld der Menschen zu tilgen - und für viele war das der Grund, "ChristIn" zu werden / zu bleiben und zu versuchen ihm ähnlich zu werden, in Gewaltlosigkeit, in Armut etc.

Zum Schluß
eine Literaturempfehlung zur Verhältnisbestimmung von Christentum und Gewalthaftigkeit von Kolonisation (Nordwesteuropas, Osteuropas, Spaniens, und dann erst der ganzen Welt durch Ost- und Westfranken): R. Bartlett: "Die Geburt Europas aus dem Geist der Gewalt. Eroberung, Kolonisierung und kultureller Wandel von 950 bis 1350".
Das meist Blut dürfte demzufolge wohl auf das Konto des - im Wesen unchristlichen, wohl aber getauften - fränkischen Rittertums gehen. Im Mittelalter war den Priestern übrigens wie den Juden und Frauen weithin das Waffentragen verboten - aber lassen wir unser schön einfaches Weltbild von Fakten zerstören?

Direct Action - Demo - Augusto Boal

Xango 05.01.2002 - 21:13
meine kritik:
- planung, ausfuehrung, nachbesprechung finde ich sehr gelungen.
- zum inhalt: so wie aus dem bericht hervorgeht, habt Ihr praktisch eine rede gehalten, flugis verteilt und seid wieder gegangen. ohne den ersten punkt - training - geringschaetzen zu wollen: so hab ich mir DA eigentlich nicht vorgestellt. auf grund von schilderungen aus der Hoppetosse (einkaufen ohne zahlen, gratiszug, ...) dachte ich an eine aehnlichkeit mit dem Forumtheater von Boal. da gehen zb. schauspieler in ein kaufhaus, agieren eine gesellschaftliche problematik - zb. ehepaar - etwas uebertrieben und provozieren dadurch die anderen zur stellungnahme. das heiszt, den menschen steht die teilnahme frei, und sie haben auch die freiheit sich zu entscheiden: fuer positives oder fuer negatives. bei Eurer aktion ist die teilnahme nur sehr eingeschraenkt moeglich, sie besteht eigentlich nur darin auf die rede zu antworten, oder - als aktive kirchengaenger empfinden sie das moeglicherweise so - auf die vorwuerfe zu reagieren. das heiszt Ihr habt in dieser aktion den leuten kaum die freiheit gelassen,eine positive rolle zu waehlen, sich zu entwickeln! wenn Ihr etwa eine szene gespielt haettet, wo Ihr den gegensatz zwischen den lehren Jesus (ich kenn mich beim Christentum zu wenig aus, aber vielleicht die sache mit "den ersten stein werfen")und der kirchlichen realitaet thematisiert haettet, dann haetten die kirchenbesucher die moeglichkeit zu entscheiden, welche rolle sie nehmen. auszerdem wuerde das eine perspektive eroeffnen. ganz wichtig! da komm ich auf das beispiel von Nonni mit dem picknick zurueck. das ist auch ein grund warum latschdemos nichts bringen: kritik ist wichtig, aber da musz auch ein - wenn auch nur kleiner - schritt in eine moegliche zukunft sein (die groszen proteste Seattle-Praha-Genova sind da schon was anderes, da werden aber nicht (blosz) forderungen an politiker gestellt, da werden politiklose (aber nicht unpolitische!) raeume geschaffen, da gibts volxkuechen, da gibts vernetzung, da sieht mensch, dasz organisation ohne herrschaft (=anarchie!) auch moeglich ist.
- eine theateraktion in der kirche halte ich fuer genial! beides: theater und kirche haben ihre wurzeln im spirituellen. und sie haben beide eine problematische entwicklung hinter sich. in keiner anderen gesellschaft hat sich aus einer urspruenglichen einheit eine so krasse trennung von zuschauerraum und buehne ergeben wie in Europa. dasz in einer kirche die handlung statt auf der kanzel wieder im "zuschauerraum" stattfindet, dasz da jemensch andere als der prediger das wort ergreift: phantastisch! dasz so was ueberhaupt moeglich ist, ist natuerlich auch "ein aufzeigen von perspektiven".
- (ob die konfrontation von mitgliedern einer blutigen organisation mit ihrer realitaet fuer sie traumatisierend ist oder nicht, ist keine moralische, sondern eine praktische frage: macht es einen sinn...)
-- alles gute bei weiteren aktionen!