aufstand der anständigen - worch kommt wieder

luna 07.11.2001 11:59 Themen: Antifa
Das am 03.11. in Leipzig durch verschiedenste gesellschaftliche Spektren vollzogene Blockieren einer Nazi-Demonstration mag ein Fortschritt sein - der sichtbare ?Aufstand der Anständigen? .
Angesichts der von einigen der Politpromis und dem Großteil der anwesenden BürgerInnen skandierten Parolen wie ??Diese Stadt ist zu schön, wir wollen Euch gehen sehen!?, ?Unsere Stadt hat Nazis satt?, ?Die solln doch marschieren wo sie herkommen...?, sollten sich radikale AntifaschistInnen aber fragen inwieweit ein solcher regionalpatriotischer BürgerInnenprotest, der lediglich die öffentlichkeitswirksamen Selbstintinierungen der Nazis aus ihrer HEIMATstadt verbannen will, wohl aber nicht die alltäglichen rassistischen, nationalistischen ?Standort Deutschland?- Ideologien angreift, im Gegenteil, sie in ihrem Geplärre noch unterstützt, politisch tragbar ist.

Verständlich und unterstützenswert erscheint die rollende Anzeigenflut gegen Polizei und Einsatzleitung am 3.11. in Leipzig. Jedoch ist es ist wohl juristisch korrekt, dass die Polizei die prügelt, die sich einer genehmigten Demo entgegenstellen. Zu diskutieren wäre über die Verhältnismäßigkeit der von der Polizei verwandten Mittel gegen die ?zivilen Ungehorsam leistenden?.

Angeprangert wurde auch der mangelnde Einsatz der Stadt Leipzig, ein Verbot der Nazi-Demo zu erwirken.
Verbote und Gesetzesverschärfungen jedoch keine geeigneten Mittel. Im Endeffekt werden diese autoritären, repressiven Instrumente gegen jegliche nicht in die herrschende gesellschaftliche Norm passende Weltanschauung eingesetzt (so auch gegen linke, freiheitliche, antikapitalistische etc.). Gesetzes und Verbote sichern und stabilisieren das kapitalistische Zwangssystem, verbannen alles potentiell Bedrohende in die Illegalität, was für eine radikale Linke verheerende Folgen hätte (jedoch eine logische Konsequenz wäre, um nicht den Status einer geduldeten und im Endeffekt vom System vereinnahmten ?NGO? zu bekommen).
Wenn die NPD jemals verboten wird, wenn Nazi-Demonstrationen künftig immer verboten werden, wird das wohl kaum Auswirkungen auf rechte Ideologien haben. Meinungen und Denkweisen können nicht von heute auf morgen verboten werden. Sie wachsen in dieser kalten, verwertungsorientierten Gesellschaft, also im Umfeld von einer Mehrheit, die dieses hier und jetzt anerkennt und stabilisiert.

Nun hat Christian Worch für den 06.04.2002 erneut eine Demonstration ?Gegen Repression und linke Gewalt, für Demonstrationsfreiheit. Wir sind das Volk? angemeldet.
Im folgenden Hintergrundinformationen über einen der schwergewichtigsten ideologischen Drahtzieher der Neonaziszene:

Mitte der 70er Jahre begann die "Laufbahn" Christian Worchs in der "Hansabande" Michael Kühnens. Diese wurde mit einer provokanten Aktion unter dem Motto "Ich Esel glaube, dass in Deutschland Juden vergast worden sind" bekannt. Die "Hansa-Bande" verwüstete jüdische Friedhöfe, schmierte Nazi-Parolen und griff MigrantInnen und Linke an. In dieser Zeit pflegten Kühnen und Worch gute Kontakte zur inzwischen verbotenen "Wiking-Jugend". Dass es sich bei dieser "Bande" keineswegs um eine apolitische Jugendgang handelte, wurde spätestens 1977 deutlich, als Kühnen mit Christian Worch die "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS/NA) gründete. Ein Hauptziel der ANS/NA war es, die Aufhebung des NSDAP-Verbots durchzusetzen. Die ANS/NA war in ca. 30 Kameradschaften und in die Bereiche Nord, Süd, West, Mitte gegliedert. Für Frauen wurde ein "Mädelbund" eingerichtet. Nach der Verhaftung von Kühnen 1979 leitete Worch die ANS. 1984 folgte das Verbot durch das Innenministerium. Christian Worch führte die Gruppe unter dem Namen "Die Neue Front" weiter. Die nächste Station in Worchs Neonazi-Geschichte - inzwischen war sein Mentor Michael Kühnen gestorben - war die "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" (GdNF). Gleichzeitig gründete er die "Nationale Liste Hamburg" (NLH). In dieser Zeit pflegte er gute Kontakte zur inzwischen ebenfalls verbotenen FAP. Diese Gruppen sind nach dem Konzept Kühnens jeweils als "legale Partei" konzipiert, "die selber noch nicht nationalsozialistisch sind, die aber Nationalsozialisten eine politische Plattform bieten und einen neuen politischen Kurs verfolgen, der dazu führt, die Neugründung der NSDAP
zu ermöglichen" (GdNF-Organ "Die neue Front" Nr. 69, Januar/Februar 1990). Die GdNF versteht sich als "Keimzelle der neu aufzubauenden NSDAP" und ist bei fast allen größeren Nazi-Aktionen und Aufmärschen als organisierende und Bündnisse schmiedende Kraft beteiligt. 1994 wird der Führungskader Christian Worch vor dem Landgericht Frankfurt a.M. wegen der Fortführung der ANS/NA als ?Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" (GdNF) zu zwei Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Die GdNF ist noch heute Bestandteil der neofaschistischen Szene. Nach vorzeitiger Haftentlassung 1997 arbeitet Worch eng mit Thomas Wulff zusammen. Thomas "Steiner" Wulff, der sich nach dem SS-General Steiner nennt, ist ehemaliger Chef der verbotenen neonazistischen Organisation Nationale Liste und gilt vor allem in Norddeutschland als Führungsfigur der rechtsextremistischen Szene. Wulff zeichnete presserechtlich für einen Artikel in der Zeitung ?Index? der Nationalen Liste verantwortlich, in dem behauptet wurde, die Wahrheit über Auschwitz dürfe aufgrund von Denkverboten nicht gesagt werden. Weiter war in dem Artikel von der "angeblichen" Massenvernichtung der Juden in Auschwitz die Rede. Nach den Erkenntnissen der Hamburger Verfassungsschutzbehörde schart Thomas Wulff einen Personenkreis von 30 Aktiven um sich. Hier handelt es sich vorwiegend um ehemalige Mitglieder der Nationalen Liste, die auch heute noch zum "harten Kern" der Hamburger Neonazi-Szene zählen und die mit ihren Parolen den Nährboden für rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten bereiten. Nach seiner Haftstrafe nähert sich Worch, wie viele andere NS-Aktivisten, der NPD an. Bei einer langen Reihe von NPD-Veranstaltungen tritt Worch als Redner auf. Gleichzeitig - die "Nationale Liste" ist inzwischen verboten, ebenso der "Index" - treibt Worch die Gründung der "Freien Kameradschaften" voran. Der Verzicht auf eine nach außen sichtbare feste Organisationsstruktur (z.B. nach dem Vereinsgesetz) bringt unter der Nutzung der neuen Kommunikationstechnik eine beachtliche Flexibilität Die losen Neonazi-Zusammenschlüsse fallen besonders bei Nazidemos, z.B. gegen die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht", auf und setzen die Tradition der Kühnen- und Worch-Nazigruppen fort. Thomas Wulff entwickelt Mitte 1996 das Konzept der "Freien Nationalisten", mit dem er regionale Kameradschaften zu Bündnissen zusammenschließen will.
Worch ist der entscheidende Verbindungsmann der Freien Kameradschaften für Aktionen der NPD. In einem Interview mit dem Zentralorgan (8/99) äußerte er: "Selbstverständlich ist auch die NPD als Partei nur ein Mittel zur Durchsetzung unserer Weltanschauung".
Er pflegt auch internationale Kontakte, darunter zu der dänischen Neonazi-Szene. Außerdem ist er einer der Hauptaktivisten und Initiator der sog. Anti-Antifa-Kampagne. Die Aktionen gegen Andersdenkende (Feindaufklärung? und ?Feindbekämpfung?) werden mit einem angeblichen Widerstandsrecht im "Kampf gegen die Herrschenden" begründet. Er schreibt in einer Reihe von Neonazi-Pamphleten, so z.B. dem Reichsruf, Hamburger Sturm, Sleipnir, Nachrichten der HNG und Recht und Wahrheit. Seit Beginn der öffentlichen Diskussion um ein mögliches Verbot der NPD im Sommer 2000 hat Worch seine Anti-Antifa-Aktionen intensiviert und fungiert zudem als Organisator und Anmelder vieler Neonazi-Demonstrationen.
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Ergänzungen

*grübel*

nich lieb 07.11.2001 - 18:45
Erstmal noch danke für den Lebenslauf, da war auch für mich noch neues bei.

Das Problem ist nun, daß ich eure Kritik sehr gut nachvollziehen kann und auch selber übe. Ich finde aber, daß solche Bündnisse trotzdem wichtig sind und gemacht werden sollten, da es doch ein wenig mehr Verständnis für radikalere Positionen mit sich bringt ("Die Polizei is ja doch nich immer lieb.") und viele nich wirklich für Rassismus und Verwertungslogik sind, aber halt doch ziemlich starke Vorbehalte gegenüber sozialistischen/anarchistischen Ideen haben, die zum einen auf staatlich geförderten Vorureilen beruhen (die in solchen Bündnissen abgebaut werden können) und zum anderen an der eigenen Ideenlosigkeit und Theorieunlust liegen. Wobei ich nicht sagen will, daß da garnix da is, zum Teil funktioniert auch die Öffentlichkeitsarbei nich so wie sie es sollte. Um da mal konkret zu werden, ich hab die Aktion am 1.9. am Augustusplatz miterlebt, da wär es nicht schlecht gewesen, wenn mensch da ein Flugblatt vorbereitet hätte um den Leuten klar zu machen, was eigentlich los is. Mit "Nie-wieder-Doitschland"-Rufen können halt viele erstmal nix anfangen, da sie einfach nich wissen was dahinter steckt, was damit gemeint is. So ein Flugblatt wär bestimmt von dem einen oder der anderen auch interssiert gelesen worden, ich selbst wurde von mehrern Bürgern angesprochen, um zu erfahrn was wir hier wolln. Es hätte mehr draus gemacht werden können, prinzipiell fand ich die Idee der Aktion an sich schon ganz gut. Das sollte auch weiter gemacht werden.

Vielleicht isses zwischendurch auch mal nich schlecht, laut auszusprechen was eigentlich gewollt wird, bzw. welche Gesellschaftsform favorisiert wird, nebem den ganzen Kritiken (die auch wichtig sind) der momentanen Zustände.

wo wa grad bei christian arschloch worch sind

muttis liebling 08.11.2001 - 02:08
der hat sich nämlich angekündigt
wann?: beim naziaufmarsch in rinteln am 24.11.2001
um 9 uhr (ehrlich wahr! und nicht vertippt!)
die guten (das sind wir alle, weil wir worch nicht mögen) treffen uns genau dann am bahnhof oder city
infotelefon: 0178/5296164
!MACHT MIT!

wurst

gurke 08.11.2001 - 08:41
kommt alle am 24.11. nach rinteln.
kampf dem faschismus

rinteln

Städter 08.11.2001 - 10:15
Wo liegt denn Rinteln?

@grübel...

luna 08.11.2001 - 11:13
vielen vielen dank für die überaus konstruktive, ehrliche und unaggressive kritik.
antworten habe ich nicht sofort parat, regt aber auf jeden fall zum nachdenken an.
am 1.9. wurden übrigens flyer ("Keine gewalt") ausgeteilt...vielleicht findest du auf nachfrage irgendwo einen...

zu Worch

adf 08.11.2001 - 16:12
sollte noch zu sagen sein, dass der Typ auf Grund reicher Erben Multimillionär ist und mehrere Grundstücke in Hamburg besitzt. Der war ursprünglich mal Anwaltsgehilfe und hat dannn nach dem er geerbt hat den Job aufgegeben.

käpten

blaubär 08.11.2001 - 20:23
rinteln liegt so zwischen bielefeld und hannover

infos

recherche 09.11.2001 - 10:24
stimmt: beim "freien infotelefon"
(  http://www.widerstand.com/fit/ ) steht folgender aufruf:

Demonstration am 24.November 2001 in Rinteln
Motto:
„Gegen
die Kumpanei von Staat und Antifa !“
Treffpunkt:
10.00 Uhr - Parkplatz am Freibad (Weserstraße)
Veranstalter:
Nationaler Widerstand Schaumburg unterstützt durch viele freie Nationalisten
innerhalb der Nationalen Opposition
Nähere
Informationen zur Rechtslage wie auch zur Anreise erfahrt ihr unter der folgenden Rufnummer. Sie lautet:
0172 - 144 91 93.

gegendemo

lithium 21.03.2002 - 19:42
ja wollt eigentlich mal wissen wann/wo sich die gegendemo am 06.04. trifft?!? wär nett wenn mir da mal jemand ne mail schicken könnt!