WTO plant Abschaffung parlamentar. Kontrolle

Ludwig 12.07.2001 16:57 Themen: Globalisierung
Dies ist - wie von mehreren gewünscht - eine Übersetzung des von Yope geposteten Artikels, der am 15. April im Observer erschienen ist. Es geht um die durch die WTO geplante Verankerung des "necessity test" im GATS-Abkommen und was dies für die Kontrollmöglichkeiten von Parlamenten und letztlich Bürgern bedeutet.
Der Notwendigkeitstest ist die Mutter der GATS Einmischung

Die Welthandelsorganisation hat Pläne, die aus der Mode gekommene
politische Idee der Demokratie zu ersetzen


Sonntag, der 15. April 2001 The Observer


Wirtschaftsminister Dick Caborn sagt jeden Tag "nichts" und das hält ihn sehr, sehr beschäftigt.
Caborn ist beschäftigt, der Nation zu versichern, daß nichts in dem vorgeschlagenen "Allgemeinen Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen" (GATS) Großbritanniens Umweltschutzverordnungen gefährdet. Nichts im GATS ermöglicht es amerikanischen Großfirmen, britische Gesundheits- und Sicherheitsverordnungen umzustürzen. Nichts im GATS, welches Teil des Regimes der WTO ist, gefährdet die öffentliche Verwaltung / Kontrolle des Staatlichen Gesundheitsdienstes. Die offiziellen Aussagen über das, was GATS nicht tut, gehen Seiten über Seiten.

Deswegen war ich von Caborn und seinem EU-Verbündeten, Pascal Lamy, überrascht, daß sie nach Genf und Washington und Gott weiß wohin noch eilen, um sich über die Formulierung von Regeln auszulassen, die nichts tun, nichts ändern und nichts bedeuten.

Aber dann kam letzte Woche "etwas" durch mein Fax-Gerät. Und dieses vertrauliche Dokument vom WTO-Sekretariat, auf den 19. März datiert, ist wirklich etwas: ein Plan zur Errichtung einer internationale Behörde mit einem Vetorecht gegenüber parlamentarischen und regulierenden Entscheidungen.

Als Winston Churchill sagte, ‚Demokratie ist die schlechteste Regierungsform, außer all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind', vermochte er sich einfach nicht vorzustellen, daß im März 2001 die WTO ein System entwerfen würde, welches die Demokratie durch etwas viel Besseres ersetzen würde: Artikel VI.4 des GATS. Und dieses unauffällige sechsseitige Memo, jetzt noch bescheiden im Geheimen versteckt, könnte eines Tages als die post-demokratische Magna Charta angesehen werden.

Es beginnt mit dem Aufgreifen des schwierigen Themas, wie man Nationen bestrafe, die ‚eine Balance zwischen zwei potentiell gegensätzlichen Prioritäten verletzen: Förderung der Handelsexpansion versus Schutz der Eingriffsrechte der Regierung.'

Denkt darüber mal nach! Jahrhundertelang hat sich GB, und heutzutage die meisten Nationen, auf gewählte Parlamente, Kongresse, Ministerpräsidenten und Präsidenten gestützt, um die Regeln zu erlassen. Es sind diese unbeholfen beratenden Institutionen, die die Interessen der Bevölkerung und die der Wirtschaft ausbalancieren.

Jetzt gebt diesem veralteten System einen Abschiedskuß! Sobald Großbritannien und die EU das GATS-Abkommen unterschreiben, wird Artikel VI.4 dieses Abkommens, der Notwendigkeitstest, eintreten. Dann werden im Endeffekt, wie durch das geheime Programm des Sekretariats in dem Memo vom 19. März skizziert, nationalstaatliche Parlamente und Regulierungsbehörden zu bloßen ratgebenden Instanzen degradiert werden.

Die letzte Entscheidungsbefugnis wird beim "Disputes Panel" (Streit-Kommission) liegen, um zu entscheiden, ob ein Gesetz oder eine Regulierung ‚belastender als notwendig' ist, so die Ausdrucksweise des Memos.

Eine praktische Anwendung davon wird sein, daß Nationen Gesetze, die die Luft, die ihr atmet, die Züge, mit denen ihr reist und die Nahrung, die ihr kaut, schützen, so verändern werden müssen, daß nicht das Beste oder Sicherste für die Nation, sondern die billigsten Methoden für fremde Kapital-anleger und Händler zählen.

Laßt uns zu konkreten Beispielen kommen. Der Necessity Test hat schon einen Testdurchlauf in Nordamerika hinter sich, durch die NAFTA, die Freihandelszone dieser Region. Vor kurzem verbot der Staat Kalifornien einen Benzinzusatzstoff, MBTE, der die Wasserversorgung verschmutzt hatte. Ein kanadischer Verkäufer der ‚M'-Chemikalie in MBTE reichte eine Beschwerde ein, in der er meinte, diese Bestimmung verletze den Necessity Test.

Die Kanadier behaupteten, daß Kalifornien ganz einfach allen Tankstellen vorschreiben könne, ihre Speichertanks auszugraben und neu zu versiegeln - und einen Schwarm von Inspekteuren anheuren könne, um sicherzustellen, daß dies perfekt gemacht werde. Der kanadische Vorschlag würde Kalifornien eine Menge kosten und wäre unmöglich zu überwachen. Das ist echt zu hart. Der kanadische Vorschlag ist die am wenigsten handelsbeschränkende Methode, um die Wasser-versorgung zu schützen. ‚Am wenigsten handelsbeschränkend' ist NAFTA's Necessity Test.

Wenn Kalifornien nicht klein bei gibt, könnte es sein, daß das US-Finanzministerium 976 Millionen
US-Dollar an Entschädigung für die Kanadier lockermachen muß.

Die GATS-Version des Necessity Tests ist NAFTA auf Steroiden. Unter GATS werden, wie im Memo vorgeschlagen, nationale Gesetze und Regulationen niedergeschlagen werden, wenn sie für die Wirtschaft belastender als notwendig sind. Beachtet die feine Veränderung. Plötzlich geht es in dem GATS-Abkommen überhaupt nicht mehr um Handel, sondern es ist ein hinterhältiges Mittel, um Beschränkungen sowohl der fremden als auch der ansässigen Wirtschaft und Industrie wegzuwischen.

Der US Handelsvertreter hat schon Vorschläge über den Einzelhandelsvertrieb in Umlauf gebracht. Ihr wollt Großbritanniens Grüngürtel erhalten? Wenn einige Bäume im Weg eines Wal-Mart-Einkaufszentrums stehen, vergeßt es. Selbst unter dem aktuellen, schwächeren GATS wurde Japan gezwungen, seine Planungsregeln zu zerreißen, um diese Monsterkästen (Anm. des Übersetzers: Wal-Mart) hineinzulassen.

Die Regierung versichert uns, daß nichts ihr Recht gefährdet, Gesetze um des Gemeinwohls willen zu stärken. Nicht gemäß dem Memo vom 19. März. Die WTO berichtet, daß Wirtschaftsminister während geheimer multinationaler Verhandlungen übereinkamen, daß ein GATS Tribunal keine Verteidigung der ‚Sicherstellung des öffentlichen Interesses' akzeptieren würde.

Anstelle eines Standards des öffentlichen Interesses schlägt das Sekretariat ein köstlich machiavellistisches "Effizienzprinzip": ‚Es könnte für Staaten politisch annehmbarer sein, internationale Verpflichtungen anzunehmen, die wirtschaftlicher Effizienz den Vorrang geben.' Das ist eine unverhüllte Einladung, das GATS mit Bedingungen zu füllen, von denen die Herrschenden wissen, daß ihre demokratischen Parlamente diese anders nicht akzeptieren würden. Das wäre höchst gefährlich, wenn eines Tages die USA einen Präsidenten wählten, der Regeln bezüglich der Luftverschmutzung kaputtmachen wollen würde oder sagen wir, die Briten wählten einen Premierminister, der den verrückten Wunsch hätte, den Rest des Flugverkehrkontrollsystems seiner Nation zu verkaufen.

Wie bequem für aufgestellte Chefs der Exekutive. Was gewählte Kongresse und Parlamente sich nicht zu tun getrauen, würde GATS verlangen. Unter dem post-demokratischen GATS-Regime wird das Disputes Panel, diese Großen Inquisitoren des freien Marktes, entscheiden, ob ein nationales Gesetz oder eine Regulierung dem entspricht, was das Memo ein ‚rechtmäßiges Ziel' nennt.

Während sich Parlamente mit veralteten verfassungsmäßigen Erfordernissen herumschleppen müssen, die Rechtmäßigkeit eines Gesetzes in der Öffentlichkeit zu debattieren (mit öffentlicher Wahrnehmung und der Öffentlichkeit zugänglichen Anhörungen), sind GATS Gremien viel effizienter. Anhörungen sind geschlossen. Gewerkschaften ebenso wie Konsumenten, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen sind von der Teilnahme ausgeschlossen - oder sogar davon, zu wissen, was vor dem Gremium gesagt wird.
Ist das 19. März - Memo nur eine Träumerei des WTO Sekretariates? Kaum. Die WTO arbeitete auf der Grundlage dieser Vorschläge an noch einem vertraulichen Dokument, das auch durch einen guten Freund an mich gesandt wurde, nicht benennbare Quelle. Das geheime Memo, ‚Innerstaatliche Regulation: Notwendigkeit und Transparenz' auf den 24. Februar datiert, wurde von dem eigenen ‚Arbeitsausschuß' der Europäischen Kommission (EK) entworfen, in der das britische Ministerium eine führende Rolle spielt.

In einem an Abgeordnete gerichteten Brief, schwört Wirtschaftsminister Caborn, daß er durch den Arbeits-ausschuß sicherstellen wird, daß GATS das souveräne Recht der Regierung anerkennt, Dienstleistungen zu regulieren, um nationale Politikziele zu erreichen. Dennoch lehnt das Memo vom 24. Februar, welches die offiziellen (wenn auch versteckten) britischen Vorschläge repräsentiert, das Recht eines Staates ab, seine Regeln außerhalb der GATS - Gerichtsbarkeit zu belassen, sobald eine Dienstleistungsindustrie erstmal dem Vertrag beigetreten ist.

Tatsächlich enthält das Dokument der Europäischen Kommission verächtliche Attacken auf Nationen, die berechtigte Ziele' fordern, indem es sie als mögliche ‚versteckte Barrieren' für Handelsliberalisierung bezeichnet. Mehr noch, es gibt einen Zusatz, daß Regulierung nicht ‚mehr handelsbeschränkend als notwendig' sein darf.

Nicht wissend, daß ich diese Dokumente in der Hand hatte, fuhr Caborn's Büro diese Woche fort zu behaupten, daß GATS Nationen ein Recht zugestehe, zu regulieren, um nationale Politikziele zu erreichen.

Mir wurde nicht erlaubt, den Wirtschaftsminister selbst zu befragen. Wie auch immer, der Brief Caborns an die Abgeordneten gibt zu, daß seine angenehme Interpretation von GATS nicht von den WTO-Juristen bestätigt worden ist. Das ist der Minister, der mit seinen EU-Kollegen gerade eben einen 194 Millionen US-Dollar - Rechtsstreit gegenüber der USA wegen dem Verkauf von Bananen verloren hat.

Jetzt verstehe ich, wie Caborn das vermasselt hat. Europa argumentierte, Bananen seien ein Produkt, aber die USA bewiesen erfolgreich, daß Bananen eine Dienstleistung seien - versucht nicht darüber nachzudenken - und deshalb unter das GATS fallen würden.

Und das illustriert das Hauptthema. Niemand in Großbritannien sollte sich mit dem befassen, was Caborn denkt. Das einzige, was zählt, ist, was George W. Bush denkt. Oder zumindest was die Leute, die für Bush denken, denken.

Vermutlich wird Caborn GB nicht wegen Verletzung des Vertrages verklagen. Aber die USA könnten. Auf eine Art haben sie es schon getan. Vergeßt Caborns Versicherungen - wir brauchen eine Versicherung von Bush, daß er GATS nicht benutzen wird, um Wal-Mart oder Citibank oder Chevron Oil zu helfen.

Das merkwürdige ist, daß, obwohl sie in dem Bananen-Fall bedient worden sind, Caborn und die Blair-Regierung keine ausdrückliche Formulierung verlangt haben, die "Handel-zuerst"-Entscheidungen durch ein GATS Gremium verhindern. Statt dessen ermutigt das geheime Papier der EK vom 14. Februar das WTO-Sekretariat, die strafende Form des Notwendigkeitstestes, die von der USA angestrebt wird, zu benutzen.

So, da habt ihr es. Anstatt die Regeln, mit denen Amerika Europa schlug, zu attackieren, geben Caborn und die Europäische Kommission George Bush effektiv eine größere Peitsche.



Autor der Originalversion:  gregory.palast@observer.co.uk

Übersetzung:  humanforpeace@web.de
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Ergänzungen

Danke für die Übersetzung!

Hans Dampf 12.07.2001 - 19:44
Jetzt wird auch klar, warum die ihr Treffen in der Wüste machen wollen.....,

Das Einzige was

E T 12.07.2001 - 20:29
dem Entgegen gesetzt werden kann, ist Anarchie, und Kleine Überschaubare Regierungsbezirke, von der Grösse der Bundesländer oder Grösser, damit es zu Teuer wird Viele Regierungen zu kaufen, was derzeit läuft mit der Zentralismus mit Europa und so, die Volksvertreter verkaufen, unseren und ihren Eigenen A..... aber die werdens erst merken wenn s zu spät ist, und wir werden s wieder bezahlen, wenn Alles in Schutt und Asche liegt, aber ich bin mir Sicher Viele von denen wissen das bestimmt.

Demokratie gab's noch nie

Manuel 13.07.2001 - 12:40
Wenn wunderts... eine Demokratie gab es bis heute eh nur auf Papier.

Politik gibt es gar nicht! Links oder rechts ebensowenig. Es ist alles nur ein grosses inszeniertes Theater.

Ich empfehle allen Lesern sich über Weissberg's Illuminati, Geheimbünde (besonders die Freimaurer und Skull & Bones) und Okkultismus zu informieren.

Eure Proteste sind nur ein Tropfen auf den heissen Stein.

Rüstet euch mit den Waffen des Glaubens, die sind stärker als jede Rohrbombe.

Glaube kann verwirren

Buenaventura 14.07.2001 - 20:30
also das Buch ist jetzt wirklich mal antisemitisch. ein Haufen reicher und mächtiger Juden die die Welt in den Händen haben. Technologie von Ufos,was möglich, aber unwarscheinlich ist.
ich sage da: SMASH CAPITALISM!!
Gemeinschaft statt Konkurrenz!