Warschau Flughafen: deportation-class-Aktion

Lotti 30.04.2001 21:24 Themen: Antirassismus
Am Montag, den 30.4., fand am Warschauer Flughafen eine Aktion im Rahmen der Deportationclass Kampagne gegen Lufthansa statt, die gemeinsam von AktivistInnen aus Polen und der BRD durchgefuehrt wurde. Die Aktion richtete sich gegen Abschiebungen und dagegen, dass Lufthansa keine Entschädigung an ehemalige ZwangsarbeiterInnen bezahlt.
Warschau, 30.4. 10 Uhr, Eingangshalle Flughafen Ca. 30 Leute aus Polen und Deutschland starten eine Aktion der Kampagne Lufthansa Deportation Class. Oberhalb der Check In Schalter verschiedener Fluglinien wird ein Transparent mit der Aufschrift deportation class Luftransaction special entrollt, genau wie die Uniformen der beiden Stewardessen, die das Transpi halten, im typischen dunkelblau und orange. Unten in der Halle verteilen noch mehr Lufthansa Angestellte, u.a. die beiden Piloten Flieger und König so überzeugend Flugis und Faltblätter, dass sich selbst das Sicherheitspersonal nicht so ganz sicher ist, worum es sich handelt. Lufthansaausweise gibts zwar nicht, aber auf den Uniformen und Anstreckern steht es ja schliesslich auch?
Auf den Flugis, die verteilt werden, steht englisch und polnisch. FlugbegleiterInnen fordern: Sofortige Entschädigung aller Opfer der Nazizwangsarbeit. Stop der Abschiebungen durch Lufthansa Deportationclass.
Der Text erklärt, warum die Aktion am Warschauer Flughafen stattfinde, weil es viele Aktionen an deutschen Flughäfen gegeben hat und immer noch Abschiebungen stattfinden. Mehr als 10.000 MigrantInnen sind bisher mit Flugzeugen der Lufthansa abgeschoben worden, allein in Frankfurt Main gab es dabei mindestens zwei Tote.
Ein weiterer Grund für das Stattfinden der Aktion in Warschau ist, dass auch Lufthansa von der Zwangsarbeit profitiert hat, die u.a. PolInnen in Berlin Staaken, München, Lübeck und Stuttgart Echterdingen leisten mussten. Und auch Lufthansa hat bisher nicht gezahlt, ist also an der Verzögerungstaktik der deutschen Wirtschaft beteiligt, die zynisch Tage, Monate, Jahre verstreichen lässt und damit spekuliert, dass irgendwann niemand mehr am Leben ist, der die ein Recht auf Entschaedigung hat.
Die Fluggäste in Warschau sind teils interessiert, teils lieber mit Reisevorbereitungen beschäftigt und wissen nicht so recht, wie sie das Ganze einordnen sollen. Deutlicher ist ein weiteres Transparent, auf dem steht, Otworzyc Granice Zamknac Rzady ,Grenzen öffnen, Regierung schliessen. Dieses wird von deutlich als polnische Unruhestifter identifizierbaren Punks gehalten, die dann auch als Einzige ihre Personalien bei der Polizei abgeben muessen. Insgesamt gibt sich der zuständige Polizist eher vaeterlich belehrend und erläutert mehrfach, dass das alles ja wirklich kein Problem sei, aber es müsse doch eine Genehmigung eingeholt werden. Überhaupt hätten wir Glück, denn eigentlich gilt am Flughafen ja nicht das normale, sondern das sog. Grenzrecht. Was das sei, kann er allerdings nicht erklären, sondern verweist auf öffentlich zugängliche Gesetzestexte.
Die Lufthansa-Angestellten ziehen samt Transparent noch ungestört zu einem weiteren Lufthansa Buero im Flughafen, dessen Angestellte dann allerdings nicht sonderlich begeistert sind und die Flugis auch gar nicht haben wollen.
Die gesamte Reisegruppe beschliesst dann, den Flughafen erstmal zu verlassen, denn Lufthansa Büros gibt es ja noch mehr in Warschau. Direkt in der Innenstadt solle gerade eine Eröffnung eines neuen Büros stattfinden, die ebenfalls beehrt werden sollte. Leider ist das Büro offensichlich schon länger in Betrieb und statt eines Eröffnungsbuffets finden sich lediglich mehrere Angestellte und eine Kundin. Die allerdings entpuppt sich als ehemalige Zwangsarbeiterin und ist absolut begeistert von der Aktion. So ergibt sich ein längeres Gespräch, im Verlauf dessen sie erzählt, das auch sie noch keinerlei Entschädigung erhalten hat und inzwischen in Kanada lebt. Und auch von den Flugblättern nach Kanada mitnehmen wird... Die wirklichen Angestellten sind erst etwas irritiert, überlegen aber dann auch, wo die Aktion fortgesetzt werden und vielleicht mehr Publikum anzutreffen sein könnte? Das Sicherheitspersonal war wieder mal zu langsam und trifft erst ein, als der Betriebsausflug schon auf dem Weg in den nächsten Park ist...
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Ergänzungen

chévere

Maira 30.04.2001 - 23:40
(tolle)