Gemeinsamer Protestaufruf von Umweltverbänden gegen Atomtransporte

BUND 09.03.2001 21:19 Themen: Ökologie
Die Vorstände der fünf großen deutschen
Umweltverbände BBU, BUND, DNR, Greenpeace und NABU haben heute in
Lüchow-Dannenberg zu entschlossenem, gewaltfreien Protest gegen die
bevorstehenden Atomtransporte aufgerufen.
Lüchow-Dannenberg, 9.3.01: Die Vorstände der fünf großen deutschen
Umweltverbände BBU, BUND, DNR, Greenpeace und NABU haben heute in
Lüchow-Dannenberg zu entschlossenem, gewaltfreien Protest gegen die
bevorstehenden Atomtransporte aufgerufen. Auf einer gemeinsamen
Pressekonferenz direkt vor dem Castor-Verladekran kritisierten sie, dass der
für Ende März geplante Atomtransport von Frankreich nach Gorleben Auslöser
für eine Lawine neuer Atommüllfahrten aus Deutschland zu den
Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und England sei. Die
Bundesregierung begründe den bevorstehenden Gorleben-Transport mit ihrer
`nationalen Verantwortung` für den deutschen Atommüll. Wer dies ernst meine
- so die Umweltverbände - müsse dieser gefährlichen Energienutzung endlich
ein wirkliches Ende setzen und dürfe ab sofort keine Strahlenabfälle mehr
ins Ausland transportieren.

Allein in diesem Jahr sollen weitere 25 Atombehälter aus deutschen
Kraftwerken zur Wiederaufarbeitung nach Frankreich gebracht werden. In den
kommenden Wochen wollen die Atomkraftwerksbetreiber auch den Transport
abgebrannter Brennelemente in die englische Wiederaufarbeitungsanlage
Sellafield erneut aufnehmen. Insgesamt sollen bis 2005 noch rund zweitausend
Tonnen hochradioaktiver Atommüll zur Wiederaufarbeitung ins Ausland gehen.

Greenpeace-Geschäftsführerin Brigitte Behrens: "Der anstehende
Castortransport nach Gorleben soll den Weg frei machen für viele weitere
Atomüllfuhren nach La Hague und Sellafield. Die dort lebenden Menschen
werden durch die ständigen radioaktiven Einleitungen verstrahlt. Der bei der
Wiederaufarbeitung produzierte Strahlenmüll rollt dann später zurück nach
Deutschland. Niemand weiß, ob Transport und Lagerung der Castorbehälter
wirklich sicher sind. Den möglichen Schaden und das Risiko tragen die
Menschen und die Umwelt."

Wolfgang Guhle, Sprecher des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz
(BBU): "Der aus Sicht der Umweltbewegung viel zu lange dauernde Atomausstieg
steht bisher nur auf dem Papier. Die Verträge sind von Bundesregierung und
Energiewirtschaft noch nicht einmal ratifiziert, das Atomgesetz bisher nicht
novelliert worden. Auf internationaler Ebene beteiligt sich die deutsche
Atomwirtschaft unverdrossen am Ausbau der Atomtechnologie. Die
Urananreicherungsanlage Gronau wird gegenwärtig zur Drehscheibe weltweiter
Urananreicherung ausgebaut. Äußerungen aus der Atomwirtschaft zeigen, dass
diese hofft, bei einem Regierungswechsel 2002 die zarten Ansätze eines
Atomausstiegs rückgängig machen zu können. Daher gibt es allen Grund die
Protestaktionen gegen die Castortransporte zu nutzen, um die tatsächliche
Umsetzung eines Atomausstieges einzufordern. Die Tatsache, dass in der
anvisierten Restlaufzeit der deutschen Atomkraftwerke noch einmal soviel
Strahlenabfall produziert wird wie in der bisherigen Gesamtbetriebszeit,
verdeutlicht außerdem, dass die von der Politik vielbeschworene `nationale
Verantwortung` für Atommüll nur eine Schimäre ist."

Angelika Zahrnt, BUND-Bundesvorsitzende: "Der die Castortransporte deckende
Atomkonsens soll einen ungestörten Weiterbetrieb der Atomkraftwerke
garantieren. Weder ist das Atommüllproblem gelöst, noch sind
Castortransporte unter Rot-Grün sicherer als zuvor. Und sie fahren wie immer
durch dicht besiedelte Gebiete. An einigen Stellen an der Transportstrecke
liegen zwischen hochradioaktiven Brennstäben und den Wohnungen von Menschen
nur wenige Meter Abstand. Ein jederzeit möglicher Unfall hätte katastrophale
Folgen."
Jochen Flasbarth, Präsident des Naturschutzbundes NABU: "Auch diese
Bundesregierung hat kein geeignetes Konzept zur Entsorgung des
Strahlenabfalls. Und dennoch hält der Bundesumweltminister Proteste gegen
die Castortransporte für falsch. Einige Mitglieder der Bundesregierung haben
selbst vor nicht allzu langer Zeit noch gegen Castorzüge protestiert. Die
Atomkraftwerksbetreiber mit Demonstrationen zu einem schnelleren
Atomausstieg zu drängen, bleibt nach wie vor richtig."
Hubert Weinzierl, Präsident des Deutschen Naturschutzringes (DNR): "Wir
unterstützen die Bürgerinitiativen auch hier im Wendland bei ihrem
berechtigten Protest dagegen, dass die Folgen der verfehlten Atompolitik auf
einige wenige Standorte abgewälzt werden sollen. Niemand darf den Kopf in
den Sand stecken und hoffen, dass es andere treffen wird. Die Lasten aus den
radioaktiven Altlasten der Atomenergie müssen von allen Bundesländern
getragen werden. Bund und Länder müssen ein akzeptables Konzept für den
schnellen Atomausstieg und zur Lagerung des Atommülls erarbeiten."
Die fünf Umweltverbände rufen dazu auf, sich weiterhin an friedlichen und
gewaltfreien Demonstrationen und Protesten gegen Atomtransporte zu
beteiligen.
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