Tag X in Gorleben: der Castor kommt!

zeck 06.03.2001 13:58 Themen: Ökologie
Hat eigentlich jemand gezählt, wie oft es diesen Alarm-Ruf schon gab? Seit die Brennelement-Hallen in Gorleben und Ahaus fertig sind, hat er immer wieder Menschen in Aufruhr versetzt. Mehrfach konnten die Betreiber von ihrem Vorhaben abgebracht werden,
3 Jahre Castor-Verhinderung sind ein schöner Erfolg. Aber es war auch eine lange Zeit, um ein wenig einzurosten und aus der Übung zu kommen. Deshalb rufen wir hier dazu auf, die kommenden Monate gut zu nutzen, um Erinnerungen wach zu rufen und aufzufrischen. Alte Castor-Häsinnen und Hasen, frische, unverbrauchte, ideengespickte Neulinge: bereiten wir uns gemeinsam vor! Er kommt nicht durch. Es geht nicht nur darum, einen weiteren Castortransport nach Gorleben zu verhindern, es geht um viel mehr.

Die Atomwirtschaft ist ziemlich in Bedrängnis geraten. Ohne weitere Atommülltransporte müssen einige Atomkraftwerke vom Netz gehen. Und das, obwohl die Regierung mit ihrem Konsens-Spektakel den reibungslosen Weiterbetrieb der Atomanlagen garantiert hat. Für die Gegenseite steht viel auf dem Spiel. Diesem Transport kommt ein besonderes Gewicht zu.Geht es nach dem Willen von Betreibern und Politik, dann soll dieser Castor eine ganze Lawine von weiteren Transporten lostreten. In Philippsburg zum Beispiel wurden die Brennelemente zur Verschickung in die WAA fertiggemacht, nachdem es nicht gelungen war, die Behälterdeckel für eine Lagerung vor Ort dicht genug zu bekommen. Allerdings hat die französische Regierung ein »Junktim« geltend gemacht: der Abtransport von zunächst sechs Castoren mit Glaskokillen aus La Hague nach Gorleben ist die conditio sine qua non, die Bedingung dafür, daß die Atomkraftwerksbetreiber weiter ihren Müll nach La Hague »entsorgen« können. Der geplante Castor nach Gorleben im März 2001 ist somit der Haken, an dem dieses dreckige Geschäft mit dem Plutonium hängt: Unzählige Transporte sollen zur WAA nach Frankreich und Großbritannien rollen, damit für die Atommafia die Rechnung weiter stimmt.

Ein Castor für den Konsens?

Die rot-grüne Regierung legt großen Wert darauf, zu beweisen, daß sie in der Lage ist, ihr Atomprogramm umzusetzen. In monatelangen Gesprächen haben Sozialdemokraten und Grüne mit der Atomwirtschaft eine Vereinbarung ausgehandelt, die als »Ausstieg aus der Atomenergie« verkauft wurde. Trittin will der Wirtschaft zeigen, daß der Konsens hält, was er verspricht. Auch wenn einige noch Hoffnungen in einen rotgrünen Ausstieg gesetzt hatten, ist hier ein Zeitpunkt, wo sich Ausstiegslügen selbst entlarven. Im Konsens wurde der reibungslose Weiterbetrieb der Atomanlagen festgeschrieben. Mit Lügen, Verschleierungen und falschen Begriffen soll gesellschaftliche Akzeptanz hergestellt werden. Grüne füllen auch hier ihre Rolle als rücksichtslose Modernisierer der gesellschaftlichen Verhältnisse gut aus. Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen. Nicht auf Parteien, sondern nur auf die eigene Kraft und Stärke können wir vertrauen. Der Castor-Transport nach Gorleben wurde zur Chef-Sache erklärt. Das ist für uns auch eine Chance. Im Wendland erleben wir in den letzten Wochen, wie alle Register gezogen werden. Der Atomstaat zeigt sein Gesicht. Selbst im Verteidigungsministerium wurde schon Unterstützung angefragt. Umso mehr Gewicht wird es haben, wenn es uns doch gelingt, mit Beharrlichkeit, Entschlossenheit und List ihre Pläne zu durchkreuzen.

Was uns entgegengehalten wird

»Irgendwo muß der Müll doch hin«: Castor-Transporte setzen immer wieder das große Dilemma der Atomwirtschaft auf die Tagesordnung: es gibt keine Lösung für den Atommüll. Der Transportestopp vor drei Jahren kam nicht von ungefähr. Am Beispiel der verstrahlten Castoren wurde deutlich, auf welch wackligen Füßen ruht, was von den Betreibern »Entsorgung« genannt wird.
Auch wenn heute ein grüner Umweltminister auf den Castor eine TÜV-Plakette klebt, ist die Liste der tatsächlichen Mängel immer noch lang; die Behälter sind nicht besser, seit der Chef vom Bundesamt für Strahlenschutz ein grüner Herr König ist. Am Ende kann auch von denen niemand sagen, wohin der Müll soll. Völkerrechtliche Verträge und Verantwortung: Nach dem Motto »aus den Augen - aus dem Sinn«, wird der Atommüll verschoben. Das hat mit verantwortlicher Politik nichts zu tun. Wir übernehmen Verantwortung: Indem wir die Kokillen auf dem Weg nach Gorleben stoppen, schützen wir auch die Kinder von Sellafield und La Hague. Der Hahn muß zugedreht werden, die Atomanlagen gehören stillgelegt, damit nicht täglich weitere Atommüllberge produziert werden: das ist die einzig verantwortbare Lösung.

Laßt uns in die Puschen kommen

Es ist alles nicht neu. Viele von uns können anknüpfen an Castor-Erfahrungen. Aber wie war das noch: wer war beim letzten Mal alles noch dabei, was haben wir alles gemacht und was hätten wir noch alles machen können? Und jetzt: Neue Leute ansprechen, alte zusammentrommeln, Ideen aushecken und realisierbar machen .... es gibt viel zu tun.
Von uns aus braucht es keine wahnwitzige Bullen-Leistungsschau der Superlative. (Keine Landwirtschaftsmesse würde im Moment so was bringen!) Der Innenminister von Niedersachsen hat bereits angekündigt, daß nochmal zehntausend mehr Beamtinnen und Beamten zum Einsatz kommen. Nur mit dick aufgetragener staatlicher Gewalt können die wirtschaftlichen Interessen der Atomindustrie durchgesetzt werden. Die Herausforderung nehmen wir an. Es geht um viel, und wir haben gute Chancen, unseren Zielen ein Stück näher zu kommen:
einzutreten für eine Zukunft ohne atomare Verseuchung; der Gegenseite die Suppe gehörig zu versalzen; ihre Pläne zu durchkreuzen; die Kosten hoch zu treiben; dabei eigene Ideen und Vorstellungen zu entwickeln und zu stärken.

Gemeinsames Vorgehen!

Kommt zu den Treffen, informiert Euch, entwickelt Ideen und Pläne und macht Euch fit für eine widerständige Zeit! Einiges ist aus den Erfahrungen der letzten Transporte bereits vorüberlegt:

Das Vorfeld ist wichtig: den Castor verhindern, das geht immer noch am besten, bevor er losfährt. In jedem Ort zwischen Flensburg und Passau, zwischen Gorleben und La Hague soll »der Castor« wieder Thema werden. Und das ab heute! Infoveranstaltungen, Treffen, Straßenverschönerungen, Bahnhofs-Missionen, phantasievolle Aktionen vor Ort können die (Fahr-)Pläne der Gegenseite stören. All das soll deutlich machen, daß mit richtig Ärger zu rechnen ist, wenn die Transporte wieder rollen.
Tag X fängt nicht erst an, wenn irgendwo die Behälter zu sehen sind: schon am Wochenende vor dem Transport versammeln wir uns zum Auftakt. Damit beginnen X-Aktivitäten der verschiedensten Arten an der Strecke, wo immer sie frei ist.
Das Wendland ist größer als der Landkreis: Wir warten nicht vor dem Verladekran, sondern gehen dem Castor entgegen. Auftakt-Kundgebung ist in Lüneburg. Camps und Versammlungsorte wird es längs der gesamten Strecke Lüneburg-Gorleben geben.
Die Transportstrecke besteht nur zum kleinsten Teil aus Straße. Das Castor-Gleis ist 56 Kilometer lang, die Straße 18 km. Der Gleis-Strecke von Lüneburg nach Dannenberg gilt unsere besondere Aufmerksamkeit. Davor liegt ein weites Feld. Einfallsreichtum für Aktionen ist gefragt.Aus der Vielfalt soll Ergänzung entstehen, keine gegenseitige Behinderung. Nicht wo die meiste Polizei ist, ist es am schönsten.

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Ergänzungen

guter Kommentar

init 15.03.2001 - 16:53
Prima!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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toller "Artikel" — hans-gerd

first post! — alex